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Die Schleifsteine

Art der Schleifsteine
Transport der Schleifsteine
    -  Pferde und Wagen
    -  Beladen und Transport
Das Steinhängen
Gerillte Schleifsteine

  Unfälle mit Schleifsteinen



Art der Schleifsteine

Die verwendeten Schleifsteine unterschieden sich je nach dem zu bearbeitenden Schleifgut. Lomberg zufolge benutzten die Großmesserschleifer riesige Schleifsteine aus rotem Eifelsandstein mit bis zu 2 Metern Durchmesser, die Taschenmesserschleifer Steine mit bis zu einem Meter Durchmesser, und die Rasiermesserschleifer verwendeten zum Hohlschleifen kleine Schleifsteine von 4-35 cm im Durchmesser. [Lomberg 1928 S. 76]

Durch die leichte Ablösbarkeit der Sandkörner auf der Schleiffläche der Natursandsteine reibt sich der Stein auch bei starker Inanspruchnahme nicht glatt. Dies ist der Grund für die ideale Schleifwirkung der Eifeler Steine, aber auch für ihren schnellen Verschleiß. Z.B. konnte mit Sandsteinrundlingen von 2,65 m Durchmesser je nach Härte des Materials nur 4-6 Wochen lang geschliffen werden.

Allerdings ging von den Natursteinen eine gravierende Gesundheitsgefährdung für die Schleifer aus. Trotz des Wasserzulaufs auf den Schleifstein beim sog. Nassschleifverfahren wird ein Teil des herausgelösten Quarzsandes zu Staub zerrieben, der die Atemluft verunreinigt und in die Lunge eindringt. Die im Quarzfeinstaub enthaltene kristalline Kieselsäure kann Ursache der gefürchteten Schleiferkrankheit sein, der Silikose. Zur Zeit der Bachkotten wurde diese Krankheit als unvermeidlich angesehen und der frühe Tod der Schleifer beinahe als selbstverständlich hingenommen.

Diese Gefahr war der Grund für das Verbot der Sandsteinverwendung, das um 1930 erlassen wurde. Jedoch war die Qualität der ersten Kunststeine unzureichend, und viele Schleifer weigerten sich zunächst, sie zu benutzen. Das Verbot konnte nur allmählich durchgesetzt werden, endgültig erst nach dem Zweiten Weltkrieg.


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Transport der Schleifsteine

Wie gelangten die schweren und oft riesigen Schleifsteine zu den Kotten?

Vor dem Bau der Eisenbahnlinie nach Solingen wurden die Steine vom Produktionsort in der Eifel aus mit Pferdewagen an die Mosel transportiert und dort auf Schiffe verladen. Über den Rhein gelangten sie nach Hitdorf [Rheindorf, heute Leverkusener Stadtteil]. Im Hitdorfer Hafen wurden die Steine wieder auf starke Pferdekarren - Flachwagen - verladen und nach Solingen gebracht. Siebenmal mußte dabei die Wupper auf besonderen Furten durchfahren werden. [Horstmann S. 77]

"In dem bergigen Gelände war es bei den schlechten Wegeverhältnissen sicher nicht einfach, mit diesen schweren Steinkolossen bis zu 2,50 m Durchmesser an den betreffenden Kotten heranzukommen. Oft mußte man den Stein einen steilen Hang ins Tal hinunterrutschen lassen. Um das kostbare Stück dabei nicht zu beschädigen und den Aufprall zu dämpfen, türmte man unten im Tal eine mächtige 'Schangkße' auf, in die der schwere Koloß hineinglitt. Das Wort 'Schangkße' kommt von Schanze und bedeutet eine geflochtene Schutzbefestigung aus Reisigbündeln. Auf dicken Holzrollen, mit Stemmeisen und Menschenkraft, wanderte der Stein langsam zu seinem Bestimmungsort." [Horstmann S. 77]

Die Solinger Schleifer kauften ihre Schleifsteine bei einem örtlichen Zwischenhändler, der sich auch um den Weitertransport zum Kotten kümmerte. Kam eine Ladung Schleifsteine in Hitdorf an, wurde die potenzielle Kundschaft z.B. durch ein solches Inserat informiert:


SKIB vom 19. Februar 1840

  Schleifsteine.
Hiermit die ergebene Anzeige, daß der Herr Hoffmann aus Trier mit einer großen Auswahl Schleifsteinen bei mir angekommen ist.
Hitdorf, den 13. Februar 1840, P. Lungstras.


  Mehr zum Schleifsteinhandel

1753/54 wurde der Neue Rheinweg gebaut, der von Solingen über Aufderhöhe und Leichlingen nach Hitdorf führte [Rosenthal 2. Bd. S. 135].

1773 plädierte Friedrich Jacobi, Hofkammerrat des Landesfürsten Carl Theodor, für den Ausbau der Wege in das Hitdorfer Hinterland, weil er die Bedeutung dieses Hafenplatzes erkannt hatte. Er schrieb: "Eine Sache, welche nicht nur der Remscheider, sondern der ganzen Bergischen Handlung unabsehliche Vortheile verschaffen würde, wäre die Einrichtung eines Weges von der Bergischen Grenze über Barmen, Elberfeld, Sohlingen nach Hittdorf. Der Weg von der Märkischen Grenze bis Elberfeld ist in sehr gutem, und der von Sohlingen nach Hittdorf ebenfalls in sehr brauchbarem Stande. Es bliebe also nur die kleine Strecke von 3 Stündchen, zwischen Elberfeld und Sohlingen, zu machen." [Jacobi S. 19]

Die Hitdorf-Solinger Straße wurde zu einer Hauptverkehrsader, Hitdorf zum wichtigen Umschlagsplatz für das bergische Land. Hier kamen nicht nur die Schleifsteine an, sondern von hier aus gingen auch Solinger Schneidwaren, Remscheider Werkzeuge und Wuppertaler Textilien zunächst nach Köln bzw. auf ihre zum Teil langen Reisen. [Hilscher S. 57]

Anfang des 20. Jh. bediente man sich für den Transport der Eisenbahn. Wie die unhandlichen Schleifsteine zu dieser Zeit vom Steinbruch in der Eifel zum nächstgelegenen Bahnhof kamen, geht aus einer Felduntersuchung über das Eifeldorf Neidenbach hervor:

Neidenbach wird nicht von der Bahnstrecke der Köln-Trierer Eisenbahn berührt, über die die Schleifsteine zu den Abnehmern im bergischen Land transportiert wurden. Daher mussten die Steine mindestens fünf Kilometer weit zu den Verladestationen gebracht werden. Um die Wende zum 20. Jh. entstanden in Neidenbach und den Nachbarorten zahlreiche Fuhrgeschäfte, die den Transport übernahmen und zu diesem Zweck oft mehrere Gespanne unterhielten. Saison war von vom Frühjahr bis in den späten Herbst.




Pferde und Wagen

Die Pferde und Wagen, die für den Schleifsteintransport eingesetzt wurden, mussten besondere Anforderungen erfüllen.

Der Wagen war ähnlich gebaut wie der landschaftsübliche Bauernwagen. Allerdings bestand die Ladefläche aus den zwei sog. Löschen, mächtigen, 20-25 cm starken Balken aus Tannenholz, die längs aufgelegt waren. Alle Holz- und Eisenteile mussten natürlich besonders robust sein. Es wurde eine 'überlange' Deichsel benutzt, um dem Zweispänner weitere Pferde vorspannen zu können. Auch hatten fast sämtliche Steinwagen im Gegensatz zum einfachen Bauernwagen zwei Bremsen sowie stärkere Felgen und Eisenreifen.

Die Pferde mussten für die schwere Zugarbeit besonders kräftig und ausdauernd sein. Deshalb wurden fast ausschließlich Kaltblüter eingesetzt, vor allem Belgier, die auf dem Viehmarkt in Kyllburg gekauft wurden. Die neu gekauften Pferde mussten, auch wenn sie bereits angelernt waren, für die Steintransporte noch besonders ausgebildet werden. Sie wurden langsam an die schweren Lasten und die besonderen Erfordernisse des Steinfahrens gewöhnt, z.B. an das Gehen vor dem gebremsten Wagen auf abschüssigen Wegstrecken. Am Ende der Ausbildung konnten die Pferde auch die bis zu 4 Tonnen schweren Fuhren ziehen.




Beladen und Transport

Auf den Steinwagen konnten entweder mehrere kleine oder einer der großen, bis zu 3 Metern messenden Steine aufgeladen werden.

Wichtig war die Transportsicherung des Steins. Er musste genau in der Mitte des Wagens liegen und war dann richtig platziert, wenn unter dem Steinloch, der Steinmitte also, der Langbaum des Wagens sichtbar war. Dann wurde der Stein mit dem sog. Benner, einem biegsamen, langen und kräftigen Eichenstamm befestigt, der längs über die Ladung gespannt und mit Eisenketten festgemacht wurde. Eine sichere Bindung war bei den langgezogenen Gefällstrecken des Fuhrwegs unerlässlich, weil der schwere Stein allzu leicht wegrutschen und der Wagen umschlagen konnte.

Die Steigungen konnten mit den schweren Ladungen nur bewältigt werden, wenn vor dem Wagen zusätzlich ein zweites oder auch drittes Gespann eingeschirrt war (Vorspann). Deshalb gingen die Fuhrleute üblicherweise in eingespielten Gruppen von mehreren Fuhrwerken. An den starken Steigungen wurden sämtliche Pferde der Gruppe vor jeden einzelnen Wagen gespannt, und diese wurden einer nach dem anderen heraufgezogen. Waren alle Wagen auf die Anhöhe gebracht, fuhr man mit normaler Anspannung gemeinsam weiter.

Das Abladen auf den Bahnstationen geschah mit Hilfe eines Verladekrans.

Um 1935 wurden die Pferdefuhrwerke durch Lkw und später durch von Traktoren gezogene Wagen abgelöst. [Festschrift]

  Schleifsteinherstellung in Neidenbach/Eifel:   Neidenbach > Historisches über Neidenbach > Geschichte der Sandsteinindustrie > Die Entwicklung in Neidenbach


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Das Steinhängen

War der neue Schleifstein glücklich am Schleifkotten angelangt, musste er 'gehangen' werden. Bei den großen Steinen war dies oft nur möglich, wenn zuvor eine Wand des Kottens herausgenommen worden war. Der Stein wurde hineingerollt und in den Schleiftrog gesenkt (eine Aussparung im Boden an der Arbeitsstelle) und dabei mit einer Winde und der Bleistift 'afgestippelt' [gestützt], bis er richtig in Höhe der Achse lag.

Die Bleistift war ein etwa 1 m langes vierkantiges Holz, das als Stütze beim Aufwinden eines Schleifsteins verwendet wurde.

Nach dem Hängen musste der Stein gehackt bzw. gehauen und geritzt werden, bevor er gebrauchsfertig war. Er wurde mit dem Ritzdraht aufgeritzt, d.h. aufgerauht, damit er das Schleifgut besser "angreifen" konnte [Hardenberg S. 88 f, S. 108 und S. 139].


Steinhängen
 
Steinhängen
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Horstmann beschreibt das Steinhängen folgendermaßen: "Der vielfach bis vor den Kotten reichende Schleiftrog, der durch die Schleifarbeit mit 'Schliep', d.h. Schleifdreck, gefüllt war, mußte hiervon gesäubert werden, denn durch diesen Trog gelangte der Stein in den Kotten. Interessant ist, daß der 'Schliep' ein sehr begehrter Stoff war, um die Pfannen auf den Dächern zu verschmieren.

Nun begann die schwierige Arbeit des Einbringens in den Kotten. Der Stein wurde mit Winden angehoben und immer wieder abgestützt. Da noch keine fahrbaren Hebekräne zur Verfügung standen, stellte das ganze ein recht zeitraubendes und körperlich anstrengendes Verfahren dar... Der Trog wurde ebenfalls mit Reisigbündeln ausgelegt, um den Stein beim Hereingleiten nicht zu beschädigen. Nach der Einpassung der Achse des Steins in die Lager wurde der Stein mit Holzkeilen auf ihr befestigt. In späterer Zeit schlug man ihn mit großen Schrauben von 12 bis 15 cm Durchmesser fest. Danach begann das Abdrehen mittels einer starken vorn angespitzten Eisenstange. [Horstmann S. 77]

Diese Arbeiten mussten mit großer Sorgfalt ausgeführt werden, um die nicht unerheblichen Unfallgefahren beim Schleifen so gering wie möglich zu halten.

Folgende Beschreibung des Steinhängens findet sich bei Hendrichs: "Zu diesem Zweck müssen die Schleifer freilich bei jedem 'Hängen' eines Steines den in Betracht kommenden Teil der Kottenwand herausnehmen und nachher wieder einfügen [...].

Das von Zeit zu Zeit notwendig werdende Schärfen des Steines geschieht beim stillstehenden Stein mit Hülfe eines doppelseitigen flachen und spitzen Hammers, des 'Häckers', nachdem zuvor beim sich drehenden Stein durch Vorhalten eines Stückchens Kohle die am wenigsten abgenutzten Steinstellen gekennzeichnet worden sind. Um den Stein während des Laufens aufzurauhen, bedient sich der Schleifer durchweg des 'Ritzdrahtes', eines mehrfach gewundenen Stahldrahtes, dessen eines Ende flach ausgehämmert wird..., während das andere Ende zum Festhalten dient." [Hendrichs S. 58 f]

Auch das Vorbereiten des Steins für die Schleifarbeit war nicht immer ungefährlich. Die Schilderung eines Unfalls im Hasselskotten am Solinger Viehbach aus den 1860er Jahren zeigt, was passieren konnte.


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Gerillte Schleifsteine

Ein etwas ungewöhnlicher Schleifstein ist im    Schleifermuseum Balkhauser Kotten in Solingen-Höhscheid ausgestellt. Diese gerillten Steine wurden für das Schleifen der Hohlkehlen von Klingen (Pallasche, d.s. schwere Säbel, Dreikantdegen oder Bajonette) verwendet. Rücken, Seiten, Schneideflächen sowie flache Klingen wurden dagegen auf flachen, nicht gerillten Steinen ausgeschliffen. Poliert wurde auf Holzscheiben mit dem gleichen (an die Form der Hohlkehlen angepassten bzw. flachen) Profil.


Gerillter Schleifstein
2003   Gerillter Schleifstein
im Schleifermuseum Balkhauser Kotten
 
Balkhauser Kotten
2003   Balkhauser Kotten an der Wupper, vom Pfaffenberg aus gesehen

Im französischen Klingenthal sind diese gerillten Schleifsteine noch vielfach zu vorhanden, im Bergischen scheinen sie inzwischen eine Rarität geworden zu sein. Die Technik der Solinger Schleifer soll aber dieselbe gewesen sein wie die der (im 18. Jh. aus Solingen ausgewanderten) Schleifer in Klingenthal.
[Marc Adolf, Klingenthal-Museum]


Gerillter Schleifstein
 
Zeichnung:
Marc Adolf

Natürlich waren diese Steine, je nach Herkunft und Struktur, mehr oder weniger schnell abgenutzt. Sie mussten immer wieder von den Schleifern aufgearbeitet werden, so lange der Durchmesser der Steine es zuließ.

Der Stein auf dem folgendem Foto (1) erhielt seine Kegelform, weil der Schleifer mit seiner Arbeit auf der rechten Seite begann und den Druck, den er mit der Klinge (in diesem Fall wahrscheinlich ein Fechtdegen) auf den Stein ausübte, im Laufe der Arbeit verringerte, wobei er immer zur nächsten Rille überging. So ist der Stein auf der linken Seite weniger abgenützt. [Henri Engels, Klingenthal]


Gerillter Schleifstein
(1) Foto: © Henri Engels
 
Gerillter Schleifstein
(2) Bruchstück eines Steins mit sehr kleinen Rillen, etwa 60 cm im Durchmesser
Foto: © Henri Engels


  Museum "Maison de la Manufacture d'Armes Blanches" in Klingenthal / Elsass.


Gerillter Schleifstein
Detail-Foto von (1): Henri Engels
 
Gerillter Schleifstein
Detail-Foto von (1): Henri Engels



Quellen:
  • Adolf, Marc (2003)
  • Engels, Henri (2003)
  • Hardenberg (1940)
  • Hendrichs (1922)
  • Hilscher (1977) S. 46-68
  • Jacobi (1773/74)
  • Lomberg (1928)
  • Rosenthal: Solingen 2. Bd. (1972)
  • Simons u. a. (1970), Festschrift

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