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Bilder aus dem Krieg

Ehrenmale und Grabkreuze

Die folgenden Aufnahmen stammen aus der im Marschgepäck mitgeführten Kamera von Ernst Mutz. Lt. Wehrpass war er im Zeitraum September 1940 bis April 1941 Soldat beim Küstenschutz an der französischen Kanal- und Atlantikküste. Am 21. Mai ging es Richtung Osten; am 22. Juni startete der Feldzug gegen Sowjet-Russland.


1941
Tannenberg-Denkmal
bei Hohenstein

Das Tannenberg-Denkmal bei Hohenstein in Ostpreußen;
heute: Olsztynek, Polen.

In den 1920/1930er Jahren war die "Tannenberg-Fahrt" ein Begriff für Ostpreußen-Reisende. In diesem Fall hatte die Reise keinen privaten Charakter. Über die Umstände dieses Besichtigungsprogramms, an dem mein Onkel als Soldat teilgenommen hat, ist mir nichts bekannt.

Fotos der monumentalen Anlage können Assoziationen wecken: "Architektonisch bildet dieses größte deutsche Kriegsdenkmal eine Mischung aus dem keltischen Stonehenge in England und der mittelalterlichen Burg Castel del Monte Kaiser Friedrichs II. in Italien." [www.dhm.de]

Das Denkmal wurde 1924-1927 nach Plänen der Architekten Gebrüder Krüger (Berlin-Charlottenburg) erbaut. Es sollte an die während des Ersten Weltkrieges unter Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff gegen russische Invasionstruppen errungenen Siege erinnern. Das NS-Regime nutzte die Anlage für eigene Zwecke. Unter bombastischem propagandistischem Aufwand wurde hier am 07.08.1934 der kurz zuvor verstorbene Reichspräsident Hindenburg bestattet - er konnte sich nicht mehr dagegen wehren - und das Denkmal 1935 zum "Reichsehrenmal Tannenberg" erklärt.

Das Denkmal gibt es nicht mehr. Es wurde im Januar 1945 von Pionieren der Wehrmacht gesprengt.

  Mehr dazu z.B. hier.


 
1941
Der Feldherrnhügel
bei Hohenstein

zur Erinnerung an den siegreichen 28. August 1914,
an Feldmarschall von Hindenburg und seinen Generalstabschef Ludendorff


 
1940
Clermont

Kameradengräber, lt. Foto-Aufschrift in Clermont, Frankreich


 
1940
Clermont, Frankreich
Kameradengräber.

Links: "Gefr. Heinz Storch".
Er fiel lt. Internet-Abfrage beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. am 10.06.1940 in St. Just.


 
1940
Clermont, Frankreich
Kameradengrab

Hier wurde Feldwebel Kurt Ehlert begraben.
Auch er starb am 10.06.1940 in St. Just.


 
1941
Soldatengräber an einem unbekannten Ort (vermutlich Russland)


 
1941
Kameradengräber in Russland für die Obergefreiten
Eduard Butemski und Erwin Punek,
beide gefallen am 02.08.1941


 

1941   An der Düna


1942   Iwanowskaja, Russland. Schlammperiode

1942   Bunkerbau


 
1942
Wjasma

Grabkreuz in Wjasma, Russland, für die Gefallenen:
"Gefr. Erich Jüngel ... Obgfr. Wilh. Ririg (?) ... Gefr. Joh. Kafka ... 581".
Johann Kafka fiel am 13.01.1942 bei Bzytschewka; sicherlich trifft das auch für die anderen zu.



Infolge des Zweiten Weltkriegs starben nach veröffentlichten Schätzungen 55-60 Millionen Menschen.




Letzte Lebenszeichen eines Toten

Briefe aus dem Feld

Unter den kleinen Altertümchen, die in der Familie weitergereicht wurden, befindet sich eine unansehnliche, mattgraue Medaille mit der Aufschrift "WINTERSCHLACHT IM OSTEN 1941/42". Sie ist posthum meinem Onkel, dem Obergefreiten Ernst Mutz, verliehen worden. Als meine Großeltern dieses "Erinnerungsstück" im Dezember 1944 in Empfang nehmen mussten, war ihr jüngster Sohn schon seit über drei Monaten tot.

Ernst Mutz aus Haan, 1912 in (Solingen-)Ohligs geboren, war Bäcker, Sänger im Männerchor, noch unverheiratet, auf Vorkriegsfotos immer mit fröhlichem Gesicht zu sehen, Träger des Reichssportabzeichens, versehen mit dem Tauglichkeitsgrad "k.v." (kriegsverwendungsfähig, tauglich für jeden Dienst), Wehrdienstverhältnis "Ersatz-Reserve I". Seine Dienstzeit rechnete ab 01.05.1940, vereidigt wurde er am 11.05.1940, Truppenteil: 3./N.S. Kf. Ers. Abt. 26/70, später Kraftfahrpark-KP. 581.



Die beiden mit Bleistift geschriebenen letzten Briefe des gefallenen Sohnes haben die Eltern aufbewahrt. Der erste kam zusammen mit der Todesnachricht zu Hause an, der zweite etwas später in dem kleinen braunen, erstaunlich gut erhaltenen Pappkoffer, der mit "im Feld" gewesen ist und noch vorhanden ist:


Feldpost
Den 29. Juli 1944
Liebe Eltern!

Zunächst die allerherzlichsten Grüße! Nach 15 Tagen finde ich heute morgen zum erstenmal wieder Zeit, um einige Zeilen zu schreiben. Im Wehrmachtsbericht werdet ihr von den Absetzbewegungen in diesem Abschnitt gehört haben.

Liebe Eltern, es waren Tage schwersten Einsatzes. Inzwischen sind wir nun in Polen gelandet, ob es nun noch weiter geht, weiß ich nicht. Wenn Ihr nun dieses Lebenszeichen erhaltet, dann sagt es den Ohligsern und allen Bekannten, daß mich der liebe Gott immer noch hier behütet und beschützt hat. Ausführlich kann ich nicht schreiben, aber ich will hoffen, daß ich Euch allen mal was erzählen kann. Gesundheitlich geht es mir noch gut u. will ich hoffen, daß diese Zeilen auch Euch bei bester Gesundheit antreffen.

Viele herzliche Grüße immer Euer Ernst. (Post können wir noch keine empfangen)


Erhalten 12.8.44.


Feldpost
Den 3.8.1944
Liebe Eltern!

Nun sollt Ihr heute wieder mal ein Lebenszeichen von mir haben. Wir liegen in einer Scheune und warten auf einen Einsatzbefehl, u. diese Zeit will ich zum Schreiben benutzen. Liebe Eltern, ich erhielt heute zwei Briefe von Euch, 22.7. u. 24.7. vielen Dank für die lieben Zeilen, die mich diesmal ganz besonders erfreuten. Liebe Eltern, gerne würde ich Euch mal etwas näheres über dieses augenblickliche Zurückziehen schreiben, aber die Zeit fehlt. Ich habe als Soldat schon vieles gesehen u. auch mitgemacht, aber so was wie dieses hier noch nicht. Dieser Rückzug ist ein Wettlauf mit dem Leben. Hoffentlich kann ich Euch mal alles erzählen. Abgenommen habe ich während der Zeit schon über 20 Pfd. Aber liebe Eltern, macht Euch keine Sorgen, ich bin gesund u. munter u. so grüße ich Euch aufs herzlichste immer Euer Ernst.


Dieser Brief lag bei den von der Komp. zurückgesandten Sachen.


Im Wehrpass sind "im Kriege mitgemachte Gefechte, Schlachten, Unternehmungen" bis Ende März 1943 verzeichnet.

14.09.1940 - 30.04.1941    Küstenschutz an der französisch. Kanal- und Atlantikküste
01.05.1941 - 21.06.1941    Besatzungstruppe im Osten

Feldzug gegen Sowjet-Russland

22.06.1941 - 10.07.1941    Doppelschlacht bei Bialstok und Minsk
22.06.1941 - 24.06.1941    a) Durchbruch durch die Grenzstellung
23.06.1941 - 27.06.1941    b) Schlacht bei Grodno
24.06.1941 - 11.07.1941    c) Schlacht von Bialstok-Slonim
24.06.1941 - 11.07.1941    d) Verfolgungskämpfe bis zur Düna

08.07.1941 - 05.08.1941    Schlacht bei Smolensk
08.07.1941 - 15.07.1941    a) Durchbruch durch die Stalinlinie
12.07.1941 - 15.07.1941    b) Erstürmung von Polozk
15.07.1941 - 29.07.1941    c) Kämpfe bei Newel und Wel. Luki   [= Welikije Luki]
17.07.1941 - 31.07.1941    d) Verfolgungskämpfe a.d. oberen Düna

26.07.1941 - 01.10.1941    Abwehrschlacht bei Jelnja und Smolensk
26.06.1941 - 01.10.1941    a) Abwehrkämpfe an Dnjepr und Wop
30.07.1941 - 21.08.1941    b) Kämpfe vor Wel. Luki
01.08.1941 - 01.10.1941    c) Abwehrkämpfe an der Düna u. Mjesha

22.08.1941 - 27.08.1941    Schlacht bei Wel. Luki

02.10.1941 - 20.10.1941    Doppelschlacht bei Wjasma und Brijansk
02.10.1941 - 05.10.1941    a) Kämpfe um Bjeloj
02.10.1941 - 06.10.1941    b) Durchbruch d. die Dnjepr-Stellung
05.10.1941 - 13.10.1941    c) Schlacht bei Wjasma

04.10.1941 - 05.12.1941    Vorstoß gegen Moskau und Woronesh
21.10.1941 - 17.11.1941          Verfolgungskämpfe bis Kalinin
18.11.1941 - 14.12.1941    Abwehrkämpfe um Kalinin

05.12.1941 - 18.04.1942    Abwehrschlachten um Moskau
15.12.1942 - 24.12.1942    a) Abwehrkämpfe zwischen Kalinin und der Winterstellung
25.12.1941 - 18.04.1942    b) Abwehrkämpfe in der Winterstellung der 9. Armee
04.01.1942 - 20.02.1942    c) Winterschlacht von Rshew

19.04.1942 -                    Stellungskämpfe im Bereich der Heeresgruppe Mitte
19.04.1942 - 05.07.1942    a) Abwehrkämpfe um Belyj

08.07.1942 - 12.07.1942    Angriffskämpfe ostwärts Bjoloj
13.07.1942 - 29.07.1942    Stellungskämpfe i/ Bereich d. Heeresgruppe Mitte
30.07.1942 - 26.09.1942    Abwehrschlacht i/ Raum um [unleserlich]
27.09.1942 - 24.11.1942    Stellungskämpfe i/ Bereich der Heeresgruppe Mitte
25.11.1942 - 15.12.1942    [unleserlich]
26.12.1942 - 28.02.1943    Stellungskämpfe i/ Bereich d. Heeresgruppe Mitte
01.03.1943 - 31.03.1943    [unleserlich] ostwärts [unleserlich]

Unter "Verwundungen und ernstere Krankheiten" folgt als letzte Eintragung:
02.08.1944    Gefallen bei Kozuchow Krs. Sokolow


Und wozu das alles? - Sein Heldentod wurde den Eltern auf dem Postwege mitgeteilt:

Im Felde, den 10. August 1944
Verehrter Herr Mutz!

Ich habe heute die schmerzliche Aufgabe Ihnen den Heldentod Ihres lb. Sohnes, des O.-Gefr. Ernst Mutz, mitzuteilen. Es ist am 4. August bei dem Dorfe Kozuchow, etwa 8-9 km südöstlich von Sokolon, [...] vor dem Feinde gefallen. Unser Komp.-Führer, Herr Ltn. Sawinsky, hat mich beauftragt, Ihnen die Mitteilung zu machen, da er selbst auch mit der Komp. im schwersten Einsatz steht. [...]

Ihr Sohn wurde in einem Einzelgrab an der Todesstelle [...] mit milit. Ehren beigesetzt. Leider konnten wir keine Aufnahme vom Grabe machen, da der Ort kurze Zeit später in Feindeshand fiel. Wir verlieren in Ihrem Sohn einen unserer besten Kameraden. Er war bei Vorgesetzten und Kameraden über alle Maßen beliebt. [...]

Ich weiß wie schwer Sie diese Nachricht treffen wird u. weiß auch daß ich nicht trösten kann. Ich habe selbst in den letzten Tagen die Nachricht über den Verlust beider Brüder erhalten. Nur mit starkem Herzen u. einem unerschütterlichen Glauben an unser deutsches Vaterland sind diese Opfer zu tragen. [...] Im Namen der Komp. möchte ich Ihnen nun mein tiefstes Mitgefühl aussprechen u. grüße Sie ergebenst, Ihr ...

Die Nachlaßsachen Ihres Sohnes gehen Ihnen in Kürze zu.

Während dessen versuchten die beiden anderen Söhne an anderen Fronten am Leben zu bleiben.

  Kozuchów liegt im Westen Polens in der Woiwodschaft Lebus, Powiat Nowosolski, in der historischen Region Niederschlesien. Bis 1945 war Kozuchow Kreissitz des Landkreises Freystadt mit 6 669 Einwohnern (1939) und gehörte zum Regierungsbezirk Liegnitz. Durch die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz kam Freystadt im August d.J. an Polen. Die noch verbliebene deutsche Bevölkerung wurde bis 1947 vertrieben. [Wikipedia]

Eine Online-Nachfrage bei der Kriegsgräberfürsorge ergab, dass Ernst Mutz "noch nicht auf einen vom Volksbund errichteten Soldatenfriedhof überführt" bzw. noch nicht geborgen werden konnte.

  Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.





Quelle:
  • Das Reichsehrenmal Tannenberg. Seine Entstehung, seine endgültige Gestaltung und seine Einzelkunstwerke. Eingeleitet und ausgewählt von Gert Buchheit. Mit 50 Abbildungen und Skizzen. München 1936.


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