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Frühes 19. Jh.: Solingen, Straßenszene |
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- Solingen (19. Jh.) - Elberfeld (18. Jh.) - Bekanntmachung eines Kleider-Diebstahls (1846) - Medizinische Aspekte (1823) |
Wie haben sich unsere bergischen Vorfahren gekleidet? Hilfreich wären zeitgenössische Abbildungen, die auch das "einfachere" Volk zeigen, aber geeignete Bilder, ältere als aus dem 19. Jh., scheinen rar zu sein. Auf den vorhandenen Darstellungen sind Personen nur Staffage und entsprechend winzig abgebildet. Unverzichtbare Requisiten des Herrn: Hund und Pfeife. |
Solingen (19. Jh.)In Ermangelung einer bergischen Volkstracht hat Max Schmidt die typische Bekleidung der "alten" Solinger Bauern, Handwerker, Bürger und Bürgerinnen beschrieben (1922), jedoch ohne sich zeitlich festzulegen. Manche Bezeichnungen für die Kleidungsstücke dürften heute kaum noch geläufig sein. |
Kleidung und Trachten
"Eine Kleidung, die wir als unsere Heimattracht ansprechen könnten, hat es nicht gegeben. Wie auf so manchem anderen Gebiete, läßt sich in dem heimischen Trachtenwesen der Vergangenheit, wenigsten insoweit, als wir uns durch alte Bilder hierüber unterrichten können, immer wieder erkennen, daß sich hier Anlehnungen an andere Gegenden bemerkbar machen. Dieses ist denn auch erklärlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Solinger, um sich Absatzgebiete für seine Waren zu verschaffen, weit in die Welt hinein mußte. [...]
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Bauer, zur Arbeit gehend. Bildquelle: Stadtarchiv Solingen |
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Scherenschleifer mit Liefersack. Bildquelle: Stadtarchiv Solingen |
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In den Trachten der Fabrikanten und Arbeiter war wenig Unterschied. In jedem Stande trugen die Männer den Siamosenkittel; hatte der Träger eine schmutzige Arbeit, trat an Stelle dessen der blauleinene. Wo die Hausfrau etwas Wert auf die Machart legte, wurde der Kittel mit einem "platten Stücke" gemacht, d.h. er war vorne und hinten unterhalb Schulterhöhe angesetzt und gekräuselt, und zudem mit Perlmuttknöpfen zur Verzierung besetzt.
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Bauer in Sonntagstracht. Bildquelle: Stadtarchiv Solingen |
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Das Sonntagskleid war im allgemeinen das "Abüß"; ein "Kamisol", an dem sich ähnlich wie beim Frack hinten Verlängerungen befanden. Hierzu kam, wie bei jedem anderen Anzuge, die hohe seidene Mütze, deren Lederschirm immer wieder Verwendung fand, wenn eine neue angefertigt werden mußte. Mit der "Schmucke" in der Hand ging man so gekleidet des Sonntags in das Grüne, durchwanderte Wald und Feld.
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1891 Bergische Hausfrau Bildquelle: Stadtarchiv Solingen |
Die Wochenkleidung der Frau war das gedruckte Kleid. Als Kopfbedeckung diente das Kopftuch; im Sommer aus hellem Kattun und im Winter aus dunklerem Wollstoff. Wurde in der Woche ein Gang in die Stadt unternommen, trat an Stelle des gedruckten das gestreifte, seltener das karierte Siamosenkleid. Im Hause zierten sich die Frauen mit dem weißen Häuptchen und bei den jungen Damen war in der Mitte des vorigen Jahrhunderts [= 19. Jh.] ein Eisenrähmchen beliebt, das mit Bändern geschmückt, das Haar zusammenhielt.
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1850 Solinger Lieferfrauen mit Wespentaille. Die eine trägt Schwerter über der Schulter, die andere eine Liefermang auf dem Kopf. Über die Solinger Lieferfrauen |
"Zur Geschichte der Volkstracht in Solingen.
Noch in den 40er Jahren dieses Jahrhunderts [= 1840er Jahre] trugen die Solinger Schmiede, Schleifer, Feiler, Reider, besonders die jüngeren Leute unter ihnen, Kamisole, welche hinten einen ganz kleinen Schwalbenschwanz hatten, also eine Art Frack bildeten. Hinten befanden sich Taschen für Pfeife, Tabak und Taschentuch. Die Knöpfe dieser Jacke waren blank versilbert oder vergoldet und etwas bunt gepreßt. Kam ein Junge in die Lehre, so wurde sofort ausgemacht, ob er schon im ersten oder zweiten Lehrjahre vom Meister wöchentlich ein Paket Tabak zu erhalten habe." |
Trägt dieser Solinger Schmied ein "Barfell"? Vermutl. 1870er Jahre |
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Solingen 1870er Jahre |
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Solingen 1870er Jahre |
Elberfeld (18. Jh.) |
"Zur Elberfelder Trachtengeschichte.
Im Anfang des 18. Jahrhunderts trug man einen hohen Hut 'mit runden Blättern, welche nur lose aufgezügelt' wurden. Doch trug man den Hut nur an Sonn- und Festtagen. An Wochentagen begnügte man sich mit einer ledernen oder 'rauhen' Kappe oder einer wollenen Mütze. Ein weißes Halstuch schlug man um die Schultern, und zwar ließen die Vornehmen solches lang und frei herunterfallen, verzierten es auch mit Fransen.
Die Elberfelderin trug in jener Zeit als höchsten Staat eine Jacke aus blauem oder schwarzem Bomesin-Stoff, darunter einen Rock aus Damast oder den Kalminken-Rock, darüber eine Kattun-Schürze oder eine geblümte Schürze aus Spitzen. Über der Brust prangte ein umgestecktes weißleinenes oder 'Süßter Stumpftuch'.
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1788 Barmen Bauer auf dem Feld in Kniebundhosen |
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1788 Barmen Vornehmere Herrschaften in Kniebundhosen |
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Um 1845 Elberfeld Lustwandelnde Familie in Sonntagstracht |
Bekanntmachung eines Kleider-DiebstahlsIm Solinger Kreis-Intelligenzblatt des 19. Jh. sind fast in jeder Ausgabe Diebstahl-Meldungen zu finden, in denen vor dem Ankauf des Diebesgutes gewarnt wird. Nicht selten sind sogar abgetragene Textilien darunter. In der folgenden umfangreichen Diebstahls-Meldung sind die gestohlenen Kleidungsstücke so detailliert beschrieben, dass man sich heute ein gutes Bild vom Inhalt des Kleiderschranks oder der Truhe eines ordentlich ausgestatteten bergischen Haushalts des Jahres 1846 machen kann. Genau wie damals die Nachbarschaft. |
Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 14. Februar 1846
Bekanntmachungen. In der Nacht vom 3. zum 4. Februar curr., sind aus einem Hause zu Hetterscheidt, unter erschwerenden Umständen, nachstehende Gegenstände gestohlen worden: 1) Ein fast neuer Oberrock dunkelbraun mit schwarz überzogenen geblümten Knöpfen, mit schwarz Orleans gefüttert. 2) Ein abgetragener schwarzer Frackrock, mit schwarzem Leinen gefüttert, und glatt überzogenen Knöpfen. 3) Eine schwarz tuchene Weste, mit schwarzen eckig geschliffenen Glasknöpfen. 4) Eine gelbe Pique Sommerweste, die Streifen quer, Knöpfe von selbigem Stoffe. 5) Ein dunkelbraunes Beinkleid, oben mit Schockleinen gefüttert. 6) Ein blau grauer Ueberrock, kaum getragen, mit schwarz überzogenen geblümten Knöpfen, von einem zehn Jahre alten Knaben. 7) Ein schwarz grauer Ueberrock, von einem achtjährigen Knaben, mit schwarz überzogenen geblümten Knöpfen. 8) Ein grüner getragener Ueberrock von Biber, von einem sechsjährigen Knaben. 9) Ein Sommerbeinkleid, gelbbraun gestreift und gerippt, von einem sechsjährigen Knaben. 10) Eine Kinderweste von schwarzem Tuche, mit gelben blanken Knöpfen. 11) Eine Kinderweste, aschgrau mit roth und grünen Blümchen. 12) Ein schwarzes Frauenkleid von Zephir. 13) Ein desgleichen von dunkelbraunen Circassien. 14) Ein Frauen-Unterrock von hellbraunen Biber, mit leinenen Oberleibchen. 15) Ein weiß und roth gestreifter Unterrock, von baumwollenen Zeuge. 16) Ein violett geblümtes kattunenes Kleid für eine Frau, mit einem losen Kragen dabei. 17) Ein kattunenes Frauenkleid, mit dunkelbraunem Grunde, hellbraunen, weißen und hellrothen Blumen. 18) Ein desgleichen mit weiß und braunen Blumen und Streifen. 19) Ein Kinder-Unterröckchen von hellgrauem Tuch. 20) Ein Kinderkleid, blau gedruckt, weiß und grün gemustert. 21) Ein Kinderkleidchen, braun gedruckt, hellbraun gemustert. 22) Ein braun baumwollenes Tuch mit Frangen daran. 23) Eine Quantität Sayett circa 14 1/2 Pfd. von verschiedenen Farben. 24) Vier weiß leinene Kindertücher. 25) Ein Kinderhemdchen. 26) Zwey Paar große Mannsstiefeln, Halbstiefeln, auf zwey Leisten gemacht; ein Paar von Kalbleder mit rothem Saffian gefüttert, und ein Paar rindslederne ordinair ausgeschlagen, und vorn und hinten mit Nägeln beschlagen. 27) Zwey Paar Frauenschuhe; ein Paar Schnürschuhe und ein Paar Kinderschuhe, die letztern oben mit schwarzem Band eingefaßt. 28) Ein Paar Kinder-Schnürschuhe. 29) Ein Paar dito, oben zum Knöpfen. 30) 15 Pfund Kaffeebohnen. 31) Circa ein Pfund gebrannte Kaffeebohnen. 32) Für etwa zwey Thaler Gerstenmehl. 33) Für etwa zwey Thaler Waitzenmehl. 34) Einige Stückchen Baumwolle, von verschiedenen Farben, so wie auch dergleichen Garn, in halben Lothen abgewogen, etwa ein Pfund. 35) Sayett in verschiedenen Farben, in halben Lothen abgewogen, ohngefähr 1 Pfd. 36) 1/8 Tönnchen schwarze Seife, gezeichnet H.K. 37) 1/16 Tönnchen Heringe, das Tönnchen ist zurückgeblieben. 38) Fünf Pfund Fett, der Topf ist zerschlagen worden. 39) Ein Stück Speck von circa zehn Pfund. 40) Ein halber holländischer Käse, circa 6 bis 7 Pfund. 41) Sechs bis sieben Stück siebenpfündige Brodte, gezeichnet: H.K.M. 42) für zehn Silbergroschen Reihen Weisbrod. 43) eine zinnerne Kaffeekanne, für sechs Portionen, mit zwei Ohren und drei Füßen. 44) Eine dergleichen kleinere für 4 Portionen, mit einem runden Fuße und zwei Ringen. 45) Eine Kaffeemühle ganz neu, mit messingener Schale. 46) Ein Bügeleisen mit hölzernem Griff, und hinten ein Brandfleck. 47) Drei blaue und weiße baumwollene Knabenmützen.
Indem ich diesen Diebstahl hierdurch zur öffentlichen Kenntniß bringe, und vor dem Ankaufe der gestohlenen Sachen warne, ersuche ich Jedermann, der über den Verbleib derselben, oder über den Dieb Auskunft zu geben weiß, mir oder der nächsten Polizei-Behörde Anzeige hierüber zu machen.
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Hetterscheid = Heiligenhaus / Velbert?
Piqué = Doppelgewebe aus grobfädigem Untergewebe, feinfädigem Obergewebe, verbunden in bestimmten Mustern. Schockleinen = leichte Leinwandgattung, Futterleinen, das stark appretiert wird und ungebleicht (Franzleinen) oder schwarz, grau etc. gefärbt und moiriert (Moorleinen) sein kann. Zephir = leinwandbindiges Baumwollgewebe, meist gestreift oder gemustert. Kattun = Stoffe aus ungefärbtem Baumwollgarn, später bedruckt. Saffian = Marokkoleder, meist mit Sumach gegerbtes, häufig bunt gefärbtes Ziegen- oder Schafsleder. Sumach = Rhus, Bäume u. Sträucher wärmerer Länder mit giftigem Saft; Blätter enthalten Farbstoffe zum Gerben und Färben. 1 Lot = 14,606 Gramm Preußen |
Medizinische Aspekte (1823)Amtsarzt Dr. Spiritus betrachtet 1823 die Bekleidung und insbesondere die Damenmode natürlich auch unter medizinischen Gesichtspunkten: |
§ 53 Kleidung [209]
"Hinsichtlich der Kleidung findet ein großer Unterschied zwischen dem hiesigen Fabricanten und Bauern Statt, nicht allein, was Feinheit der Kleidungsstücke, sondern auch den Zuschnitt derselben betrifft, so daß man beide Sonntags, wenn sie in ihren besten Kleidern zur Kirche gehen, wohl unterscheiden kann.
Anmerkungen des Herausgebers:
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In abgewandelten Varianten sieht man die traditionelle "typisch bergische" Bekleidung der Männer mit blauem Kittel, rotem Halstuch und Schirmmütze manchmal auch heute noch bei Volksfesten und anderen Veranstaltungen mit Lokalkolorit. |
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Echt bergisch: Rafael Daun und Christian Starke, Mitglieder des Solinger "KüchenorKester Aufderhöhe", waren musikalisch aktiv bei der Eröffnung der Skulpturen-Ausstellung 2006 im Leichlinger "Sinneswald". |
Keine bergische Tracht, sondern gutbürgerliche Kinderbekleidung von Anfang des 20. J. zeigen diese Blätter aus einem alten Modejournal: |
Quellen:
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