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  Ausbildung - Munitionskolonne - Diedenhofen

29. Aug. 1917 - Gegen 9 Uhr fuhren wir dann über Colmar, Schlettstadt, Zabern, wo wir nachmittags 5 ½ Uhr verpflegt wurden; dann über Mörchingen, Metz nach Diedenhofen, wo wir am

30. Aug. - morgens 4 ½ Uhr ankamen. Am Bahnhof wurden wir mit Kaffee, Brot und Wurst verpflegt. Gegen 7 Uhr Abmarsch zur Artillerie-Kaserne, wo wir einquartiert wurden.

31. Aug. - Die älteren Jahrgänge, soweit sie K.V. sind, sollen als Munitions-Kolonne ausgebildet werden. Dazu gehört Reiten und Pferdepflegen und dergl., aus diesem Grund Einteilung in Beritte, Ernst, Richard und ich im 4. Beritt.

1. Sept. - Von 7 bis 8 ½ Uhr Instruktion übers Pferd und dessen Behandlung. 8 ½ bis 12 Uhr Putzen. 3 bis 6 Uhr wieder Putzen und Füttern.

2. Sept. - Morgens Kirchgang, nachmittags Pferde weiden. Nachdem besuchte ich meinen Freund Karl Theis aus Ohligs in Mallingen, der, weil G.V., z. Zt. mit Ernst Specht in Diedenhofen geblieben und bis dato Bahnwachen hatte.

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3. Sept. 1917 - Um 8 Uhr antreten. Die Kompagnie wird aufgelöst.

Bin mit ca. 100 Mann, darunter auch Ernst und Richard, für Metz bestimmt; nur K.V. Wir sollen in oben gesagtem weiter ausgebildet werden bei der Ersatz-Bespannungs-Abteilung des Rhein. Fußartillerie-Regiments No. 8 in Metz.

4. Sept. - Nachts schrecklicher Fliegerbesuch. Viele Bombenabwürfe. Unterschreiben der Stammrolle. Brot-, Kontributions- und Kantinengeld empfangen.

Ausbildung - Ersatz-Bespannungs-Abt. - Metz, Martinsbann

5. Sept. - Nachts wieder Fliegerbesuch, noch schlimmer als vorher. Materialschaden in unserer Kaserne, Hospital, Collegiumstraße u.a. Mittags Abfahrt nach Metz, - für Viele auf Nimmerwiedersehen. Unser Ziel war die Reitbahn der 9. Dragoner-Kaserne, welche jetzt die vorgenannte Bespannungs-Abteilung zu Ausbildungszwecken benutzt. Einteilung in Beritte mit dem Ziel wie in Diedenhofen. Auch viele junge Rekruten für den allgemeinen Regiments-Bedarf [werden] hier ausgebildet.

6. Sept. - Meine Adresse:
        Kanonier K. Mutz, Ersatz-Bespannungs-Abteilung,
        Fußartillerie Reg. No. 8, 9. Dragoner-Kaserne, Metz.

Dienst: Instruktion über Pferdepflege aller Art, bei gesunden, kranken und verwundeten Tieren. Besuche wie Vorführungen im Krankenstall, sehr interessant! Dann Putzen, Füttern, Tränken, Führen, Satteln, damit kein Druck usw. Was man doch noch alles wird!

7. bis 8. Sept. - Dasselbe, dazu noch Geschirre putzen. Reit- und Arbeitspferde stehen zusammen, jeder hat zwei Tiere. Richard und andere verstehen mehr schon als wir von diesen Geschöpfen, haben auch keine Angst, wir doch noch, denn alle sind nicht fromm.

9. Sept. - Sonntag. 5 Uhr wecken. Von 5 ¾ bis 8 Uhr, von 11 bis 12 Uhr, von 5 bis 6 Uhr Stalldienst, dazwischen Instruktion. Die Küche ist gut.

10. Sept. Morgens bis mittags derselbe Dienst in den Ställen der Kaserne. Nachmittags muss unser Beritt nach Martinsbann [Le Ban-Saint-Martin] zur gleichen Arbeit. Von dort aus gehen jeden Abend Munitions-Kolonnen in Stellung, die dann gegen Morgen, oft auch gegen Mittag erst wieder zurück kommen. Diese Tiere müssen wir jetzt im Interesse unserer Ausbildung mit übernehmen. Die Beritte wechseln hierbei ab. Abends Stadturlaub.

11. bis 15. Sept. - Immer dasselbe. Wir sind in die Kaserne verlegt, hier Wanzen und nochmals Wanzen.

16. Sept. - Sonntag. Sonntagsdienst. Um 9 Uhr Kirchgang.

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Abends in die Stadt, auch im Soldatenheim gewesen. Sind z.T., auch ich, wegen der Wanzen wieder auf die Reitbahn gezogen. Das Regiment hat auch Landwirtschaft dabei, können billig Buttermilch und Pflaumen kaufen.

17. Sept. - Von morgens 4 ¾ Uhr bis mittags Dienst. Nachmittags Pferdevorführung und Besichtigung. Dann in Martinsbann.

18. Sept. - Wie immer. Nachmittags: Alarmbereitschaft.

19. Sept. - Morgens Dienst in Wappingen, nachmittags Antreten zum Abrücken. 6 ½ Uhr Abmarsch zum Bahnhof, 8 Uhr Abfahrt über Diedenhofen nach Longuyon. Dort am 20.9. morgens 4 Uhr alles aussteigen.

Artillerie-Pferde-Ersatz-Depot - Longuyon, Lopigneux

20. Sept. 1917 - Von Longuyon ins Lager der 1. Batterie Fußartillerie Ersatz-Abt. 5. Von dort ins Art.-Pferde-Ersatz-Depot ins Dörfchen Lopigneux und Umgebung. Mittags Einteilung in Beritte, Putzzeug-Empfang, und 6 ½ Uhr abends Parole. -

Von hier aus erhalten die Fußartillerie-Bespannungs-Abtlg., Batterien, Munitions-Kolonnen etc. Ersatz für gefallene bezw. eingegangene Tiere. Zudem erhalten diese hier auch, wenn sie kommen, die Erkennungszeichen aufgebrannt.

21. Sept. - Gegen 4 Uhr wecken zum Pferdeabholen in Longuyon. Die Tiere sind durch die lange Bahnfahrt unbändig, wild, hungrig, alle Arten, von überall her zusammen rekrutiert, haben schlechte Halfter. Jeder muss drei aus dem Wagen holen und zur Tränke führen, dann geht's ab, alles schnell. Die Stöcke treten in Erscheinung. - Daran anschließend Stalldienst.

Unsere Unterkunft ist zeitgemäß. Wir kommen mit sechs Mann, darunter Ernst und Richard, auf einen Hühnerstall eines früheren Hofes. Was mag früher hier alles gestanden haben? Richard gibt sich daran, den noch reichlich liegenden Hühnermist fortzuschaffen. In der Zeit suchen und bauen wir etwas zum Liegen. In der Mitte kann man stehen, dann fällt das Dach nach beiden Seiten schräg ab. Die alten Dachziegel sind ohne Strohunterlagen, Regen geht durch. Der Fußboden ist schlecht und fällt fast zusammen.

Unter uns, im gewesenen Schweinestall, haben die Serganten und Unteroffiziere ihre Heimstätte gefunden und schimpfen andauernd über die Gaben, die ihnen von oben durch die breiten Ritzen unaufgefordert zukommen. Das Gebäude stand an einem Abhang, wo oben ein Weg herging. Von da aus gingen oder krochen wir durch ein Holzfenster direkt in unsere Behausung.

Unweit von uns stand ein leeres Fabrikgebäude, jetzt Stall. Ein großer Bach fließt durch das breite schöne Wiesental. Wir liegen 5 Minuten vom Dörfchen ab. Am westlichen Ausgang desselben, an vorgenanntem Bach, liegt ein Elektrizitäts-Werk, früher Mühle, von Turbinen getrieben.

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Bedient wird es von soldatischen Fachleuten. Die Felder ringsum sind z.T. wieder in Ordnung und fruchtbar. Wenig Häuser hat das meist am Berge liegende Dörfchen. Ältere Leute, Frauen und Jungfrauen sind einige da. Am Tal liegt ein größerer eingeschlossener Hof, wo sehr alte sowie jüngere Leute noch drauf sind. Diese stammen aus Luxemburg und nennen sich Schneider. Meist sind es Weinbauern, die hier ihrem Beruf nachgehen.

Ställe, Scheunen etc. sind der Aufsicht der Militärverwaltung, d.h. einem Ortskommandanten, unterstellt, die Erzeugnisse an Getreide, Milch, Eier und Vieh ebenso. Die Zugpferde, Beschlag, Reparaturen usw. wird auch von derselben gestellt. Der engere Hof bei größeren Gütern ist fast überall mit einer Mauer umgeben, die die Ställe, Scheunen und dergl. mit einschließt und nur durch ein Tor betreten werden kann.

Die Milch des ganzen Dorfes wurde jeden Abend von einem Landmann fortgefahren und brachte dieser je nach Stärke der Haushaltungen Magermilch dafür mit. Einige Mädchen sind der Magnet! -

Wo nur etwas Platz ist stehen Pferde. Neben uns, wie in einem Steinbruch, der etwas zurück liegt, stehen Baracken für Pferde, möglichst versteckt. Oft ist alles voll, oft fast ganz leer. Soll Verdun doch allein 54.000 Pferde im Kriege gebraucht haben! In einiger Entfernung geht die Bahn auf Fentsch-Diedenhofen, neben uns eine auf Conflans zu. [Fentsch = Fontoy]  Eine gut gepflegte Straße gibt es hier nicht; wie gesagt, mittelgute Wege in dem etwas bergigen Gelände.

Meine Adresse:
        Kanonier K. M., Fußart.Ers.Abtlg. 5, Pferde-Depot, Feldpost 100.

22. Sept. 1917 - Von morgens 7 bis 11 Uhr, nachmittags von 2 bis 6 Uhr Stalldienst.

23. Sept. - Von morgens 7 bis 1 ½ Uhr Stalldienst, dann, weil Sonntag, von Nachmittag 3 bis andern Morgen 7 Uhr Stallwache.

24. bis 27. Sept. - Stalldienst wie immer. Nachmittags Pferde bewegen, d.h. auf einem reitet man und zwei andere sind mit angebunden. Weil die Tiere meist noch nie geritten, sich auch so fremd sind, so sind dies oft die schönsten Zirkus-Vorstellungen, wenn es nicht so ernst wäre.

28. Sept. - Ein Transport Tiere mit nach Arrancy gebracht und dort verladen. Von abends 7 bis morgens 7 Uhr Stallwache im Steinbruch. Die Tiere stehen zu eng. Die Entfernung von einem zum anderen ist ein Meter, zwischen jedem ein Querbaum an einem Draht hängend, die meist herunter geschlagen werden. An beiden Seiten stehen Tiere, die Stallgasse ist auch nur ein Meter. Schläger und Beißer sind immer dazwischen und machen aus der Pflege- dann eine Strafanstalt, wenn man Ordnung halten will.

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Beim Futtereinschütten ist die größte Lebensgefahr, - Hunger, - sie bekommen ja Hafer und Heu, und Wasser genug.

29. Sept. 1917 - Unser Hühnerstall-Quartier soll eine neue Fenstertür und ein Fenster haben. Lager haben wir notdürftig fertig. Ein Brett als Tisch und zwei als Bänke sind auch fertig. Weil gute Witterung noch erträglich, was wollen wir noch mehr. Die unter uns Wohnenden können wir sehr leicht zum Reden bringen. Die Wälder färben sich schon, und noch ist kein Friede in Sicht. Ein Unterstand dritter Güte ist noch viel besser als unsere Etagenwohnung.

30. Sept. - Sonntag. Morgens 5 ¼ Uhr am Bahnhof Arrancy 87 Pferde abholen. Eine unverantwortliche Forderung, dies von nur 10 Mann. Es ging auf Leben und Tod. Oft kommen die Tiere kaum in den Stall, haben sie die Zeichen aufgebrannt (schmerzhaft), gehen sie schon weiter zur Front; geholt oder fortgebracht. Selten sind welche eine Woche hier, meistens nur einige Tage. Reitpferde schon mal länger. Die armen Tiere könnten auch Bücher über den Krieg schreiben, die das Gruseln aufkommen ließen.

3. bis 4. Okt. - Nachtwache im Steinbruch. In der zugigen Baracke sehr kalt. Wenig Heu zum Liegen. Draußen stürmisch! Die Hälfte der Tiere reißt sich los, schlechte Halfter, beißen und treten sich. Als Streu dient Kohlasche. Tragende belgische Stuten werfen ab. Wegen Fliegern soll wenig Licht gemacht werden. Das Putzen der in Asche gelegenen Pferde, und vom Pferdebewegen her, ist eine Arbeit. Kommt ein Kommando zum Pferdeabholen, fragt es gewöhnlich nach guten, frommen Tieren. Natürlich holen wir dann die zuerst heraus, die wir gerne los sind. Haben auch kleine russische Panjepferdchen für die Tragtierkolonnen.

Für einen Zuschauer ist das Pferdebewegen, weil meist immer andere Tiere geritten werden, belustigend. Hätten die Tiere Gebisse im Maul, könnte man sie besser zügeln. So rasen sie oft wie besessen, reißen die mit Angekoppelten durcheinander, wenden alle Tricks zum Abwerfen an. Unangesagte Hürden- und Grabensprünge werden gemacht, wobei schon mancher und oft einen Salto ins Niemandsland machte, ohne dass er sich vorher solcher Fähigkeiten bewusst war. Die Erinnerung daran ist schöner als mitmachen. --- Lieber in Stellung als dieses!

7. Okt. - Sonntag. Dies weiß man nur vom Kalender. Flieger haben uns besucht, beschädigt ist nichts, dann mit vier Mann nach Arrancy, drei Waggons Schlacken abladen für Stallstreu, vorher noch der übliche Stalldienst. Bei Regen und Sturm sind wir gegen 3 ¼ Uhr damit fertig. Arrancy liegt ¾ Stunde von uns entfernt. Von 5 bis 6 Uhr wieder Stalldienst. - Müde! -

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Granaten haben, wo wir waren, ihr Ziel gefunden; obschon noch im Schussbereich, sind wir hier bis heute unbehelligt geblieben. Die Park-Kompagnie 20, die wir von Verdun aus kennen, liegt auch bei Arrancy; habe den dahin versetzten Hugo Heine dort besucht.

8. bis 10. Okt. 1917 - Wache in der alten Fabrik. Sehr kalt. Sturm und Regen. Besser hier als auf dem Hühnerstall.

10. Okt. - In Sturm und Regen mit je vier Tieren Pferdebewegen, solche Unsinnsbefehle! Es ging wieder auf Leben und Tod. Moritz Broch aus Höhscheid kam zum Sturz beim Durchgehen seiner Pferde. Dies war stets eine Freude unseres jungen Reserveleutnants, [...], dieses unbeliebte [...]. Nass bis auf die Haut fing dann der Stalldienst an. Die Tiere mussten wieder trocken und rein gemacht werden, und wir?! Keine Gelegenheit zum Trocknen, kein Ofen ---.

Bis 19. Okt. immer dasselbe Bild. Nachtwache im Dorf. Serg. Büchter, Unteroffizier Vogt und Tempwolf [Dempwolf?] werden von dem Depot nach Metz entlassen. Wir vom Hühnerstall verlegen uns in eine Art Keller, den wir nebenan entdecken. Wenn auch hier vieles zu wünschen übrig [bleibt], so haben wir es doch von oben trocken.

21. Okt. - Einteilung in andere Ställe. Ernst und ich bleiben zusammen, Richard kommt zum ständigen Fuhrwerk ins Dorf.

22. bis 24. Okt. - Wie immer, Nachtwache. Hierfür gibt's ab heute keine freie Stunde mehr. Befehl: Nach jedem Pferdebewegen gründlich putzen. Morgens 5 ½ Uhr Abtransport von 27 erholungsbedürftigen Tieren nach Bahnhof Longuyon. Nachmittags Entlausung im Lager. Auf einem Kartoffelfeld noch Kartoffeln aufgesucht. Verpflegung mäßig.

25. Okt. - Decken- und Wintersachen-Empfang.

28. Okt. - Vormittags ärztliche Untersuchung. Gab Rheuma an. - K.V.

30. Okt. - Starker Frost mit Eis.

31. Okt. bis 1. Nov. - Wache. Als wir mittags zur Parole und zum Essensempfang gingen, kam der Landwirt Schneider mit schwerer Schiebkarre und konnte kaum voran. Hab ihm (trotz Bemerkungen einiger Kameraden) so viel ich konnte geholfen, bis er auf seinem Hof war. Als ich am anderen Tage wieder am Hof vorbei kam, klopfte mir eine ältere Frau ans Fenster, und als ich hintrat, wollte mir diese einige Eier für die gestrige Gefälligkeit geben. Ich lehnte dankend ab; da sie aber so drängte, bat ich mir hierfür etwas Milch zu geben. Da sagte sie, gerne, aber heute Abend 8 Uhr, wenn es dunkel ist, hinten herum durch's Tor. Ich ging dann unauffällig hin, denn ein Verkehr mit den Bewohnern sollte nicht sein, und bekam mein Kochgeschirr voll Magermilch.

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Diese ließ ich dann in Konservenbüchsen dick werden, schüttete sie dann in einen Zwiebackbeutel und bekam so schönen Käse. Auf nochmalige Anfrage hin bekam ich dann jeden zweiten Tag fortlaufend ein Kochgeschirr voll gegen Bezahlung. Die anderen Kameraden versuchten dies auch, doch umsonst. In diesem Hause waren fast alle Lebensalter vertreten. Alle sprachen ziemlich, d.h. verständlich deutsch.

Als wir etwas später für die Pferde Kartoffeln zum Füttern erhielten, fragte mich die Mutter des Hauses mal, ob ich ihnen nicht auch einmal welche besorgen könnte. Ich sagte zu, sprach mit Richard, der in der Nähe lag, er solle für mich dann und dann einen Sack guter Speisekartoffeln bereit halten. Als Fuhrmann war er ja überall im Bilde. Zuerst war er etwas ängstlich, doch machte er es.

Habe diese dann im dunkeln abgeholt und hingebracht, zur sichtbaren Freude aller über diesen schönen kostenlosen Beistand. Die Leute dort erhielten ja auch, zugewiesen von uns, nur hin und wieder Mehl und anderes durch die Schweiz vom Roten Kreuz, wie gesagt wurde, von Amerika. - Dies habe ich noch mehrere Male wiederholt und durfte dadurch ein wenig mithelfen, auch denen die Schrecken des Krieges zu lindern. Konnten ja auch nicht dafür.

1. bis 9. Nov. 1917 - Meist Regenwetter. Dienst wie gewohnt.

9. Nov. - Beim Appell wurde mittags bekannt gegeben, dass der Arbeiter- und Soldatenrat in Russland beschlossen hat, Deutschland den Frieden anzubieten, und dass dieser die Regierung an sich gerissen hätte. ---

Ein Abklingen der sonst so hellen Begeisterung für das Vaterland war überall und bei allen Kriegführenden vernehmbar; - ein Herbeizaubern neuen Mutes bei unserem Gegenüber [den Franzosen] geschah durch den Einsatz der Amerikaner, diese wollten ihren Geldeinsatz bei denen noch retten ...

10. bis 11. Nov. - Weil keine Tiere im Stall, Arbeitsdienst.

12. Nov. - Morgens 4 ¾ Uhr ab nach Longuyon, von dort per Bahn über Montmedy, Margut-Frony nach Sapogne, dort 30 Reitpferde abholen. Zurück bis Frony wurde geritten, dort wurden die Tiere verladen. Einige hatten Sättel, die meisten nur Decken mitgenommen. Auch Tiere haben ihre Launen. Beim Satteln saugen sie sich dick voll Luft, und später, beim dünner werden, wird der Sattel lose. Dies wurde uns in Metz schon erklärt [aber nicht das Nachgurten]. So ging's auch hier einigen. Als wir etwas geritten, jeder hatte drei Tiere, und Trab einsetzte, kamen einige ans Rutschen. Einige rutschten ab, so dass den Tieren das Reitzeug an der Seite oder unter dem Leib hing.

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Nebenher liefen dann die ehemaligen Reiter zum Gaudium der anderen. Unserem Berittführer gefiel auch der aufgezogene Film in natura, und die auf der Straße marschierenden Truppen zollten Beifall. Mir ging es gut. Mittags gegen 12 Uhr fuhren wir erst ab. Weil keine Verpflegung, haben wir in dortigen Feldküchen um Essen gebettelt und teilweise etwas erhalten.

13. Nov. 1917 - Gegen 6 Uhr morgens kamen wir wieder in Longuyon an. Wir durch und durch kalt, es hatte Eis gefroren. Gegen 7 ½ Uhr im Lager, nachmittags Arbeitsdienst.

14. bis 17. Nov. - Immer derselbe Dreck. Einige Jüngere kommen zur Front. - Fliegerbesuche. - Alles Auffallende muss vermieden werden.

18. Nov. - In Arrancy Pferde verladen.

21. Nov. - Seit einigen Tagen haben wir Regen. Es ist Buß- und Bettag. Gestern wurden wir gegen Typhus geimpft. Die Folge ist eine geschwollene Brust, Kopfschmerzen. Ich habe dienstfrei.

22. Nov. bis 7. Dez. - Immer noch dasselbe.

7. bis 8. Dez. - In der Nacht in Longuyon Pferde geholt, bewegte Stunden! Viele rissen sich los und rasten durch das Niemandsland, sie konnten bei Tage erst wieder eingefangen werden.

Ernst wird Koch und Bursche beim Wachtmeister bezw. Offizier-Stellvertreter. Ich soll auf der Schreibstube und zweimal in Longuyon die Postsachen erledigen, lehne ab. Für solche Sachen sollten sie mich nach Hause schicken, das Schwänzeln um die "Herren", was bekanntlich dazu gehört, liegt mir nicht. Robert Sachs kommt auf den Posten.

Mit den uns zustehenden Portionen, wie Zucker etc., stimmt es schon lange nicht recht; Manko. - Überall Unzufriedenheit. - Staub wirbelt auf. Unser Kantinenhengst, der Max aus Thüringen, muss oft für den Leutnant Wäsche (?) nach Baden bringen und holen. Ich werde von den Kameraden für den Kantinenausschuss bestimmt bezw. gewählt.

9. bis 13. Dez. - Hexenschuss. Habe etwas Schonung. Der Sanitäter sagt, ich hätte Rheuma!

14. Dez. - Wie immer, Wache. Regen - Wind, es ist kalt.

15. bis 21. Dez. - Wie immer, Schnee und Frost. Es kommen wieder einige junge Leute zur Batterie bezw. Front. Ein Lothringer, Heine, der am 17.11. mit fortgegangen war, kommt wieder zurück. Ich wäre auch lieber mit ausgerückt, dieser Dreck hier nach jeder Seite hin. - Wache.

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22. Dez. 1917 - Entlausung.

23. Dez. - Sonntag. Wie immer, Pferdebewegen.

Mittags sagt mir unser Wachtmeister, dass ich in Urlaub fahren kann, da meine Frau schwer krank sei. Fahre nachmittags 2.40 Uhr mit dem bekannten Urlauberzug von Longuyon über Metz, Trier, Köln, kam dort nachts gegen 1.30 Uhr an und musste bis 5 ½ Uhr morgens liegen bleiben. Gegen 6 ¾ Uhr zu Hause ankommend, finde ich meine liebe Frau schon einige Stunden tot. Sie war an Lungenentzündung erkrankt und hatte nur drei Tage zu Bett gelegen. Ihre letzte Frage war nach mir gewesen. Für meine Gefühle da habe ich keinen Ausdruck, - doch es war des Herrn Weg, wohl für den natürlichen Menschen unverständlich; so etwas muss durchlebt sein, der es recht in meiner damaligen Lage verstehen will.

Jetzt war der letzte Tag vor Weihnachten, bis Mittag musste alles erledigt sein. Meine Geschwister wussten alle nichts von der plötzlichen Krankheit, deshalb überall Überraschung. Mein Schwager, Walter Schmidt [2. Ehemann der jüngeren Schwester Lydia], half mir bei allem.

Hatte drei Tage Urlaub von der Batterie, erhielt noch drei Tage Nachurlaub dazu. Nun standen vier unversorgte Kinder vor mir! Mein Urlaub war ohne Verpflegung, bekam zum Begräbnis, weil Soldat, einen Zuschuss von RM 40,00 (vierzig)! - Allein der Sarg kostete ohne Aufmachung RM 130,00 (einhundertdreißig)! Es war Holzknappheit und alles teuer.

Am 27. Dez. haben wir dann die liebe Entschlafene in Haan in Familiengruften beerdigt. Jetzt die Sorge um die Kinder, der Abschied war schwer.






    1918    

2. Jan. 1918 - Abends 11.30 Uhr musste ich ab Ohligs wieder ins Feld zurück. Auf ein Telegramm von der Batterie sollte ich schon zwei Tage früher zurück; ich habe mich daran nicht gestört. Wie ich später erfuhr, Machenschaften von unserem *** (?) Leutnant.

3. Jan. - Abends 11 Uhr kam ich wieder in Longuyon an. Überall auf offener Strecke liegen bleiben wegen Bombenabwürfen feindlicher Flieger. Alle Züge, auch Lazarettzüge, offene Strecken, Brücken wie Bahnhöfe wurden beworfen. Alle Züge fuhren dunkel und langsam.

4. Jan. - Von dem Telegramm "Sofort zurück" nichts gehört, als ich mich bei der Batterie zurück meldete. Familie Schneider nahm herzlich Anteil.

5. Jan. - Wie immer, Pferdebewegen. Wache.

6. bis 26. Jan. - Wie immer, Pferdebewegen, Wache, Regen, Schnee und Frost.

27. Jan. - Wie immer. Kaisers Geburtsfeier in der Kantine, abends 7 ½ Uhr 200 Liter Freibier. Kein Interesse, freiwillige Wache. In diesem Jahre Fliegerbesuche fast täglich mit Bombenabwürfen.

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Auch unser Depot scheint bekannt und erkannt zu sein und wird mit belegt. Am heutigen Tage ist es besonders schlimm.

4. Febr. 1918 - Kantinenausschusssitzung. Bin auf Wache, werde für die Zeit abgelöst. Bin mit der Darlegung der Aufstellung nicht einverstanden. Der Leutnant hat den Vorsitz, sonst sagt keiner etwas. Es wird gekauft, und wo bleibt es dann? Stete Klage der Kameraden. Die Bilanz ist nicht im geringsten kaufmännisch. Ich wünsche Klarheit, damit ich den Kameraden Rede und Antwort stehen kann. Ich bin der einzig Wissbegierige oder Misstrauische an dem Abend.

Die Wäschefrage des Leutnants jede Woche suche ich mit Umschreibungen zum Redegegenstand zu bringen, doch vergebens. Die schon angeschnittene Zuckerfrage soll so geregelt werden: Die täglichen Rationen werden so lange festgehalten, bis ½ Ko. beansprucht werden kann, dann wird das jedem Kameraden in seiner Gegenwart an der Küche abgewogen.

Die anderen Ausschussmitglieder sagen nichts oder sehr wenig, haben alle Angst vor dem Leutnant. Ich bin der einzige Kanonier, die anderen alle Unteroffiziere, Serganten, Vice., Wachtmeister usw. - Als die Sache noch nicht beendet, schickt mich der Leutnant wieder fort auf Wache, ich habe nicht unterschrieben. Von dem Tage sahen mich viele anders an, ich war bei den Kameraden beliebt. - Offen und ehrlich!

Hatten auch wieder ärztliche Untersuchung, wurde K.V., soviel ich hörte, doch der Wachtmeister sagte mir später G.V. (Feld?). Er hatte mir in Anbetracht meiner Familienverhältnisse mal gesagt: Ich helfe Ihnen zur Heimat, soviel ich kann. Nun hatte er bei der Untersuchung die Liste geführt.

10. Febr. - Jeden Tag derselbe Dreck. Ich möchte nicht immer wiederholen. Gegen Mittag wird mir auf der Schreibstube mitgeteilt, dass eine Reklamation der Firma Gebrüder Korten & Scherf in Ohligs b/Solingen mir eine vorläufige Beurlaubung gewähre und ich noch heute von der 1. Batt. Fußartl. Ers. Abt. 5, Truppenübungsplatz Longuyon [entlassen sei], wo ich alles abzugeben hätte und meine diesbezüglichen Papiere erhielt. Wurde hier zum Inf.Ers.Batl. des Infanterie Reg.-No. 135 in Düsseldorf überwiesen.

Ich fuhr nun zuerst einmal nach Hause.

Infanterie-Ersatz-Bataillon - Düsseldorf

12. Febr. 1918 - Vom Ers.Batl. des Inf.Reg.135 (dies war das nächste Ausbildungs-Batl. von Ohligs aus) wurde ich dann der 4. Facharbeiter-Kompagnie zwecks Beurlaubung zur Arbeit in der Heimat zugeteilt. Diese lag in Rath b/Düsseldorf. Hier war der größte Schweinestall, den ich in der Heimat je gesehen habe.

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Wohl 150 warteten hier von allen Truppengattungen und Dienstgraden bis zum Offizier durcheinander auf ihre Urlaubspapiere vom Generalkommando Münster, was oft zwei bis drei Wochen dauerte. Bei Tage sollten hier Exerzieren, Märsche u. dergl. sein, und keiner sollte das Lager verlassen. Die meisten gingen jedoch eigene Wege.

Morgens und mittags wurden die, die zur Beurlaubung kamen, verlesen. Ein Jäger-Offizier-Stellvertreter und ich schliefen mit Morgenkaffee in einer naheliegenden Wirtschaft. Ich hatte mir Zivilanzug mitgebracht und ging oft nach Hause. Wir mussten sogar unsere Koppel abgeben, damit wir nicht ausgehen sollten. Derer konnte man aber genug haben, waren doch keine Rekruten mehr. Hin und wieder gab es auch Strafen, auch Zurückweisung an den Truppenteil mit Urlaubsverweigerung wegen Ungehorsam.

25. Febr. - kamen auch meine Papiere vom Generalkommando des VII. Armeekorps in Münster mit an und zwar: beurlaubt bis zum 30. März 1918. Alles wurde abgegeben bezw. zurück gebracht, und man war zu Hause.

Auf Gesuche wurde ich vom 1.4. bis 30.6., dann vom 1.7. bis 30.9. und vom 1.10. bis 30.11. weiter beurlaubt. Die Gesuche mussten stets dringend erneuert werden. Als ich bei der Firma eintrat, musste ein anderer Beurlaubter für mich eintreten.

22. Juli - Auf Anordnung des Inf.Ers.Batl.135 musste ich zwecks evtl. Entlassung, nicht mehr Beurlaubung zur ärztlichen Untersuchung in die Düsseldorfer Ulanenkaserne. Das Ergebnis war: K.V., doch wegen Alter und längerem Frontdienst weiter zu beurlauben, sagte der General.

Im Sommer 1918 war Ernst Klein aus Burscheid bei mir in Ohligs, in Urlaub, zu Besuch und brachte mir von der erwähnten Familie Schneider in Lopigneux einen herzlichen Erinnerungsgruß in Gestalt eines großen Käse, wie ich mir den früher von deren Milch selbst bereitet hatte. Dies freute mich sehr und wird mir eine bleibende Erinnerung sein. Habe ihnen dann auf dem gleichen Wege mit guten Stahlwaren reichlich gedankt, denn eine Liebe ist der anderen wert. - Durch freundliches Entgegenkommen kann man oft viel erreichen.

* * *

Jetzt schreibe ich noch [über] eine indirekte Bekanntschaft vom Kriege, die aber bis heute noch in ungekürzter Form ist. Emil Niepenberg aus Haan lag Mitte 1918 mit seiner Batterie, Feldart.Reg.No.35, auch einige Zeit in Ober-Elsass, unter anderem auch in dem Dörfchen Hunsweyer b/Rappoltsweiler (jetzt Hunawihr).

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Da wohnt eine Familie namens Hansjacob, und wie diese hörte, dass E.N. bei Solingen zu Hause sei, fragten sie ihn, ob es dort wohl möglich sei, stark gerostete bezw. beschädigte Bestecke wieder in Ordnung zu bringen. Da dieser nun von seinen Eltern wusste, dass ich als Beurlaubter wieder im Geschäft tätig, gab er den Leuten meine Adresse an, und so kam in besagter Angelegenheit eine Verbindung zustande, die bis heute noch fortbesteht.

Natürlich habe ich mich der Familie Hansjacob gerne zur Verfügung gestellt und habe mitgeholfen diese unangenehme Kriegserinnerung für die Leute durch gründliche Renovierung aus der Welt zu schaffen. (Diese Leute hatten die Bestecke mit anderen Sachen bei Kriegsausbruch in die Erde vergraben.) Später, nach dem Kriege, habe ich denen wie auch Anverwandten noch mehrmals mit guter neuer Ware dienen dürfen.

Durch das gegenseitige Hin und Her lernten wir uns noch als geistesverbunden kennen und pflegen bis heute noch die damalige Bekanntschaft, die sich zur wirklichen Freundschaft erweitert hat, gerne weiter. Zudem nehmen wir auch mit vollem Interesse teil an gegenseitigen Familienereignissen, welche das Band der Bekanntschaft dadurch noch erweitert. Gesehen haben wir uns noch nicht. -

Christliche Wochenschriften, wie L.L. und andere gehören zu den wöchentlichen Grüßen, die über die Grenze zum gegenseitigen geschwisterlichen Aufbau und Verbundensein dienen sollen. Der damals noch lebende alte Herr (Weingutsbesitzer) wie seine liebe Frau, sowie auch der im Geschäft mit tätige Schwiegersohn, Herr Thun, sind bereits gestorben. Nur die Witwe von Letztgenanntem und deren ledige Schwester Henriette Hansjacob sind noch im elterlichen Hause. Letztgenannte ist auch die, die von Anfang an die Bande in allen Angelegenheiten geknüpft hat und auch bis heute noch in Treue hält. Viele Kriegserinnerungsbilder aus dem Elsass, Hartmannsweilerkopf und dergl. verdanke ich ihrer Freundschaft und Freundlichkeit.



Schlusswort

Ich könnte noch viele Erlebnisse und Erinnerungen näher beschreiben und aufzeigen, doch wollte ich kein Kriegsschriftsteller sein, - dies überlasse ich vielen anderen -, nur einiges meinen Nachkommen von dem gesagt haben, was "Krieg" ist.

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Und wofür sind diese Millionen gestorben? Wird die Zukunft den Schleier etwas lüften? - Der Deutsche ist an und für sich treu, auch bundestreu, dies hat der Weltkrieg bewiesen, und die anderen?! - Einen ewigen Frieden gibt es auf dieser Erde nicht, wer dies glaubt, hat noch nicht die Weltgeschichte durchblättert. Sind die dunklen Wolken am politischen Horizont heute alle verschwunden?! Ich wünschte es. -




Ein Brief meines Freundes Ernst Klein aus Burscheid:

Lieber Karl!

Ich darf auch wohl etwas dazu schreiben. Mit viel Interesse haben Richard und ich Deine Kriegserinnerungen gelesen, nicht ein, sondern mehrere Male. Du bist ganz bei der Wahrheit geblieben, hast nichts übertrieben, im Gegenteil bist sehr zurückhaltend. Es war doch oft schlimmer als Du es geschrieben hast, ja viel schlimmer. Du hast gesagt und auch erwähnt, dass Du Kriegsbücher schreiben Andern überlassen wolltest, ich verstehe Dich ja auch.

Beim lesen kam mir doch wieder sehr vieles in Erinnerung, da ich ja nichts aufgeschrieben habe.

Dein alter Kamerad und Freund
(gez.) Ernst Klein
Burscheid.






Quelle:
  • Karl Ludwig Mutz 1934

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