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Das Interieur des bergischen Hauses

Bergische Stube
Altbergische Wohnstube. Abb. bei W. Müller
 
Max Schmidt
Museum Schloss Burg
Dr. Spiritus
Prof. Bindhardt
Änne Wagner
Verkäufe und Versteigerungen



Max Schmidt beschreibt 1922 das bergische Wohnhaus des 19. Jh. und seine Einrichtung:

"In Urgroßmutters Jugendzeit galten noch mehr als heute die Worte: »Mein Haus ist meine Welt.« Man war bescheidener als in unserer Zeit, aber trotzdem liebte man Behaglichkeit.

Der Hausfrau »Werkstätte« war die Diele. Auf die Diele und das anstoßende Wohnzimmer legte sie besonderen Wert. Blitzblank mußte alles sein. Das Hauptstück dieses Raumes war das "Fernüs" (Fournaise) mit der geschliffenen Platte. Über diesem, fast in gleicher Höhe wie die Platte, hing das blanke Reck, an dem die kleineren Küchengeräte ihren Platz hatten. In unmittelbarer Nähe hing das "Schöttelbrett" mit dem zuweilen bunten Porzellan. Über der Türe der große Vogelbauer, aus dem die Lachtaube ihre surrenden Töne erklingen ließ, sobald ein Fremder das Haus betrat."

Ittertaler Heimatmuseum
Ehemaliges Ittertaler Schleifer- und Heimatmuseum. In der Mitte ein Tackenofen, im Gestell an der Wand Zinngerät, hinter dem Ofen Tabakmesser und weitere Gefäße. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 

2004   Alte Dröppelminnas


"zinnerne Kaffeekanne
mit zwei Ohren und drei Füßen"

"Eine reichhaltigere Ausstattung hatte die Wohnstube. Ihr Hauptstück war der blanke Tackenofen, dessen Tacken im Winter so schöne Gelegenheit zum Fußwärmen gab. Hier versammelten sich an den kühlen Abenden die Nachbarn; hier war der Ort, wo die Männer ihre Neuigkeiten austauschten und Politik trieben. Am derben Eichentische mit den Fußlehnen saßen die Frauen bei der Handarbeit.

Hinter dem Tische stand die Lehnenbank und in der Nähe des Ofens die Tummelbank, auf der sich am Tage die Kinder tummelten. Das je nach Geschmack und Wohlhabenheit buntgeschnitzte »Schaff« (Schrank) vervollständigte die Einrichtung. Zwischen Schaff und Lehnenbank hatte der Langgänger, die Hausuhr, Platz gefunden.

Das Innere des Schaffes enthielt neben dem Biedermeierporzellan, das nur bei besonderen Gelegenheiten Verwendung fand, die sauberen Zinngeräte; die »Dröppelmina«, die Zinnteller, Zuckerdose, Pfefferdose usw., die »schmutzigen« Zinngeräte wie man die Lampen nannte, die des Abends das bescheidene Licht spendeten, hatten über dem Ofen Platz gefunden. Dort hing auch das Pfeifenreck mit den Prachtpfeifen des Hausherrn; in unmittelbarer Nähe der Halter für die Fidibusse.


Weiß getüncht waren Decke und Wände des Zimmers, ein blauer oder [...] je nach Geschmack gelber Strich, brachten etwas Abwechslung in die Eintönigkeit. Wenige schlichte Bilder waren der Wandschmuck. Dazwischen hingen fast immer einige Vogelkörbe mit Finken, einer Amsel, Lerche oder Rotkehlchen, vereinzelt auch mit einer Wachtel. Der Bergische ist und war Natur- und Tierfreund und beides zeigt sich in dieser hier so stark eingebürgert gewesenen Liebhaberei.

Fußbodenlack war damals noch ein unbekannter Begriff, dagegen wurde aber täglich geschrubbt. Der weiße Fußboden wurde mit weißem Sande bestreut, den die Sandberge des unteren Kreises Solingen lieferten. War der Sand durcheinander getreten, nahm die Hausfrau den rauhen Besen und malte mit diesem schöne Figuren in den Sand. So wurde ein Kunstempfinden entfacht, das nicht selten soweit ging, daß die eine oder andere Hausfrau um ihr Figurenzeichen beneidet wurde.

Das Schlafzimmer faßte das derbe Eichenbett. Der kleine Bub oder das Töchterlein hatten ihr Nachtlager in der eichenen Wiege, die, sollte sie besonders schön sein, mit einem blauen Himmel ausgestattet war. Junge Eheleute, deren Anlagekapital nicht genügte, nahmen mit der Truhe vorlieb, wohingegen bei den besser Gestellten der eichene Kleiderschrank nicht fehlte. Die Truhe gehörte zur Aussteuer. Sie und ihr Inhalt waren der Stolz der Hausfrau. Der Inhalt, das Linnen, unterlag am Waschteiche im Hofe, bei der allgemeinen Wäsche, der Kritik der Frauen wie kein anderes Stück des Haushalts. Am Waschteich war der Ort, an dem die Frauen ihre Meinungen austauschten, deshalb auch die Bezeichnung »Waschweib« für geschwätzige Personen."

[Schmidt S. 140]


Schöne blankgeschrubbte Welt. Über die Tierfreundlichkeit einer Singvögel-Haltung in winzigen Vogelkörben würden heutzutage hierzulande nicht nur Tierschützer möglicherweise anders denken.




Bergische Truhe
 
2011
Bergische Truhe, 18. Jh.,
zu besichtigen im
Bergischen Museum Schloss Burg

Es handelt sich hier um eine "Niederrheinische Brauttruhe mit reicher Schnitzerei. Auffällig ist das in diesem Zusammenhang nur selten verwandte Traubenmotiv" [Die Heimat Nr.11/1963, S. 43], das hingegen an anderer Stelle als "beliebt" bezeichnet wird, also vielleicht doch nicht so selten ist.

Im "Wegweiser" durch das Bergische Museum Schloss Burg an der Wupper wird die von den Stilmerkmalen des Barock geprägte Einrichtung bergischer Häuser des 17. und 18. Jh. beschrieben:

"Wichtigstes Ausstattungsstück [des Schlafzimmers] ist das freistehende zweischläfrige Kastenbett mit seiner geschlossenen, aus Rahmen und Füllungen bestehenden Rückwand und den gedrechselten Säulen, die den Betthimmel tragen. Der geräumige, zweitürige Kleiderschrank und die Truhe sind unentbehrliche Verwahrmöbel. Daneben gehörten der korbgeflochtene Kinderwagen und die hölzerne Wiege zum notwendigen Inventar, und nicht fehlen durfte auch die blinkende, runde Bettpfanne zum Wärmen der Schlafstatt, das zinnerne Nachtgeschirr und der Kerzenhalter.

Das Schlafzimmer als in sich abgeschlossener Raum gelangte im Bürgerhause erst im 18. Jahrhundert zu selbständiger Bedeutung; der Bauer begnügte sich auch jetzt noch, wie in früherer Zeit, mit dem Bettkasten, dem Kleiderbrett und der Kistentruhe in seiner einfachen Kammer.

Im bürgerlichen Schlafzimmer wurde zugleich Besuch von Verwandten und Freunden empfangen und vielleicht auch bewirtet; darauf deuten Tisch, Stühle und die - zugleich als zweite Truhe dienende - Sitzbank. Das Wandschränkchen mag zum Aufbewahren von Wertsachen und wichtigen Papieren gedient haben. Die kleinteiligen Fenster mit ihren Bleiruten und die nach innen aufklappbaren Fensterläden tragen nicht unwesentlich dazu bei, daß dieser Raum eine stimmungsvolle Intimität ausstrahlt.


Neben dem Schlafzimmer ist die Küche wichtigster Raum im bürgerlichen und bäuerlichen Hause. Praktischen Bedürfnissen entsprechend ist sie zugleich Wohnküche, in der die Mahlzeiten nicht nur zubereitet, sondern von den Hausgenossen auch eingenommen wurden, und in der die Hausfrau und die Mägde ihren täglichen Verrichtungen nachgingen. Die Raumaufteilung - hier Herdstatt, dort Eßplatz mit Tisch, Bank und Stühlen, dort Arbeitsplatz am Fenster - läßt diesen Mehrzweckcharakter deutlich werden.

Der Herd mit seiner fast ebenerdigen, gemauerten Brennstelle und dem sich zum Schlot hin verjüngenden Rauchmantel war Nahrungsbereiter und Wärmespender zugleich. Am mächtigen, in der Höhe verstellbaren Kesselhaken wurden Töpfe und Kessel in das lodernde Feuer gehängt, sofern man sie nicht - dreibeinig - direkt hineinstellte.

Irdene, farbenfroh glasierte Pfannkuchenformen und Schüsseln, kupferne Kuchenformen und Durchschläge aus Messing, der eiserne Mörser und das hölzerne Butterfaß, aber auch Waffeleisen, Öllämpchen, Waage und Vorratsgefäße sind unentbehrliches Herd-und Küchengerät.

Man spürt in dieser Küche noch etwas von der Freude der Menschen des 18. Jahrhunderts an der dekorativen Aufstellung des blinkenden Hausgerätes. Es findet sich nicht nur am und auf dem Rauchfanggesims, sondern auch im verglasten Oberteil des Küchenschrankes, der mit dem Vogel- und Lebensbaummotiv in einfacher bäuerlicher Einlege- und Ritztechnik verziert ist."

[Bergisches Museum Schloss Burg S. 28 f]




Den Solinger Kreis-Physikus Dr. Spiritus interessierten im Jahr 1823 bei der Wohnungsfrage ganz andere Aspekte. - Ob der "gemeine Mann" damals wohl selbst gekocht hat? -


§ 57 Wohnungen

"Die Häuser der Fabrikarbeiter und Bauern sind durchgehends zu niedrig, so daß in den Wohnzimmern ein großer Mann fast bis unter die Decke reicht. Im Winter und Sommer sind diese Gemächer, da dem gemeinen Manne die Wohnstube auch zur Kochstube dienen muß, aufs stärkste geheitzt und, zumal Abends, von Jung und Alt vollgepfropft, wobei die Luft durch den Qualm der Öhllampe [227] und der Tabakspfeife vollends verpestet wird. Wenn auch die Gewohnheit vieles ertragen hilft und den Nachtheil solcher fatalen Einflüsse auf den menschlichen Körper mindert, so ist es doch nicht zu leugnen, daß durch den steten Aufenthalt in solchen dunstigen, übermäßig erhitzten Stuben mancher fruchtbare Krankheitskeim gelegt wird, besonders bei Kindern, für welche eine frische oft erneuerte Luft so großes Bedürfnis ist.

Wie wenig indessen das angenehme und erspriesliche einer reinen Zimmerluft von diesen Leuten erkannt wird, sieht man vorzüglich, wenn man die Schlafstuben derselben, selbst der vermögendern unter ihnen betritt, die in der Regel auch zugleich Vorrathskammern sind. Hier findet man geräuchertes und gesalzenes Fleisch, Äpfel, Zwiebel, große Büschel von Fliederblumen, die als Hausmittel beliebt sind, aufbewahrt und den hölzernen Betthimmel, um es ja an nichts, was die Atmosphäre verdirbt, fehlen zu lassen, mit schmutziger Wäsche behängt.

Fenster werden hier selten geöffnet und fast nie, wenn sich Kranke auf einem solchen Zimmer befinden, denn für diese ist ja die frische Luft, dem Volkswahne nach, unbedingt schädlich. Wie nachtheilig es für die Gesundheit im allgemeinen ist, in einem solchen Chaos von Gerüchen zu schlafen, und wie verderbend es besonders für den an acuten Krankheiten Leidenden wird, bedarf keiner weitern Erörterung. Ich bin überzeugt, daß der unglückliche Ausgang, den hitzige Fieber so oft unter diesen Leuten nehmen, zum großen Theil dieser Ursache beizumessen ist.
[Spiritus S. 168 f]

§ 58

Die Salubrität [Gesundheitszuträglichkeit] der hiesigen Wohnungen wird nicht wenig durch das häufige Abwaschen des Fußbodens oder das sogenannte Schrubben gefährdet, welches in den Häusern der Vornehmen fast täglich, der Geringern aber wenigstens Samstags geschieht. Eimerweise wird dabei das Wasser durch die Zimmer gegossen, wodurch vor und nach Häuser feucht werden, die es früher nicht waren; und man nimmt keinen Anstand, ein solches Gemach wieder zu beziehen, bevor noch die Feuchtigkeit in etwa aufgetrocknet ist.
[Spiritus S. 170]

§ 54 Bette

Es finden sich hier fast keine andern als Federbetten; Matratzen sieht man blos bei Vornehmen [214], und auch diese schlafen selten darauf. Ganz arme Leute müssen sich wohl mit Betten von Schaafwolle und geschnittenem Stroh begnügen; ihr erster Einkauf, so bald sie sich etwas erworben haben, ist aber stets ein Federbett.

Gemeine Leute liegen auch im Sommer unter einem dicken Oberbette, wogegen Wohlhabendere sich dann zum Überdecken wollener oder baumwollener Decken bedienen. Diese Gewohnheit, das ganze Jahr hindurch zwischen Federn zu liegen, wobei der Ärmere nur selten an den Wechsel der Leintücher denkt, kann dem äußern Hautsystem unmöglich zuträglich seyn, da dasselbe nothwendig dadurch erschlafft, mit Säften überladen und auf die Weise für chronische Hautausschläge empfänglich gemacht wird. [Spiritus S. 168 f]


Anmerkungen des Herausgebers Ralf Stremmel:

[227] Die Öllampe war neben den viel teureren Kerzen das wichtigste Beleuchtungsmittel der Zeit. Da der geschlossene Glaszylinder für die Lampen noch unbekannt war, brannten die Flammen offen, was einerseits nur ein schwaches Licht ergab und andererseits für z.T. beträchtliche Rauchentwicklung sorgte.

[214] Auch diese Beobachtung war nicht nur typisch für Solingen. So schrieb Otto Bahr ("Eine deutsche Stadt vor 60 Jahren") hinsichtlich der Zeit um 1830: "Für die Betten bildeten Pferdehaar-Matratzen die Ausnahme. Von Sprungfeder-Matratzen habe ich um jene Zeit nie etwas vernommen. Vorherrschend war das Federbett, welches über dem grundlegenden Strohsack sich ausbreitete [...]"; zit. n. Pols (Hg.): Sozialgeschichte. S. 28. Der Irrtum, es hätten nur Ober- und Unterbetten aus Stroh existiert (z.B. bei Otto Kaufmann: Bergische Bauernstube: Wohn-, Koch- und Schlafstelle. In: Rheinisch-Bergischer Kalender 36 (1965). S. 49-58) wird durch die Darlegungen Spiritus' zumindest relativiert.




Aber zurück zur Idylle. Auch der Solinger Fachschuldirektor Prof. Bindhardt beschrieb in Schmidthäusslers Sammelwerk (1922) unter der Überschrift "Kunsthandwerk" das Innenleben alter bergischer Häuser der etwas betuchteren Bevölkerungskreise und deren Wohn-Philosophie:

"Im Hause herrschen holländische Sauberkeit und bescheiden sich gebender Wohlstand. Die Häuser der Reicheren sind im Prinzip dieselben wie die des Mittelstandes und der Arbeiter; sie haben den Grundriß und den architektonischen Stil des bergischen Hauses. Mit entsprechendem Reichtum werden sie größer und reichhaltiger in der Ausstattung; im Detail bleiben sie dasselbe."

Altbergische Stube
 
Altbergische Stube;
Besitzer: Haus Schmolz, Solingen.
Abb. bei Schmidthäussler S. 33

"Der stark demokratische Zug der Bevölkerung, die Möglichkeit (soweit es die Zeit vor dem Kriege anbetrifft) als Heimindustrieller mit verhältnismäßig geringen Barmitteln, allein gestützt auf die persönliche Intelligenz und Arbeitskraft, eine Fabrikation zu erringen, haben es fertig gebracht, daß keiner den anderen mehr achtet als sich selbst; das sichtbare Betonen des Wohlstandes nach außen wurde im allgemeinen vermieden. [...]

Mit dem Stil anderer Gegenden verglichen, erinnerte das bergische Heim vielfach an holländische Art. [...] Zwei typische holländische Möbel waren auch im bergischen Haus zu treffen: der reichgeschnitzte Glasschrank und die hohe Standuhr. Bei vielen Möbeln ist es heute unmöglich zu entscheiden ob man holländische oder bergische Arbeit vor sich hat.


Farbige und eingelegte Möbel waren selten. Das bergische Möbel war durchweg in Eichenholz gefertigt, zeigte in den geschnitzten Ornamenten vielfach alt-germanische Motive und hatte sich in gewissen Stilarten, beispielsweise an den gotischen Truhen, durch verschiedene Stilepochen hindurch erhalten. [...]

Als dann später im 19. Jahrhundert die Industrie sich immer mehr ausdehnte, und die Fabrikanten viel ins Ausland kamen, konnte es nicht ausbleiben, daß auch fremde Möbel Eingang fanden besonders aus Frankreich, Lüttich, Mainz und Aachen. Wo sie am Orte nachgeahmt wurden, erhielten sie jedoch eine persönliche Prägung, die sie dem örtlichen Stil verwandt machten.

[...] Der bergische Schrank ist in seiner Art dem Lütticher Porzellanschrank, aus der Zeit um 1730 herum, übernommen. Diese Schränke sind vorwiegend mit geschlossenem Unterbau; seltener bis zur Erde gehend. Beliebt waren auch die Eck- und Wandschränke. In der Empire- und Romentikerzeit bürgerten sich dann auch die Vitrinen ein, also Glasschränke ohne Sprossenwerk, die bis zur Erde gingen. Da sie den Inhalt des Schrankes auf diese Weise vollkommen sichtbar zur Auslage brachten, wurden sie im Volksmund sehr charakteristisch "Prahlhans" genannt. [...]


Von weiteren Möbeln, die dem bergischen Haus nicht fehlen durften, wären dann vor allem die Truhen zu nennen. Sie sind fast durchgehends in Eichenholz gefertigt und haben in der Schnitzerei mit Vorliebe ein Weintraubenornament. Tische und Stühle, ebenfalls in Eichenholz, erinnern ganz an holländische Art. Kommoden kamen erst später durch den Einfluß der französischen Kunst auf und zeigen in den Formen auch die französischen Stile. Die Kasten-, Stand- oder Hausuhr, auch "Langgänger" genannt, durfte in keiner Wohnung fehlen und war bergische Haus-Industrie; besonders in Radevormwald und in Solingen zu Hause. Sie ist in der Form ein hoher, schmaler Schrank, der im oberen Teil die Uhr hat und im unteren ein Schrankgehäuse darstellt. [...]

Es fehlte in Solingen und seiner Umgebung nie an tüchtigen Tischlern. Die Nähe Kölns mit seiner alten Kultur und seinem hochentwickelten Handwerk gaben jederzeit Gelegenheit zu vorzüglichen Lehrgelegenheiten, ferner die Möglichkeit tüchtige Gehülfen zu erhalten und jederzeit beste Anregungen zu holen."

[Bindhardt S. 34 ff]


Altbergische Stube
 
"Altbergische Innenkunst,
Fritz Schmolz, Solingen"
Nach einer Bildpostkarte von 1912
Bild-Quelle: Axel Birkenbeul.

Dies ist eine weitere Abbildung (um 1912) aus dem Hause Schmolz, das an der Kaiserstraße in Solingen stand, heute Hauptstraße.

Auffallend ist die moderne Deckenlampe sowie die präsentierte Sammlung an Dröppelminas und anderen Kannen. An der Wand hängt u.a. unverkennbar (ganz rechts) der obligatorische Merian-Stich von Solingen aus dem Jahre 1647, der sicher in vielen Solinger Haushalten zur Ausstattung gehörte.




Zu den bergischen Möbeln, die schon Anfang des 20. Jh. vollständig verschwunden waren, "gehört das Höttenbrett, eine Eckpyramide oder ein Gestell mit mehreren Fächern, welches in einer Ecke des Zimmers angebracht wurde, um kleine Schmucksachen, Porzellan usw. daraufzustellen." Das Höttenbrett kann zur Zeit des Rokoko entstanden sein, "dem es auch seine Formen entlehnte". [O. Schell, MBGV 4/1915 S. 78 f]




Wie mag es in der Biedermeierzeit im Inneren der Solinger Hofschaftshäuser kinderreicher Familien ausgesehen haben? Für die Zeit 100 Jahre später vermitteln die Lebenserinnerungen von Änne Wagner aus Widdert einen kleinen Eindruck:

"Die Tage verliefen fast immer in gleichbleibendem Rhythmus. Ob Sommer oder Winter, geweckt wurde man frühmorgens vom Wettkrähen der Hähne oder vom Gequieke der hungrigen Schweine, dem sich die Ziegen mit ihrem Gemecker anschlossen. Fast alle Bewohner unseres Ortes waren Selbstversorger. Zu den Fachwerkhäusern, ob es sich um Eigentum oder Mietwohnungen handelte, gehörten Hühnerhof, ein Garten sowie ein Baumhof mit vielerlei Obstbäumen.

Morgens, wenn um sieben Uhr die Sirene der Schleiferei Loos zur Arbeit rief, war für uns der Zeitpunkt gekommen, aus den Federn zu kriechen. Die Frauen trafen sich am Brunnen, Pott genannt, und holten Wasser für Vieh und Haus. Die Eisenkette rasselte beim Aufwinden des Schöpfeimers [...] Erst wurden die Tiere versorgt, dann wir. Aber wir waren schon früh selbständig; die größeren Kinder halfen immer, die kleineren zu erziehen. [...]

Das Fachwerkhaus, welches wir bewohnten, war ein langes Doppelhaus mit zwei Eingängen. Unsere Hälfte hatte sechs Wohnräume, Keller und Speicher. Wir waren genauso bescheiden eingerichtet wie die meisten unserer Nachbarn. Die Möbel aus Kirschbaumholz, vom Schreiner handgefertigt, waren gediegen und fast unverwüstlich... Und wir hatten schon einen richtigen Herd mit Backofen und Wasserschiff. In Vaters Werkstatt stand noch ein Tackelofen. Die übrigen Räume wurden nicht beheizt. War es kalt, dann zog man wollene Unterwäsche und dicke Tuchkleidung an; verwöhnt wurden wir nicht."

[Wagner S. 10 f]




Häufig sind in den alten Zeitungen Inserate zu finden, in denen gebrauchte Möbel, andere Einrichtungsgegenstände und Hausrat angeboten werden. Es sind zum einen die "ganz normalen" Verkaufsanzeigen, zum anderen aber auch, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Not, sehr viele Zwangsversteigerungen.


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 21. May 1845

  Ein zweitheiliger Küchen-Schrank, mit gläsernen Thüren und eine fast noch neue eichene Badewanne, mit eisernen Reifen zu verkaufen. Wo? sagt die Expedition dieser Blätter.


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 14. Dezember 1853

Gerichtlicher Verkauf.
Am Donnerstag den 15. Dezember 1853, Morgens 11 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Markte zu Solingen, ein Tisch, ein Ofen, Küchengeräthe, ein Gewehr ec., öffentlich meistbietend gegen baare Zahlung verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher: Brockmüller.



Quellen:
  • Bergisches Museum Schloss Burg (1961)
  • Bindhardt, in: Schmidthäussler (1922) S. 34 ff
  • Müller, Wolfgang (1948)
  • Schmidt, Max in: Schmidthäussler (1922) S. 140-145
  • Stremmel (1991): Dr. Spiritus
  • Wagner, Änne: Gegen den Strom. Zit. bei Peters S. 10 f

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