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Kleinenberger Kotten - Lauterjungskotten -
Ernenkotten (Lochbach)

Brucknerstraße
Lauterjungskotten, Brucknerstraße
Abb. bei Lunkenheimer
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
    -   Lauterjung
    -   Erne, Ern
    -   Ern und Dültgen
    -   Dültgen
Was sonst noch geschah
Namen



Lage

"Unterhalb der Einmündung des Demmeltrather Baches in den Lochbach stand früher der Lauterjungskotten oder Ernenkotten, auch Lehnerkotten und Kleinenberger Kotten genannt." [Lunkenheimer] Erich Ploennies hat den Kotten 1715 auf seiner topographischen Karte nördlich der Hofschaften Lehn und Kleinenberg eingezeichnet.

An der Stelle des Fachwerkgebäudekomplexes (rechts im Bild), mit dem Lunkenheimer sein Kapitel zum Lauterjungkotten illustriert hat, liegt 2003 der Parkplatz einer Auto-Firma (Brucknerstraße 114). Hat hier der Kotten gestanden, oder auf der anderen Straßenseite, wo sich heute die Jugendhilfe-Werkstatt befindet?




Geschichte und Eigentümer

Nach Akten aus dem Jahr 1853 bestand dieses "Wasserwerk" seit etwa 1703. [Günther S. 102]

"Um 1750 war der Kotten, der zwei Sammelteiche hatte, im Besitz von Johann Kratz und Clemens Linder, die an Wassererkenntnis jährlich 56 Albus (0,7 Reichstaler) zahlen mußten." [Rentmeisterei-Jahresabschluß von 1750 des Rentmeisters Kannengießer; zit. bei Brangs und Lunkenheimer S. 80]

  In dem zitierten Rentmeistereiabschluss stehen an zweiter Stelle Johann Kratz und Clemens Linders Wittib mit ihrem Abgabebetrag von 56 Albus. Auf welchen Kotten sich die Steuerpflicht bezieht, ist nicht ersichtlich.

Hans Grah fand in den Obligationsprotokollen Folgendes:

1755, 31.05. Obl. Prot. S. 66
Peter Jüngel deb. Joh. Linder 200 Thlr.
seinen im Wittiben Stand am Kleinenberg gelegener Schleifkotten
lt. Contract v. 3.12.17.. von Vormund des Peter Evertz Pfand überkommen

"In einem Plan über das Erbgut am Kleinenberg, gezeichnet am 29.4.1774 von Joh. Peter Broch und Joh. Peter Stamm, ist auch der Lauterjungskotten eingezeichnet, jedoch ohne Namen; es steht dort nur »Hamer nunmehr Kotten«, dieses besagt, daß der Lauterjungskotten vor 1774 ein Reckhammer war. [Lunkenheimer S. 80]




Lauterjung

1784 wird der Schleifer Johann Wilhelm Lauterjung aus dem Kleinenberger Kotten erwähnt. [Brangs Erläuterungen S. 31]

1787 beklagt Peter Lauterjung den "Mangel eines gehörigen Mutterbaches". [HStA Düsseldorf, zit. bei Brangs Erläuterungen S. 31]

  Quelle sind vermutlich die "Verhandlungen" um die Besprechung des Benrather Kommissars Frhr. von Franz mit den Schleifern an Itter und Lochbach am 26.10.1787.

Am 21.07.1791 übertrugen Johann Peter Lauterjung und seine Schwester Anna Margarethe Lauterjung, die spätere Ehefrau des Uhrmachers Johann Wilhelm Bick zu Eigen (Hofschaft zwischen Lochbach und Frankfurter Damm), den Kotten samt einer dazugehörigen Wohnung und 92 Ruten Land an den Schleifer Johann Abraham Ern zu Heidberg, Gemeinde Dorp, auf 28 Jahre mit Rückkaufsrecht in "antichretischer Eigenschaft". Dies war eine besondere Art von Pfandrecht, bei dem der Schuldner seinem Gläubiger statt der Zinszahlung die Nutzung des Pfandes, in diesem Falle des Kottens, zugestand. [Brangs Erläuterungen S. 31]

1793 trägt der Kotten auf der Karte von Wiebeking die Bezeichnung 'Lauterjungs K.' [Brangs]




Erne, Ern

Um 1800 wird Abraham Erne am Kleinenberger Kotten genannt. [Stadtarchiv Solingen H.A. V-F-2; zit. bei Lunkenheimer]

1818 wechselte der Kotten, der inzwischen im Volksmund wie in amtlichen Urkunden Ernen-Kotten genannt wurde, wiederum seinen Besitzer und ging für 1000 Reichstaler mit allem Zubehör und allen Gerechtsamen von Johann Abraham Ern und Johann Wilhelm Bick an den Schleifer Peter Wilhelm Ern über (am 01.05. bzw. 11.09.1818). [Brangs Erläuterungen S. 31]

In der Urkarte von 1829 wird diese Werkstatt ebenfalls als "Ernenkotten"; bezeichnet. Eigentümer war Peter Wilhelm Ern. [Lunkenheimer S. 80]




Ern und Dültgen

1830 hielten die Gebrüder Dültgen von der Herberg im Ernen-Kotten ihren Einzug. Um diese Zeit gehörte eine Hälfte des Besitztums dem Schleifer Peter Wilhelm Ern am Ernenkotten, "die andere Hälfte stand auf Grund eines Testamentes mit seiner verstorbenen Frau ihm und seinem minderjährigen Sohn Karl zu." Die Gebrüder Dültgen kauften zunächst eine Hälfte von Peter Wilhelm Ern für rund 1600 Berliner Taler.




Dültgen

Am 02.03.1831 wurde auf gemeinsamen Antrag aller Miteigentümer dann der ganze Kotten mit allem Zubehör "wegen unstatthafter Teilbarkeit" öffentlich versteigert und von den Gebrüdern Dültgen für 3 077 Berliner Taler erworben.

Das ganze Besitztum setzte sich zusammen aus:

1. dem Schleifkotten mit übergebauter Wohnung (Wert 1500 Taler),
2. einer neuen Scheune (Wert 375 Taler),
3. einem neuen Nebenhaus (Wohnhaus) im Wert von 325 Talern,
4. einem Ställchen, 15 Taler wert,
5. dem Gebäudeplatz, Hof, Garten, zwei Teichen, Dämmen und Graben im Werte von 200 Talern,
6. Ländereien in einer Gesamtgröße von 7 Morgen, 38 Ruten, 60 Fuß.
[Brangs Erläuterungen S. 31]

Die neuen Eigentümer nahmen lt. Lunkenheimer 1837 [vermutlich aber bereits 1831; vgl. Günther] die Fabrikation von Federmessern auf; neue Betriebsstätten entstanden, um Schirmgestelle anzufertigen.

Bis 1839 war ein oberschlächtiges Wasserrad von 12 Fuß Höhe vorhanden; später ein neues ebenfalls oberschlächtiges Rad von 19 Fuß Durchmesser [Brangs Erl.] (also immerhin fast 5 1/2 Meter hoch!).

1852 gaben die Herren Gebrüder Dültgen ihre Absicht bekannt, die beiden Sammelteiche, im Scheider- und im Demmeltrather Talgrund gelegen, zu vergrößern:


Oeffentlicher Anzeiger Nr. 65. Düsseldorf, Montag, den 5. Juli 1852

1111. Vergrößerung von Sammelteichen.

719. Die Herren Gebrüder Dultgen zu Dültgensthal beabsichtigen, ihre beiden, im Scheider- und Demmeltrather Thalgrunde gelegenen Sammelteiche zu vergrößern, worüber der Situationsplan hier vorliegt. - Einwendungen hiergegen sind in der Frist von vier Wochen bei mir vorzubringen.

Wald, den 26. Juni 1852.     Der Bürgermeister: Hammesfahr.


Über eventuelle Einwendungen ist nichts bekannt.

  Friedrich Hammesfahr war 1851-1859 Bürgermeister von Wald.

Die Nachweisliste des Bürgermeisters von Wald vom 24. Mai bzw. 5. September 1853 über die im Walder Bezirk vorhandenen Wasserbetriebswerke enthält folgende Angaben:

    13. Am Köttgen zu Dültgenstal.
    Besitzer: Gebrüder Dültgen.
    Wasserwerk zum Betriebe der Regen- und Sonnenschirmgarnituren-Fabrik.
    Ein Wasserrad, 21 Fuß Gefälle.
    War früher Schleifkotten und wurde im Jahre 1831 zur Fabrikanlage jetziger Art umgewandelt resp. erweitert.
    Es werden getrieben:
    19 Drehbänke, 1 Schneidewerk, 1 Ziehbank, 1 Walzwerk, 5 Schleifscheiben.
    Wehr ist vorhanden.
    Höhe über dem Fachbaum 4 Fuß.
    Pegel sind in den Jahren 1848 und 1852 gesetzt worden.
    Oberhalb des Werkes vereinigen sich der Lochbach und Demmeltrather Bach, so dass im Ganzen drei Pegel gesetzt sind.
    Das Wasserwerk besteht seit etwa 150 Jahren [demnach seit etwa 1703].
    [Günther S. 102]

Die Konzessionierung der Schirmfurnituren-Fabrik wurde am 31.12.1853 bei dem Walder Bürgermeister Hammesfahr beantragt:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 4. Januar 1854

Die Herren Gebrüder Dültgen zu Dültgensthal, haben die Conzessionierung ihrer Regenschirm-Garnituren-Fabrik-Anlage nach jetziger Einrichtung, wonach das Wasserwerk von den, aus dem Scheider- und Demmeltrather Thal-Grund zusammenfließenden Bächen eventuell den angelegten beiden Sammeltheichen seine Triebkraft erlangt, in der Weise beantragt, wie durch die bereits gesetzten Pegel dies regulirt ist.

Ich bringe dieses Gesuch hiermit zur öffentlichen Kenntniß, und können Einwendungen gegen die Einrichtung der Anlage in Zeit von vier Wochen hier angemeldet werden, zu welchem Behufe die erforderlichen Pläne und Zeichnungen zur Einsicht offen liegen.

Wald, den 31. December 1853.   Der Bürgermeister: Hammesfahr.


Solingen-Wald
 
Lt. Beschriftung des Original-Fotos ist dies
der Dültgenstaler Kotten im Jahr 1946.
Bei Lunkenheimer ist das gleiche Bild mit
"Dorpskotten" bezeichnet.

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


In den folgenden Jahren dehnten sich die Fabrikanlagen immer mehr aus. Der elektrische Strom war nun der Energiespender der umfangreichen Werksanlagen, so dass im Jahre 1920 das 19 Fuß hohe Wasserrad abgebrochen werden konnte. [Lunkenheimer S. 81]

In seinem Aufsatz in den Bergischen Heimatblättern hat Richard Wilms 1929 die ihm bekannten Fakten zusammengefasst.

"Unweit von der Stelle, wo ehemals die Brauerei betrieben wurde, liegt das Fabrikgebäude der Firma Gebr. Dültgen, welches im Volksmund immer noch "Ernenkotten" benannt wird. Hierzu teilt man mir mit, dass dieser Kotten gegen Ende des 18. Jahrhunderts einem Johann Peter Lauterjung gehörte und Lauterjungs-Kotten benannt wurde.

Am 29. Juli des Jahres 1791 fand dann zwischen genanntem Lauterjung und einem gewissen Johann Abraham Ern ein Kauf statt, wobei letzterer den Kotten erwarb. Mit diesem Besitzwechsel vollzog sich gleichhzeitig ein Namenswechsel, denn selbst in Akten heißt es von nun ab 'Ernenkotten'.

Doch nur [nur?!] etwa 35 Jahre bleibt Johann Abr. Ern der Besitzer, wiederum vollzieht sich ein Besitzwechsel und zwar geht diesmal der Kotten in den Besitz der Familie Dültgen über. Um 1830 finden wir dann die Bezeichnung 'Ernenkotten' nicht mehr, sondern es heißt jetzt hier 'Unten Herberge'.

Aber auch diese Bezeichnung bestand nicht besonders lange, denn in der näheren Umgebung des alten Kottens siedelte sich in sehr starkem Maße die Familie Dültgen an. Ein Umstand, dem die Entstehung des Namens Dültgenstal zuzuschreiben ist."

[Richard Wilms, Bergische Heimatblätter 1929 Nr. 19]




Was sonst noch geschah

Wie der Blick in eine Zeitung von November 1939 zeigt, hatten die Anlieger des Lochbachs mehrmals im Jahr unter Überschwemmungen zu leiden. Das wird in früheren Jahrhunderten zur Zeit der Schleifkotten und Hämmer nicht viel anders gewesen sein. Heute sind überall an den Bachläufen anstelle der Stauteiche Regenrückhaltebecken, Regenüberlaufbecken und Flutwellen-Warnschilder zu finden.


Rheinische Landeszeitung vom 29. November 1939

Überschwemmung im Dültgenstal

"Die Riesenregenmassen, die in den letzten Tagen niedergegangen sind, haben wieder im Dültgenstal ganz verheerend gewirkt. Schon am Sonntag drangen die Wassermassen in die Keller der Häuser 18 und 20 ein, die großen gewerblichen Zwecken dienen. Am Montag, als die Wassermassen noch viel stärker vom Berg her kamen, wurde die Wasserflut so groß, daß Feuerwehr eingesetzt werden mußte, um den Betrieb wenigstens einigermaßen aufrechterhalten zu können.

Es erhebt sich wieder die brennende Frage, was zu geschehen hat, um das Dültgenstal endgültig einmal von den mehrmals im Jahre auftretenden Wasserschäden zu befreien. Die Dinge liegen um so ernster, als damit gerechnet werden muß, daß bei weiteren Regenfällen der Betrieb bei den im Dültgenstal liegenden Firmen erheblich gestört wird.

In der Scheidermühle, unterhalb des Dültgenstals, stieg das Wasser so hoch, daß es den Damm der Deiche überschritt. Auch im Eschbachtal ist große Wassersnot. Wenn der Regen nicht nachläßt, werden Dültgenstal und Ittertal noch manches zu erdulden haben. Der Sturmwind hat im Eschbachtal an dem Weg nach Kotzert, von wo der Fußweg nach dem Staudamm abgeht, ein Sperrschild umgeweht."



Lehn
Um 1930   Lehn, Haus Nr. 11 mit Schleiferei,die Ende der 1970er Jahre abgerissen wurde.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Lehn
1930er Jahre   Lehn
Bild-Quelle: H.J. Schneider



Namen

1750   Johann Kratz und Clemens Linder bzw. Clemens Linders Witwe
1784   Johann Wilhelm Lauterjung
1787   Peter Lauterjung
bis 1791   Johann Peter Lauterjung und Anna Margarethe Lauterjung
ab 1791   Johann Abraham Ern
1800   Abraham Erne
bis 1818   Johann Abraham Ern und Johann Wilhelm Bick
1818-1830   Peter Wilhelm Ern
1829   Peter Wilhelm Ern
1830   Karl Ern
1830, 1853, 1854   Gebrüder Dültgen


Quellen:
  • Brangs, Stadtarchiv Solingen, 0-4-Kotten-Allgemein
  • Brangs, Erläuterungen
  • Grah, Hans, Stadtarchiv Solingen
  • Lunkenheimer (1990) S. 80 f
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 04.01.1854
  • Wilms, Richard, Bergische Heimatblätter 19/1929, S. 73

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