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Wer in den 1930er bis 1960er Jahren in einer Ohligser Klinik das Licht der Welt erblickt hat, der hat das wahrscheinlich entweder in der Virchowstraße gleich hinter dem Bahndamm getan in der inzwischen verschwundenen Virchow-Klinik mit der repräsentativen rot-gelben Ziegel-Fassade, den lindblauen Kacheln und bewegter Vergangenheit, oder in Dr. Fervers Klinik bzw. der alten Lukas-Klinik gegenüber dem ehemaligen Ohligser Rathaus, der hell verputzten Vorgängerin der heutigen Lukas-Klinik. - Klinik Virchowstraße- Dr. Fervers Klinik / Lukas-Klinik |
Klinik Virchowstraße |
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Um 1900 Ohligs, Krankenhaus Virchowstraße |
Erstes Ohligser Krankenhaus
Es begann mit einer Initiative der Wilhelm-Augusta-Stiftung, einem "zum Andenken an die am 11.d.M. stattfindende Feier der goldenen Hochzeit Ihrer kaiserlichen Majestäten" [Wilhelm I. und Gattin] im Juni 1879 gegründeten "Verein zur Förderung der Sparsamkeit und zur Unterstützung von Witwen und Waisen früh verstorbener Arbeiter". Diese Stiftung, teils aus öffentlichen, teils aus privaten Mitteln einschließlich Spenden wohlhabender Bürger gespeist, hatte sich u.a. die Errichtung und Unterhaltung eines Kranken- und Verpflegungshauses zum Ziel gesetzt.
Neubau und Erweiterungen
Nachdem 1891 der Etat durch Zusammenschluss der Wilhelm-Augusta-Stiftung mit der seit 1863 bestehenden "bürgerlichen Armenstiftung" aufgebessert werden konnte und der Plan, mit Wald ein gemeinsames Krankenhaus einzurichten, fehlgeschlagen war, wurden mehrere private Grundstücke am Scharrenberg erworben, um den Bau eines neuen, größeren und moderneren Hauses in Angriff zu nehmen.
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Auguste Viktoria von Preußen (1858-1921) |
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1899 soll Kaiserin Auguste Viktoria das neue Ohligser Krankenhaus besucht haben. Es muss der 12. Augst gewesen sein, derselbe denkwürdige Tag, als Kaiser Wilhelm II. im Rahmen seiner "Kaiserreise" der schon im Juni 1897 eingeweihten Kaiser-Wilhelm-Brücke in Müngsten seine verspätete Aufwartung machte. |
Von 1899 bis Ende 1908 lag die Leitung bei dem Internisten Dr. med. Grün. [Namensgeber der Ohligser Grünstraße?] "Er begann mit einem Jahresgehalt von 700 Mark, später stieg es auf 1200 Mark." [Festschrift]
"[...] Unter Bezugnahme auf mein Schreiben ... richte ich wiederholt die dringende Bitte an den Vorstand, die erbetene vierte Schwester für das hiesige städtische Krankenhaus tunlichst umgehend zu entsenden, da es den 3 vorhandenen Schwestern wahrlich nicht mehr länger zugemutet werden kann, dass sie die zu bewältigende riesige Arbeit in dem 50 Betten zählenden und vollbelegten Krankenhause, ohne gesundheitliche Schäden zu nehmen, allein zu bewirken. Wiederholt hat die Vorsteherin dem Chefarzt wie auch mir persönlich ihre Ueberlastung geklagt [...]" [Festschrift]
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Um 1928 Säuglingsstation des Städtischen Krankenhauses, Haus Ohligs Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Auflösung und Nutzungsänderung
1934 fiel unter Oberbürgermeister Dr. Otto (1933-1937) aus Sparsamkeitsgründen die Entscheidung zur Schließung von Haus Ohligs. "Krankenhaus Ohligs soll eingehen" titelte die örtliche Presse. Ende Juni 1934 wurde das Haus geschlossen bzw. mit den Städtischen Krankenanstalten zusammengelegt. Zeitweilig stand das Gebäude leer, dann wurde es Kaserne der Feldgendarmerie (Kraftfahrer-Korps, "Weiße Mäuse"), später Heim der "Braunen Schwestern", einer Frauenvereinigung. In die Pavillons zog die "Hitler-Jugend" ein.
Erstes Altersheim
Bis Kriegsende hatte es in Solingen kein Altenheim gegeben. Bedingt durch die katastrophalen Kriegsfolgen, Wohnungsnot, miserable Ernährungslage und Fehlen anderweitiger Betreuung musste das Wohlfahrtsamt für die Unterbringung betagter Menschen sorgen. Der Anfang wurde an der Virchowstraße gemacht mit "zwei unterkellerten Baracken mit fließendem Wasser und Zentralheizung". Die erste wurde Ende Juli 1945 mit 42 Pflegeplätzen und 8 Schlafräumen übergeben, die zweite Mitte 1946 für weitere 24 Personen mit einem großen Schlafsaal und drei weiteren Zimmern mit je vier Betten für Kranke und Pflegefälle sowie einem Einzelzimmer für schwere Pflegefälle.
FrauenklinikIn den Solinger Krankenanstalten reichten die Räumlichkeiten der Frauenabteilung schon lange nicht mehr aus. So zog diese in das Haus an der Virchowstraße um, das nach gründlichem Umbau und mit allen modernen Einrichtungen versehen am 25. Juli 1952 als Frauenklinik seiner neuen Bestimmung zugeführt wurde. Am 25. Juli 1952 fand die Eröffnungsfeier statt. Die Zeitung berichtete: |
Westdeutsche Neue Presse - Rhein-Echo vom 26. Juli 1952
Neue Klinik in OhligsKaserne wurde Frauenklinik
Gestern wurde die Frauenklinik im Ohligser Krankenhausbau eingeweiht. Inmitten hübsch hergerichteter Parkanlagen nimmt sich das geschickt verbesserte ehemalige Krankenhaus der Stadt Ohligs, das im Jahre 1897 errichtet wurde, sehr gut aus. Die Bettennot der Städtischen Krankenanstalten an der Frankenstraße wird durch die Verlegung der Frauenabteilung nach Ohligs gemildert. In der neuen Klinik stehen 100 Kranken- und 25 Säuglingsbetten zur Verfügung.
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Das klingt alles recht beschaulich. An die früher üblichen Vielbettzimmer, streng geregelten Besuchszeiten und strengen Krankenhaus-Gerüche mag man sich heute allerdings nicht mehr so gerne erinnern.
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Um 1960 Säuglingsstation der Frauenklinik an der Virchowstraße Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Altenpflegeheim
Der alte Ziegelbau wurde also wieder frei und sollte nach Umbaumaßnahmen als "Altenkrankenheim" genutzt werden. Aber mit dem Umbau wurde - nach jahrelangem Leerstand und trotz großer Nachfrage nach Pflegeplätzen - erst im Herbst 1978 begonnen. Im September 1980 zogen die ersten Bewohner/innen ein. Insgesamt standen 78 Plätze in 13 Einbett-, 19 Doppel-, 5 Dreibett- und 3 Vierbettzimmern zur Verfügung. Wohnlich kann das Heim nicht gewirkt haben: Zimmer und Flure waren sehr steril und funktionell eingerichtet; lt. Anordnung des Bauamtes durften damals nicht einmal Bilder an die Wände gehängt werden.
Kein DenkmalZehn Jahre später war das Haus renovierungs- und modernisierungsbedürftig und wäre ohne Einsatz erheblicher Finanzmittel weder für seine bisherigen noch für andere Zwecke mehr geeignet gewesen. Als Anfang Mai 2006 das neue Elisabeth-Rook-Haus in Höhscheid bezogen werden konnte, war das Ende des 109 Jahre alten Ohligser Hauses gekommen. Der Abriss war nicht ganz unumstritten, aber: |
Solinger Tageblatt vom 5. November 2005
[...] Das Problem liegt auf der Hand. Während es in Solingen rund 1000 Denkmäler gibt, genießt das Elisabeth-Roock-Haus keinen Schutz. Es rutschte durch das Raster, als Anfang der 80er Jahre in Nordrhein-Westfalen der Denkmalschutz auf die Kommunen übertragen wurde. Damals schwirrten Experten des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege ein und stellten Listen auf. Sie enthielten Vorschläge, welche Objekte zu schützen sind. Bedingung: Sie müssen ihre Umgebung prägen, geschichtlich bedeutsam sein. So wie die Rathäuser in den Stadtteilen, alte Kotten oder Fachwerkhäuser in den Hofschaften.
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An Geschichte(n) zwischen Leben und Tod hat es dem Haus mit der gelben Backsteinfassade eigentlich nicht gefehlt, und "prägend" ist es für etliche Solinger Geburtsjahrgänge gewesen. An- und Umbauten gab es auch bei denkmalgeschützten Fachwerkhäusern, wie auch deren Innenausstattung heute nicht mehr ganz so aussieht wie vor über 100 Jahren. Aber inzwischen ist hier der "Wohnpark Untenmankhaus" entstanden, und die Lebensqualität der Heimbewohner ist im neuen Höhscheider Haus fraglos höher als in dem alten Gemäuer, selbst wenn ein Denkmalschild angeschraubt gewesen wäre. |
Solinger Tageblatt vom 24. August 2006
(jn) [...] Das ehemalige Elisabeth-Roock-Haus an der Virchowstraße wird seit gestern abgerissen. Anfang Juli hatte die Gronauer Baufirma VastBau das ungefähr 10 000 m² große Areal erworben. Die Hälfte der Fläche wird bebaut, wobei der Park um das ehemalige Wohnheim erhalten bleibt. So werden auch die alten Laubbäume des Parks verschont, die als Naturdenkmäler gelten.
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Der Lauf der Dinge. Wo kämen wir hin, wenn jede hübsche alte Geburtshausfassade der Nachwelt erhalten bliebe?! |
Dr. Fervers Klinik / Lukas-KlinikEin anderes Geburtshaus vieler Solinger/innen der 1940er und 1950er Geburtsjahrgänge steht noch, wenn auch längst nicht mehr in alter Funktion: Dr. Fervers Klinik an der Merscheider Straße 2-4 gegenüber dem ehemaligen Rathaus - und wahrscheinlich wie dieses Ende des 19. Jh. erbaut. Aus dieser einstigen Privatklinik ging die heutige Lukas-Klinik an der Schwanenstraße hervor. |
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"Sol.-Ohligs, Klinik Fervers" Nach einer alten Ansichtskarte Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Dr. Fervers kam 1928 als Assistent an das städtische Krankenhaus Ohligs an der Virchowstraße und war dort tätig bis zu dessen Schließung am 1. Juli 1934. Um dennoch die klinische Versorgung in Ohligs sicherzustellen, begründete der Arzt eine Privatklinik im Haus von der Schulenburg an der Merscheider Straße 2, die anfangs nur über zehn oder zwölf Betten verfügte. Dr. Fervers selbst kehrte zurück an die Bonner Universitätsklinik. "Bald schon waren Vergrößerungen nötig, das Haus Merscheider Straße 4 wurde dazu erworben und eingerichtet, doch es war noch immer zu klein für den stets wachsenden Andrang der Kranken; dazu kamen die Unfälle aus den Werken und Betrieben von Ohligs, Merscheid, Weyer und Wald. Solch guter Zusammenarbeit namentlich zwischen dem Kronprinzenwerk und der Klinik war es auch zu verdanken, daß die Berufsgenossenschaften dieses Krankenhaus - an Bettenzahl zwar noch klein, aber ärztlich vorzüglich eingerichtet - anerkannten, denn nun konnte den Verletzten in Ohligs der weite Weg nach Solingen erspart werden." [RP vom 01.07.1952]
"Doch immer reichte der Raum noch nicht aus für die ständig zunehmende Zahl der Kranken, denn Dr. Fervers wollte nicht, daß seine Klinik nur den Privatpatienten dienen sollte - alle fanden bei ihm Aufnahme - chirurgische und interne Kranke, Wöchnerinnen und Säuglinge, Krankenkassen- und Wohlfahrtsamtspatienten ebensogut wie Selbstzahler.
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2008 Das ehemalige Klinikgebäude steht noch an der Merscheider Straße. |
Quellen:
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