Pferde-Alltag in alter Zeit |
www.ZeitSpurenSuche.de |
Inhaltsübersicht | Post- und Postreiseverkehr | Über das Reisen mit Postkutsche und Postpferd |
Reisen mit der PostkutscheDas Reisen mit der Postkutsche muss eine Tortur gewesen sein und setzte, wie ein Reisender schrieb, vor allem "gute Leibeskonstitution und christliche Geduld" voraus. Die meisten Straßen waren schlecht oder gar nicht gepflastert; die eng beieinander sitzenden Passagiere wurden in den ungefederten Kutschen bei jedem Schlagloch durcheinandergerüttelt. Außerdem waren sie den als grob und impertinent beschriebenen Postillionen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. In alten Reiseberichten wird an ihnen selten ein gutes Haar gelassen. |
|
Um 1880 "Die Post" Detail aus dem Ölgemälde von Carl Spitzweg (1808-1885) |
Über die Zustände im 18. Jh. schreibt August Ludwig Schlözer:
"Eine Einrichtung, die als charakteristisches Merkmal der Post angesprochen werden kann, waren die Relaisstationen, denen die Taxische Post ihre Schnelligkeit verdankte. Die Entfernung zwischen den einzelnen Stationen betrug 2 Meilen, wobei man die Meilen nicht geographisch nehmen darf, sondern als eine Entfernung annehmen muss, die von der Post in 2 Stunden zurückgelegt werden konnte, was von der Beschaffenheit des Geländes abhängig war.
|
Über die Schnelligkeit der Post
Über die "Schnelligkeit der Taxisschen Post" gab es häufig Grund zur Klage, obwohl die Passagiere in der damaligen Zeit ohnehin nicht gerade verwöhnt waren. Johanna Schopenhauer jammerte einmal über die "renitenten Postillione, die neben den Pferden gehen, den gleichen langsamen Schritt." [Lang S. 64] "'Die ordinäre Postkutsche', heißt es in einem Bericht über das deutsche Verkehrswesen, 'bewegt sich mit unbeschreiblicher Langsamkeit vorwärts, stundenlang muß man auf jeder Station harren, und mir selbst ist es begegnet, daß ich mit solcher Gelegenheit in vierundzwanzig Stunden kaum acht Meilen zurücklegte." [Lang S. 93]
|
|
Um 1820 Lithografie |
Bis zur Einführung der Eisenbahn haben sich die Reisebedingungen nicht wesentlich verbessert. Etwa ab Mitte des 19. Jh., als sich die neue Konkurrenz auf Schienen bemerkbar machte, sollen die Postkutschen aber doch etwas pünktlicher und bequemer geworden sein. |
Unfälle und Überfälle
"Für die mancherlei Widrigkeiten, mit denen der Fernwehkranke der Kutschenzeit unterwegs rechnen mußte, sorgten nicht nur meteorologische und klimatische Zufälle, sondern mehr noch menschliches Versagen und verbrecherische Absichten: Unfälle und Überfälle waren häufig."
"Bis Hildesheim ging's auf ganz abscheulichen Wegen schneckengleich. Vor Hildesheim in der Nacht verfuhren wir uns gänzlich, kamen auf morastige Wiesen, an aufgeworfenen Gräben, mußten aussteigen, u. durch Koth waten, u. waren darauf kaum wieder eingestiegen, als die ganze Postkutsche an einem kleinen Hügel umschlug. Heiliger Gott welche Finsterniß, was für ein Chaos von Beinen, Armen, Gesichtern! Ich kam bei dieser Gelegenheit recht eigentlich unter Menschen, denn über mir lag ein dicker Portd'epeefähnrich, von etlichen Zentnern. [...] Nachdem jeder seine Gliedmaßen wieder zusammengerafft hatte [...] so krochen wir aus dem Bauch des Unthiers durch das Guckfenster, einer nach dem Anderen, wie Schornsteinfeger aus dem Rauchfange. [...] Pechschwarze Nacht, unendliches Regengewässer u. Schmutz am Boden." [zit. bei Glaser S. 294] Von einem heftigen Unwetter im Bergischen Land am 13. August 1832 wird berichtet, dass "auf dem Wege von Lennep nach Hückeswagen ... der Postwagen mit Pferd und Menschen durch den Wind aufgehoben, und 10 Fuß weit in ein Cartoffeln Feld geworfen" wurde. [Strack S. 184] |
|
|
2. Hälfte 19. Jh. Stahlstich nach einem Gemälde |
An besonders schlechten Wegstellen lag nicht selten "räuberisches Gesindel" im Hinterhalt, um die Post zu berauben. "Infolge der vielen Kriege machte sich das Straßenräuberunwesen recht breit und wagte sich bisweilen bis dicht an die Städte heran. Manchmal wurde es so schlimm, dass der Kaiser in eindringlichen Edikten die Landesherren auffordern musste, ihre Territorien durch regelmäßige Streifen von dem Gesindel zu säubern." [Frielingsdorf S. 97] |
|
|
18. Jh. "Der beraubte Postwagen". gestochen von Frid. Brand (?) nach einem Gemälde von Christ. Brand |
Postkutschenromantik"Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim Schwager vorn"... Derselbe Rudolf Baumbach (1840-1905), noch Zeitgenosse des Postkutschen-Zeitalters, der dieses bekannte fröhliche Lied geschrieben hat, widmete dem Reisen mit der Postkutsche noch ein anderes Gedicht, in dem es etwas derber zugeht. |
Es melden Bücher und Sagen So manches Wunderding Von einem gelben Wagen, Der durch die Länder ging. Die Kutsche fuhr, man denke, Des Tags drei Meilen weit und hielt vor jeder Schenke. 0 gute, alte Zeit! Es ward von den Passagieren Zuvor das Haus bestellt. Sie schieden von den Ihren, Als ging's ans End der Welt. Sie trugen die Louisdore Vernäht in Stiefeln und Kleid, Im Sack zwei Feuerrohre - O gute, alte Zeit! Oft, wenn die Reisegenossen Sich sehnten nach Bett und Wirt, Da brummte der Schwager verdrossen: "Potz Blitz! Ich hab mich verirrt!" Von fern her Wolfsgeheule, Kein Obdach weit und breit; Es schnaubten zitternd die Gäule - O gute, alte Zeit! |
|
Auch war es sehr ergötzlich, Wenn mit gewaltigem Krach In einem Hohlweg plötzlich Der Wagen zusammenbrach. War nur ein Rad gebrochen, So herrschte Fröhlichkeit. Mitunter brachen auch Knochen - 0 gute, alte Zeit! Der Abenteuer Perle War doch das Waldwirtshaus. Es spannten verdächtige Kerle Die müden Schimmel aus. Ein Bett mit Federdecken Stand für den Gast bereit, Das zeigte blutige Flecken - O gute, alte Zeit! Und waren der Gäste hundert Verschwunden im Waldwirtshaus, Dann schickte der Rat verwundert Berittene Häscher aus. Die Leichen wurden gefunden, Bestattet und geweiht Der Wirt gerädert, geschunden O gute, alte Zeit! |
Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der kann auch heute noch (2003) z.B. mit der Oberbergischen Postkutsche fahren, einen Nachbau der kaiserlichen Postkutsche von 1871. Sie verkehrt seit über 30 Jahren regelmäßig zwischen Nümbrecht und Wiehl. Aber die Postkutschenromantik ist auch anderenorts zum Leben erwacht: z.B. in Langenfeld.
|
Postieren - Reisen per Postpferd
Die Thurn und Taxissche Post beförderte von Anfang an auch Personen, also nicht erst seit Einführung der Wagen und Kutschen. Sie tat dies, indem sie ihnen Postpferde zum Reiten zur Verfügung stellte.
"Freilich mußte man auf jeder Station das Pferd wechseln, denn Postwagen gab es damals noch nicht. [...] Diese Art des Reisens nannte man 'postieren'." Für eine Reise mit der Post, d.h. für ein Pferd von einer Poststation zur anderen, war Anfang des 16. Jh. ein Goldgulden zu entrichten. [Korzendorfer S. 18 ff]
"Sie war auch darauf bedacht, die Tierquälerei möglichst zu verhindern und verbot, daß die Postpferde mit Stecken angetrieben wurden; die Postillione durften nur Geißeln verwenden. Dabei gab sie auch den Postmeistern den Rat, die Reisenden daraufhin anzusehen, ob sie mit Pferden umgehen könnten, denn damals gab es noch keine Postwagen. Die Reisenden mußten also immer Postpferde benützen. Sie warnte ihre Postmeister vor allem vor sogenannten 'lateinischen Reitern': z.B. Geistlichen, Ärzten, also wie wir sagen würden, den Akademikern, welche nicht reiten könnten, auf die Pferde gar stark loszuhauen pflegten und sie so schnell laufen ließen, wie sie wollten."
Aber was sollte der Postmeister da tun?
"Ich nahm also zunächst ein Reitpferd (Postpferd) und einen Boten, ritt nach Kronenberg und überzeugte mich selbst, daß es unmöglich gewesen wäre, einen Wagen, der nicht spurte, durch diese Mordwege zu bringen, ohne in Stücke zu zerbrechen. In den Bergen fährt man (- bei schlechtem Wetter und auf schlechten Wegen -) nicht, Herren und Damen reiten, die Pferde sind an das Klettern gewöhnt." [Schwager] |
Ein Koeniglich Preußischer Postwagen von 1850 (Langenfeld / Rheinland) |
|
|
"Sechssitziger Postwagen in Berlinen-Form" Bild-Quelle: Fahrsportfreunde Langenfeld |
Einen "echten" alten Postwagen der Königlich Preussischen Post von 1850, der seinerzeit auf der Strecke Düsseldorf-Langenfeld-Köln verkehrte, besitzt das Postmuseum Frankfurt am Main.
|
|
Die Langenfelder Postkutsche nach einer gewittrigen Ausfahrt im Sommer 2004 ... |
|
|
... und beim Kutschenkorso im September 2004. |
Quellen:
|