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Auswanderung in die Niederlande

Der überaus produktive Solinger Heimatforscher Albert Weyersberg veröffentlichte u.a. 1927 und 1928 Artikel über in die Niederlande ausgewanderte Solinger. Diese basieren insbesondere auf Informationen von J.W. Kool in Haarlem, der einer alten Solinger Schwertschmiedefamilie (Kohl) entstammt. Daraus geht hervor, dass Solinger Kreuz- und Knopfschmiede (Griffmacher) schon um 1600 in den Niederlanden ansässig geworden sind, dort Familien gegründet und ihr Handwerk in mehreren Generationen weiterbetrieben haben.

"[...] Jan Kool von Solingen, ein Griffmacher und Kreuzschmied (cryssmit), geb. um 1560/65, wurde 15. Februar 1605 Bürger von Amsterdam. Er bezahlte das Bürgergeld mit Fl. 5.-, leistete aber nicht den Bürgereid, sondern gab, weil er Mennonit war, das Versprechen. [...] Ein um 1595 geborener Sohn Arent Kool war gleichfalls Kreuzschmied und heiratete 1641 in Amsterdam [...]. Im Haag lebte im Jahre 1623 der Kreuzschmied Andries Kohl, geboren um 1569. [...] 1611 wird auch ein Griffmacher Pieter Kool im Haag genannt. [...]

Recht wertvoll für unsere Industriegeschichte sind die Kool'schen Feststellungen, weil sie dartun, daß Solinger Kreuz- und Knopfschmiede - mögen sie Kohl, Kool, Koell oder anders geheißen haben - nicht bloß nach Köln, sondern weit in die Ferne gezogen sind und dort mit großem Erfolg und in stattlicher Anzahl, allerdings sehr zum Schaden des Solinger Handwerks, lose Klingen, die aus ihrer bergischen Heimat bezogen wurden, mit Griffen versehen haben. In den 1623 erneuerten Privilegien der Solinger Kreuz- und Knopfschmiede sind hohe Strafen für diejenigen Brüder vorgesehen, die außerhalb des Amtes Solingen das Handwerk ausübten. Wahrscheinlich waren diese Bestimmungen aber auch schon in Geltung, als Jan Kool mit seiner Familie nach Holland übersiedelte. A. Wbg."

[Weyersberg 1927 S. 63]

Nachprüfbar ist dies nicht mehr, denn das ursprüngliche Privileg ging beim Stadtbrand 1581 verloren.

  Mennoniten, christl. Religionsgemeinsch., im 16. Jh. von dem Friesen Menno Simons gegr. Als Wiedertäufer u. Kriegsdienstverweiterer vertrieben, wanderten viele M. nach den USA und Kanada aus. [Beckmann]
[...] Taufgesinnte, verwerfen Kindtaufe, Kriegsdienst u. Eid; wanderten, um ihrem Glauben treu zu bleiben, aus den Ndl. um 1550 nach dem Weichseldelta, s. 1683 nach USA, [...]. [Knaur 1991]


Mit dem Verbleibungseid hatten die Kohls also keine Probleme; dennoch überrascht die Einwanderung gerade in die Niederlande.

Interessant im folgenden Artikel ist insbesondere der Inhalt des Gesellenbriefs für Pieter Taecken, einen in Amsterdam ausgebildeten Gesellen des Kreuz- bzw. Knopfschmiedehandwerks aus Solingen. Sein Name wie auch der seines Meisters, des schon erwähnten Arent Kool, erscheint in Solingen in anderen Schreibweisen.


Die Heimat, 4. Jg., Nr. 3/1928, S. 10-11

Solinger Familien in den Niederlanden, zumal in Amsterdam.

Von Albert Weyersberg.

"[...] In der Westerkirche in Amsterdam hat er [Herr J.W. Kool] die Bestattung von »Annitgen Dirx in de Egelantierstraat in Solingen, huysfrau von Arent Cool + mit den 14. April 1638«, erster Frau des Kreuz- und Knopfschmiedes Arent Kool, festgestellt und folgert hieraus, daß damals entweder an dem Hause des Arent Kool ein Schild hing mit der Aufschrift "in Solingen" oder daß im Hausgiebel ein Stein mit dieser Inschrift angebracht war.

Da sich beim Durchsuchen der heutigen Egelantierstraat leider weder das eine oder andere hat finden lassen, wird Arent Kool wohl sein Wahrzeichen nach der Kalverstraat mitgenommen haben, in die er im Jahre 1641 übersiedelte, als er in zweiter Ehe Jannelie Hendrix von Borkem heiratete. Allerdings ist auch in der Kalverstraat das Wahrzeichen "in Solingen" heute nicht mehr vorhanden.

Weiterhin ermittelte Herr J.W. Kool einen Gesellenbrief, den Arent Kool dem aus Solingen stammenden Kreuzschmied Pieter Taecken am 25. November 1634 ausstellte und der durch den Notar Jan Verhey beglaubigt wurde.

Aus dem Holländischen übertragen, lautet dieses ziemlich umständlich gehaltene Schriftstück ungefähr:

»Arent Kool von Solingen, Kreuzschmiedemeister, erklärt, ganz zufrieden zu sein mit dem Kreuzschmiedegesellen Pieter Taecken von Solingen, seinem Knecht (Gehülfen), der alles fleißig tat, was er für seines Meisters Handwerk zu tun hatte, während Pieter Taecken sich für Kost, Geld und dergleichen, womit er ausgestattet wurde, bedankt.

Actum in Amsterdam präsent Hans Janß und Albert Claeß Zeugen am 25 st. November 1634.

(w. g.) Arent Kool, Kreuzschmied.
Pieter Taecken.

Zu dem Inhalt dieses gegenwärtigen notariellen Aktes sei bemerkt, daß im Jahre vor der Geburt unserer Seligmachers Jesu Christi sechzehnhundert vier und dreißig am 25sten Tage des Monats November vor mir Jan Verhey, öfentlichem Notar, zugelassen beim kaiserlichen Hofe Hollands und Utrechts, in Amsterdam seßhaft, in Gegenwart der unten genannten Zeugen erschienen ist Arent Kool Kreuzschmiedemeister, Städter und Bürger dieser Stadt Amsterdam, der wahrheitsgemäß bescheinigt, daß der Kreuzschmiedegeselle Peter Taecken von Solingen die Zeit von vier Jahren in des Comparents Dienst und Unterrichts zuverlässig ausgedient hat, darin wohl fortgeschritten ist und sich so benommen hat, daß der Comparent den Pieter Taecken mit Dank dafür freistellte und entließ.

Dazu bittet er alle Meister und anderen Personen, denen dieser Akt vorgezeigt werden wird, seinem Zeugnisse Glauben zu schenken und dementsprechend Pieter Taecken anzusehen und aufzunehmen, ihm alle möglichen Dienste sowie Hilfe und Beförderung zu leisten, wodurch ihm, dem Comparenten, Freundschaft erwiesen werden wird, welche er zu aller Zeit gegen einen Jeglichen in gleichem Falle zu verschulden bereit und willig befunden werde. Alles ohne Arg oder List.

Actum in Amstelredamme (Amsterdam) in meinem Komptoir, in Gegenwart von Hans Janß und Albert Claeß, Hooglandt Zeugen. Am Tag wie oben.«

Für uns Solinger ist die Feststellung sehr wesentlich, daß die Aufschrift 'in Solingen' damals auch in Amsterdam als beste Empfehlung galt und daß es Solinger Handwerksgenossen, allerdings unter völliger Nichtbeachtung der Bruderschaftsordnungen, fertigbrachten, als angesehene Meister und Bürger in den Niederlanden vorwärts zu kommen.

Peter Taecke war freilich, soviel wir wissen, nicht wie die Kool ein Angehöriger der geschlossenen Solinger Handwerke und genoß daher weder deren Vorrechte noch war er ihren Pflichten unterworfen. Als Glieder seiner Familie sind zu nennen Johannes Tacke, der 1652-1670 als Solinger reformierter Schullehrer waltete und seine Tochter Gertrud, die 1683 Johann Weyersberg heiratete, Clemens Tacke auf dem Gehöft Eulswag 1670 und Wm. Tacke(n) zu Forckelt 1696. 1680 ist von einem Peter Tacken Haus die Rede (Monatsschrift des Berg. G. V. 1926 S. 54).

Als Schwertschmied hat der Solinger Jurgen Ollich in Arnheim in Holland gearbeitet. Später (1650) war er in Wira (Vira) in Schweden tätig [...] und hat mithin wie die Berns (Dänemark), (?) Bertram (Schweden), Kindt (England), Kohl (Schweden), Mungsten (England, Spanien) Tesche (Schweden) und andere Solinger Handwerksbrüder trotz der Bruderschaftsverbote seine Kunst in fremden Landen betrieben.

Von Gliedern Solinger Kaufmannsfamilien, die die Niederlande aufgesucht haben, seien erwähnt Engelbert Knecht, geb. 1712, Johannes Knechts Sohn, der 1727 auf seiner ersten holländischen Reise - Heimat 1925 S. 37 - in Amsterdam starb und den man im Chor der großdeutschen Kirche beisetzte, und Johannes Andreas von Luneschlos, dessen Tochter Sibylle Catharina 1762 in Amsterdam beerdigt wurde. [...]

Wie Herr J.W. Kool bemerkt, ist ihm im Amsterdamer Städtischen Archiv in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Name Johannes Clouberg aus Köln begegnet und zwar bei den Eheschließungen. [...]"


Bei diesem Johannes Clouberg wird es sich um einen Angehörigen der damals viel gereisten Solinger Kaufhändlerfamilie Clauberg gehandelt haben.



Quellen:
  • Beckmanns (1959)
  • Weyersberg, Albert: Die Kreuz- und Knopfschmiede Kool. Die Heimat 16/1927 S. 63
  • Weyersberg, Albert: Solinger Familien in den Niederlanden, zumal in Amsterdam. Die Heimat 03/1928

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