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Werwolf

Dass die Solinger Straße "Werwolf," Teil der B 229 zwischen Ufergarten und Schützenstraße, an dieser Stelle erscheint, hat mit der zweiten der folgenden beiden Straßennamen-Erklärungen zu tun.

In alten bergischen Sagen und Überlieferungen ist auffallend häufig davon die Rede, dass Fußgängern bei Nacht und Nebel große, unheimliche Wesen auf den Rücken sprangen, sich ein ganzes Stück tragen ließen und wieder verschwanden. Da diese Geschichten so häufig vorkommen, vermutete ich einen wahren Hintergrund - Atemnot, Rückenschmerzen oder Ähnliches. Eine passende Erklärung scheint gefunden, aber zunächst gibt es die folgende von Max Schmidt:


Solinger Tageblatt vom 30. März 1967

Woher stammt der Name?

"In einer Solinger Zeitung aus dem Jahre 1925 entdeckten wir eine Erklärung des Namens von Max Schmidt aus Solingen, die Aufschluß über die Entstehung des Namens gibt:

Der Wolf spielt schon in der Göttersage und im Volksaberglauben der alten Zeit eine bedeutende Rolle. Im mutigen Heere heulten die Wölfe. Der dem Wanderer begegnende Wolf verhieß ihm Glück. Der Wolf erschien andererseits als Sinnbild der Grausamkeit und Tücke.

Weit gefährlicher aber war der Werwolf. Er war eine der fürchterlichsten Spukgestalten, eines der scheußlichsten Ungetüme: Zum Teil Mensch, zum Teil Wolf oder Hund, Bär oder Teufel. Menschen, die sich dem Teufel verschrieben hatten, wurden von ihm in der Kunst des Werwölfens unterrichtet. Sie konnten sich vermittels eines besonderen Gürtels oder Wolfshemdes in einen Werwolf verwandeln. Der Anblick eines Werwolfs war so beängstigend, daß die stärksten und beherzigsten Menschen von der schlimmsten Furcht befallen wurden.

Es scheint nicht ausgeschlossen, daß wir hier in Solingen an der Bezeichnung Werwolf noch ein Überbleibsel aus jener dunkeln, unheilvollen Zeit haben. Dieses ist um so wahrscheinlicher, als es im Volksglauben immer hieß, daß der Werwolf den Menschen nur an einem Kreuzwege erscheine. Auch hier am Werwolf hatten wir einen Kreuzweg, wenn auch nicht genau an derselben Stelle, wo jetzt das Haus "Werwolf" steht, doch in unmittelbarer Nähe.

Hier kreuzte der Weg, der von Solingen auf Krahenhöhe [...], der über Meigen und das obere Wuppertal hinaus nach Remscheid führte und eine Abzweigung nach Papiermühle hatte. [...]"




Solinger Tageblatt vom 30. März 1967

Das Untier sprang die Schleifer an

"[...] Bekannt ist lediglich, daß dieses Straßenstück im Laufe der Jahre oft umbenannt wurde. Vor 1913 hieß es noch Werwolf, dann Kaiserstraße, ab 1933 'Auf dem Kamp', nach 1945 Hauptstraße und 1957 hat man wieder auf die alte Bezeichnung zurückgegriffen.

Wir wollen uns mit der Erklärung aus dem Jahre 1925 allein nicht zufriedengeben und befragten einen Spezialisten auf diesem Gebiet, den ehemaligen Leiter des Stadtarchivs Hans Brangs. Alle diese Ausführungen bestätigend, berichtete er, daß nach seinen Unterlagen der Name Werwolf das erstemal im Jahre 1770 auftaucht, wo von einem Messermacher am Werwolf die Rede ist. Er erklärte, daß es im Bergischen Raum wirklich Wölfe gegeben habe.

Der Werwolfglaube hat sich nach seinen Angaben bis weit ins 19. Jahrhundert hinein erhalten. Aus Überlieferungen wußte er zu erzählen, daß besonders die Schleifer bei nebligem Wetter von den Werwölfen angefallen wurden.

»Die Schleifer trugen damals ihre schweren Körbe mit den Klingen runter an die Wupper in die Schleifkotten«, erläuterte er dazu. Unter Staublungen und Lungenschwindsucht litten damals viele Schleifer, und wenn sie durch das neblige Tal der Brühler Straße gingen, drückte sich die feuchte Luft auf ihre Lungen, und dann hieß es, der Werwolf habe den Mann angesprungen und er habe die Last getragen."


Noch eine weitere, weniger mystische Variante kommt in Betracht. Willi Herwig weist darauf hin, dass sogenannte "Wolfsgruben" als militärische Hindernisse verwendet wurden. Möglicherweise entstand der Name "Wehrwolf" aufgrund dort vorhandener Verteidigungseinrichtungen, die Solingen gegen Angriffe aus südlicher Richtung schützen sollten. [Herweg]



Werwolf
 
Vor 1906
Jugenstil in Reinkultur:
Das Geschäftshaus der Gebr. Gries, Am Werwolf.
Das Haus fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.

Blick-Richtung Krahenhöhe; rechts zweigt die Brühler Straße ab in Richtung Widdert.
Postkarte, Verlag Max Biegel, Elberfeld


Werwolf
 
1936
Werwolf
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


Werwolf
2009   Kaum noch gespenstisch
 
Werwolf
2009   Die Straße Werwolf vom Entenpfuhl aus gesehen




Werbeanzeige einer Metzgerei am Werwolf im Vorgängerblatt des Solinger Tageblatts - ohne jeglichen Kommentar zu der hier angebotenen Ware:

Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 15. Mai 1883

Täglich dickes, fettes Fleisch, prima Waare, per Pfd. zu 25 Pfg.
Gebrüder Wieden, Ostwall I und Wehrwolf.


Quellen:
  • Herwig, Willi, Die Heimat 07/1952
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 15.05.1883
  • Solinger Tageblatt vom 30.03.1967

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