www . ZeitSpurenSuche . de |
- Geschichtliche Wanderungen - Das Richterhaus - Das Schöffenhaus - Das Peter-Knecht-Haus - Randnotiz: Ziegelei Dahler Hammer |
Die Hofschaft Dahl liegt in Solingen-Merscheid, nicht weit vom Industriemuseum Gesenkschmiede Henrichs. Der Kyllmannweg südlich der Merscheider Straße führt geradewegs dort hin. Die in den 1970/1980er Jahren gebaute "Viehbachtalautobahn" ist zum Glück nicht - wie dereinst geplant - mitten durch die Ortschaft geführt worden, sondern an ihr vorbei. Es hätte auch anders kommen können: Nicht nur das seit 1985 unter Denkmalschutz stehende Richterhaus mit seiner über 400jährigen Vergangenheit wäre nicht mehr vorhanden, und von einer idyllischen Hofschaft könnte keine Rede mehr sein. |
|
|
1981 Zum Glück nur eine Fotomontage! Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Geschichtliche WanderungenIn seinem 1922 erschienenen kleinen Buch "Geschichtliche Wanderungen durch Solingen" hat Max Schmidt die Hofschaft Dahl und ihre Geschichte beschrieben: |
Geschichtliche Wanderungen durch Solingen
Stadt und Land Von Max Schmidt (1922)
"In der Abhandlung über Wald *) erwähnten wir bereits die Ortschaft Dahl im Hammertal und bemerkten, daß zu Dahl in vergangenen Jahrhunderten die Gerichtsstätte gewesen ist.
Das auf dem Hofe stehende große Gebäude Nr. 10 und 12 ist das alte Gerichtsgebäude, das jedes Kind der Hofstätte unter dem Namen 'Gerichtshaus' kennt."
"Einige Schritte von dem Gerichtsgebäude sieht man, wenn man von der Merscheider Straße kommt, links das Haus Nr. 14, das jedem auffällt, der zum erstenmal den Hof betritt. Es ist zum größten Teil mit hübscher Schindelbekleidung versehen. Am Haustüreingange befindet sich in zierlicher Schnitzerei folgende Inschrift: 'Förchte Gott und halte seine Gebotte, denn das gehört allen Menschen. 1747.'
"Doch nun zurück zur Ortschaft Dahl! Als Richtersitz hatte die Hofstätte ein bedeutendes Ansehen. In der Walder Kirche hatten die Besitzer von Dahl lange, lange Zeit besondere Plätze, den sogenannten 'Dahler Stuhl'; sogar die Angestellten des Hofes hatten in der Walder Kirche eigene Sitze auf dem 'Söller' (Empore) der Kirche. Diese Vorrechte behielt Dahl bis weit ins vorige Jahrhundert.
|
|
|
Um 1900 Dahl Links das Schöffenhaus, rechts hinten das Richterhaus Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Das Richterhaus
"Das 'Richterhaus' in der Hofschaft Dahl (Solingen-Merscheid) ist erstmals urkundlich nachweisbar in einem Auszug aus dem laufenden Heberegister (für Grundsteuern) für die Honnschaft Limminghofen vom Jahre 1654 unter der Bezeichnung: 'Richter Vischer Hof'. Der Name weist auf den Richter und Rentmeister Rütger Vischer, der von 1636-1646, also während des Dreißigjährigen Krieges amtierte.
|
|
|
Um 1920 (?) Das Gerichtshaus (oder Richterhaus) im Dahl Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Der Aufsatz von Dr. Jürgen Stohlmann, aus dem diese Passage stammt, erschien 1983. Damals war das Richterhaus noch unrestauriert, stand schon über sechs Jahre lang leer und wies erhebliche Schäden auf. Man nahm an, dass das vorhandene Gebäude in der Zeit des Richters Rütger Vischer errichtet wurde. Zur Überprüfung dieser Vermutung wurde 1982 zur Altersbestimmung der zum Hausbau verwendeten Holzbalken eine dendro-chronologische Untersuchung durchgeführt und aus dem Ergebnis folgendes Fazit gezogen:
|
|
|
2008 In den 1980er Jahren wurde das Richterhaus in Privatinitiative aufwändig restauriert. |
1976 hatte die Stadt Solingen das baufällige Gebäude aus Privatbesitz erworben. Es sollte abgerissen werden, denn es stand der geplanten Verbindungsstraße zwischen Solingen-Wald, Solingen-Merscheid und der bereits gebauten vierspurigen Viehbachtalstraße im Wege. Die Anbindung der beiden Straßen war in einem großen Verkehrskreuz nahe der Ortschaft Dahl vorgesehen.
|
|
|
2012 Inschrift am Richterhaus: ERBAUT UM 1558 WOHNSITZ UND GERICHTSSTÄTTE DES RICHTERS RÜTGER VISCHER 1635-1646 1982-1986 INSTANDSETZUNG |
Das Schöffenhaus
Das sogenannte Schöffenhaus stellt, wie Paul Herder 1979 bemerkte, eine Rarität der bergischen Fachwerkbauweise dar: "Bei ihm tritt anstelle des Schieferbeschlages die in unserer Gegend äußerst seltene Holzschindelverkleidung auf. Der bergische Heimatforscher F.W. Ohligschläger schreibt in einem Bericht über eine Wanderung durch den Bereich von Merscheid, vor rund hundert Jahren: »Die westliche Seite des in der Nähe gelegenen Herderschen Hauses zeigt einen dicken Schuppenpanzer von Deckspänen.«" [Herder S. 185]
|
Haustür des Schöffenhauses Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
|
2004 Haustür des Schöffenhauses |
|
"Da entgegen sonstiger Gewohnheit die Initialen oder Anfangsbuchstaben der Namen des Ehepaares, das den Bau errichtete, nicht angebracht sind, ergeben sich Zweifel hinsichtlich des Erbauers. Des nahen ehemaligen Gerichtshauses wegen, wo mehrere Mitglieder der Familie Kylmann als Richter wirkten, und wegen des nahen Galgenbusches nennt man dieses Haus das 'Schöffenhaus'. Die Bezeichnung wird mit dem Schöffen Heinrich Mertes in Verbindung gebracht.
Anders als von Max Schmidt vermutet wäre es also gut möglich, dass Peter Herder und seine Frau die Erbauer des sog. "Schöffenhauses" in Dahl gewesen sind. Allerdings müssen Jahreszahlen an einem Gebäude nicht zwangsläufig das Baujahr angeben; es kann auch ein Eigentümerwechsel oder eine umfassende Instandsetzung stattgefunden haben. |
|
|
Um 1900 (?) Das Schöffenhaus mit holzschindelverkleideter Giebelseite Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Das Peter-Knecht-Haus
Schräg gegenüber dem Richterhaus steht ein weiteres repräsentatives Fachwerk-Gebäude (Nr. 39) mit zwei schön verzierten Eingangstüren: das Geburtshaus des Solinger Kaufmanns Peter Knecht und zugleich das Haus des 1. Bürgermeisters der Mairie Dorp, die von der napoleonischen Verwaltung nach 1808 eingerichtet wurde.
|
|
|
Peter Knecht * 3.3.1798 in Schlicken, † 21.11.1852 in Solingen |
|
|
Peter Knecht Haus 1798 P.K. "Immerwahr" 1852 † "Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist." Victor Hugo Erbaut 1793 Schlicken Transloziert 1993 Dahl |
In der Nähe befindet sich auch ein sehr schlichter alter Stein der Familie August Schwarte, auf dem u.a. das Geburts- und Sterbedatum von Peter Knecht eingeritzt sind (* 3.3.1798 in Schlicken, † 21.11.1852 in Solingen) - und den man in Dahl eigentlich nicht vermutet hätte.
|
|
|
Um 1935 Hofschaft Schlicken mit Peter-Knecht-Haus (Mitte). Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Das geschichtsträchtige Haus an der Ritterstraße (Ecke Unnersberger Allee / Schlicker Weg) stand umfangreichen Straßenbaumaßnahmen im Weg. Zudem war es damals - nicht nur auf Grund baulicher Veränderungen (Verunstaltungen?) - keine Augenweide mehr. Heute, in Merscheid, ist es eine. Das Haus soll Ende der 1980er Jahre abgetragen worden sein.
|
Solinger Tageblatt vom 21. August 1991
Peter-Knecht-HausEin ehrwürdiges Altertümchen wird verrückt
(flm) Das alte Haus war ein Schandfleck. Ein Ärgernis und eine Gefahrenquelle für die Anlieger. Jetzt ist es - im wörtlichen Sinne - auf dem besten Weg, um wieder zu seiner alten herrschaftlichen Größe zu finden: Das Peter-Knecht-Haus von der Ecke Ritterstraße / Schlicker Weg wird Balken für Balken demontiert und in direkter Nachbarschaft zum Dahler Richterhaus neu aufgebaut.
Ein Umzug mit Erfolg: "In Solingen nichts Vergleichbares"
Das Peter-Knecht-Haus ist das erste Gebäude in neuerer Zeit, "wo eine Versetzung innerhalb Solingens gelingen wird": Bei der Stadtverwaltung sieht man den Umzug des alten Fachwerkhauses mit Freude. Denn von den Stadtplanern bis zur Unteren Denkmalbehörde haben viele Ämter zusammengearbeitet, damit das Gebäude erhalten werden kann. [...]
|
1991 begann der Wiederaufbau in Dahl, und Ende 1992 war das Haus bezugsfertig. Nur ein Sechstel der alten Holzkonstruktion hatte ersetzt werden müssen. Auf die Schieferverkleidung wurde verzichtet; das schöne Fachwerk ist zu sehen. Am 27. Juni 1993 fand die Einweihung statt. [ST v. 22. und 28.06.1993] |
Um 1975 Das Peter-Knecht-Haus in Schlicken mit stark veränderter Fassade und halb abgetragener Treppe. Repräsentativ wirkt es wirklich nicht mehr. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
|
2006 Das in Dahl wieder aufgebaute Haus |
Randnotiz: Ziegelei
Zwischen Kyllmannweg und Richterweg liegt ein kleines Waldstück mit naturnahen Sitzgelegenheiten, tiefen, teils mit Wasser gefüllten Lehmgruben und einer gewölbeartigen Ziegelwand, deren Sinn und Zweck sich dem Unkundigen heute nicht mehr erschließt. Die Mauerreste lassen aber noch die typische Architektur von Ringofenziegeleien erkennen. |
2012 Überreste der Ziegelei zwischen Richterweg und Kyllmannweg |
|
2012 Der hier abgebaute Lehm wurde gleich nebenan zu Ziegeln gebrannt. |
|
|
In einem Plan der Stadt Ohligs von 1908 ist die Ziegelei eingezeichnet. |
Quellen:
|