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Merscheid und Ohligs (Solingen)

Wappen Ohligs 1896

  Einzelne Hofschaften
  Kirchenbauten in Merscheid, Ohligs und Aufderhöhe
  Alte und ehemalige Schulgebäude



Notizen zur Geschichte von Merscheid und Ohligs

Das heutige Ohligs ist 1807 als Bürgermeisterei Merscheid aus dem unteren Kirchspiel Wald hervorgegangen, das die Honschaften Barl, Bavert und Schnittert umfasste. [Rosenthal 3. Bd. S. 45]


Honschaften Solingen und Wald
Die Honnschaften der Kirchspiele
Solingen und Wald.
Karte: Rosenthal 1 S. 56

1808 - Napoleon I. hatte das Bergische Land gerade zum Großherzogtum Berg erklärt - erfolgte die Neugliederung der Solinger Gemeinden. "Die Bürgermeisterei Merscheid wurde durch großherzogliches Dekret [= Beschluss] vom 18. Dezember 1808 gebildet. Sie bestand lt. Rosenthal aus den Honschaften Schnittert, Barl sowie Teilen von Bavert und Hackhausen. [2. Bd. S. 233].

  Was sind Honschaften?

Durch ein Dekret Napoleons vom 14. November 1809 wurde die Gemeinde dem Kanton Solingen zugeteilt, an dessen Spitze ein Unterpräfekt (Landrat) stand. Die Gemeinde wurde verwaltet von einem Maire (Bürgermeister), zwei Beigeordneten und einem Munizipalrat aus 16 Mitgliedern. Diese wurden durch den Präfekten (Regierung) ernannt." [Sauerbrey S. 14]

Im Verlauf der Geschichte änderten sich die Grenzen der späteren Solinger Stadtteile und die Zuordnung der Honschaften und Höfe immer wieder und nicht unbedingt auf logisch nachvollziehbare Weise [bei Rosenthal ausführlich beschrieben]. Beispielsweise zählte das Dreieck Locherstraße-Tiefendiecker Straße zeitweise zur Bürgermeisterei Merscheid, fiel aber 1894 durch einen erneuten Geländetausch an Wald zurück.


Am 24. September 1856 erhielt die Bürgermeisterei Merscheid das Stadtrecht, wurde jedoch weiterhin als Bürgermeisterei bezeichnet. Am 11. August 1891 wurde sie in "Stadt(gemeinde) Ohligs" umbenannt. Damit dominierte die eigentlich wenig bedeutende Hofschaft "Im Ohligs" den älteren Namen der Stadt "Merscheid". Die Gründe haben mit der Bildung der evangelischen Kirchengemeinde, dem Anschluss an das Eisenbahnnetz, dem Bahnhof (heute Solinger Hauptbahnhof) und der daraus folgenden Entwicklung des Ortszentrums im eigentlich kleineren Bezirk Ohligs (und nicht in Merscheid) zu tun.

1891 bekam Ohligs ein Rathaus, 1892 ein Stadtwappen.

Das Rathaus an der Merscheider Straße war nicht das erste Ohligser Rathaus. 1868-1876 hatte Bürgermeister Theodor Kelders die Amtsgeschäfte in dem zu diesem Zweck neu erbauten, oberhalb der Hofschaft Engelsberg an der Straße nach Wald gelegenen sog. Gemeindehaus geführt.


Rathaus
 
2008
Denkmalgeschütztes Ziegelhaus
Weyerstraße 75,
das erste Merscheider Rathaus

Das Ohligser Stadtwappen zeigt im linken Feld einen senkrecht stehenden gespaltenen gotischen Schild mit sieben Silbersternen auf blauem Grund und rechts ein schwarzes Flügelrad auf goldenem Grund. Der obere Rand trägt eine dreitürmige Mauerkrone mit einem Tor in der Mitte, die Ohligs als Kleinstadt ausweist. Die Silbersterne repräsentieren die Vielzahl der Höfe, aus denen die Stadt hervorgegangen ist. Das Flügelrad symbolisiert Eisenbahn und Geschäftsverkehr.


Bei der Städtevereinigung am 1. August 1929 wurde Ohligs Stadtteil von Solingen. 1975 entstand im Zuge der kommunalen Neugliederung "Ohligs / Aufderhöhe / Merscheid" als einer von fünf Solinger Stadtbezirken, die aber nicht mit den alten Stadtteilen identisch sind.


Rathaus
2002   Das 1891 erbaute Ohligser Rathaus an der Merscheider Straße. Rechts daneben (nicht im Bild) steht das ehemalige Amtsgericht.
 
Rathaus
2009   Frisch restauriert und in Privathand

  Solinger Rathäuser

Wirtschaftliche Grundlage Merscheids war die Stahlwarenindustrie. Um 1700 arbeiteten viele Schwertschmiede in Bavert, Bech, Dahl, Fürk, Kullen, Kottendorf, Limminghofen, Merscheid, Poschheide, zur Straßen, auf der Suppenheide, Schnittert, Tiefendiek und Wilzhausen.

Im 19. Jh. waren in der Bürgermeisterei Merscheid die Messermacher, Scherenmacher und Gabelmacher zahlreich vertreten. Hier lagen 17 Schleifkotten, fünf an der Itter, neun am Lochbach und drei am Viehbach. 1867 sollen in 14 Kotten 153 Schleifer gearbeitet haben. Ab etwa 1850 kamen Dampfschleifereien hinzu.

  Die Schleifkotten an den Ohligser und Merscheider Bächen

Übrigens steht "Ohligs" - noch ganz ohne den Zusatz Solingen - in Knaurs Konversationslexikon von 1932:
"Ohligs, Fabrikst. im preuß. Regbz. Düsseldorf, 30 000 E, Stahlindustrie."


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Anmerkungen zum Ortsnamen Ohligs

Der Name der Stadt und des heutigen Solinger Stadtteils Ohligs geht zurück auf die alte Hof- bzw. Hofschaftsbezeichnung "Im Ohligs". Dieser Hof lag am westlichen Ende der heutigen Düsseldorfer Straße in der Nähe des jetzigen Marktplatzes; der Name des kurzen Straßenstücks zwischen Eller und Bonner Straße erinnert daran. Auf der weiter unten gezeigten Karte springt der Hof unter der Bezeichnung "Olligs" ins Auge. Auf der Ploennies-Karte von 1715 erscheint er als "Oligs".

Ob der Hof dereinst nach dem Namen seines Eigentümers ("Ohligs Hof") oder umgekehrt benannt wurde, lässt sich wohl nicht mehr klären. Die Idee, eine Verbindung zwischen "Ohlig" und "Öl" oder einem damit verbundenen Gewerbe herzustellen ("Olligsmühle"), führte m.W. nicht weiter.

Beim Versuch einer Deutung des Ortsnamens stellte der einstige Bürgermeister der Stadt Ohligs Sauerbrey fest: "Den Ursprung des Namens unserer Stadt einwandfrei zu erklären, ist nicht möglich. Darüber haben sich die Geschichtsforscher gestritten und werden auch in der Zukunft kaum zu einer geschichtlich einwandfreien Erklärung kommen. Wie in vielen Fällen bei Gründungen von Gemeinwesen, wird auch im Falle unserer Stadt der Name eines Menschen sich fortgeerbt und der ersten Siedelung den Namen gegeben haben. Da heute noch der Name 'Ohliger' in der Umgebung vertreten ist, hat diese Vermutung immerhin den Schein einer Möglichkeit." [Sauerbrey S. 11]


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Geschichtliche Wanderungen

Als 1922 der folgende Text von Max Schmidt erschien, war Ohligs, heute Stadtteil von Solingen, noch eine selbstständige Gemeinde. Erst am 1. August 1929 schlossen sich Solingen, Gräfrath, Wald, Höhscheid und Ohligs zur Großstadt Solingen zusammen.

Der auch heute noch interessante Aufsatz, der hier in Auszügen wiedergegeben ist, vermittelt Einblicke in die Vergangenheit von Merscheid und Ohligs sowie einiger alter Höfe bis zum Ende des 19. Jh. Soweit es eigene Artikel über einzelne erwähnte Themen auf dieser Webseite gibt, ist ein entsprechender Verweis angebracht.


Ohligs

Geschichtliche Wanderungen durch Solingen
Stadt und Land

Von  Max Schmidt (1922)

"Die Bürgermeisterei Ohligs, die bis zum Jahre 1891 Bürgermeisterei Merscheid hieß, kann nicht auf eine so lange Vergangenheit zurückblicken wie Wald und Gräfrath. Erst im Jahre 1808 wurde durch die von Napoleon vorgenommene neue Verwaltungseinteilung die Gemeinde Merscheid aus den Honnschaften Barl und Schnittert und einigen Teilen der Honnschaften Bavert, Limminghofen und Hackhausen gebildet.

Aus diesem Grunde erstreckt sich die Geschichte der Gemeinde Wald auch zum größten Teil auf die jetzige Gemeinde Ohligs. Zur Zeit ihrer Gründung hatten Merscheid und insbesondere der Ort Ohligs wenig Bedeutung. Den Namen Merscheid erhielt die Gemeinde deshalb, weil die Ortschaft Merscheid mit etwa 180 Einwohnern der wichtigste Ort der Gemeinde war.

Die zur Gründung der verschiedenen Gemeinden erlassenen Bestimmungen besagten nämlich, daß neue Gemeinden, die nicht den Namen eines Kirchspiels erlangen konnten, den Namen derjenigen eingemeindeten Honnschaft erhalten sollten, welcher die größte Einwohnerzahl hatte und in der zugleich ein Bürger wohnte, der die Fähigkeiten zur Verwaltung der Kommune besaß. Da von den alten Honnschaften der Gemeinde Ohligs keine den Bestimmungen vollständig entsprach, so wählte man den Namen der Ortschaft Merscheid.

Die Ortschaft Ohligs bestand zu jener Zeit nur aus wenigen Häusern, die an den Kreuzungspunkten der heutigen Benrather-, Kölner- und Düsseldorfer-Straße in der Nähe des jetzigen Marktplatzes lagen. Nur wenige dieser alten Häuser sind heute noch vorhanden. Von Ohligs nach Merscheid führte ein Hohlweg, der an beiden Seiten mit weiten Feldern eingesäumt war. Die einzigen Wohnstätten, die der Weg berührte, waren ' Weckshäuschen' und 'In den Irlen', beides Orte, die auf eine mehrhundertjährige Vergangenheit zurückblicken können.

Aber nicht nur diese beiden Höfe sind alte Ansiedlungen, ebenso alt sind alle anderen Hofstätten, die heute noch sehr zahlreich vorhanden sind und mit ihren prächtigen Obstanlagen einen idyllischen Anblick gewähren. Sie alle waren ehemals bergische Lehnsgüter, die sich vom Vater auf den Sohn vererbten, beim Aussterben der Familie aber an den Landesherrn zurückfielen.

Bei der Erbfolge mußte an den Landes- oder Lehnsherrn, den Herzog von Berg, die Kurmut entrichtet werden, d.h. eine Abgabe, die aus dem besten Stück Vieh des Gutes oder aus dem besten Kleide des Erblassers bestand. Sehr oft entstanden wegen dieser Kurmut Streitigkeiten, mit denen sich dann das Lehnsgericht befassen mußte, das überhaupt die gesamten Kurmutsangelegenheiten zu regeln hatte. Das Lehnsgericht für die Gemeinde Ohligs bezw. für das Kirchspiel Wald befand sich Jahrhunderte lang zu Schnittert.


Am 1. März 1809 wurden die Lehnsgüter durch eine Verordnung Napoleons aufgehoben und den derzeitigen Inhabern als unantastbares Eigentum zugesprochen. Hiermit wurde dem Bauernstande nach jeder Richtung hin eine Freiheit eingeräumt, die für die weitere Entwicklung von großer Bedeutung war.

Eines der ältesten in der Gemeinde noch vorhandenen Gebäude ist Schloß Kaspersbroich, das im Jahre 1472 von einem Kasper v. Pertzdorf erbaut wurde. [...] Als in den 1860er Jahren die Eisenbahnlinie Haan-Deutz gebaut wurde, erwarb die Bergisch-Märkische Eisenbahn einen größeren Teil des Gutes für die Bahnanlagen. 1883 wurde das alte Schloß durch An- und Umbauten in geschmackvoller Weise erweitert [...].

  Schloss Caspersbroich

Neben dieser alten Stätte sind die Orte Schnittert, Barl, Bavert, Dahl und Keusenhof zu den ältesten zu rechnen. Die jetzt noch dort stehenden alten Gebäude werden größtenteils aber kaum vor 1600 errichtet worden sein; doch sind auf diesen Hofstätten schon weit früher Ansiedlungen gewesen.

Der Keusenhof war ein altes Sattelgut; auch Kaspersbroich, das vor der Erbauung des Schlosses 1472 schon als Bauerngut unter dem Namen Krauthausen bestanden hat, scheint ein Sattelgut gewesen zu sein. Im Erkundigungsbuch von 1555 findet sich die Bezeichnung ' Krauthuserbroich'. Das Taufbuch der reformierten Gemeinde Wald weist um das Jahr 1640 wiederholt die Ortsbezeichnung 'Crauhausen' auf.

Schon die Eigenschaft als Sattelgut läßt auf ein ehrwürdiges Alter schließen. Man hört von Sattelgütern zuerst im 11. Jahrhundert. Zu jener Zeit hörten die Hofbesitzer auf, selbst regelmäßig Kriegsdienste zu leisten; sie schickten vielmehr als Vertreter gedungene Männer ins Feld. Dadurch entstanden später die dienstleistenden Güter, die steuerfrei waren. In Kriegszeiten dagegen hatte das Gut einen vollständig ausgerüsteten Reiter nach Düsseldorf zu schicken. Daher der Name Sattelgut!

Die Pflicht, im Kriegsfalle einen gesattelten Reiter zu stellen,   ruhte auf dem Gute Keusenhof bei Ohligs und auf dem Gute Kannenhof bei Solingen bis zum 15. Juli 1736. Die Ablösungsurkunde besagt, daß der Besitzer vom Kannenhof fürderhin vom Satteldienst enthoben wird und dafür die Verpflichtung hat, jährlich 6 Goldgulden als Entschädigung an den Kurfürsten Karl Philipp zu zahlen.

  Mehr über das Sattelgut Keusenhof

In der Abhandlung über Wald erwähnten wir bereits die Ortschaft Dahl im Hammertal und bemerkten, daß zu Dahl in vergangenen Jahrhunderten die Gerichtsstätte gewesen ist. Das auf dem Hofe stehende große Gebäude Nr. 10 und 12 ist das alte Gerichtsgebäude, das jedes Kind der Hofstätte unter dem Namen 'Gerichtshaus' kennt.

Bevor wir das Hammertal verlassen, wollen wir an den alten Dahler Hammer erinnern, der etwas weiter nach Ohligs liegt. Er war einer der ersten Hämmer in unserer näheren Umgebung, in dem Raffinierstahl hergestellt wurde. Mit diesem seinem Erzeugnis entfachte er ehemals den Zorn der Solinger Schwertschmiede, die durch diese Neueinrichtung geschädigt zu werden glaubten.

  Über die Hofschaft Dahl und das Richterhaus
  Über den Dahler Hammer

Sehr bekannt geworden ist seit etwa 2 Jahrzehnten der in der Nähe von Hackhausen gelegene, der Stadt Ohligs gehörige Engelsbergerhof. [...]

  Über den Engelsberger Hof

Was die kulturelle Entwicklung der Gemeinde Ohligs anbelangt, so finden wir hier wie überhaupt im ganzen Solinger Gebiet schon frühzeitig das Bestreben zur Errichtung von Schulen. Im Jahre 1730 gab das Presbyterium zu Wald der Honnschaft Schnittert die Erlaubnis zur Errichtung einer Schule. Diese erste Schule der Gemeinde Ohligs wurde, nach dem Muster ähnlicher Orte, auf der Hofstätte Heiligenstock gebaut.

Die Mittel zu dem Bau [...] [stammten] aus freiwilligen Gaben besser gestellter Einwohner der Honnschaft. [Die vor-]handene Gründungsurkunde bestimmte, daß auch den Kindern aus der Honnschaft Bavert der Besuch der Schule gestattet sei. [~ Druckfehler ~]

Einige Jahre später entstand die Schule zu Weyer, und auch das Merscheider Gebiet schritt zur Errichtung einer eigenen Schule. Der Schulvorstand zu Heiligenstock erhob zwar dagegen Protest mit der Begründung, Merscheid gehöre zur Honnschaft Schnittert, und nur in dieser Honnschaft sei die Errichtung einer Schule gestattet; würde aber eine zweite Schule errichtet, dann sei es unmöglich, fürderhin in der Schule zu Heiligenstock die Armenkinder unentgeltlich zu unterrichten. Die Merscheider aber ließen nicht nach, und im Jahre 1759 wurde die Merscheider Schule auf den Irlen in Benutzung genommen.

Lange Zeit blieben diese Schulen die hauptsächlichsten in der Gemeinde. Als aber im Jahre 1811 im gesamten Bergischen die Schulen auf die Gemeinden übergingen, da änderte sich das Bild in Ohligs. 1820 entstand eine neue Schule zu Weyer, 1823 zu Löhdorf und 1830 eine neue zu Heiligenstock.

Auch in neuerer Zeit ist Ohligs bekanntlich auf dem Gebiete des Schulwesens vorangeschritten. Vor etwa 20 Jahren hat es zusammen mit der Gemeinde Wald, mit der es im vergangenen Jahrhundert lange Jahre gemeinschaftlich verwaltet wurde, auf gemeinsamer Grundlage eine höhere Schule geschaffen, das Ohligs-Walder Realgymnasium.

  Über die alten Schulen in Ohligs und Merscheid

In kirchlicher Beziehung blieb Ohligs bezw. Merscheid lange Zeit unselbständig. Erst im Jahre 1862 erhielt Ohligs eine katholische Kirche, die aber schon im Jahre 1893 niedergelegt wurde und einem dem Anwachsen der Gemeinde entsprechenden größeren Neubau, der jetzigen Kirche, Platz machen mußte.

Die evangelische Kirchengemeinde Ohligs besteht noch nicht so lange Zeit. Als sich zu Anfang der 60er Jahre in Wald Bestrebungen zur Anstellung eines dritten Pfarrers geltend machten, verlangten die Merscheider mit den umliegenden Ortschaften diesen für sich; sie hatten den Erfolg, daß Ohligs zur Filialgemeinde erhoben wurde.

Zuerst wurde der Gottesdienst in der Schule zu Heiligenstock abgehalten. Im Jahre 1865 wurde jedoch der Grundstein zur Kirche gelegt, die am 15. August des folgenden Jahres eigeweiht wurde. 1884 wurde die evangelische Kirchengemeinde Ohligs zur selbständigen Gemeinde ernannt, während die katholische Kirche dieses Recht schon 2 Jahre vorher erhalten hatte.

Die starke Entwicklung, die das gesamte Gebiet der Gemeinde Ohligs genommen hat, konnte auf die kirchlichen Verhältnisse nicht ohne Einfluß bleiben. Die Gemeinden beider Konfessionen mußten vor etwa 2 Jahrzehnten größere Gebietsteile abgeben, aus denen die heutigen Kirchengemeinden Merscheid entstanden, die auch längst ihre eigenen Gotteshäuser haben. Die katholische Kirchengemeinde hat später noch einmal ein Stück ihres Gebiets abgeben müssen, und zwar an die Rektoratspfarre Löhdorf.

  Kirchengebäude in Merscheid, Ohligs und Aufderhöhe

Unter den Kriegswirren zu Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatte auch die Gemeinde Merscheid erheblich zu leiden. Kontributionen und andere Kriegsabgaben sind die stehenden Rubriken in den Akten jener Zeit. Das Amt Solingen hatte in den Kriegsunruhen in der Mitte und zu Ende des 18. Jahrhunderts 14 480 Reichstaler Kontribution zu zahlen. Der Bürgermeisterei Merscheid wurden hiervon 3 400 Reichstaler auferlegt, die sich auf die einzelnen Ortschaften folgendermaßen verteilten:

Schnittert 877 Reichstaler 23 Stüber,
Barl 1139 Rchstlr. 28 Stüber,
Bavert 1159 Rchstlr. 12 Stüber,
Limminghofen 255 Rchstlr. 25 Stüber.

Hierzu kam noch die Leistung ungeheurer Mengen Lebens- und Futtermittel aller Art. Die Lasten waren so stark, daß zum ersten Male die steuerfreien Güter, der Monhof, der dem Kloster zu Gräfrath gehörte, Bauermannsheide, Kleindunklenberg, das Sattelgut Keusenhof und der Rittersitz Kaspersbroich zur Steuerleistung herangezogen werden mußten.

In der Franzosenzeit, und auch später noch, war die Gemeinde Merscheid sehr oft das Quartier durchziehender Heeresmassen. Die Einquartierungen und Durchmärsche dauerten bis zum Jahre 1820. Da trat endlich Ruhe ein, und mit ihr begann eine friedliche Entwicklung. Für die Industrie setzte eine Blütezeit ein, und damit hob sich der Wohlstand. Heute ist die Gemeinde Ohligs eine der industriereichsten des oberen Kreises Solingen.

Ein paar Zahlen verdeutlichen Ohligs' rasche Entwicklung. Bei der im Jahre 1816 angestellten ersten Volkszählung wurde eine Einwohnerzahl von 3334 festgestellt. Die Volkszählung im Jahre 1832 ermittelte 4182 Seelen. 1861 hatte Ohligs 6919 Einwohner, und heute zählt die Stadt deren über 30 000.

Die rasch aufsteigende Entwicklung seit den 60er Jahren ist darauf zurückzuführen, daß Ohligs immer mehr zu einem Eisenbahnknotenpunkt geworden ist, seitdem es 1867 Bahnstation geworden war. Damals wurde die Unternehmungslust stark entfacht, die sich noch steigerte, als die Strecken Ohligs-Hilden-Düsseldorf und Ohligs-Solingen-Remscheid-Lennep in Betrieb genommen wurden.

Ein erneutes Aufblühen hat mit der Eröffnung der Solinger Kreisbahn, der Bergischen Kleinbahn und der Bahnen im unteren Kreise Solingen eingesetzt. Der Entwicklung gerecht werdend, wurde im Jahre 1888 die Bezeichnung der Bahnstation Ohligs-Wald in Ohligs abgeändert. Ferner wurde im Jahre 1891 die Genehmigung erteilt, daß die Gemeinde Merscheid fortan den Namen Ohligs führen solle.

Stattliche Gebäude sind seit jener Zeit entstanden, u.a. das jetzige Rathaus und das Amtsgericht, das 1894 eingeweiht wurde. Von diesem Jahre an bildet die Stadt Ohligs mit einigen angrenzenden Bezirken einen eigenen Gerichtsbezirk.

Zum Schluß sei noch erwähnt, daß der Stadtgemeinde Ohligs im Jahre 1896 vom damaligen Kaiser das jetzige Wappen verliehen wurde, das ein Rad (den Verkehr) und den bergischen Löwen mit 7 Steinen im blauen Felde zeigt."

[Schmidt S. 59-65]



 
um 1905 (?)
Bahnhof Ohligs
Nach einer Ansichtskarte



Eine alte Wegekarte

Ein alter Zeitungsausschnitt ohne weitere Angaben (Solinger Tageblatt? 1978?) zeigt die Abbildung einer nett dekorierten, handgezeichneten Karte. Sie trägt den Titel "»Chart« Joan Peter 1714 an 22ten Aprill". (Man könnte auch "1774" lesen.) Die Skizze soll aus Archivbeständen der Ohligser Post stammen. Dargestellt ist das damalige Ohligser Wege- und Straßennetz mit heute noch bekannten, aber auch einigen nicht mehr geläufigen Orts- bzw. Hofschaftsnamen. Herkunft, Zweck und Verbleib der Karte sind unbekannt; in den Beständen des Solinger Stadtarchivs ist sie nicht vorhanden.



 
»Chart«
Joan Peter 1714
an 22ten Aprill

"(wk) Auf eine interessante historisch aufschlußreiche Kartenstudie stieß der Geschäftsführer des Briefmarken-Sammler-Vereins Solingen 1903 im Archivmaterial der Ohligser Post [...].

Auf der abgebildeten »Chart«-Skizze ruft Joan Peter die alten Ortsbezeichnungen des Ohligser Wege- und Straßennetzes in die Erinnerung zurück, wie dieselben »an 22. Aprill 1714« in den verschiedenen Ämtern und Büchern geführt wurden. Möglich ist, daß die Widmung »Soll Dein Seyn!« unten rechts in der Ecke für einen Ohligser Postangehörigen gedacht war. Denn nach Aufzeichnungen unseres langjährigen heimatkundlichen Mitarbeiters Otto Bauermann (†) in der »Zeittafel zur Geschichte der Stadt Solingen« ist nachzulesen, daß bereits um 1700 ein regelmäßiger Botenverkehr mit Briefen und Paketen von und nach Köln, Düsseldorf und Elberfeld bestanden hat."

So der dazugehörige Text. Der von Otto Bauermann erwähnte Botendienst hatte allerdings noch nichts mit einer "Ohligser Post" zu tun. Die bergische Landespost arbeitete damals mit privaten Botendiensten, die eine Konzession der Hofkammer benötigten. Es erfolgten auch keine Zustellungen zu den Wohnungen der Empfänger; Briefe und anderen Sendungen mussten beim jeweiligen Boten - bzw. im Wirtshaus - abgeholt werden. [Der spontane Eindruck, dass wir uns diesen Verhältnissen wieder annähern, ist vielleicht nicht ganz abwegig.]

Augenfällig sind Parallelen zur Ploennies-Karte von 1715. Teilweise sind die Ortsnamen mundartlich etwas anders gefärbt. Für "Wald" und "Hügelland" wurden ähnliche Symbole verwendet. Vielleicht handelt es sich um eine Abzeichnung nach der Vorlage der (allerdings erst ein Jahr später datierten) Ploennies-Karte für eigene Bedürfnisse. Ob Joan Peter Zeichner oder Empfänger der Karte war, wird sein Geheimnis bleiben.

Borl = Barl
Farch = Fürch = Fürk
Großemheide = ?
K hüss = K.hüsg. = ?, auf der Hofacker-Karte von 1898 mit K.S. abgekürzt
Maubb = Maubs = Maubes
ofer = Ufer = Uferstraße
Ollings = Oligs = Ohligs
Ram = an der Stelle des "Hamer", des Hammers und späteren Barler Kottens am Viehbach
Stert = KalberStert = Kalstert in Hilden
Webeldick = Wiefeldick
Wilshusen = Wilzhaus



Quellen:
  • Bauermann (1953)
  • Hermanns: Festschrift (1925)
  • Rosenthal Bd. 2 (1972), 3. Bd. (1975)
  • Sauerbrey, Paul: Etwas aus der Geschichte und Entwickelung der Stadt Ohligs. Stadtverwaltung und Verkehrsverein Ohligs (ca. 1928), S. 11-16
  • Schmidt, Max (1922)
  • Schneider, H.J. (2008)

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