www . ZeitSpurenSuche . de

Gesetze und Verordnungen im Herzogtum Berg
(16.-18. Jahrhundert)

Eine kleine Auswahl von Bestimmungen über den Umgang mit herrenlosen Kriegsknechten, Räubern und 'Streuffern' sowie einige Richtlinien zur Personalauswahl für die Teilnahme an Feldzügen samt Sanktionen bei deren Nichteinhaltung hat Friedhelm Stöcker zusammengestellt.

Sie stammen aus der "Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in den ehemaligen Herzogthümern Jülich, Cleve und Berg und in dem vormaligen Großherzogthum Berg über Gegenstände der Landeshoheit, Verfassung, Verwaltung und Rechtspflege ergangen sind". Diese Gesetzessammlung des Königlich Preußischen Regierungs-Registrators J.J. Scotti bietet spannende Einblicke in den bergischen Lebensalltag früherer Jahrhunderte und seine Probleme - beinahe aus "erster Hand".


Über Gesetze und Verordnungen im Herzogtum Berg,
die sich mit Kriegen und Kriegsfolgen befassen

Zusammengestellt aus der Gesetzessammlung Scotti 1475-1815.
Von Friedhelm Stöcker

Kriege hat es immer gegeben. Auch unser Bergisches Land ist davon immer wieder mehr oder weniger stark erfasst worden. Wenn man die obrigkeitlichen Anordnungen in der Gesetzgebung verfolgt, so muss man daraus schließen, daß unser Land über die Jahrhunderte hinweg doch sehr darunter gelitten hat. Es waren da nicht nur die 'normalen' Kriegsheere, die mit ihren Durchzügen und Einquartierungen den Bewohnern erhebliche Lasten und Drangsale auferlegten, sondern sehr oft auch herumvagabundierende Kriegshaufen, die ohne Führung die Lande durchstreiften und raubend und plündernd die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten.

So ist zu Beginn der zusammengefassten Aufzeichnung der Gesetze und Verordnungen im Herzogtum Berg (durch den preußischen Regierungsbeamten J.J. Scotti 1821) schon im Jahre 1538 ein Erlass des Herzogs zu Cleve, Jülich und Berg aufgezeichnet, nach dem das »Einschleichen, Durchziehen, und Aufhalten fremder Herrnloser Kriegs-Knechte und anderer Vagabunden« streng verboten wird. [S. 32] In der Folgezeit (u.a. 1571, 1583) wird dieses Verbot immer wieder erneuert.

Zur Abwehr dieser Gefahren wird im Jahr 1600 befohlen, dass eineinhalb hundert Soldaten (150), nachdem sie ihren Dienst abgeleistet haben, für ein weiteres Jahr zur »abwendung dero streuffender Rotten" in Dienst genommen werden und in jetzt erbauten Schanzen und Landwehren und in "nottige orter" verlegt werden. Dazu noch fünfünddreissig zu Roß, die mitten im Land auf die "Streuffer" zu achten haben. [S. 62]

Die örtlichen Bürgerwehren sollen sich diesen Soldaten bei der Verfolgung der 'Räuber und Streuffer' anschließen und diese unterstützen. Auch diese Anordnungen werden in der Folgezeit immer wieder erneuert.

1673 werden alle Lehensleute (also die abhängigen Untertanen) aufgefordert, wegen drohender Kriegsgefahr und Abwehr von Durchmärschen fremder Kriegsvölker, zur Musterung und Ableistung der lehensbedingten Dienste zu erscheinen, wobei sie sich mit einer Ablösesumme "für diesmal mit 45 Rthlr. für jedes Pferd" freikaufen können. [S. 167] Außerdem werden sie aufgefordert, ihre Fruchtvorräte in Sicherheit zu bringen, um Requirierungen und Plünderungen vorzubeugen.

Um nun für die eigenen Truppen genug 'Freiwillige' zur Teilnahme an Feldzügen mit Verbündeten zu bekommen, wurden die jungen Burschen bei den Musterungen durch Werber mit Geld, List oder auch mit Gewalt angeworben, ob sie nun brauchbar waren oder nicht. Eine interessante Anordnung hierzu vom 17.03.1672 lautet:

»Den compagnieführenden Offizieren wird es ernstlichst verboten, bei den Musterungen der Landestruppen, zu scheinbaren Vollständigkeit ihrer capitulationsmäßigen Truppen-Zahl (wofür sie den Sold und Verpflegung ziehen), allerlei Gesindel und Vagabunden einzustellen. Diejenigen, welche sich bei Musterungen u.a. Gelegenheiten zu solchen Zwecken als Blinde brauchen lassen, sollen ohne weitern Prozeß an den Galgen aufgeknüpft werden«. [S. 159]

Vier Tage später wird jedoch ein "Anreitzgeld" (Anwerbeprämie) von 6 Reichstalern pro Mann ausgesetzt. Am 16. März 1697 erscheint folgender Erlass, den ich zum besseren Verstehen sprachlich leicht geändert und zusammengefasst habe:

Liebe Getreue! Nachdem Wir bei gegenwärtig noch immer anhaltenden beschwerlichen 'Kriegs Lüfften' und vorscheinender höchster Freiheitsgefahr ('Feyandts Gefahr') höchst nötig befinden, eine gewisse Anzahl aus unseren Landesschützen erster, zweiter und dritter Wahl, dazu auch andere junge Land- und Handwerksgesellen ohne fremde Verpflichtungen und vornehmlich unverheirateten Standes, sowie auch Gesunde, Vernünftige, Ansehnliche und Wohlgewachsene, hurtige und wohlgemute Leute beisammenbringen zu lassen; keineswegs aber Prest- und Mangelhafte, Einfaltige, Kleine, Unansehentliche und Schwachsinnige, welche man auf eure Kosten bei einer Strafe von 20 Goldgulden zurückschicken wird, falls ihr solche zwecks Auffüllung der erforderlichen Quote dazugenommen habt. Das eurem gnädigst anvertrautem Amt zugeteilte Kontingent beträgt x Kopf zu Fuß. [S. 229 f]

Des weiteren werden die Amtleute aufgefordert, unter Beistand der örtlichen Landoffiziere und der Scheffen und der Ortsvorsteher die aufgeführten Leute am 10. April 1697 vormittags zeitig an einem dazu bestimmten Ort, »jedoch ohne Gewehr«, zusammen zu bringen, bei Nichterscheinen wird eine namhafte Geldstrafe angedroht. Dort sollen sie daraus »die meistbequembsten, mögligst aber ungeheirateten« Leute auswählen, die ein jeder nicht unter 20 Jahr oder über 50 Jahr sein sollen. Jedoch können Ausnahmen gestattet werden, wenn ein Hausvater oder dessen Witwe nur einen Sohn hat, oder wenn Kinderlose nur einen Knecht zur Feldarbeit haben.

Zwecks ordentlicher Ausführung der Anordnungen wird den Amtsleuten zur Vermeidung höchster Ungnaden, Enthebung des Amtes und der Ehren eine Geldstrafe von 1000 Goldgulden angedroht. Die zum Dienst bestimmten Leute müssen gleich vom Versammlungsort ohne weiteren Hausurlaub sofort nach Düsseldorf gebracht werden, unter Mitlieferung eines »Verzeichnisses ihrer Namen und Zunamen, auch Benennung des Orts, wo sie zu Hause und wessen Alters sie seien.«

Des weiteren haben die Amtsleute dafür zu haften, dass keiner unterwegs entkomme. Ferner ist ein genauer Bericht mit dem Verzeichnis unverzüglich dem Herrn Geheimen Rat einzureichen. [S. 230 f]

Etwa 70 Jahre später ist verordnet, dass die Freiwilligkeit zum Soldatendienst vor den örtlichen Beamten gegenüber den Werbern bewiesen werden muss, wobei kein Angeworbener unter 17 Jahren sein darf. Weil bei der Musterung keine Verheirateten zum Dienst gezogen werden sollten, wurde den Pastoren verboten, junge Leute zu copulieren (kirchlich zu trauen), bevor sie ihren Soldatendienst von 3 Jahren und 3 Monaten abgeleistet hatten.

Auch im Januar 1745 sind die Bedingungen und erlaubten Freistellungen bei der Musterung detailliert aufgeführt. Da heißt es unter anderem:

»1mó. Die übel formirte, gebrechliche, und nach genauer Besichtigung an Arm, Hand und Beinen, am Gehör und Gesicht mangelhafft befundene und attestirte, die, so allzu kleiner statur, an welchen kein Wachsthumb zu hoffen, der Wittiben, oder von Alterthumb entkräfften Elteren eintzige Söhne, deren sonst zu ihrem Acker-Bau einen Knecht halten müssenden Unterthanen eintzige Söhne, ferner da Wir Uns die Beförderung des Commercii und Manufakturen höchstens angelegen seyn lassen, also die zum Behuff der Fabricanten und Commercianten ohnumbgänglich erforderliche Knechten und Beyhelffer, sie seyen derjenigen, welche sie employren, Söhne oder Frembde, alle abzusonderen und von Kriegs-Diensten frey zu belassen.

2dó. Die in den Lehr-Jahren stehende junge Pursch, bis selbige die Wanderschafft vollbracht, nicht zur Militz zugezogen, inzwischen aber, wo sie sonsten nicht unter denen hieroben Dienst-frey gesprochenen zu rechnen, selbige, wan die Wanderschaft vollendet, und ehe sie sich wohnhafft niederlassen, die gnädigst intendirte 3 Jahr und 3 Monath umb so mehr abzudienen, als in denen Garnisonnen nebst den Herren-Diensten das Handwerck zu exerciren sattsame Gelegenheit finden.« [S. 401]

Gleichzeitig wird wieder davor gewarnt, sich in fremde Kriegsdienste anwerben zu lassen. Bei Nichtbeachtung dieser Anordnung soll sofort das Eigentum und auch das zu erwartende Erbe confisziert werden.


Copyright © Friedhelm Stöcker. Alle Rechte vorbehalten.


 
Landsknechte.
Abb. in einem alten Schulbuch, vor über 90 Jahren vom Schüler in den damals angesagten Farben handcoloriert


Quellen:
  • Stöcker, Friedhelm: Über Gesetze und Verordnungen im Herzogtum Berg, die sich mit Kriegen und Kriegsfolgen befassen
  • Scotti, Ausg. Jülich-Cleve-Berg, 1. Theil

      nach oben     

www.zeitspurensuche.de
Copyright © 2006 Marina Alice Mutz. Alle Rechte vorbehalten.