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Die folgenden Kapitel über die Zeit zwischen den Kriegen sowie über den Zweiten Weltkrieg in Wuppertal basieren zum großen Teil auf dem Buch "Langerfeld" von Günther Voigt (1927-2000) und auf Band III der Buchreihe "Das Historische Wuppertal" von Norbert Krüger. Die Texte spiegeln in komprimierter Form das wieder, was ich selbst von Zeitzeugen erfahren habe, und sind Teil meiner Familiengeschichte. |
Langerfeld zwischen den Kriegen
In Langerfeld hatten sich in den 1920er und Anfang der 1930er Jahre die Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken politischen Gruppierungen in Grenzen gehalten.
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Anstecknadeln des WHW aus Ton und Porzellan aus dem Langerfelder Angebot des Winterhilfswerks (1933-1939) |
Sie alle wußten damals nicht, daß diese Partei einen neuen Krieg vorbereitete, ihre Ziele mit Gewalt durchsetzte und keine andere Meinung duldete als die eigene.
Dass dies aber sehr wohl so war, haben diejenigen, die der neuen Politik skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden und dies laut zu sagen wagten, am eigenen Leib sehr schnell erfahren müssen. |
KZ Kemna (1933/1934)
"Gleich zu Beginn ihrer Herrschaft nahm die NSDAP ihre politischen Gegner in "Schutzhaft". In einem stillgelegten Textilwerk in der Kemna wurden vom Juli 1933 bis Januar 1934 etwa 5000 Widerstandskämpfer inhaftiert, darunter Angehörige des Wuppertaler SPD-Vorstandes und vor allem Mitglieder der KPD." [Voigt S. 195] - (Nach anderer Quelle sollen es rund 4600 Häftlinge gewesen sein.)
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Aus dem Vorwort von Johannes Rau zu Karl Ibach: Kemna. Wuppertaler Konzentrationslager 1933-1934
"[...] Hier hat es sechs Monate lang ein Konzentrationslager gegeben. Ach, es war eine Notlösung; die Lager in den Mooren des Emslandes waren im Sommer und Herbst des Jahres 1933 noch nicht fertig. Auch war das stillgelegte alte Fabrikgebäude an der Beyenburger Straße Nr. 146 noch nicht die große, perfektionierte Hölle der Gaskammern. Es diente zur 'Schutzhaft' politischer Häftlinge. Das Wort 'Schutzhaft' sollte man bedächtig aussprechen, es ist ein schönes Wort der deutschen Amtssprache. Gefährdete Personen bringt man zu ihrer eigenen, wohlgemerkt eigenen Sicherheit in einen haften bleibenden Schutz.
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Die Lektüre dieses Buches, wie auch des zuerst 1949 sowie 1998 neu erschienenen Berichts des ehemaligen Häftlings Willi Weiler, eines Duisburger Rheinschiffers und Gewerkschafters, macht fassungslos und zornig angesichts der beschriebenen Grausamkeiten, unter deren Folgen zahlreiche Häftlinge für den Rest ihres Lebens zu leiden hatten. Nicht nur jüngere Häftlinge, auch 70-Jährige waren den beispiellosen Quälereien ausgesetzt. Unter den Tätern wie den Opfern waren Langerfelder.
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General-Anzeiger vom 11. Januar 1934
Die "Kemna" wird aufgelöst Die Insassen werden in die Provinz Hannover übergeführt
Infolge einer Regierungsmaßnahme werden die Konzentrationslager in Preußen aufgelöst und die noch darin befindlichen Schutzhäftlinge in die Papenburger Gegend (westlicher Teil der Provinz Hannover) übergeführt. Sie werden dort mit Bodenarbeiten beschäftigt und sind dem Oberpräsidenten Victor Lutze unterstellt. In dem Konzentrationslager "Kemna", das mit unter die Auflösung fällt, sind noch etwa 400 Schutzhäftlinge untergebracht. Ein Teil ist bereits abtransportiert worden. Der Rest wird in Kürze folgen.
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Und die Täter? Nach dem Krieg wurden 30 Personen angeklagt, die für die Verbrechen im KZ Kemna verantwortlich waren bzw. sie durchgeführt hatten. Der Kemna-Prozess dauerte vom 1. März bis 15. Mai 1948. Auch manchen Familien aus dem Täterkreis wurde erst jetzt klar, welche menschenverachtende Verbrechen ihr Angehöriger begangen hatten. Die Umstände des Prozesses sowie Namen und Herkunft der Angeklagten, die ihnen vorgeworfenen Verbrechen und die Urteile sind in beiden oben genannten Büchern abgedruckt. Ein Todesurteil wurde gefällt, aber nicht vollstreckt. Lebenslängliche Zuchthausstrafen wurden nach wenigen Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
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2004 Das Mahnmal Kemna. Es wurde von Schülern des Wuppertaler Gymnasiums Am Kothen im Rahmen eines Jugendwettbewerbs entworfen und 1983 mit Hilfe von Spenden und der Mitarbeit von Wuppertaler Bürgern und Jugendlichen errichtet. |
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2004 Kemna, Beyenburger Straße (L 527) |
Vorzeichen und Veränderungen
1935 erfuhren die Wuppertaler aus dem "Volksempfänger", ein einfaches Radiogerät, das damals für 76 Reichsmark angeboten wurde, von der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und des Reichsarbeitsdienstes. 1936 marschierten deutsche Truppen in das entmilitarisierte Rheinland ein. Auf dem Freudenberg in Elberfeld entstanden neue Kasernen.
1938 wurden neue Richtlinien und Lehrpläne für Volks-, Mittel- und Oberschulen erlassen und der Unterricht nach nationalsozialistischen Lehrbüchern erteilt. Auch in den Schulen fanden vermehrt Luftschutzübungen statt. In Langerfeld begannen die Vermessungsarbeiten an der Reichsautobahnstrecke Köln-Bremen. Die Fundamente für die Wupperbrücke wurden errichtet, und am Nordrand des Ehrenberges begannen erste Planierungsarbeiten. Für die Autobahnarbeiter wurden Baracken auf dem Wulfeshohl und in der Hebbecke erbaut.
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2012 Dieses Mutterkreuz (zensiert) ist im Bergisch-Gladbacher Schulmuseum ausgestellt. |
Spätestens im August 1939 kündigte sich die kommende Katastrophe unmissverständlich an. Verstärkt wurden Luftschutzübungen angesetzt und zum wiederholten Male zur Entrümpelung der Dachböden aufgefordert. Die Nachricht über einen Nichtangriffspakt zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich vom 22. August 1939 konnte nicht wirklich beruhigen.
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Kaufaufruf. Abb. bei Voigt S. 199 |
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Volksempfänger 1939. Abb. bei Voigt S. 198 "Auch für den Selbstschutz und den Erweiterten Selbstschutz amtlich vorgeschrieben! Jeder braucht die Volksgasmaske! Preis 5 RM Wende dich sofort an deinen NSV.-Blockverwalter! Nur durch ihn kannst du die Volksgasmaske erwerben! Zum Verpassen (Anprobieren der richtigen Größe) persönlich erscheinen! Über alle Fragen erteilen Auskunft der Reichsluftschutzbund und die NS-Volkswohlfahrt." |
Quellen:
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