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Haaner Kirmes. Immer Ende September |
Kirmes - Kirchmesse, Kirchweih, Jahrmarkt ?Der Begriff Kirmes wird in aller Regel zurückgeführt auf die "Kirchmesse", die Ursprünge der anderenorts so genannten Kirchweihfeste auf die Jahresfeier der Einweihung einer Kirche. Dies scheint aber nur eine von mehreren Erklärungen zu sein. |
"Kirchweihe [...]. Schon in der alten Kirche, in Deutschland seit dem 9. Jahrh., wurde der Tag der K., der regelmäßig auf einen Sonntag fiel, alljährlich festlich begangen, wie es noch heute vielfach geschieht. Man nennt dieses Fest das Kirchweihfest, auch Kirchmesse, Kirmeß oder Kirmse, weil es in der röm. Kirche üblich ist, zum Andenken an die Stiftung einer Kirche eine Messe zu halten. Schon früh haben sich an diese Feste allerlei weltliche Lustbarkeiten, aber auch Mißbräuche angeschlossen. Hauptsächlich deshalb müssen in Österreich, Württemberg, Bayern, Baden alle Kirchweihfeste an einem und demselben Tage im Herbst nach vollendeter Ernte gefeiert werden." |
Die Erläuterung in der 20. Auflage von 1996 ist ganz ähnlich. Das Weihe-Datum der alten Haaner Kirche, der 4. August, ist auf dem erhalten gebliebenen Weihestein fixiert. Daran hat man sich im früher landwirtschaftlich geprägten Haan bei der Terminfestlegung allerdings nicht orientiert. Die Kirmes findet seit Menschengedenken - wie in den oben genannten Ländern - nach Abschluss der Ernte Ende September statt (der Kirmesdienstag als letzter Tag fällt noch in den September). |
"Kirmes, die (hochdt. Kirchweih), Kirchmesse, das Hauptfest des bäuerl. Jahres, meist im Herbst gefeiert. [...] Obwohl die Bez. 'Kirchweihe' auf kirchl. Ursprung des Festes hinzuweisen scheint, ist es doch viel weiter zurück zu verfolgen und hat auch inhaltlich nichts mit der Weihe einer Kirche zu tun. K. ist heute die Bez. für bäuerl. Feste und Jahrmärkte schlechthin. [...] Das Brauchtum der K. weist darauf hin, daß 'Kirchweihe' nur die kirchl. Bez. des alten german. Herbst- und Sippenfestes ist [...]. [...] Jede Landschaft hat ihre besonderen K.speisen und -getränke, z.B. sog. K.gebäcke [...]." |
Vieles scheint dafür zu sprechen, dass die Haaner Straßenkirmes, die sich ja insbesondere entlang der Kaiserstraße erstreckt, aus einem ganz und gar weltlichen Jahrmarkt hervorgegangen ist. Für dessen Ursprung hat Harro Vollmar eine weitergehende Erklärung. Er nimmt an, dass hier eine Biwakstation durchziehender merowingischer und karolingischer Armeen im 8./9. Jh. gelegen hat. In Haan bot sich die letzte Gelegenheit, vor der feindlichen Grenze (Sonnborn)... |
"[...] ungestört die Armee zu versammeln, zu ordnen und zu prüfen. [...] Verpflegungs- und Nachschub-Zwischenlager waren erforderlich [...]. In Haan war auch die letzte Gelegenheit, alle Feldzugsteilnehmer mit Marketenderwaren zu versorgen und sie bei optimistischer Stimmung zu halten, denn schon das folgende Biwak mußte im Angesicht des Feindes [...] durchgeführt werden.
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Die gern zitierte Urkunde von 1386 (Weistum für die Kirchspiele Haan und Hilden) beinhaltet bestimmte am Ort bestehende Rechte. So war z.B. den Herren von Elverfeld als Lehnsträger des Grafen von Berg die Gerichtsbarkeit, die Ordnungsaufsicht und die Kontrolle über Maße und Gewichte vor allem beim Backen und Brauen zugesprochen worden. [Schneider S. 50 f]
Soweit Vermutungen, Deutungen und Schlussfolgerungen aus ferner Vergangenheit. Aber wie weit die Ursprünge der Haaner Kirmes sich auch zurückinterpretieren lassen - aktuell ist sie im 21. Jh. offensichtlich immer noch. |
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1959 Haaner Kirmes |
Szenen aus dem Volksleben: Die Haaner Kirmes |
"Als ein echtes Volksfest, das einträchtig alle Volkskreise zu frohen Stunden zusammenführte, hat bei uns von jeher die Kirmes gegolten. So lange der Ort steht, ist denn auch die Haaner Kirmes gefeiert worden, immer mit Jubel und Trubel, in Saus und Braus, als Gipfel ungetrübter Lebenslust. Und just zur rechten Zeit fand sie statt: in der letzten Septemberwoche, wenn die Erntearbeit eben beendet war, gleichsam als Abschluß des ländlichen Wirtschaftsjahres." [Lomberg S. 158] |
So beginnt August Lomberg das Kapitel über die Kirmes im Haaner Heimatbuch aus der Sicht des Jahres 1928. Seine Schilderungen lassen keinen Zweifel daran, dass die Kirmesbesucher früherer Generationen - noch ganz ohne nervenkitzelnde Hightech-Attraktionen - mindestens ebenso viel Spaß hatten wie die heutigen.
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"Während die Haaner Kirmes heute [= 1928] vorwiegend der Belustigung dient, nahm sie vor fünfzig und mehr Jahren auch im wirtschaftlichen Leben eine bedeutsame Stellung ein. Es wurden damals in den Kaufbuden eine ganze Anzahl Sachen freilgeboten, die am Orte selbst nicht zu haben waren. Da kamen die Tuchhändler aus Lennep, die Schazenweber aus Burg an der Wupper, die Zinngießer aus Recklinghausen, die Korbflechter vom Niederrhein, die Werkzeughändler aus Cronenberg und Remscheid. Da man gewohnt war, sich gleich fürs ganze Jahr einzudecken, so machten sie alle gute Geschäfte. Auch Schmuckgegenstände und Geldtäschchen, Messer und Scheren, Stiefel und Schuhe, Litzen und Spitzen wurden in großen Mengen aufgestapelt, und nie wurde es leer vor den vielen Verkaufsständen." |
Burger Schazen (Scharzen): Gewalkte Woll- bzw. Haardecken, die im 19. Jh. insbesondere zum Eindecken von Pferden verwendet wurden.
Beliebt waren auch die Nürnberger Spielwaren, 10 Pfennig pro Stück, und kleine Luftballons. Die "Heiß-heiß-Buden" hatten frischgebackene Waffeln und dampfende Bratwürstchen zu bieten. "Vor allem aber lockten die knusperigen, gebräunten 'Appeltaten', die keiner so vorzüglich zu backen verstand wie der alte Gottfried Stöcker am Markt. Zu den einheimischen kamen noch die "ausländischen" Erzeugnisse, wie Aachener Printen und Berliner Ballen. Die Backfischbrötchen sind offenbar erst später dazugestoßen. |
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Ca. 1968 Das Café Stöcker an der Kaiserstraße, Nähe Alter Markt, wurde um 1970 abgebrochen. Foto: Harro Vollmar |
"Um die Kauflust zu steigern, wurden auch Gewinstspiele veranstaltet. Allbeliebt waren die Drehbretter, an denen man ein Herz von Kuchenteig oder eine zierliche Schokoladenfigur gewinnen konnte. Weit mehr Gerassel verursachten die schnurrenden Glücksräder; wer für billiges Geld ein Los nahm, dem eröffnete sich die Aussicht, irgend einen Gegenstand für den Haus- oder Küchenbedarf zu erlangen. Mit noch stärkeren Mitteln arbeitete der billige Jakob; ob auch seine Stimme zuweilen bedenklich überschlug, so wurde er doch nicht müde, unter allerlei Scherzen seine Waren anzupreisen und in einer geschickt aufgemachten Auktion an den Mann zu bringen." |
Für die Volksbelustigung gab es die Karussells mit gleißendem Flitter, blendenden Lichtern und rauschender Musik. "Das Karussell wurde früher meist von einem Pferde getrieben; fehlte das Pferd, so besorgten auch wohl einige kräftige Burschen den Antrieb, die dann während der Fahrt zur Drehbahn aufsprangen. Heute ist das Karussell mehr und mehr mechanisiert worden; den Antrieb besorgt irgend ein Motor, und statt der Drehorgel spielt ein schreiendes Orchestrion auf." - Seit 1928 dürfte es noch eine Spur lauter und gleißender geworden sein.
Regelmäßig spielte auch auf der Kirmes ein Kasperle-Theater. Zuerst war es der Erkroder Pie (Peter Erkrath). Als er später dazu überging, lebende Personen an Stelle der hölzernen Puppen einzusetzen, trat an seine Stelle das Kölsche Hänneschen. "Damals zog in eigener Person noch der Abraham Millowitsch über die Jahrmärkte, derselbe, der die Originalfiguren eines Tünnes, Drickes, Schäl und Hänneschen geschaffen hatte. Da war es immer stoppenvoll; man saß so dicht beisammen wie die Heringe in der Tonne. Wenn das Hänneschen dann dem Tünnes oder dem Pitter Mehlworm eine herunter latschte, daß es nur so krachte, dann schütterte die Bude vor Lachen...".
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2011 Hänneschen-Figuren, ausgestellt im Kölnischen Stadtmuseum |
"Zuweilen fand sich auch ein Hippodrom oder ein Zirkus ein, die dann auf dem Platz bei Butzmühlen Aufstellung nahmen. Ein häufiger Gast war der Blumenthal, der, um Massenbesuch zu erzielen, schon vorher an den Häusern große Plakate hatte ankleben lassen, worin er auf seine Dressurkünste aufmerksam machte.
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1980 Haaner Kirmes Von mittags bis abends immer nur im Kreis... ... da sollte man als Kirmes-Pferd besser aus Holz sein. |
"Immer waren auch einige Schießbuden vorhanden, und da die jungen, aufgetakelten Mädchen immerfort riefen: »Sie Kleiner, Sie Dickerchen, schießen Sie mal!« so ließ sich keiner, der beim 'Kamiß' schießen gelernt hatte, die Gelegenheit entgehen, ein paar Glaskugeln oder Mutzpiepen vom Brett herunterzuholen.
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Die Kirmes dauerte drei Tage und endete am Dienstag mit dem Kirmesball. Während dieser Tage ruhte die Arbeit in den Werkstätten und Fabriken. Auch die Handwerker feierten. Um keinen Lohnausfall zu erleiden, hatten sie bereits vorgearbeitet. "Und was die Jugend anging, so war sie der Schulpflicht sowieso entrückt, da die Kirmestage mitten in die Herbstferien fielen."
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Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 27. September 1902
Bei Gelegenheit der diesjährigen Kirmes findet am 28., 29. und 30. ds. Mts. in meinem Lokale öffentlicher Ball
statt, wozu ich hiermit ergebenst einlade. |
Haaner Kirmes 2012 |
Baustelle "Wilde Maus" auf dem Rathausparkplatz am 19. Sept. |
Kirmesmontag |
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Falls wirklich jemand die Flucht ergreifen möchte... |
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Die "Wilde Maus" ist wieder unterwegs. |
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Stormy Weather... |
Der Tag davor Haaner Kirmes 2011 mit historischem Jahrmarkt an der Königstraße |
Es wird noch aufgebaut. |
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Ausflug in die Kirmes-Vergangenheit |
"Raupenbahn" von 1928 |
"Bodermühle", Kinderkarussell von 1905 |
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Holzriesenrad von 1902 |
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Kirmesmontag 2011 |
Begrüßung mit historischer Jahrmarktsorgelmusik |
Hier kann man seine "Druckkraft" testen und gefahrlos das Boxen trainieren. |
Die Ruhe vor dem Sturm am Holzpfostenskooter, Baujahr 1950 |
Bewegliche Figuren und 436 Klangkörper, Baujahr 1904: "Die reizvollen Klänge werden durch die geschickte Register-Pfeifenzusammenstellung und eigens dafür arrangierten, geschützten Musikstücke aus dem Repertoire Ruth-Voigt erzielt." |
"Die Funktion der Steuerungen im Orgelwerk und der Figuren erfolgt rein pneumatisch." |
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Zerrspieglein an der Wand im "Land des Lächelns" |
Es rumpelt und knattert im Holzriesenrad von 1902... |
Ungewohnter Ausblick |
"Happy" macht alles mit. |
Hier ist nur die Optik nostalgisch. |
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Impressionen aus früheren Jahren |
... und nichts als die Wahrheit |
Geisterbahn: Klassischer Nervenkitzel mit zeitgemäßen Geistern |
Nostalgie: Krinoline und Riesenrad |
Kinder-Kettenkarussell, und dahinter das für die nicht mehr ganz so Kleinen |
Jedes Los ein Gewinn - für wen auch immer |
Ziemlich hoch hinaus |
Gut für den Überblick: |
Das 45 Meter hohe Riesenrad |
1987 Ellora, Nordindien |
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Dieses Foto ist, wie man unschwer erkennt, nicht auf der Haaner Kirmes entstanden, sondern im nord-indischen Ellora. Die Antriebskraft für das schlicht-filigrane Riesenrädchen stellten zwei hochmotivierte junge Burschen.
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Quelle:
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