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Der Solinger Schuster Wilhelm Ottersbach

Über 50 Jahre wohnte der Schuster Wilhelm Ottersbach (1832-1916) in der Solinger Hofschaft Unnersberg, und noch heute lebt dieses prominente "Unnersberger Original" in einer Solinger Redewendung fort. Sein "Cornelken" hat Wilhelm "so im Vorbeigehen" geheiratet, aber das 50. Ehejubiläum war ein "Unnersberger Ereignis" mit eigens gebildetem Festkomitee! Cornelie war - anders als ihr zugereister Mann - gebürtige Solingerin; ihre familiären Wurzeln jedoch streifen womöglich die Pariser Künstlerszene des späten 18. Jh. - Den folgenden Ausschnitt aus der eigenen Familiengeschichte stellte H.J. Schneider für diese Webseite zur Verfügung.


Wilhelm Ottersbach, der Unnersberger Schuster

Von Hans Joachim Schneider,
basierend auf Recherchen von Herbert Wagner

Wenn man von Ruppichteroth im Rhein-Sieg-Kreis durch das Nutscheid-Gebirge südlich zur Sieg herunter will, erreicht man 6 km vor Herchen, noch in der Höhe, die zu Herchen gehörende Hofschaft Oberrieferath.

Hier wurde am 6. Januar 1832 Wilhelm Ottersbach geboren und zwei Tage später in der katholischen Pfarrkirche getauft. Sein Vater, der Schneidermeister Peter Ottersbach, war damals 52 Jahre alt und seit 1815 in zweiter Ehe mit Anna Elisabeth Jörgen verheiratet. Als sie Wilhelm das Leben schenkte, war sie 37 Jahre alt. Wilhelm Ottersbach war der Jüngste einer stattlichen Kinderschar. Seine Vorfahren lassen sich noch zwei Generationen in der Umgebung von Herchen zurückverfolgen und waren ausnahmslos Ackerer. 1847 verlor Wilhelm seinen Vater, und als 1852 auch seine Mutter starb, ging er auf die Wanderschaft.

Wann er Solingen erreichte, ist nicht überliefert. Ebenfalls ist nicht bekannt, wie er sein "Cornelken" kennengelernt hat. Cornelie Ottersbach wurde am 19. Januar 1836 in Solingen in der Grunenburg geboren und am 2. Februar in der St. Clemens-Pfarrkirche getauft. Ihr Vater war der Seidenweber Jacob Lindlar, die Mutter Theresia Plein. Beide waren 1803 geboren und hatten 1827 geheiratet. Sie wohnten später bis zu ihrem Tode in Dornsiepen.

 

 
2006
Hofschaft Grunenburg
 

Auch bei ihnen handelte es sich um eine kinderreiche Familie. Der Großvater Lindlar (auch: Lindlauer) war ebenfalls Seidenweber, stammte aber von außerhalb. Der Vater der Mutter, Franz Plein (in alten Urkunden auch öfter Blein oder Bleng genannt) heiratete am 20. August 1797 in Solingen Anna Maria Winter. Über seine Herkunft heißt es kurz "ein Franzose aus Paris". Von Beruf war er Bildhauer. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass er durch die Wirren der französischen Revolution nach hier verschlagen wurde.

Es war wohl ein gutes Omen, dass Wilhelm Ottersbach am 11.11.1858 heiratete, obwohl dieser Tag damals noch nicht als offizieller Karnevalsauftakt angesehen wurde. Wilhelm war Schustergeselle und wohnte am Werwolf. Cornelie wohnte in Dornsiepen, half bei einem Scherennagler und fuhr am frühen Morgen mit einem Handwagen Milch in die Stadt. Von ihrer Hochzeit erzählten beide, dass das so im Vorbeigehen erledigt wurde. Vater und Mutter von Cornelie sowie vier Zeugen waren zur festgesetzten Zeit im Dorper Rathaus. Cornelie kam auf dem Rückweg von ihrer täglichen Milchfahrt am Werwolf vorbei, Wilhelm band seine Schürze ab und dann ging es weiter zum Dorper Rathaus, wo der Handwagen angebunden wurde.

Die weiteren Ereignisse sind aus der Heiratsurkunde Nr. 65 zu ersehen, die der Bürgermeister Robert Stosberg anlegte. Braut und Bräutigam waren 22 bzw. 26 Jahre alt. Einige Ungenauigkeiten in den beigebrachten Urkunden des Bräutigams wurden durch eidesstattliche Erklärungen berichtigt, dann gaben die Eltern der Braut ihre Zustimmung und Braut und Bräutigam sprachen ihr "Ja". Der Bürgermeister erklärte dann die Ehe als gesetzlich geschlossen und die Unterschriften des Brautpaares, der Brauteltern und der Zeugen wurden geleistet. Es waren der

      Carl Schmidt, Barbier, vom Werwolf
      Franz Schwenk, Vorschläger, vom Dornsiepen
      Friedrich Rupertz, Scherennagler, in Solingen und
      Heinrich Krämer, Messerreider, aus Dornsiepen.

Wilhelm Ottersbach hat später oft erzählt, dass es bei der standesamtlichen Trauung ganz trocken hergegangen sei, aber das wurde an dem nachfolgenden Sonntag nach der kirchlichen Trauung in St. Clemens nachgeholt.

Über 50 Jahre lang hat Wilhelm Ottersbach in Unnersberg gelebt und war bei allen Teilen der Bevölkerung beliebt. Als der 11.11.1908, der Tag der Goldenen Hochzeit, näher rückte, bildetet sich schnell ein Festausschuss, der die Goldenen Hochzeitsfeier zu einem Unnersberger Ereignis gestaltete. Die Feierlichkeiten fanden im Saale Siefen, später Knecht, statt, wo sich noch später die Besteckfabrik Pfeiffer befand (Weinsbergtalstraße 6).

 

Wilhelm und Cornelie Ottersbach
am Tag ihrer Goldenen Hochzeit.
Bild-Quelle: Fam. Schneider
 

Wilhelm Ottersbach mit Schusterschürze in Unnersberg.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 

Montags hatte der "Hof"-Schuster Ausgang, d.h. er nahm seine grünen Säckchen, in denen er die fertig reparierten Schuhe transportierte, und ging in die Stadt, um zu liefern; und dabei musste er manchen "Klaren" trinken. War nun alles geliefert, dann ging er zur Lederhandlung Unshelm auf der Johannisstraße und kaufte dort sein Leder ein. Dann ging es wieder mit regelmäßigen Zwischenstationen gen Brühl und Unnersberg.

Wilhelm Ottersbach starb am 23. November 1916, 84 Jahre alt, nach kurzem schweren Krankenlager. Er wurde auf dem katholischen Friedhof in Höhscheid beigesetzt. Cornelie Ottersbach war schon lange Jahre durch ein Augenleiden behindert und überlebte ihren Mann noch um drei Jahre. Sie starb im Kloster zu Krahenhöhe, 83 Jahre alt, am 8. April 1919, und wurde auf dem katholischen Friedhof Krahenhöhe begraben.


"Donn din Arbeit,
freu dech, lach
su wie der Schuster
Otterschbach."

  Mehr Bilder von Schuster Ottersbach
  ... und von der Hofschaft Unnersberg bei www.solingen-internet.de.


Quelle:
  • Schneider, Hans Joachim (2009). - Der Artikel ist erschienen in: Die Heimat 25/2009 S. 68 f.


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