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1911 Lieferfrau mit Liewermang Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
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Die Geschichte der Solinger Heimarbeiterschaft ist auch die Geschichte der Lieferfrauen. Ihnen ist eine Dokumentation von Edeltraut Welling gewidmet, in der die Lieferfrauen oder deren Töchter selbst zu Wort kommen und aus dem Alltag "von früher" berichten. Lieferfrauen, die für die verbliebenen "selbstständigen" Schleifer und Reider die Waren zwischen den Werkstätten und den Schneidwarenfirmen transportierten, gab es noch bis vor wenigen Jahrzehnten. |
Vor der Erschließung des Solinger Gebiets mit öffentlichen Verkehrsmitteln gingen die Lieferfrauen zu Fuß. In aller Regel waren es Familienangehörige, Ehefrauen oder Kinder der Handwerker.
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Lieferfrau mit einer Lieferung Schwerter. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
In Solingen-Mitte waren schon um 1900 die Straßen relativ gut ausgebaut. Hier waren Handwagen gebräuchliche Transportmittel.
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Um 1935 Lieferfrauen und Liefermann Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
1956 erschien ein Artikel über die Lieferfrauen im Solinger Tageblatt: "Nur die Wupper rauscht wie in früheren Zeiten", der bei Welling abgedruckt ist [S. 116 f]. "... Lewerfrau war im Grunde jede Solingerin, deren Familienangehörige mit Schneidwaren zu tun hatten. Täglich sah man sie auf den Straßen im Stadtbild und den Waldwegen ringsum, die zur Wupper führten. ... Die Lewerfrauen ... knüpften die Verbindungen zwischen den Kotten und den Fabrikanten, oft kannten die Schleifer lange Jahre ihre Arbeitgeber nicht. ... 14 Jahre oder sogar erst 13 waren die Mädchen alt, wenn sie zum ersten Mal den Korb auf den Kopf nahmen. ... Es mag um die Mitte der zwanziger Jahre gewesen sein, als sich die Lieferfrauen langsam aus dem Stadtbild verloren. ..."
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2008 Tragering, auch "Pölf" genannt, ausgestellt im Rheinischen Industriemuseum in Solingen-Merscheid |
Um den Kopf trug man ein Tuch in zarten Farben... Immer war es unterm Kinn geknotet, nur an wirklich heißen Tagen flatterte es frei auf die Schultern herab. Auf dem Kopf der Tragering aus starkem, doch biegsamen Stoff, mit Kapok gefüllt und außen mit bunten Glasperlen bestickt. Vorn - auch aus Glasperlen - die Jahreszahl des Winters, in dem er genäht wurde, darüber das Monogramm der Besitzerin. In der Mitte hatte der Ring ein durchgehendes Loch, daß er sich unter der Last der Messer gut um den Kopf schmiegen konnte.
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"Kunststück". Zeichnung von Albert Hendschel (1834-1883). Der Frankfurter Künstler hat hier wahrscheinlich keine Solinger Lieferfrau dargestellt, wenn es auch ganz danach aussieht - aber ihre Probleme dürften dieselben gewesen sein. |
Die von den Männern benutzten Körbe waren größer. Sie maßen 1,20 Meter mal 40 Zentimeter bei einer Randhöhe von etwa 25 Zentimetern. Die langen Schwerter aber wurden gebündelt auf die Schulter genommen...
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2002 Lieferfrau-Denkmal am Fronhof in Solingen von Erlefried Hoppe (1910 - 1992), aufgestellt Ende der 1950er Jahre |
Mußten sie wirklich einmal ohne schwarze Ware zum Kotten heimkehren, beschwerten sie die Körbe mit Steinen, ohne Last war ein schlechtes Balancieren."
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2002 Die Fabriken Herder (heute Technologiezentrum) und Henckels (Zwillingswerk) in Solingen, Grünewalder Sraße |
Einen ganz anderen Aspekt zur Geschichte der Lieferfrauen fand ich zufällig in der Artikelserie "Nebelbilder aus Solingen" von Peter Knecht aus dem Jahr 1845, in denen der Autor das Warenzahlen anprangert, hier nachzulesen in anderem Zusammenhang. Hans-Georg Wenke bringt Leben und Leistung der Solinger "Liewerfrauen" mit deutlichen Worten auf den Punkt:
"Sie wird als stille bescheidene Dienerin dargestellt und ist in Wirklichkeit eine Heldin. 'Die' Solinger Liewerfrau, die Ehefrau eines Heimarbeiters. Sie trug 'en Jedrag', ein 'Getrag' Halb- oder Fertigwaren vom Kotten an einem Bach oder der Wupper den Berg hinauf zu den Kontoren der Fabrikanten, die die Arbeit vergaben und wieder abkauften und brachte neue Rohware auf dem Rückweg mit. Straßen gab es über Jahrhunderte keine, bei Regen (Schlamm) und Schnee (Glätte) musste gelaufen werden.
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Quelle:
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