www . ZeitSpurenSuche . de |
Im Bergischen Land gibt es eine Unzahl von Sagen und Legenden über Hexen und Hexerei, die allein der volkstümlichen Phantasie entsprungen sind. Da geht es um Hexen in Gestalt von Hasen oder Katzen oder um hilfreiche Hexenmeister, die durch die Lüfte sausen, um verhexte Kühe, verzauberte Milch oder nächtliche Spektakel auf den Hexentanzplätzen. Vielleicht haben letztere ja sogar wirklich stattgefunden. |
Bergische Sagen, gesammelt von Otto Schell (1922)
Hexentanzplatz bei Solingen. |
Die Gegend von Remlingrade (Radevormwald) soll "in der weitesten Umgegend 'Hexenland'" geheißen haben. "Darum kannten die Leute dort auch nicht weniger als drei Hexentanzplätze: Der Altenhof bei Eistringhausen, bei dem Gehöft Kamp und bei Ober-Oenkfeld." [Potthast, MBGV 6/1896 S. 139]
|
Die Hexe zu Eulswag bei Solingen. |
|
|
1747 Solingen, Ohliger Tor |
Was hat man sich unter einer Milchmulde vorzustellen, in der Frau Mutte über den Teich gefahren sein soll? Den Begriff "mulde" fand ich in Grimms Wörterbuch von 1885:
"mulde, länglich rundes, flaches gefäsz zum aufbewahren von flüssigkeiten, wanne, vgl. bademulde, waschmulde: multen [...]; von holz oder metall: hölzerne multe, [...]; milch in die mulden gieszen."
[Grimm Sp. 2652 f]
Ein historisierender Roman von Ernst Knupp, 1925 erschienen im Ohligser Anzeiger, schildert das Schicksal einer als Hexe angeklagten Bewohnerin von Schloss Caspersbroich in Solingen im 15. Jh. Pure Phantasie oder wahrer Kern?
|
2009 Düsseler Mühle, Haan-Gruiten. Heute spukt hier bestimmt niemand mehr. |
|
2004 Hof Pütt, Düsseler Mühle |
In Gerresheim (Düsseldorf) wurde noch 1737 ein Hexenprozess gegen Helene Mathilde Curtens eingeleitet. Die Angeklagte wurde verurteilt und hingerichtet. Helene Mechthild Curten soll am 15.(19.?)08.1738 in Gerresheim verbrannt worden sein. Ihr Vater: Kirchmeister Casimir Curten, Heirat in Gerresheim am 13.09.1687; ihre Mutter: Elisabeth Jager, am 08.10.1729 im Kindbett gestorben.
|
|
|
Was davon Wahrheit, was Dichtung ist, soll an dieser Stelle nicht untersucht werden. In Gerresheim steht seit 1989 zur Erinnerung an diese furchtbaren Justizmorde ein eigenartiger Hexengedenkstein, den man von allen Seiten auf sich wirken lassen muss. Gut gefallen hat mir dazu diese Ausarbeitung: Der Hexengedenkstein in Gerresheim, Düsseldorf2008 Hexengedenkstein der Künstlerin Gabriele Tefke in Düsseldorf-Gerresheim, Dreherstraße / Ecke Schönaustraße |
Aus gleichem Anlass steht in Odenthal (Rheinisch-Bergischer Kreis) seit 1988 ein Hexenbrunnen in Form eines Bronzekessels, der von fünf Fabelwesen getragen wird. Auf einer Informationstafel ist zu lesen, dass die letzte Odenthaler "Hexe", Katharina Güschen (genannt "Scheuer Tring"), wegen eines solchen Schmierpotts (Hexenkessels), mit dem sie Unheil angehext haben soll, 1613 hingerichtet wurde. Das Ausmaß des Hexenwahns in Odenthal zeige sich durch Überlieferungen wie "Hexen-Ohnder" (ohnder = Odenthal) oder "Sie breeten zu Ohnder Hexen wie Hohnder" (Hohnder= Hühner). |
2012 Hexenbrunnen in Odenthal, gestaltet nach einem Entwurf des Bildhauers Walter Jansen |
|
2012 Hexenbrunnen in Odenthal |
Eine weitere Geschichte aus Hilden: |
In Deutschland soll 1775 die letzte vermeintliche Hexe zum Tode verurteilt worden sein - im Stift Kempten (Allgäu) wegen "erwiesener Teufelsbuhlschaft".
|
Zu den ersten, die diesem Geschehen auf schriftlichem Wege entgegenzuwirken versuchten, zählten im 16. Jh. der Arzt Dr. Johannes Weyer und im 17. Jh. der Jesuit und Lyriker Friedrich Spee. Wie bei geschichtlichen Themen nicht unüblich, ist sich die Literatur hinsichtlich der Biographien dieser beiden Herren nicht ganz einig. Hier die Version des bergischen Lehrers und Lokalhistorikers August Lomberg aus dem Jahr 1922: |
Der Hexenwahn und seine Bekämpfung (15.-17.)Von August Lomberg
1. Der Hexenwahn.
2. Johannes Weyer.
Um das Übel an der Wurzel zu fassen und weitere Kreise zu dessen Bekämpfung heranzuziehen, schrieb Weyer ein großes, gelehrtes Werk, worin er den Hexenwahn an der Hand der Naturforschung nach allen Seiten hin widerlegte. Die umfangreiche Schrift, die er im Winter von 1561 auf 62 auf dem Schlosse Hambach bei Jülich vollendete, trug den Titel: "Über die Blendwerke des Teufels".
Als in der Grafschaft Mark einem reichen Bauer die Kühe trocken wurden, übergab er die eingefangene junge Hexe ihrem Pfarrer zur Belehrung und entließ aus ihrem Gefängnis auch ihre sechzehn Helferinnen, worauf auch die Milch der Kühe wieder wie früher floß. Als zu Unna eine Dirne, die angeblich ein ganzes Jahr nichts gegessen und getrunken hatte, sich als heilige Magd aufspielte, ließ er sie durch seinen Leibarzt untersuchen und scharf beobachten, bis sie, in die Enge getrieben, ihr Gaukelspiel eingestand, worauf er dem erstaunten Rat der Stadt empfahl, künftig für besseren Schulunterricht zu sorgen.
3. Friedrich Spee.
Das Buch, in lateinischer Sprache geschrieben, erschien im Jahre 1631, doch ohne seinen Namen. Der Titel gab an, es sei von einem römischen Priester verfaßt. Wer die Schrift aufmerksam liest, findet darin nichts, was nicht schon vorher von Johannes Weyer und anderen gesagt worden wäre. Aber Spee rief sie hinaus »mit der Stimme eines Propheten, der dem Volke Israel seine abscheulichste Sünde vorhält«.
|
Wilhelm der Reiche (1539-1592), in unterschiedlichen Quellen Wilhelm IV. oder V. genannt) |
|
Johann Weyer (1515-1588?) "Über die Blendwerke der Dämonen, Zauberer und Giftmischer" ("De praestigiis daemonum et incentationibus ac veneficiis", 1562) |
|
Friedrich Spee von Langenfeld (1591-1635). Erlag der Pest. "Cautio Criminalis" (1631) |
Bis es in Deutschland soweit war, sollten allerdings noch knapp 150 Jahre vergehen. Immerhin versuchte die damalige bergische Regierung mittels folgender Verordnung gegen den Aberglauben vorzugehen:
|
Monatsschrift des Bergischen Geschichtsvereins, 7. Jg. Nr. 10/1900 Von Hexen und sonstigem Spuk im Bergischen Lande.
"Damit ein Kind nicht verhext werde, steckte eine Hebamme bei dem Kirchgange zur heil. Taufe Brot und Salz zu sich. Das Hauptmittel für ein verhextes und beschrieenes Kind, welches alle Zeit sollte geholfen haben, war: Sie maß das Kind mir ihren drei Schurzzipfeln drei Mal und sagte dazu:
Manche [Hexen] schmierten sich auch mit einer Hexensalbe ein, wonach sie in Schlaf fielen. In diesem Zustand glaubten sie weite Reisen über Berge und Meere gemacht zu haben und beim Teufel gewesen zu sein. Andere nahmen etwas von einer Salbe, wodurch sie in den gleichen Zustand kamen. Der Teufel kam dann in Gestalt einer großen Katze und führt sie zum Hexentanze. [...]
|
Über die vielen Facetten des Hexenwesens, die Hintergründe der Hexenverfolgung (die nicht nur mit Aberglauben zu tun hatten, sondern auch mit sehr materiellen Interessen) und die schmerzhaften Details der "peinlichen Befragungen" informieren andere Webseiten. |
Quellen:
Weitere Literatur:
|