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Notizen zur Geschichte von Haimar, Evern und Dolgen (Sehnde)
Haimar, Evern und Dolgen, ehemals Landkreis Burgdorf, sind seit 1974 mit 12 anderen früher selbstständigen Gemeinden Teil der heutigen Stadt Sehnde, die der Region Hannover als Rechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover angehört.
Haimar
Die erste bekannte urkundliche Nennung des Ortes Haimar stammt vom 11. Mai 1117. Damals übersiedelten die Grafen von Haimar nach Wernigerode am Harz, behielten aber ihren Grundbesitz im Großen Freien und waren dort zeitweise die größten Grundbesitzer. 1429 ist diese Familie erloschen.
Erheblich hatte die Gemeinde unter den Auswirkungen der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523) zu leiden. Das nördlich von Haimar gelegene Gilgen ging 1519 unter. "Die schwer heimgesuchten Einwohner siedelten sich nun in Haimar an, wo die Gilgeschen von den Haimarschen Höfen unterschieden werden." [Garbe S. 22 f] Zwischen beiden Orten hatten schon zuvor Beziehungen durch gemeinsame Nutzungsrechte bestanden. - Am Ende des Krieges gehörte die Amtsvogtei Ilten, die nach Abspaltung dreier Dörfer bei Hannover nun das Große Freie genannt wurde, weiterhin zu Lüneburg.
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In Haimar begann die Reformation 1534.
Die Kirchengemeinde Haimar, in deren Tauf- und Heiratsregistern ich im Sommer 2000 meine Ahnen Weykopf und Bartels gefunden habe, umfasst heute die drei Orte Haimar, Dolgen und Evern.
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2000 Haimar Kirche St. Ulrich |
Im 18. Jh. reichte die alte Kirche für die gewachsene Gemeinde nicht mehr aus, und so wurde 1784-1788 die heute vorhandene relativ große barocke Saalkirche St. Ulrich errichtet. Der dreistöckige Westturm diente früher Reisenden und Fuhrleuten in der flachen Landschaft als Orientierungspunkt. Heute ist er hinter Baumkronen beinahe ganz versteckt. - Die barocke Innenraumgestaltung der Kirche ist erhalten geblieben. |
An der äußeren Nordwand des Kirchturmes befindet sich ein kleiner barocker Knabenkopf. Über ihn berichtet die Sage, er stamme von einem Einbrecher, der die Kirche heimgesucht habe, von dem Pastor entdeckt und auf der Flucht vor diesem im Turm von einem Blitz erschlagen worden sei. Dabei versteinerte sein Kopf, welcher nun über den Ort blickt. |
Evern
Evern ist die eigentliche Keimzelle der Gemeinden. "Am 11. Mai 1117 übergab der 'comes de villa Heymbere', der Graf Adalbert zu Haimar, dem Pfarrer von Lühnde 24 Morgen Land und eine Hofstelle in Schutellobeke (wüst gewordene Ortschaft bei Klein Lobke) und eine Silbermark, damit die Kirche zu 'Eberen' sich von der Lühnder Mutterkirche lösen dürfe. Mit diesem Ereignis tritt Evern in die Kirchengeschichte ein."
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Dolgen1400 wird Dolgen erstmals urkundlich genannt. Die heute vorhandene St.-Margarethen-Kapelle wird erstmals 1664 urkundlich erwähnt. Der alte Fachwerkbau mit seiner massiven Westseite ist im Wesentlichen in seiner ursprünglichen Substanz erhalten (2000). - Dolgen ist heute der kleinste der drei Orte. Es gibt noch relativ viel Landwirtschaft, und durch die Lage abseits der Bundesstraße ist der dörfliche Charakter weitgehend erhalten geblieben. |
2000 Die drei Ähren im Wappen von Dolgen erinnern an die Urbarmachung der Dolgener Heide durch die dortigen Bauern. |
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2000 Dolgen. Links die St.-Margarethen-Kapelle |
Sitten und GebräucheVon der Wiege bis zum GrabeUnter dieser Überschrift vermittelt Fritz Garbe interessante Einblicke in die Sitten und Gebräuche im 17. und 18. Jh. Er zitiert aus zeitgenössischen Dokumenten und Berichten: |
"Schon bald nach der Geburt wurden die Kinder zur hl. Taufe getragen. Man wartete damit nur »biß in Drittentag, woferne sie nicht kranck sein«. Nach der Anordnung der Lüneburger Kirchenordnung ist die Taufe im öffentlichen Gottesdienst vollzogen worden. In der Stille wurden nur uneheliche Kinder getauft. Bis zum Jahre 1668 konnten vier Gevattern gebeten werden. Fortan wurden »wurden nicht mehr als drei zugelassen«. [...]
Auch bei Verlöbnis und Trauung hatte der Geistliche ein Wort mitzureden, wie die Visitation von 1674 zum Ausdruck brachte: »Keine verlöbnisse sollen angestelt werden ohne vorbewust des Pastorn vnd voigde«. Zunächst war festzustellen, ob die Brautleute miteinander verwandt seinen. Lange zog sich die Untersuchung hin, wenn sie fremd und unbekannt waren. »Durch glaubwürdige Attestata und Zeugen mußten sie dociren, daß siw würklich die seyen, die sie sich nennen, daß sie nicht beyde oder einer von ihnen schon in der Ehe lebe, daß sie in keinem gradu prohibitio verwandt und sonst kein impedimentum legale ihrer Copulation vorhanden sey.«
Die Trauung fand in der Regel in der Heimatkirche der Braut statt. »Wenn sie nach einem andern Ort freyet und an demselben sich will copuliren lassen, so muß sie den Pastori loci die Copulationsgebühr eben so wol entrichten, als wenn sie da würcklich wäre copulilrt worden.« Das Aufgebot aber erfolgte auch an ihrem Heimatorte. [...]
Im Gegensatz zu den fröhlichen Hochzeiten liebten unsere Väter die Stille bei den Begräbnissen. In der Regel wurden die Toten in der Frühe des Freitags und Sonntags beigesetzt. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts schwanden die stillen Beerdigungen. Bei der Einführung des Pastors Nebershausen 1696 wünschte die Gemeinde, »daß man Leichen Predigten sollt thun. Und daß der Lebenslauf, welcher nur bloß alleine anstadt der Leichen Predigt abgelesen worden von der Cantzel, nicht solte vom Schulmeister, sondern von dem Pastore selbst aufgesetzet werden«.
"Auf dem Kirchhofe herrschten nicht immer geordnete Zustände. Im Jahre 1773 wurde geklagt, daß »verschiedentlich cadaver, welche noch nicht verweset gewesen, wieder aufgerodet, zumal kein ordentlicher Kulen Gräber gehalten, und hier und dar die Todten eingegraben würden.« Erst 1833 wurde »in jedem Dorfe des Kirchspiels ein Todtengräber angestellt.«" [Garbe S. 78] |
Frevel, Unfug, KirchenzuchtNach der Lüneburger Kirchenordnung wurden "Unbußfertige und halsstarrige Sünder und diejenigen, welche die Kirche geärgert haben", in Zucht genommen. Anlässe gab es reichlich, Unfug wurde auch früher schon getrieben. |
"War der Sünder zur Buße bereit, bat er durch den Mund des Geistlichen um Verzeihung. Blieb er halsstarrig, erfolgte der Bann [...]. Der Bann wurde selten verhängt. Die Androhung machte den Sünder zur Buße bereit. Aus der Fülle von Kirchenzuchtsfällen werden einige herausgegriffen: [...]
Feste waren immer Anlaß zu Unfug. Nach dem 30jährigen Kriege wurde geklagt, daß »die Everschen Jungens am h. Pfingsttage gelt samlen vnd versauffen«. Für das »Schützengelag in den pfingsten samlen die Jungens vnd mädchens Ejer vnd gelt.«
Auch Familienfeste wurden durch Unfug gestört. »Bey Hochzeiten wird nicht allein das längst verbothene Schießen der Hochzeitsbitter unternommen, sondern auch junge vermummte, im Gesicht angeschwärzte Leute finden sich ungebethen an und lassen sich bewirthen, tanzen, und wenn ihrer Meinung nach ihnen nichts gutes genug geschieht, richten sie allerhand Unfug an.«
So vermochte die Kirchenzucht nicht allen Unsitten zu wehren, am wenigsten aber dem im geheimen schleichenden Aberglauben". [Garbe S. 41-45] |
Sitten und Gebräuche im Bergischen Land
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Die Meierhöfe
Den Grundbesitz der Kirche, das Meiergut, verwaltete die sog Gutsherrschaft, bestehend aus Pastor und Juraten [= Geschworene]. Die vermeierten Ländereien waren an Bauern "ausgetan", die nicht allein im Bereich der Kirchengemeinde ansässig waren, sondern auch in ferner gelegenen Ortschaften. Die Rechte und Pflichten der Meier waren im Meierbrief festgelegt. Als Gegenleistung für das Nutzungsrecht musste der Meier z.B. nach einem Vertrag von 1786 "jährlich unserer Kirche zu Michaelis hieher nach Haimar, wie von alters her gewesen ist, an guten und unbetrüglichen Korn bringen und geben soll vier Malter Roggen und vier Malter Haver."
Auf einem der aufgeführten Meierhöfe finde ich den Namen Weikop:
"5. Der Hof in Clauen. Im 30jährigen Kriege waren dort trostlose Verhältnisse »durch die unterschiedliche belägerungen vnd Einnehmungen der Stadt Hildesheimb«. Daher schuldet »der damahlige mejer tile weikop der Kirche anno 1650 hundert vnd vier malter Korn. Unser Kirchen hat in einem Vergleich 80 Gülden dafür zuerkand«. Auf die Familie Weikop folgte 1689 die Familie Hanne." |
Die Pfarrpfründe
Ihren Lebensunterhalt bezogen die Geistlichen aus den Pfarrpfründen, dem Vermögen der Pfarre. Ein Gehalt erhielten sie nicht. "Die Pfarre in Haimar erfreute sich eines außergewöhnlich reichen Gutes [...]. Entfernungen und Umfang der Liegenschaften hinderten die Selbstbewirtschaftung. Daher war das Grundvermögen bis auf einen geringen Rest nach Meierrecht ausgetan. Der Zins gehörte den Geistlichen persönlich." Neben den Abgaben bestanden die Verpflichtungen der Meier in Arbeitsleistungen.
Auch bei mehreren Pfarrmeierhöfen sind die Namen Weikopf und Barthels vertreten. Demnach sind beide Familien spätestens um 1600 in Haimar, Evern und Dolgen ansässig gewesen: |
"5. Der Hof Wilke in Evern. Im mittelalterlichen Güterverzeichnis erscheint als Meier Henni Keip, um 1600 'Hans Weikops der Jünger', nach dem 30jährigen Kriege Oelven, 1785 Wundram. Dann kam die Familie Wilke. Der Hof »hat vierzehendte halben morgen landes. Gibt vom iglichen morgen zu Zinse 2 himten des Korns als geseet ist. Item Zins 8 Körtlinge." 11. Die Kothöfe in Haimar. Außer den Meierhöfen gab es Höfe, zu denen nur wenig Pfarrland gehörte. Der Zins betrug einige Schillinge und zum Teil auch Naturalien. Im folgenden werden die Pfarrkötner genannt: c) Im Mittelalter: Hinrich Beneken, 1608-1785 Weikop, danach Bartels. d) [...] 1669: Schmidt, Bartels, Vogdes [...] 12. Die Kothöfe in Dolgen. a) Im Mittelalter: Weikop. 1608 sind außer Weikop Rickmann und Rosen genannt, [...] b) [...] 1669 waren es Henni Meyer, Bartels und Honigbaum." [Garbe S.54-58 und 64 f] |
Himten = Getreidemaß, dessen Inhalt nach dem spezifischen Gewicht
zwischen 40 und 50 Pfund schwankt. Malter = 6 Himten. Körtlinge (Göttinger K.) = kleine Münzen im Wert von 8 Pfennigen |
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2000 Landschaft bei Haimar |
Bei Fritz Garbe sind die Namen Weykopf und Bartels an weiteren Stellen erwähnt: |
1592 ist u.a. Hinricus Bartels als Küster in Haimar genannt. [S. 67] |
Bei diesen Grabstellen handelte sich um das Weykopfsche Erbbegräbnis. Die der Nachwelt hinterlassenen ausführlichen Texte auf den Grabsteinen sind bemerkenswert:
"Auf dem Grabstein der Ehefrau findet sich folgende Inschrift:
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Ahnen in Haimar
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Quellen:
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