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Namensforschung "Mutz"

Autor der folgenden, weiß hinterlegten Passagen ist der Namensforscher Hendrik Kutzke (18.03.2004). Er hat u.a. auch den Familiennamen "Butz" umfassend erforscht.


Der Familienname MUTZ und seine Bedeutungsgruppen

Von Hendrik Kutzke

Kernaussagen

  • Die These, dass muozo ein Ausgangspunkt für die Entstehung des Namens Mutz war, scheint auf der durchaus realistischen Annahme zu basieren, dass sich der Name von Süden nach Norden ausbreitete: Muozo = mozzo (romanisch) in der Bedeutung "stumpf, gestutzt, Stück" entspricht etymologisch "Mutz".
  • Denkbar ist auch eine Verwandtschaft mit dem Begriff muticus (lat.) = abgekippt, keine Spitze haben.
  • Bedeutungskreuzungen sind möglich.
    [Wenn für die Bedeutung eines Familiennamens zwei oder mehrere Erklärungen zutreffen können, so wird dies in der Namenforschung "Bedeutungskonkurrenz" oder "Bedeutungskreuzung" genannt.]

Bedeutungsgruppen MUTZ

Das Wort MUTZ hat eine außergewöhnlich reichhaltige Bedeutungsvielfalt, so dass jede Darstellung möglicher Bedeutungen immer nur eine Auswahl sein kann. Betrachtet man den Begriff jedoch innerhalb einer thematisch zusammengefassten Bedeutungsgruppe, so werden Zusammenhänge und Querverbindungen deutlich.

Die Bedeutungsvielfalt, die in dem Wort MUTZ liegt, basiert auf verschiedenen Grundformen und Synonymen, die sich alle um Bedeutungen (Bedeutungskriterien) ranken wie: "kurz, gestutzt, gekürzt, abgeschnitten, eingeschnitten, eingekerbt, abgebrochen, abgedeckt, bedeckt, verkleidet, flach, ohne Spitze, begrenzt, ein Stück, ein wenig, am Ende, zuletzt" usw.

Zu prüfen ist, ob innerhalb bestimmter Bedeutungsgruppen (Benennung MUTZ für Personen, Tiere, Gegenstände, Örtlichkeiten) im konkreten Fall eines der genannten Kriterien zutrifft. Wir werden sehen, dass dies tatsächlich zumeist der Fall ist.




Bedeutungsgruppe: MUTZ in der Tierwelt

In der Tierwelt kommt der Begriff MUTZ vorwiegend in Verbindung mit den Begriffen "kurz, gestutzt, gekürzt, abgeschnitten" vor, aber es gibt auch andere Bedeutungen aus der Bedeutungsgruppe MUTZ.

Der Bär

Ein weltbekanntes Beispiel dürfte der "Berner Mutz" sein, der Bär, Wappentier der Stadt Bern. Der Ursprung der Bezeichnung MUTZ für den Bären liegt wohl in seinem "kurzhaarigen" Pelz. [Anmerkung]

Der Hund

In manchen Gegenden, z. B. im Gebirgsteil der Grafschaft Ziegenhain (Hessen), ist MUTZ ein sehr gebräuchlicher Name für Schäferhunde, weil diesen dort üblicherweise die Rute gestutzt wurde und sie in späteren Generationen aufgrund dieser kontinuierlich durchgeführten gravierenden Operationen sogar "kurzschwänzig" geboren wurden. - Im Gebiet um Aachen bezeichnete man mit MUTZ einen mittelgroßen, derb gebauten Hund mit großem, kurzem Kopf und kurzem Schwanz.

Das Huhn

Im Thüringischen wurde ein Huhn "ohne" Schwanz als MUTZ bezeichnet. Allerdings ist es sehr fraglich, ob der "abgekürzte" Schwanz der Namengeber war. Naheliegender ist es, die Bedeutung auf das ganze Federkleid des Huhns zu beziehen. Im niederdeutschen sagte man z. B. "De Hohner sen en der Muz, - kunn en de Muz" (die Mauser, also ein Verlust, ein Ausfall von Federn). Hier liegt eine Bedeutungskreuzung mit einem anderen Begriff vor, dem der Mauser. Die Kriterien der Bedeutungsgruppe MUTZ sind nicht erfüllt.

Die Katze

Häufig wird die Katze MUTZ genannt. Grund ist weniger ein bestimmter Bedeutungshintergrund als der Lockruf der Menschen für dieses Tier: "Muutz, muutz ...."; hier stand also das Klangbild Pate. - Die Kriterien der Bedeutungsgruppe MUTZ sind nicht erfüllt; es handelt sich inhaltlich abweichend um eine Bedeutungskreuzung auf der Grundlage von "Kommunikation" zwischen Mensch und Tier.

Die Maus

Ein anderes Beispiel ist die Maus, jedoch ist es nicht ihr kurzes Fell, das uns zu der Bezeichnung MUTZ führt, sondern der Lebensraum des Tieres. Maus / Mauß ist in der Bedeutung von "versteckt, verborgen, zurückgezogen" und insbesondere "abgedunkelt" zu verstehen. Dies ist eine Variante von "abgeschnitten, gekürzt", bildlich gesehen "abgeschnittenes, gekürztes Licht". In niederdeutschen Bereich war "Mu(t)z" eine dialektbezogene Variante des Wortes "Mauß": "u" wurde zu "au" [vgl. ndd. "hus" zu "Haus"].

Die Bedeutung von "Mauß" ist aus dem Sprachgebrauch der mittelalterlichen Bevölkerung zu verstehen. "Mauß" [= heute das Tier "Maus"] stand damals auch für "abgedeckt, dunkel, zurückgezogen". Dass die (angeblichen) Eigenschaften von Tieren zur Beschreibung einer Eigenschaft, einer Eigenart oder eines Aussehens in früherer Zeit dienten, lässt sich mannigfach nachweisen.

Das Pferd

Ein Pferd mit "abgeschnittenem" oder "gestutztem" Schwanz (oder auch nur der gestutze Schwanz) wurde in verschiedenen Gegenden Deutschlands früher einmal MUTZ genannt. [Anm. 2]

Beispiele:
Schwaben: Mutze = Pferd mit Stumpfschwanz [ausgestorbenes Wort]
Mittelelbe: Mutz(e) = kurzer, gestutzter Schwanz beim Pferd
Hessen: Mutz = Stummelschwanz
Westfalen: Muts = gestutzt, abgestutzt.

In einem Brief aus dem Jahr 1525 heißt es: "Dass ain Reyter ain schwartzen Mutzen ... hab ligen lassen, der sey tod, und der Schäfer hab den Gawl funden also tod ligen" In einem früheren Brief wird dieses Pferd "ein gemutzter Rapp" genannt. Je nach Landschaft ist allerdings auch eine Übersetzung von "gemutzt" mit "aufgeputzt" oder "geschmückt" denkbar.

Das Schwein

Der MUTZ als Lieferant des Fleisches für den "Mutzbraten", eine Spezialität in Thüringen und Sachsen, ist kein Schwein, sondern ein humorvolles Phantasieprodukt. Die Thüringer und Sachsen haben einfach zu ihrer Fleischspezialität das passende Tier erfunden, das mit dem bayrischen Wolperdinger verwandt sein muss. Bewundern kann man dieses fabelhafte Fabeltier MUTZ im "Mutzmuseum" in Kraftsdorf (2004). Auch bei diesem Fleischgericht findet man das "kurze Stück", ein Stück vom Schwein, manchmal ein Nackenstück, manchmal viele kleine Stücke.
Bei dieser Beschreibung sträubt sich einem Vegetarier die Tastatur. :-(

Weitere Beispiele sind:

Der Hase
in Anspielung auf den kurzen Schwanz.

Das Kalb
ohne Hörner und als Kosewort.

Das Rind / Die Kuh
mit abgesägten Hörnern.

Das Schaf
in manchen Gegenden in Bezug auf das kurzhaarige Fell.

Bei Übertragungen auf den Menschen, z. B. MUTZHAS (Nachweis 1415 Konrad Mutzhas zu Rottweil) sind allerdings andere Bedeutungen vorherrschend.




Bedeutungsgruppe: MUTZ als Backwerk

  • Mutzhas = Bäcker.

  • Mutz = Bäcker ist mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt. Die Bezeichnung Mutz wird bzw. wurde auch für ein Brötchen oder Weißbrot verwendet.
  • In der Zeit zwischen 1300 und 1400 gibt es mehrere historische Nachweise für die Bezeichnung eines Bäckers als Motz/Mutz.

  • Mittelhochdeutsch mutsche = mutze; feines Mürbegebäck, Brötchen.

  • Anton Mutschler, Freiburg 1775, war Weißbäcker.

  • In Freiburg wurde ein kleines Weißbrot als Mutschelin bezeichnet.

  • In Hessen sind Mutzen längliche kleine Brote, Brötchen.

  • Im Saarland ist die Bezeichnung Mutsch = Brötchen üblich.

  • Ob der Familienname Mutsch-ler (ein Lobeck = Bäcker von Weißbrot, z. B. Esslingen 1516) demselben Stamm entspringt, ist nicht sicher, aber möglich, wenn der Name von Süd nach Nord gewandert sein sollte.
  • Im Norden hingegen ist Mutsch-ler ein Örtlichkeitsname (Wendtland/Norddeutschland).

Im 11. Jh. hieß das als MUTZ bezeichnete Gebäck auch MUGIL. Je nach den landschaftlichen bedingten Sprachen entwickelten sich Varianten wie MUTZ, MUZEL, MUTSCHEL usw.

Im Lauf der Zeit und in unterschiedlichen Landschaften bildeten sich nicht nur unterschiedliche Ausdrücke hierfür, sondern auch unterschiedliche Backformen und Teigarten. Im Jahre 1830 z. B. war es im Kölner Raum nur noch als Köstlichkeit in der Fastnachtszeit bekannt als eine Art Krapfen aus feinem, süßem, dünngerolltem Teig, in Schmalz gesotten. Man sagte dort: "Komm! Ich back dir auch Muuzen. (múts-en)."

Ursprünglich jedoch hatte MUTZ nicht nur die einfache Bedeutung eines kleinen Brotes, wie wir es in den landschaftlichen Bezeichnungen Wecken, Semmel, Brötchen, Rundstück, Mutzen, Mutz usw. wiederfinden, sondern es war ein "Gebildbrot", das mit einer religiösen, "heiligen" Bedeutung verknüpft war. In späteren Zeiten und bis zum heutigen Tag hat sich diese Grundbedeutung nur noch in Fastnachts- und Festtagsgebräuchen erhalten. Insbesondere bei Fastnachtsgebäcken lebt diese Tradition fort, deren ursprüngliche Bedeutung jedoch kaum noch jemandem bekannt sein dürfte.

In einer Zeit, in der materielle Dinge das Leben bestimmen, haben sich nur wenige Menschen das Bewusstsein um die Heiligkeit des Brotes als dem Träger des Lebens erhalten. Das heilbringende Korn, aus dem das Brot gebacken wird, war von jeher das Zeichen des Sippenfriedens und des lebensspendenden Weltgeistes. Auch im Mythos des Brotes spiegelt sich das Werden und Vergehen des Weltgeschehens wieder.

Der Name MUTZ resultiert dabei aus "dem Wechsel" - z. B. der Jahreszeiten. Die Fastnacht ist ein Fixpunkt für einen solchen Wechsel und übernimmt vor allem im alemannischen Raum germanische und heidnische Bräuche der Winteraustreibung. In dieser Tradition war das Wort "heilig" immer verbunden mit etwas, das Leben trägt und Leben fördert. Daher war dem Menschen das Korn heilig, wenn er es auf den Acker streute, wenn er es erntete und drosch und schließlich zu Brot verbuk.

Der Kern seiner Bedeutung ist jedoch der Mythos des Brotes, wie er sich schon bei den Germanen wiederspiegelte: das Werden und Vergehen des Weltgeschehens. Nachforschungen dazu haben interessante Fragmente zu Tage gebracht, die die Bedeutung von MUTZ erheblich erweitern. Der Name MUTZ ist in allen oben genannten Bereichen gebräuchlich gewesen: in Bezug auf das Korn, auf dem Acker, bei der Ernte, beim Dreschen, beim Korn mahlen, beim Backen.

Stichworte: Wechsel der Jahreszeiten, religiöse Zeiten, Ostern, Weihnachten, Neujahr, wichtige Einschnitte im Leben vor allem der jungen Menschen.




Bedeutungsgruppe: MUTZ als Flurname

Flurname MUTZ (Auf der Mutz) in Arzl bei Innsbruck

Die Ortsbezeichnung MUTZ kommt auch in Tirol vor.
Folgende Erläuterung ist auf der Homepage von Dietrich Feil (2003) zitiert:

Mutz (auf der Mutz)
Etwa der Bereich zwischen Kreuzgasse, Barthweg, Pfeisweg und Fuchsrain.

"Unsicher, ob deutsch oder romanisch, ist auch die Herkunft des Namens 'auf der Mutz'; es gibt nach dem Wörterbuch der Tiroler Mundarten von Josef Schatz, Seite 441, den Wortstamm Mutz auch in der Tiroler Mundart, der Bedeutung nach allerdings weniger für eine Geländebezeichnung geeignet; andererseits ist 'die Mutz' als Geländename, anscheinend für abgestumpfte, flache Erhebungen im Gebiet von Nauders und einmal, als Benennung einer Kuppe, auch bei Vent in Otztal festzustellen, wo es doch wohl mit dem romanischen Wortstamm mut- für 'Kuppe' (mutea) zusammenzustellen ist. Vielleicht hat dieses aus der vordeutschen Schicht kommende Wort auch hier eine Bodenform, nämlich den Vorsprung der Terrasse gegen das ehemalige Auenland, den die Flur Mutz bildet, bezeichnet."

[Finsterwalder, K.: Die vordeutschen Namen in Arzl. In: Huter, F. (Hrsg.): Festgabe für Otto Gschliesser, Tiroler Heimat 27/28, 1963/64, S. 49-52.]

Anmerkungen:

Es erscheint zulässig, von einem romanischen Stamm auszugehen. In der Bedeutung darf eine Verwandtschaft zum Niederdeutschen angenommen werden: abgestumpft, kurz, stumpf, abgeschnitten usw. (s. o.) Sehr wahrscheinlich kann der genannte Flurname nach der dort vorliegenden Geländeform oder Geländelage gedeutet werden.

Im deutschen Raum gibt es die Bezeichnung "auf der Mutz" ebenfalls. Die Bedeutung kann jedoch auch auf verschiedene andere Grundlagen zurückgehen. Ein Beispiel wäre das signifikante Kurzschneiden eines bestimmten Feldes oder einer Flur, eines Waldes, einer Wiese etc.; so wie im norddeutschen Raum der Begriff "mutzen" für schneiden, kürzen, stutzen, stumpf verwendet wurde.


© Hendrik Kutzke (2003, 2004)

  Dazu passen auch der Hinweis auf die Gaststätte "Zum braunen Mutz" in Basel, die einen Bären im Wirtshausschilde führt [Website: "http://www.brauner-mutz-basel.ch/" am 12.11.2003] und

  das Kinderbuch "Familie Mutz", das von einer Bärenfamilie handelt. Die Geschichte spielt in der Schweiz. Das nette Kinderbuch mit Zeichnungen von Eugen Osswald und Versen von Ina Seidel habe ich als kleines Kind geschenkt bekommen - da war es schon längst nicht mehr neu - und viel Vergnügen damit gehabt.   [zurück]




Quellen:
  • Kutzke, Hendrik (E-Mails 2003/2004)
  • Website Feil, Dietrich: "http://homepage.uibk.ac.at/homepage/c614/c61404/ARZL/Ort/Flurnamen.html" am 10.04.2003

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