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Limminghofer Kotten - Locher Kotten (Lochbach)

Locher Kotten
Locher Kotten
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
Oskar Rost
Namen




Lage

Der Locher Kotten lag in Merscheid in jeweils geringer Entfernung zwischen dem Locher Hammer und dem Köllerskotten.




Geschichte und Eigentümer

1715 war hier schon ein Kotten vorhanden; er ist auf der Karte von Ploennies eingezeichnet. In Obligationsprotokollen des 18. Jh. sind folgende Daten zu finden:


1760, 6.6. Obl. Protokoll
      Joh. Wilh. Lauterjung oo Anna Maria Grohe
      200 Rt.
      Unterpfand: ihr an dem neben dem Locher Hammer auf der Broßbach
      gelegenen 1/2 Schleifkotten lt. Contract v. 22.10.1757 Pfandschuldung
      v. 390 Th am Kotten erworbenes Pfanderecht, sodann dem zum Lehn
      gelegenen elterliches Clemens Grohe Erbguth
      1763 + 50 Th. übertragen.

1764, 2.5. Joh. Wilh. Lauterjung oo Anna Maria Grohe
      300 Rt.
      ihr an dem unten im Lochhammer auf der Broßbach gelegenen 1/2
      Schleifkotten lt. Contract v. 22.10.1757
      ....... sodann von dem zu Lehen gelegenen elterl. Clem. Grohe
      Erbgut 1/2 Theil. wie auch von Johann Bick, modo dessen Wittib
      Anna Cath. Leuneschloß lt. Obl. v. 10.5.1751 und 28.1.1758
      Capital 500 Th verhyp. Erbguth zu Balkhausen und Schleifkotten
      1/5 Antheil.

1765, 16.7. + 100 Rt. neu geordnet weil
      Broßbacher Schleifkotten an Joh. Pet. Mutz per 25.4.1765
      vertauscht und den dagegen überkommenen kleinen Lengers Kotten
      verhypotheket hat.

1772 wird die Wasserbetriebsanlage "Schleifkotten am Lochweyer" genannt. [Lunkenheimer]

1774/75 fand eine gerichtliche Auseinandersetzung statt zwischen den Schleifermeistern Mutz u. Linder und dem Kaufmann Johann Wilhelm Kohl wegen des Besitzes "eines Dammes am Lochweiher bei Solingen". [HStA Düsseldorf, Register 102.17.1, Jülich Berg]

In einer Aktennotiz im Staatsarchiv Düsseldorf, Akten Jülich-Berg, B.XXVI., von der im Solinger Stadtarchiv eine Abschrift vorhanden ist [0-4-Kotten], heißt es: "1772 - Schleifermeister N. Mutz & ... Linder zu Solingen besitzen einen Schleifkotten am Lochweyer. Oberhalb dieses Kottens befand sich der Lochhammer mit seinem Weyer."

  Dieser "N. Mutz" - wahrscheinlich Nathanael Mutz - ist nicht identifiziert.

"1787 war Peter Butz Eigentümer, er gibt an, »er müßte abwarten, bis der Hammerschmitt sein Wasser abließe, dieser hielte dasselbe vom vorigen Tag auf, und schickte solches um rechter Zeit nehmlich um halber neun ab, der Hauptfehler der Bache bestünde darin, daß oben dem Lauter Jungen Kotten keine ordentliche Mutterbach wäre, und daß die meisten Sprünge über denen banden liefen, dieses wäre bei Demmeltroth und bey der Hecken«." [HStA Düsseldorf Jülich-Berg, Kellnereirechnung, Amt Solingen, 1786/87; zit. bei Lunkenheimer. A.a.O. nicht gefunden.]

  Diese Äußerung über den Schmied des Locher Hammers wird Peter Butz bei der Besprechung des Benrather Kommissars Frhr. von Franz mit den Müllern und Schleifern des Lochbachs vom 26.10.1787 getan haben.

"Peter Hendrich Butz und Abraham Nippes besaßen 1808 - je zur Hälfte - den Teich des Locher Kottens in einer Größe von 120 Ruten." [Lunkenheimer]

"1826 machten die Erben Butz an der Scheuer bekannt, daß sie »willens sind, den ihren zugehörigen unter dem Loch Hammer gelegenen halben Antheil Schleifkotten« zu veräußern." [Solinger Wochenzeitung vom 25.01.1826, zitiert bei Lunkenheimer]

  Die weiteren Angaben, die bei Lunkenheimer auf S. 89 zum sog. "Weckskotten" abgedruckt sind (1850-1863), beziehen sich - ebenso wie das auf S. 90 abgebildete Nivellement - nicht auf den Locher Kotten, sondern auf den Köllerskotten, der damals Weckskotten hieß (wo diese Angaben ebenfalls erscheinen, S. 92). Auch muss die Jahreszahl 1863 richtig 1853 lauten (Druckfehler).

  Lunkenheimer zitiert die Liste der im Walder Bezirk vorhandenen Wasserbetriebswerke von 1853, in der Wilhelm Dorp als Eigentümer des Locher Kotten genannt wird und einige technische Informationen zum Kotten enthalten sind. Diese Daten beziehen sich auf den Locher Hammer, der später Neuer Lochkotten genannt wurde.


Ergänzungen:

    1830 Urhandriss: Locher Kotten Nippes a. Loch

    1851, 1.1 Brandkataster
    Limminghofer Schleifkotten
    Nippes, Gebrüder 530 Th.
    Witte, Samuel 1864 ausgetreten

Anscheinend hatten die Erben der Familie Nippes und Friedrich Nippes ihre Kottenhälfte als Pfand bei einer Kreditaufnahme eingesetzt und waren nun zahlungsunfähig, denn im März 1862 sollte ihre Kottenhälfte gerichtlich versteigert werden:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 19. März 1862
"Subhastation eines halben Kottens.

Am Mittwoch den 19. März c., Nachmittags 3 Uhr,

soll die den Erben Nippes und Frdr. Nippes zugehörige Hälfte des in der Gemeinde Merscheid gelegenen Schleifkottens, sogenannter "Locherkotten" vor dem hiesigen Königl. Friedensgerichte öffentlich zum Verkaufe ausgestellt und dem Meistbietenden zugeschlagen werden.

A. A       Dr. Meißner."


Ist Samuel Witte, der 1851 und 1864 im Brandkataster erscheint, Eigentümer des gesamten Kottens geworden?

1864, 1.1 Brandkataster
      Tiefendick 263, neu 25, neu 33
      Witte, Samuel, (Limminghofen)
17.4.1870 Witte Carl
      Haus, Schleifkotten, Triebwerk, Stall 3.300 Th
                           6.8.1875 abgebrannt

1865, Bürgerrolle Ohligs
      Tiefendick 25, neu 33
      Kotten von Witte     bewohnt ab 1870
                           Meisen, Hermann, Messerausmacher
[Grah]
    

Welche Gebäude 1875 abgebrannt sind, wird nicht erwähnt (der Stall?). An anderer Stelle ist von einem Feuer nicht Rede, auch nicht von einem Kotten-Neubau.

  Lunkenheimer schreibt auf S. 89:
"Wahrscheinlich hat Friedrich Dorp, vermutlich ein Sohn von Wilhelm Dorp, den ganzen Kotten gekauft, denn am 4. Februar 1875 wird er als Eigentümer des Locher Kottens genannt."

  Friedrich Dorp erscheint tatsächlich zu diesem Datum als Eigentümer des Locherkotten im Verzeichnis der in der Bürgermeisterei Wald vorhandenen Wasserbetriebswerke [Stadtarchiv Solingen, Akte W-2263], aber ob er Eigentümer des Locher Kotten (5) war, erscheint mir sehr zweifelhaft. Es wird sich hier eher um den ehemaligen Locher Hammer (4) handeln, der ja später auch (neuer) Locherkotten oder Lochkotten genannt wurde. Dafür spricht, dass beim Locher Kotten (5) vor und nach 1875 Witte als Eigentümer genannt wird.

1885, Bürgerrolle Ohligs, Tiefendick 33
      Kotten, Karl Witte   bewohnt: Biesenbach geb. Meisen 


Locher Kotten
 
Mit Hilfe des noch vorhandenen Gebäudes im Hintergrund lässt sich der Kottenstandort nachvollziehen.

Bild-Quelle:
Stadtarchiv Solingen
(Detail, vor 1945)

Wann der Schleifkotten in den Besitz der Eheleute Carl Witte und Emilie geb. Broch überging, ist nicht bekannt. Im Juni 1897 waren diese Eheleute verstorben. Auf Verlangen der Erben ließ am 29.06.1897 der Notar Franz Josef Rosenbaum im Wirtschaftslokal des Miterben Walter Witte

I. Ein Ackergütchen,
II. den Locher Kotten mit allen An- und Zubehörungen
sowie 45 Ar 19 qm Grundfläche, Wiese und Wasserstück sowie
III. ein unabgeteiltes Drittel einer 5 Ar 12 qm großen Wiese, welche früher ein Teich war",

öffentlich versteigern. [Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 29.06.1897; zit. bei Lunkenheimer; a.a.O. nicht gefunden.]

"Wer nach der Versteigerung den Locher Kotten erworben hat, konnte nicht ermittelt werden. Der Name Schützkotten (nach 1900) deutet auf einen Besitzer namens Schütz hin. Es könnte sich um den Onkel des nächsten Eigentümers, Oskar Rost, handeln." [Lunkenheimer]

  Über einen Eigentümer Schütz und eventuelle verwandtschaftliche Beziehungen zu Oskar Rost fehlen Hinweise; auch ist mir die Bezeichnung "Schützkotten" an anderer Stelle nicht begegnet.

Oskar Rost hat noch im hohen Alter bis zu seinem Unfall-Tod 1948 in seinem Kotten Stahlwaren bearbeitet. Seine Erbin und letzte Eigentümerin, bevor Kotten und Grundstück an die Stadt Solingen gingen, war Frau Grete Hille geb. Wagner, die das Kottengebäude noch einige Jahre als Wohnraum vermietet hat.

1954 übernahm die Stadt Solingen die Liegenschaft Locher Kotten im Zuge eines Grundstückstausches. Das Gelände war als Hochwasser-Rückstaugebiet vorgesehen. 1960/61 ließ die Stadt das Gebäude abreißen.


Locher Kotten
Ca. 1900   Locher Kotten
Bild-Quelle: Gerd Brenger
 
Locher Kotten
Ca. 1900   Locher Kotten
Bild-Quelle: Gerd Brenger



Oskar Rost (1874-1948)

Wenn über die Geschichte eines Schleifkottens und seiner Eigentümer schon einmal etwas mehr zu erfahren ist als nur Namen und Jahreszahlen, dann soll die Geschichte auch erzählt werden. Gerd Brenger hat den letzten Betreiber des Locher Kotten als Kind noch kennengelernt. Sein etwa gleichaltriger Großvater war mit Herrn Rost eng befreundet, und so kann er aus der Erinnerung und anhand alter Unterlagen noch einige Details und Anekdoten berichten:


Oskar Rudolf Theodor Rost stammte nicht aus Solingen. Er wurde am 26.10.1874 als Spross einer Gutsbesitzerfamilie in Brennstadt / Kreis Sagan in der Lausitz geboren. Der 'Kaufmann in Solingen' heiratete am 29.12.1904 in Niesky die 'Jungfrau Augusta Bertha Bähr' aus Kodersdorf (Lausitz); die kirchliche Trauung fand einen Tag später in Rengersdorf O.L. statt.

Was ihn nach Solingen verschlagen und wann er den Schleifkotten erworben hat, ist nicht überliefert. Er produzierte und vertrieb seine Schneidwaren selbst. Aus dem Nachlass haben wir noch einige Messer; die Aufschrift "Oskar Rost - rostfrei" ist zum Schmunzeln, aber sie schneiden tadellos - Solinger Qualität eben!

Im Frühjahr 1943 verstarb seine Frau Bertha Rost plötzlich auf dem Berliner Hauptbahnhof während einer Geschäftsreise.

  Sicher kein glücklicher Zeitpunkt für einen Kundenbesuch in der Hauptstadt. Goebbels hatte im Februar 1943 die Berliner im Sportpalast zum 'totalen Krieg' aufgerufen; Anfang März hatte ein schwerer Luftangriff auf Berlin verheerende Zerstörungen angerichtet.

 
Oskar Rost
Oskar Rost
Bild-Quelle: Gerd Brenger
 
Bertha Rost
Bertha Rost geb. Bähr
Bild-Quelle: Gerd Brenger
 
 

Herr Rost hielt auf seinem recht großen Gelände Schafe und Hühner, und ich glaube, es war auch einmal eine Ziege dabei. Davon haben wir öfter profitiert, mal gab es etwas Milch, mal ein paar Eier, während es doch oft auf die Lebensmittelkarten gar nichts gab. Zum Grundstück gehörte eine riesige Streuobstwiese, die in manchem Jahr Obst die Fülle lieferte, um das wir zu beneiden waren. Das Problem war dann nur der Transport nach Hause! Mein Vater, Gärtner von Beruf, hatte einen Teil der Steuobstwiese in einen Garten umgewandelt, und so gab es allerlei zu ernten. Vater hat damals sehr hart arbeiten müssen, um aus dem sehr schweren Boden etwas herauszuholen.

Auf dem Gelände befanden sich auch ein oder zwei Teiche, in denen Karpfen gewesen sein sollen. Ich habe nie einen gesehen, aber Vater hat einmal einen bekommen. Er soll sehr nach Moder geschmeckt haben.

Am 05.11.1944 verlor Oskar Rost bei dem Luftangriff auf Solingen durch einen Volltreffer sein Haus in der Albrechtstraße. Am selben Tag ist mein Großvater umgekommen.

  Bei den beiden Großangriffen am 4. und 5. November 1944 starben in Solingen mindestens 1441 Personen; 2144 wurden verletzt. [Rosenthal S. 438]

Oskar Rost zog daraufhin in das Dachgeschoss seines Kottens und baute es nach und nach als Wohnung aus. Im unteren Geschoss bearbeitete er weiterhin Stahlwaren und nutzte den elektrischen Strom als Antriebskraft. Das alte Wasserrad war nicht mehr zu gebrauchen; die Achse war gebrochen. Es gab Pläne, zur Stromerzeugung ein neues Rad anzuschaffen, aber dazu ist es nicht mehr gekommen.

Ich weiß noch, dass Herr Rost ein ziemlich cholerisches Temperament besaß und oft kräftig herumgebrüllt hat, wenn ihm etwas nicht passte. Opa hat ihn öfter damit aufgezogen. Um ihn zu besuchen, fuhr er mit der Straßenbahn bis Limminghofen und hatte von dort noch einen beträchtlichen Fußmarsch bis zum Kotten. Traf er ihn wieder mal in einer solchen 'Phase' an, behauptete er, ihn schon in Limminghofen brüllen gehört zu haben! - was natürlich ein bisschen übertrieben war. - Rost war damals schon Witwer.

Als Oskar Rost kränklich wurde, hat meine Tante für ihn die nötigsten Dinge im Haushalt erledigt. Wieder erholt und voller Tatendrang, lieh er sich ein Pferdegespann, um weiteres Baumaterial für den Ausbau besorgen. Dabei kam es zu einem Unglück: Das Pferd ging durch, und er wurde unter dem umgestürzten Wagen begraben. Nach kurzem Krankenhausaufenthalt verstarb er am 05.06.1948.

Frau Grete Hille geb. Wagner, meine Tante, war seine Alleinerbin. Sie vermietete den Locher Kotten als Wohnraum, zunächst nur das Dachgeschoss; später richtete sich ein Anwohner der Locher Straße unten in der früheren Werkstatt eine Wohnung ein. Wohnraum war damals sehr knapp, wer hätte sonst das PC (*P*lumps*C*lo) auf dem Hof in Kauf genommen?!

1954 beanspruchte die Stadt Solingen die Liegenschaft Locher Kotten für den Itterverband, der den - damals noch naturbelassenen - Lochbach begradigen wollte und das Gelände als Hochwasser-Rückstaugebiet vorgesehen hatte. Es wurde ein Grundstückstausch mit einer Liegenschaft der Stadt Solingen vorgenommen. Das endgültige Ende kam dann mit dem Abriss des Kottens 1960/61.

[Gerd Brenger 2007]


Locher Kotten
 
Ca. 1940
Locher Kotten mit Stall
und Hühnertreppe
Bild-Quelle: Gerd Brenger



Namen

1760, 1764   Ehepaar Joh. Wilh. Lauterjung und Anna Maria Grohe
1765   Johann Peter Mutz
1772   N. Mutz und ... Linder
1787   Peter Butz
1808   Peter Hendrich Butz und Abraham Nippes
1826   Erben Butz
1830   Nippes
1851   Gebrüder Nippes
1851, 1864   Samuel Witte
1862   Erben Nippes und Friedrich Nippes
1870, 1885   Carl Witte
1870   Hermann Meisen
1885   Biesenbach geb. Meisen
vor 1897   Ehepaar Carl Witte und Emilie geb. Broch
1897   Walter Witte
nach 1900   Schütz ?
bis 1948   Oskar Rost
1948-1954   Grete Hille geb. Wagner



 
2003
Hier am Lochbach stand unterhalb des Locher Hammers in Wald bis etwa 1960 der Locher Kotten.


Quellen:
  • Brenger, Gerd (E-Mails 02/2007)
  • Grah, Hans (1990), StA Solingen 0-4-Kotten
  • Lunkenheimer (1990) S. 89-95
  • Rosenthal Bd. 3 (1975)
  • Stadtarchiv Solingen, 0-4-Kotten
  • Stadtarchiv Solingen, Akte W-2263, Alvermann 1875

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