www.ZeitSpurenSuche.de


Aus der Geschichte von Magdeburg

Quelle des folgenden Überblicks über die Stadtgeschichte Magdeburgs ist in erster Linie die vom Stadtarchiv Magdeburg verfasste Einleitung des 1996 herausgegebenen Bandes "Magdeburg. Ein Stadtbild im Wandel".

Im Jahr 805 wird Magdeburg im Diedenhofer Kapitular Karls des Großen erstmals urkundlich erwähnt. Für die Entwicklung der Ansiedlung waren günstige verkehrs-geographische Bedingungen vorhanden: die Lage an der Elbe und an der Kreuzung mehrerer Handelswege sowie die fruchtbare Börde im Hinterland.

Unter der Herrschaft der Ottonen gewann der Handelsort im 10. Jh. zunehmend an Bedeutung. Magdeburg war die bevorzugte Pfalz Ottos I. Im Jahre 937 gründete er ein Benediktinerkloster. Er stattete es reich mit Grundbesitz und Regalien aus. 965 erhielt es das Markt-, Münz- und Zollrecht. Die Gründung des Moritzklosters war die bedeutendste Klostergründung im deutschen Staat des 10. Jh. Mit ihr begann der Ausbau Magdeburgs zur Metropole im Osten des Reiches. Nach Überwindung des Widerstandes der Bischöfe von Mainz und Halberstadt wurde 968 das Erzbistum Magdeburg gegründet. Das Moritzkloster wurde in ein Domstift umgewandelt.


Signum Kaiser Ottos des Großen
 
Signum Kaiser Ottos des Großen
von einer Urkunde des 10. Jh.

Als Bischofssitz und Pfalz erlangte Magdeburg schnell eine hohe wirtschaftliche, kulturelle und soziale Blüte. Ein Privileg Kaiser Ottos II. von 975 erwähnt das bereits von Otto I. für die Magdeburger Kaufleute erteilte Recht des freien Handels und der Zollfreiheit im ganzen Reich mit Ausnahme der Städte Köln, Mainz, Trier und Bardowiek.

Der rechtliche Status des Kaufleuteverbandes und das Recht des Magdeburger Erzbischofs über den örtlichen Markt waren Wurzeln des Magdeburger Rechts. Das 1188 von Erzbischof Wichmann erlassene Stadtrechtsprivileg stellte die Weiterentwicklung des schon vorhandenen Rechts dar und brachte für die Stadtbürger wichtige Vorteile mit sich. Das Magdeburger Recht wurde mehr und mehr zum Vorbild für andere Städte. Es bildete sich eine große Magdeburger Stadtrechtsfamilie heraus; Magdeburg wurde zum Oberhof der Rechtsprechung.

Bereits 1209 wird die Neustadt mit der Kirche St. Nikolai erwähnt.

Im Verlauf der kommunalen Bewegung errang das ökonomisch erstarkte Stadtbürgertum eine bürgerliche Stadtverfassung. Im 13. Jh. entstand der Rat als bürgerliches Selbstverwaltungsorgan. Die Stadt verfügte über umfangreiche Fernhandelsbeziehungen und war Mitglied des Städtebundes der Hanse.

Im 16. Jh. galt Magdeburg als Hort des Protestantismus. 1524 predigte Martin Luther in der Johanniskirche. Die Reformation setzte sich im lutherischen Sinne durch. 1531 trat Magdeburg dem Schmalkaldischen Bund bei.

  Am 27. Februar 1531 schlossen sich vorwiegend protestantische Fürsten und Städte in Schmalkalden zum "Schmalkaldischen Bund" zusammen. Zweck des Bündnisses war die Verteidigung der protestantischen Sache gegen die drohende Reichsexekution (Augsburgischer Reichstagsabschied von 1530).

Nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes wurde über die Stadt 1547 die Reichsacht verhängt (1562 aufgehoben). Kurze Zeit später wurde Magdeburg Zentrum des Widerstandes gegen das Augsburger Interim. Die Vielzahl der in dem bedeutenden Buchdruckerort Magdeburg erschienen Flugschriften gab Anlass zu der Bezeichnung "Unseres Herrgotts Kanzlei".

Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Handelsmetropole Magdeburg, eine der bedeutendsten Städte Deutschlands, völlig zerstört. Mehr als 15.000 Einwohner fanden den Tod. Den Angriff der kaiserlichen Truppen vom 10. Mai 1631 überstanden nur der Dom, das Kloster Unser Lieben Frauen und einige Häuser.

"Das Schicksal dieser Stadt steht stellvertretend für die vielen sinnlosen Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges. Von den protestantischen Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg im Stich gelassen, wurde die Stadt von dem kaiserlichen Feldherrn Tilly beschossen und von General Pappenheim erstürmt. Bei der Plünderung entstand, wahrscheinlich unabsichtlich, ein Brand. Daraus entwickelte sich eine Feuersbrunst, der die ganze Stadt bis auf den Dom ... und eine Klosterkirche zum Opfer fiel. Eine der stolzesten deutschen Städte war zu einem Trümmerhaufen geworden."
[Spiegel der Zeiten Bd. III S. 107]


In einem alten Realienbuch (einem Schulbuch für höhere Schulen von 1916) wird die über Magdeburg hereinbrechende Katastrophe beschrieben (einige grauenvolle Details sind hier weggelassen):

"Zerstörung Magdeburgs. 1631.

Schon mehrere Wochen war Magdeburg von Tilly belagert und mit Kanonen beschossen worden. Gustav Adolf hatte der Stadt zwar einen trefflichen Kommandanten gegeben, den Obersten Falkenberg; aber dieser besaß nur eine geringe Truppenzahl und wenig Pulver. Dennoch verzagte er nicht und hoffte auf Gustav Adolfs Hilfe.

Am 9. Mai hielt Tilly mit der Kanonade plötzlich inne und ließ seine Geschütze abführen. Die Magdeburger glaubten, er fliehe vor den anrückenden Schweden [Gustav Adolf] und atmeten froh auf. Allein es war eine Kriegslist. Tilly rüstete zum Sturm. Die Wächter waren bis Mitternacht wachsam auf ihrem Posten gewesen. Da im kaiserlichen Lager alles still blieb, verließen sie mit der Morgendämmerung die Mauern, um einige Stunden der Ruhe zu genießen. Plötzlich jedoch erschienen die Kaiserlichen wieder, und um 7 Uhr begann der Sturm. Der Wächter vom Johannisturm stieß ins Lärmrohr, die Sturmglocken läuteten, und Trommelwirbel erschallte in den Straßen.

Falkenberg wirft sich den Stürmenden mutvoll entgegen, aber eine Kugel streckt in nieder. Da verlieren die Magdeburger den Mut. Zwar versuchen sie noch an einigen Stellen Widerstand zu leisten; bald aber weichen sie zurück, und die Feinde dringen von allen Seiten in die Stadt. Nun begann die Plünderung.

Wie Tiger stürzten die entmenschten Unholde in die Häuser und suchten nach Beute. Alles, was ihnen in den Weg kam, wurde niedergemetzelt. [...] Alle Gassen waren mit Leichen bedeckt. Herzzerreißendes Geschrei, Winseln und Röcheln erfüllte die Luft.

Bald entstand an mehreren Stellen Feuer, und am Abend lag die ganze herrliche Stadt bis auf die Domkirche und einige Fischerhütten in Asche. Etwa 1000 Unglückliche hatten sich in den Dom geflüchtet. Tilly schenkte ihnen das Leben und ließ Brot unter sie verteilen. Am vierten Tage hielt er seinen Einzug in die eingeäscherte Stadt. Sowohl Freunde als Feinde versichern, daß der greise Feldherr beim Anblick der Trümmerhaufen Tränen vergossen habe."

[Kahnmeyer/Schulze S. 74 f]




1631   Die Belagerung der Stadt Magdeburg, zeitgenössische Darstellung


Es dauerte etwa 100 Jahre, bis die Stadt wieder in neuer Pracht aufgebaut war. Zahlreiche Barockhäuser zierten nun den Neuen Markt (Domplatz), den Breiten Weg und den Alten Markt.

Ab 1680 gehörte das säkularisierte Erzbistum als Herzogtum Magdeburg zum Kurfürstentum Brandenburg. Im Laufe des 18. Jh., besonders unter dem Festungsgouverneur Leopold von Anhalt-Dessau, wurde Magdeburg zur stärksten preußischen Festung ausgebaut.

1807-1814 war Magdeburg Hauptstadt des Elbdepartements des Königreiches Westfalen und nach Beendigung der französischen Fremdherrschaft Hauptstadt der preußischen Provinz Sachsen.

1812-14 entstand als Planstadt elbaufwärts die Neue Neustadt.

Seit den 30er Jahren des 19. Jh. war ein rascher industrieller Aufschwung zu verzeichnen, gefördert durch die Einführung der Dampfschifffahrt auf der Elbe und den Eisenbahnbau. In den 50er und 60er Jahren wurde die Metallindustrie, besonders der Maschinen- und Apparatebau, zum bestimmenden Faktor der Wirtschaft.

Die Altstadt, deren Fläche seit mehreren Jahrhunderten nahezu unverändert geblieben war, musste sich von dem sie einschnürenden Festungsgürtel lösen. Im letzten Drittel des 19. Jh. setzte die Stadterweiterung ein. Sudenburg, Neustadt und Buckau wurden eingemeindet. Im Jahr 1900 hatte die Großstadt etwa 230.000 Einwohner. Ab 1908 folgten weitere Eingemeindungen.

In den 1920er Jahren machte Magdeburg als 'Stadt des Neuen Bauwillens' von sich reden. U.a. entstanden große Siedlungskomplexe.

Am 16. und 17. Januar 1945 wurde Magdeburg zwei Nächte hintereinander schwer bombardiert und die Altstadt zu 80 Prozent zerstört. Tausende von Toten waren zu beklagen. Nach 1945 begann der Wiederaufbau. Das Straßenbild bietet sich heute in völlig veränderter Form dar. Die vielen engen Gassen im Stadtzentrum verschwanden zugunsten großzügig angelegter Straßen und Grünflächen. Eine Ost-West-Achse, die Emst-Reuter-Allee, wurde geschaffen. Schon Otto von Guericke hatte sie einst geplant. Am Stadtrand wuchsen seit den 70er Jahren mehrere neue Wohnkomplexe empor. In den letzten Jahren konzentriert sich das Baugeschehen im Stadtzentrum.

Als Verwaltungszentrum nimmt Magdeburg heute wieder einen führenden Platz ein. Die Einigung Deutschlands hat das Land Sachsen-Anhalt wiederhergestellt; Magdeburg wurde Landeshauptstadt. Heute leben in Magdeburg auf einer Fläche von ca. 200 qkm etwa 230.000 Einwohner.


nach oben


Notizen zu Magdeburg-Neustadt

    Neustadt: Zerstörungen

1. Zerstörung  1213
2. Zerstörung  1550-52    Schmalkadischer Krieg
3. Zerstörung  1625-32    30jähriger Krieg
               1685-1705  Einwanderung der Franzosen, Wallonen
                          und Pfälzer
4. Zerstörung  1812-13    Französisch-westfäl. Gewaltherrschaft
5. Zerstörung  16.1.1945  Zweiter Weltkrieg

Magdeburg-Neustadt

1816  Landrätlicher Stadtkreis Magdeburg
1828  Selbstständige Bestandteile des Stadtkreises Magdeburg
      sind nur noch Magdeburg, Neustadt und Sudenburg.
1886  Eingemeindung von Neustadt nach Magdeburg.

[Landesarchiv Magdeburg]

nach oben


Ahnen in Magdeburg

  • VI.52 Johann Heinrich Wilhelm Schultze, * 1774 in Groß Ammensleben, verheiratet mit VI.53 Anna Maria Butz, Ackerknecht, Bürger und Eigentümer, † 1847 in Neustadt, Alexanderstraße 191 b.


  • V.26 Andreas Friedrich Schultze, ihr Sohn, * 1816 in Gutenswegen, Arbeitsmann und Handelsmann, † 1867 in Magdeburg-Neustadt.


  • VI.54 Johann August Jacob Peter Mörsch, * 1786/87 in Neustadt bei Magdeburg, einziger Sohn von VII.108 Gottlieb Mörsch und VII.109 Eleonore Rading, Strumpfwirker und Maurer, 1812 Heirat in Neustadt bei Magdeburg in St. Nicolai mit VI.55 Gertraud Sophie Elisabeth Mensing.


  • Sophie Mensings Eltern: der Bürger VII.110 Johann Christian Mensing und VII.111 Judith Elisabeth Borchardt.


  • IV.12 Friedrich Wilhelm Frensel, * 1835 in Dreileben, 1867 Heirat in Magdeburg-Neustadt, St. Nicolai, mit IV.13 Emma Friederike Luise Schultze. 1868-1874 kamen in Magdeburg-Neustadt, Alexanderstraße, fünf Kinder zur Welt, darunter mein Großvater:


  • III.6 Otto Frensel, * 1874 in Magdeburg, Elektrotechniker, † 1952. Er muss in Magdeburg bei der Firma Siemens & Halske im Telefonapparatebau und/oder Lichtanlagenbau tätig gewesen sein. Um 1900 siedelte er berufsbedingt nach Barmen (späteres Wuppertal) über und war nach wie vor in ganz Deutschland "auf Montage" unterwegs - wovon ein gut gefülltes Postkartenalbum zeugt.


Magdeburg
1930   Alexanderstraße 10. Hier wohnten die Familien Frensel und Schultze. Das Haus wurde 1945 zerstört.

 
Magdeburg
2000   Alexanderstraße

Magdeburg
2000   Agnetenstraße. Wie hat es hier vor dem Krieg ausgesehen? In der Agnetenstraße 19 wohnte Familie Frensel Ende des 19. Jh.

 
Magdeburg
2000   St. Nicolai, Neue Neustadt, Nicolaiplatz. Karl Friedrich Schinkel errichtete die Kirche in den Jahren 1821-1824.



Quellen:
  • Eisold/Lautsch (1991) S. 43 ff
  • Mehling, Knaurs Kulturführer Sachsen-Anhalt (1991) S. 155 ff
  • Landesarchiv Magdeburg
  • Kahnmeyer/Schulze, Realienbuch (1916)
  • Spiegel der Zeiten Bd. III (1967)
  • Stadtarchiv Magdeburg (1996)
  • Landeshauptstadt Magdeburg, Amt für Statistik. Webseite "http://www.magdeburg.de" am 10.01.2003

alle Orte      nach oben     

www.zeitspurensuche.de
Copyright © 2002-2003 Marina Alice Mutz. Alle Rechte vorbehalten.