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Abb.: Detail aus einem Gemälde von F.A. de Leuw |
Was geschieht mit einem alten Schloss - oder irgendeinem anderen alten, geschichtsträchtigen Gemäuer, wenn es zwar unter Denkmalschutz steht, aber niemand sich um seine Erhaltung kümmert? Dasselbe, wie mit jedem anderen alten Gemäuer: Es verfällt, und spätestens, wenn gar nichts mehr zu retten ist und sich auch kein ideenreicher und finanzkräftiger Idealist mehr findet, der sich seiner Rettung annimmt, dann wird es eben abgerissen.
- "Warum spielen Sie nicht Makler?" - Schlossherr ohne Eigenkapital - Die Idee: Eigentumswohnungen - Schwierigkeiten ... - Sanierung gelungen! - Die skandalöse Scheune |
Schloss CaspersbroichGeschichte der "Demokratisierung" eines wertvollen Kultur-Denkmalsvon Claus Gorges Mit Fug und Recht kann ich behaupten, dass ich jeden Winkel des Schlosses Caspersbroich auf das Intimste und aus erster Hand kenne: Denn ich war derjenige, der es 1964 von der Solinger Firma Kronprinz erworben hat, zu einer Zeit, als es sich in einem sehr desolaten Zustand befand. |
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Bauherr und Autor Claus Gorges © 1991 Ed Holcomb |
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Kronprinz hatte das Schloss um 1960 mit den dazu gehörenden Ländereien von Baron Boris von Wolf, dem Erben der "jecken Grit", gekauft. Baron von Wolf hatte darauf bestanden, das künftige Industriegelände nur zusammen mit dem unter Denkmalschutz stehenden Schloss zu verkaufen, da es ihm sehr am Herzen lag, seinen Verfall zu verhindern.
Entscheidung im Mai 1963
Der 22. Mai 1963 sollte ein Schicksalstag werden - nicht nur für mich.
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Blick über den Schlossteich zum Schloss |
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"Warum spielen Sie nicht Makler?"
Ich war 25 und hatte, seit ich 15 war, als Schauspieler kleine Rollen in großen Produktionen und große Rollen in kleinen Produktionen gespielt. Nachdem ich eine dreijährige Lehrzeit als Industrie-Kaufmann und eine zweijährige Schauspiel-Ausbildung beendet hatte, landete ich eine Hauptrolle in einer Fernseh-Produktion bei der ARD. Einige Hörspiele beim WDR. Kleinkram beim Düsseldorfer Schauspielhaus und Großkram bei den Düsseldorfer Kammerspielen. Und - - - das Milieu beim Theater gefiel mir nicht. Während die wirklich großen Schauspieler wunderbar bescheidene Menschen sind, plustert sich der Durchschnitt auf und schlägt wie der eitle Pfau das große Rad. Nicht mein Geschmack.
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Schlossherr ohne Eigenkapital
Als ich nun also an diesem sonnigen Schicksalstag am Schlosstor stand, war ich mit fünf Jahren Berufserfahrung ein "Profi" und reif für mein erstes eigenes Immobilien-Engagement. Ich hatte zwar keine Schulden, aber auch kein Eigenkapital. Wie kauft man unter diesen Umständen einen Schlossbesitz mit Bauernhof und romantischem Park, dessen Sanierung Millionen kosten würden? Tag und Nacht war mein einziger Gedanke: Da will ich wohnen. Aber ohne Eigenkapital - was tun?
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Ex-Schlossherr Claus Gorges am Tor, 32 Jahre später |
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Die Idee: Eigentumswohnungen
1963/64 war ich der Erste in Deutschland, der die Idee in die Tat umsetzte, ein altes Schloss durch Umgestaltung in Eigentumswohnungen zu sanieren. Mit einem Architekten aus Paris war ich einer der beiden Ersten in Europa. Er allerdings war smart und verkaufte die Räume seines Schlosses bei Orleans in unrestauriertem Zustand, so, wie sie waren, nahm seinen Gewinn und überließ seine Käufer ihrem Schicksal. Da ich aber selbst unter den 600 Jahre alten Balken des Daches wohnen wollte, versprach ich meinen Käufern, die alten Mauern in elegante Wohnungen zu verwandeln, mit allem Komfort, den sie auch in Neubauten gewohnt waren: Zentralheizung, neue Elektro-Installationen, schicke Bäder, Einbauküchen usw.
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Der Ritter im Park - als hielte er seine schützende Hand über das Projekt... |
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Natürlich hatte ich damals nicht die geringste Ahnung, worauf ich mich einließ. Meinen Käufern musste ich Festpreise garantieren, während ich für das gesamte Baurisiko allein verantwortlich war. Glücklicherweise hatte ich zumindest in der Denkmalpflegerin, die damals für Caspersbroich zuständig war, eine Bundesgenossin. Sie liebte das Schloss seit ihrer Kindheit und war überglücklich, in mir einen "Verrückten" gefunden zu haben, der es vor dem Verfall bewahrte. Da Schloss Caspersbroich kulturgeschichtlich nicht zu den Kostbarsten zählt, ließ sie mir völlig freie Hand und erlaubte mir zum Beispiel, allein in meiner Dachwohnung 65 Fenster einzubauen, um Licht und Sonne hereinzulassen.
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Das sanierte Schloss Caspersbroich |
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Schwierigkeiten ...
Aber die Schwierigkeiten waren gewaltig. Zunächst die Verhandlungen mit den 16 Banken, bis ich das Schloss endlich kaufen konnte, dann 260 Kaufinteressenten, bis ich sechs Wohnungen verkauft hatte und mit dem Verkaufserlös wenigstens einen Teil der Baukosten bezahlen konnte, die um 110 % über meiner mehr als groben Kostenschätzung lagen! Die Kosten der gesamten Renovierung beliefen sich auf rund eine Million DM, was heute etwa fünf oder sechs Millionen entsprechen würde.
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Halle im Haus Caspersbroich Bild-Quelle: © Stadtarchiv Solingen |
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Sanierung gelungen!
Ich übergab eine Wohnung nach der anderen. Und ich hatte wahrhaftig penible Käufer. Was mir heute wie ein Wunder erscheint: Nicht ein einziger Käufer konnte auch nur einen einzigen Mangel melden!
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Einblicke in die Wohnung des Bauherrn Claus Gorges unter dem 600 Jahre alten Dach des Schlosses | |
Die früheren Schlossherren waren begeistert, als sie das fertige Werk besichtigen konnten. Auch die Schauspielerin Lil Dagover, Mutter der einstigen Schlossherrin Baronin Eva von Wolf, die früher viele Sommer auf Caspersbroich verbracht hatte, besuchte mich. Sie war damals bereits über 80 Jahre alt: Ein schmales Figürchen mit einem Engelsgesicht. Sie konnte es einfach nicht fassen, dass es mir gelungen war, die muffigen und Jahrhunderte alten Mauern in elegante und vor allem trockene und warme Wohnungen zu verwandeln. Beim Tee erzählte sie faszinierende Geschichten aus ihrer über 60jährigen Karriere... |
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Die Wohnung des Bauherrn |
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Auch später wählten prominente Zeitgenossen die Schlossanlage als Domizil oder kamen hierher zu Besuch. So war der Bankier Alfred Herrhausen von 1975 bis 1984 mein Mieter im Kutscherhaus. Ich erinnere mich noch gut an den tragischen Tag im November 1989, als er einem Attentat zum Opfer fiel. Helmut Kohl - damals noch nicht Kanzler - war häufig bei ihm zu Besuch gewesen.
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Das Kutscherhaus. Hier lebte Alfred Herrhausen 1975-84. |
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Die skandalöse Scheune
Die Umwandlung der alten Scheune ist eine andere Geschichte, die sich im Rückblick amüsant anhört, aber damals bitterer Ernst war. Wenn Sie im Archiv des Solinger Tageblattes stöbern, werden Sie in den Jahren 1972-74 halbseitige Berichte über den größten Solinger Bau-Skandal aller Zeiten lesen können.
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Die Scheune vor der Sanierung ... |
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... und danach. |
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Als der Rohbau bereits stand, kam ein Vertreter der Bauaufsicht, die genehmigten Pläne in der Hand. Zunächst muss er wohl gedacht haben, er sei auf der falschen Baustelle. Dann wurder er grün, dann gelb, dann rot, schmiss sich vor Wut in eine Regenpfütze und legte mir am nächsten Tag den Bau still. Oh, oh. Now I was really in trouble. Damals lagen die Bauzinsen bei 14 %, und ich hatte bereits über eine halbe Million im Rohbau stecken.
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In der Scheune: Untere Ebene der Galerie mit eigener I-Ching Spiegel-Kunst (1984-1991) |
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Claus Gorges' Atelier im rechten Penthaus |
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Ich habe mich oft gefragt, warum diese Menschen sich mir gegenüber so feindselig verhielten. Vielleicht bin ich in ein kollektives Fettnäpfchen getreten. Viele mögen davon geträumt haben, einmal eine Garage "schwarz" hochzuziehen. Aber dass jemand kommt und eine gültige Baugenehmigung mit 400 qm aus den Angeln hebt, das muss einfach die Vorstellungskraft und Toleranzgrenze dieser Solinger Bürger gesprengt haben.
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Im linken Penthouse der Scheune: Eingang zur I-Ching Art Gallery ... |
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... mit eigener I-Ching Spiegel-Kunst |
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Also wurde der 22. Mai 1963 nicht nur für mich zum Schicksalstag, sondern vor allem für Schloss Caspersbroich. Der Bauzustand der gesamten Anlage ist heute besser als während seiner gesamten 600 oder 700 Jahre alten Geschichte. Wenn nicht irgendein Wahnsinniger einen neuen Krieg anzettelt und das Schloss durch Bomben oder Feuer zerstört wird, werden kommende Generationen noch in den nächsten Jahrhunderten die Schönheit der "alten Dame" bewundern und geniessen können.
Aber meine Geschichte wäre nicht vollständig, wenn ich nicht auch das Folgende erwähnte. Derselbe 22. Mai 1963, der für mich zu einem meiner wichtigsten Tage wurde, war für eine junge, schöne Frau der traurigste ihres Lebens. Nachdem sie sechs Wochen lang mit ihrer großen Liebe verheiratet gewesen war, verstarb ihr Mann in ihren Armen. Neun Monate später - unmittelbar bevor ich Caspersbroich kaufen konnte - führte uns das Schicksal zusammen, und ein Jahr später waren Lona und ich verheiratet.
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Sohn Constantin, ca. 1984; heute Innenarchitekt in Palm Beach, Florida, USA |
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© 2005 Claus Gorges, Big Sur, California, USA Die Fotos zu diesem Text hat Claus Gorges zur Veröffentlichung auf dieser Webseite zur Verfügung gestellt. Sie unterliegen seinem Copyright, soweit nichts anderes angegeben ist. |
Die "alte Dame", wie Bauherr Claus Gorges das Schloss Caspersbroich nennt, hat also nicht nur ein oberflächliches Make-up erhalten, sondern wurde von den Grundmauern bis zum Dach liebevoll saniert. Er selbst lebte seinen "German Dream" von 1966 bis 1980 im Schloss und von 1984 bis 1991 in der Scheune.
Dann siedelte er nach Californien um und lebt hier als Künstler seinen "American Dream".
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"Solar Jewelry ist die aufregenste avantgardistische Kunstform des 21. Jahrhunderts. Ich habe vor, unserem Gouverneur das Projekt als eine Niedrig-Kosten-Luxus-Wohnalternative vorzustellen, einfach angelegt und aus den Materialien Beton, Stahl und Stroh mit Hightech-Solar-Elementen. Solar Jewellery hat das Potenzial unsere Energieversorgung zu revolutionieren und Californiens Exportprodukt Nr. 1 zu werden. Die Zeit wird zeigen, ob die höhere Macht, die mir mehrfach bei der Sanierung von Schloss Caspersbroich geholfen hat, auch die schützende Hand über meine neuesten Visionen halten wird." [Gorges] |
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Artikel über die Sanierung von Schloss Caspersbroich sind erschienen in den Zeitschriften
Artikel in der Solinger Tagespresse:
11 Jahre später freute sich aber schließlich auch das Solinger Tageblatt über das rund-erneuerte Schloss: |
Solinger Tageblatt vom 20. Dezember 1986, Seite 17
"Zu einem der schönsten Häuser des Jahres 1986 zählt jetzt das Schloß Caspersbroich auf der Stadtgrenze zwischen Ohligs und Haan. Nach den beendeten Restaurierungs- und Erhaltungsarbeiten zeigt sich der Hauptteil des Schlosses mit seinem Fachwerk in einer bezaubernden Ansicht. Das teilweise aus dem Jahre 1472 stammende Gebäude gestalteten in Zusammenarbeit von Eigentümern, der Verwaltung und dem Landeskonservator ausschließlich Handwerksbetriebe aus Solingen.
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Geschichte von Caspersbroich English version |
Quellen:
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