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Leo Busch veröffentlichte 1939 einen weiteren Beitrag, in dem die Gründe für die Auswanderungsbereitschaft klar genannt sind: unerträgliche Armut und hohe Verschuldung der Arbeiter durch langanhaltende Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit.
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Solinger Tageblatt vom 24./25. Juni 1939
Neue Beiträge zur Geschichte der Solinger Auswanderung nach Rußlandim zweiten Jahrzehnt des 19. JahrhundertsVon Dr. L. Busch, Berlin.
"Aus der langen Reihe von Berichten, die dieses Auswanderungsvorhaben auslösten, dürfte für die Lokalgeschichte der Bericht des damaligen Landrates von Solingen am wertvollsten sein.
Auf Grund dieses Berichtes des Solinger Landrates stellte sich nicht nur die Düsseldorfer Regierung, sondern auch die maßgebenden Ministerien in Berlin auf den Standpunkt, daß man die Auswanderung der oben aufgeführten Solinger Arbeiter verhindern müsse. Vor einem direkten Verbot aber scheute man zurück, denn man fürchtete damit, bei dem russischen Verbündeten Anstoß zu erwecken, da der russische Gesandte in Berlin offiziell sich um die Auswanderungsgenehmigung für die Solinger Arbeiter bemüht hatte.
Die Stellungnahme des Kriegsministers zu dieser Anregung ist aus den Akten nicht ersichtlich. Es ergibt sich lediglich, daß den Solinger Arbeitern schließlich doch die Erlaubnis zur Auswanderung nach Rußland erteilt worden ist." |
Auch eine Möglichkeit, mit hoher Arbeitslosigkeit umzugehen.
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Vieles spricht dafür, dass die Ausgewanderten in Russland das erhoffte bessere Leben gefunden haben, so auch ein älterer Artikel in der Rheinischen Post vom 19. Juli 19?? [Stadtarchiv Solingen FA 1/36; das Jahr ist unleserlich, vermutl. 1950er Jahre].
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Rheinische Post vom 19. Juli 19??
Meisterstück der DamaszenerkunstSchlözer-Ehrensäbel im Klingenmuseum
"[...] In einer dem Ehrensäbel beiliegenden Notiz heißt es wörtlich:
Ministerium der Finanzen. - Departement der Berg- und Salz-Werke an den Russischen Vice-Consul Herrn von Schlözer in Lübek.
Die ausländischen Meister, welche die Russische Regierung aus Solingen zur Vervollkommnung der in Slatoust errichteten Gewehr-Fabrik verschrieben hatte, bekennen, bey einem verlängerten Aufenthalte in dieser Fabrik, daß ihr jetziger Zustand so glücklich ist, wie sie es sich in ihrem vorigen Vaterlande kaum träumen durften. Sie einigermaßen als den Urheber ihres Glücks ansehend, haben diese Meister zum Beweise ihrer Dankbarkeit gegn Sie einen Säbel verfertigt, dessen Klinge mit reicher Vergoldung und sehr künstlich ausgearbeiteten Zeichnungen verziert ist. Nachdem S. Erlaucht der Herr Finanzminister hierüber Sr. Kaiserl. Majestät Befehle Allerunterthänigst eingeholt hat, ist die Allerhöchste Resolution erfolgt, Ihnen diesen Säbel zu übersenden. In Erfüllung des Allerhöchsten Willens Sr. Kayerl. Majestät übersendet Ihnen hierbey das Department der Berg- und Salz-Werke den erwähnten Säbel, in dem es Sie bittet, von dem richtigen Empfange desselben das Departement zu benachrichtigen. 30. Juni 1821 Direktor gez. Unterschrift Chef der Abtheilung Kovanko" [Stadtarchiv Solingen, FA 1/36] |
Der Säbel kann im Deutschen Klingenmuseum in Solingen-Gräfrath besichtigt werden. Es handelt sich nicht um eine Damaszener, sondern um eine geätzte Klinge, was ihrer Schönheit aber keinen Abbruch tut. |
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"Ehrensäbel mit Scheide für Konsul Schlözer. Rußland, 1820. Der Säbel ist ein Geschenk Solinger Klingenschmiede, die durch Vermittlung des Konsuls 1814 nach Rußland auswanderten. Gefäß Eisen, geätzt. Griffplatten aus Elfenbein. Klinge geätzt, vergoldet, gebläut. Scheide Messing vergoldet" [Deutsches Klingenmuseum Solingen, 2012] |
Interessant ist auch, wie immer wieder der Zufall bei der Gewinnung (familien-)geschichtlicher Daten eine Rolle spielt: hier zum Schicksal insbesondere der ausgewanderten Familien Wolfertz (Wolferz) und Weyersberg. |
Die Heimat, Jg. 6, Nr. 4, 14. Februar 1930
Solinger Klingen- und Messerhandwerker in Rußland,
Von Albert Weyersberg, Solingen.
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Peter Weinberg (Weyersberg?) Joh. Wilh. Schmidt 1811, Weyersberg, Schmitt (?), Kaimer 1813, Samuel Ohliger, Wilhelm Schaaf 1814, |
Daniel Wolfertz, Lorch, Oberkotte 1815, Ilerich 1817, Karl Ohliger, Gebrüder Schwarte 1819, Burger 1821 [Berger?], |
Wm. Schaaf & Sohn 1822, Eduard Schmidt 1825, Bilschtein (Bildstein?) 1851, Ferber, Hepp, Haas 1832, Schreiber 1835. |
Manche dieser Namen und noch mehr weitere, die hier weggelassen wurden, haben offenbar beim Abschreiben in russischen Buchstaben Entstellungen erfahren. Auch die beigefügten Jahreszahlen dürften nicht immer stimmen. Die Jahre 1811 und 1813 sind vielleicht Papieren, die die Uebersiedelung vorbereiteten, entnommen. Deutlich geht aus den Angaben hervor, daß den 1814 ausgewanderten Solingern später noch manche weitere gefolgt sind.
Ueber den Betrieb der allmählich sehr ausgedehnten staatlichen Waffen- und Messerwerkstätten in Slatoust im Uralgebirge berichtet das reichhaltige Werk von Camille Pagé, La Contellerie, Tome VI, S. 1310, Chatellerault 1904. [...]
Vorzustellen suchen müssen wir uns, wie großer Mut und welcher Unternehmungsdrang bei dem Zug zum Ural in Betracht kamen, zumal nach dem kurz vorher mißglückten russischen Unternehmen Napoleons I., das damals in aller Munde war. Nur etwa ein Viertel des Weges ging durch deutsches Land, während drei Viertel auf russisches Gebiet entfielen, auch z. T. auf von Tataren und Baschkiren bewohnte Strecken. Und schnell wird der Karrenzug mit den Gerätschaften und dem Hausrat der Solinger nicht vom Fleck gekommen sein!
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An der Grenze Asiens stehen bergische Fachwerkhäuser
Unter dieser Überschrift erschien am 14. Januar 1953 in der Zeitung Westdeutsche Neue Presse ein Artikel nach dem Bericht eines WNP-Lesers "auf den Spuren von Solingern, die 1814 in den Ural auswanderten". Dieser namentlich nicht genannte Leser hatte sich 1928/29 während einer Russlandreise längere Zeit in Slatoust aufgehalten.
"Es handelt sich um einen Industrieort, der in einer recht reizvollen Landschaft liegt. Der Fluß Aj ist aufgestaut und bildet einen See, über den das in den naheliegenden riesigen Kiefern- und Birkenwäldern gefällte Holz zur Stadt geschafft wird. Slatoust verfügt über ansehnliche und moderne Fabriken der Metallindustrie. Etwa 20 km östlich von der Stadt erhebt sich in welligem Gelände, das im Charakter in etwa dem Bergischen Land entspricht, eine 10 Meter hohe Steinpyramide. Auf der westlichen Seite steht in russischen Buchstaben »Europa«, auf der östlichen Seite »Asia«. ... Hier verläuft die natürliche Grenze zwischen zwei Kontinenten. [...]
... und Baumaterial, um weitere Gebäude nach eigenem Gutdünken zu errichten - was dann in altbewährter Fachwerkbauweise geschah.
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Slatoust im Ural
Im 18. und 19. Jh. war der Ural das Zentrum der Metallverarbeitung des russischen Reiches. |
Quellen:
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