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Schloss Grünewald nach einer Zeichnung von F.A. de Leuw Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
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- Familie de Leuw - Familie Piedboeuf - Über Haus und Gut Grünewald - Namen / Eigentümer |
Haus Grünewald liegt im Norden von Solingen-Gräfrath nahe der Stadtgrenze zu Wuppertal-Vohwinkel. Oft wird es in einem Atemzug genannt mit dem in Solingen prominenten Namen de Leuw, sei es der Augenarzt oder sein Sohn, der Landschaftsmaler, oder mit der Industriellen-Familie Piedboeuf. Heute ist das Anwesen noble "Business- und Event-Location" für vielerlei Gelegenheiten.
Über die ältere Historie von Haus Grünewald ist mir kaum etwas Handfestes begegnet. Hier haben keine Ritter und keine Adelsgeschlechter residiert, und in den Geschichtswerken kommt es gar nicht vor.
Der Hof "Grünewald" gehörte einst zu den Besitzungen des Klosters Gräfrath. In diesem Forst, Jahrhunderte später "Piedboeufsche Waldungen" genannt, lag der sagenumwobene "Heilige Born", in dem die Itter entspringt.
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1715 Kloster Eichen Detail aus der Ploennies-Karte |
Nach der Säkularisierung 1803 ging der Wald mit dem übrigen Klosterbesitz an die Domänenverwaltung über. 1822 sollten mehrere Domänengüter verkauft werden, wie aus der folgenden amtlichen Veröffentlichung hervorgeht, darunter der Grünewalder Hof. Pächter des Hofes war damals Wilhelm Eicher; sein Pachtvertrag lief bis 1825. Der Verkauf sollte "in der Wohnung des Gastwirths, Herrn Fohwinkel" stattfinden. Es handelte sich um Herrn Vohwinkel, den Eigentümer des "Jägerhof" am Gräfrather Markt, des späteren "Hotel zur Post". |
Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf. Düsseldorf, den 26. August 1822
Es sollen folgende im Kreise Solingen belegene Domänen-Güter, zu Gräfrath |
Über die alten Flächenmaße (1 preuß. Morgen = 180 Quadratruten) |
Familie de Leuw
Haus Grünewald erscheint in der Solinger Stadtgeschichtsschreibung erst, als es der prominente Gräfrather Augenarzt und Hofrat Dr. Friedrich Hermann de Leuw (1792-1861) zusammen mit nahezu 1000 Morgen ehemaliger Klosterländereien als Kapitalanlage von der Domänenverwaltung erwirbt. [Rosenthal 2 S. 308]
Ältester Sohn des Arztes Friedrich Hermann de Leuw war der Maler Friedrich August de Leuw (1817-1888). Er studierte 1838-1843 in Düsseldorf und wohnte nach Abschluss des Kunstakademiestudiums abwechselnd in Düsseldorf und Haus Grünewald.
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"Eine heute noch erhaltene Wetterfahne auf dem alten Gebäudeteil trägt die Jahreszahl 1687. Der östliche Teil des heutigen Gebäudes wurde offenbar später gebaut. Er diente dem Sohn Fritz de Leuw, der sich mit Malerei beschäftigte, als Atelier.
Aber noch viele andere Zeugen der Vergangenheit sind zu finden. Die Fenster in den oberen Geschossen werden nach außen geöffnet. Außen wie innen sind die Türen teils im gotischen Stil gehalten. Die Türen im Innern haben schwere, eiserne Beschläge und Überwürfe sowie handgeschmiedete Schlösser. In halber Höhe sind die Wände holzvertäfelt. Über dem Kamin befindet sich die Inschrift: »Wirf dein Anliegen auf den Herrn, und hoffe auf ihn, er wird's wohlmachen«, und eine Plastik an einer Wand des ehemaligen Ateliers stellt eine Frauengestalt mit dem Wappen der Familie de Leuw dar. Die Inschrift hierauf lautet: »Cassis tutissima virtus« (Die Tugend ist der sicherste Helm).
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1861 übersiedelte Friedrich August nach England, heiratete dort Maria Francis Charington und kehrte 1868 mit Frau und vier Kindern nach Deutschland zurück, aber anscheinend nicht nach Grünewald. Er ließ sich in Manderscheid nieder und verbrachte dort seine letzten 20 Lebensjahre. |
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Der Augenarzt Friedrich Hermann de Leuw (1792-1861) |
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Der Künstler Friedrich August de Leuw (1817-1888), Selbstportrait |
1866 soll Schloss Grünewald auf dem Gräfrather Marktplatz öffentlich versteigert worden sein. [ST v. 08.06.2005] Nach anderer Quelle hat Fritz de Leuw Grünewald 1866 an einen namentlich nicht genannten Holzhändler verkauft. Dieser "hat viele Waldungen abgeholzt und das Besitztum im Jahr 1880 an Jean Louis Piedboeuf aus Lüttich verkauft."
[FA 25/3]
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Solinger Zeitung vom 12. Januar 1878
Oeffentlicher Verkauf des Gutes Haus Grünewald zwischen Solingen und Elberfeld mit Zuschlag zu jedem Preise Das zur Fallumasse von Christian Brockhoff gehörige in den Gemeinden Gräfrath und Sonnborn, zwischen Solingen und Elberfeld gelegene Gut "Haus Grünewald" soll durch den unterzeichneten Notar am Montag den 14. Januar 1878, Nachmittags 5 Uhr,beim Gastwirthen Ewald Ernen in Gräfrath,
nochmals in Parzellen und im Ganzen öffentlich zum Verkaufe ausgestellt und nunmehr für das Meist- und Letztgebot definitiv zugeschlagen werden. Zu dem Gute gehören außer einem herrschaftlichen Wohnhause und außer geräumigen Oeconomie-Gebäuden noch 4 fernere Wohnhäuser, sodann: 3 Hectare 63 Are 14 Meter Hofraum, Garten und Baumhof, 4 Hectare 53 Are 76 Meter Wiese, 51 Hectare 60 Are 71 Meter Ackerland und 105 Hectare 96 Are 28 Meter Waldung mit schönem Holzbestande, zusammen taxirt zu 162,020 M.
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Kurz nach der Verkaufsanzeige ist in der Zeitung die folgende kleine Notiz erschienen. Anscheinend hatte Vorbesitzer Brockhoff bei der Sparkasse von Haltern (Lippe), die hier als Eigentümerin des Anwesens auftritt, erhebliche Schulden gemacht: |
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"Unter Aufhebung der bestehenden Vollmacht ertheilen wir hierdurch als jetziger Eigenthümer des Gutes Grünewald bei Gräfrath dem Pächter Wilhelm Keull
die alleinige Vollmacht zur Beaufsichtigung des
ganzen Gutes "Grünewald,"Haltern, 15 Januar 1878. Die Sparkassen-Verwaltung." |
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Familie PiedboeufKäufer von Haus und Gut Grünewald war 1880 also Jean Louis Piedboeuf.
"Piedboeuf war Konsul und hatte einen Wohnsitz in Düsseldorf. Er, der am 31. Juli 1838 geboren wurde, entstammte einer bedeutenden Industriellenfamilie. Jean Louis Piedboeuf heiratete 1863 und benutzte nunmehr Haus Grünewald als Sommersitz, denn seine Familie vergrößerte sich bis zu seinem Tode am 20. August 1891 auf Grünewald um acht Kinder. Aber erst fünf Jahre später machte die Familie Haus Grünewald zu ihrem eigentlichen Wohnsitz. Heute lebt bereits die fünfte Generation Piedboeuf hier."
[FA 25/3]
Anscheinend war bis dahin der Öffentlichkeit das Betreten der Grünewalder Wälder erlaubt gewesen. Der Eigentümer wird seine Gründe gehabt haben - Holzdiebstahl? |
SKIB vom 30. Juni 1885
Das Betreten der zum Hause Grünewald bei Gräfrath gehörenden Waldungen ist von jetzt ab nur gegen Erlaubnißschein gestattet. Schmitz, Verwalter. |
1955 veröffentlichte das Solinger Tageblatt einen nostalgisch anmutenden Artikel über diese Familie, über ihren Bezug zu Gräfrath und - daher die Überschrift - über ihr soziales Engagement: |
Solinger Tageblatt vom 10. Februar 1955
Als die Krankenkasse noch Kinderverwahrschule warErinnerungen an alt-Gräfrath - Haus Grünewald und die Familie Piedboeuf - Tante Li erzählt
"[...] Tante Li kann wunderbar von früher erzählen. Da war zum Beispiel die Zeit, als das Haus der Ortskrankenkasse in der Schulstraße in Gräfrath noch Kinderverwahrschule oder wie es im Volksmund hieß: 'Kinderbewahranstalt' war. Diese Kinderbewahranstalt dankte man der Familie Piedboeuf, die damals in Klein-Gräfrath - noch nicht eingemeindet! - so etwas wie eine herrschaftliche Gutsfamilie war, ganz im alten, guten, patriarchalischen Sinne.
Gräfrath wurde von dem damals noch in der Blüte seiner Jahre stehenden Großvater bzw. Urgroßvater der jetzt lebenden Piedboeufs als Ferienhaus und Erholungsaufenthalt von anstrengenden Geschäften auserwählt. Es waren die Gründerjahre. [...] Er kaufte das Haus von einem Holzhändler, der es nach den de Leuws kurze Zeit besessen hatte.
[...] Und wieder läßt man sich erzählen, wie das damals war, wenn das Fräulein Octavie (Betonung auf der ersten Silbe) in der Kutsche ankam und schließlich auf dem Markt in Gräfrath halten ließ, um zu malen. »Sie hatte auch das feingeschnittene französische Gesicht, die dunklen Augen, und dann hatte sie einen Sonnenschirm.« Die Kinder drückten sich in stummer Bewunderung um die Kutsche und tuschelten: »Das Fräulein Octavie malt!« Das Fräulein Octavie ist sehr jung an einer Lungenentzündung gestorben [...].
Dann noch der Kirchgang: In Tante Lis Erinnerung war Madame damals schon eine alte Dame geworden. Man fuhr zweispännig vor. Die Schloßherrin hatte in der Kirche ihren eigenen Betstuhl, den sie in den Gang zu rücken pflegte. Die jüngeren Herrschaften, die noch gut zu Fuß waren, hatten vier Stühle auf dem Chor. Später wurde diese Sitte abgeschafft: »Sie paßte ja auch nicht mehr in unsere Zeit,« sagt die Enkelin Madames.
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Um 1928/29 Das Gebäude Schulstraße 11, in dem die von Nelly Piedboef eingerichtete Kinderverwahrschule untergebracht war, wurde später die Gräfrather Adresse der AOK. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen / M. Karallus |
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1928/29 "Allgemeine Ortskrankenkasse / Zahnärztliches Institut" Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen / M. Karallus |
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2011 Schulstraße 11 Das Gebäude wurde von den heutigen Eigentümern, Familie Karallus, komplett saniert. |
Die AOK hatte seinerzeit das Haus ihren Bedürfnissen angepasst, u.a. die alten Fenster entfernen lassen, Decken abgehängt und die großzügigen Räume in kleinere aufgeteilt. Die neuen Eigentümer haben versucht, den ursprünglichen Charakter des Hauses wieder herzustellen. |
Über Haus und Gut Grünewald
Darf denn dieses mit Türmchen versehene, verschieferte Haus Grünewald wirklich 'Schloss' genannt werden, obwohl es nie Adelssitz gewesen ist? Ja, es darf - lt. einem der in Definitionsdingen maßgeblichen Druckwerk: "Schloß, repräsentativer Wohnsitz e. weltl. od. geistl. Landesfürsten, auch d. Adels u. Großbürgertums; oft mit Park." [Knaur 1991]
"Wenn der Spaziergänger an der Nordgrenze Solingens sich an den schönen Waldungen rechts und links seines Weges erfreut, ahnt er nicht, daß er in diesen Augenblicken das Eigentum eines der größten Waldbesitzerfamilien Solingens, der Familie Piedboeuf, durchschreitet. Sie hat ihren Wohnsitz im Haus Grünewald, einem verschwiegenen Schlößchen an der nördlichen Peripherie Solingens. [...]
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"Wellingtonia gigantea Lindl. (Washingtonia californica Winsl., Sequoia gigantea Torr., Mammutbaum, -Fichte, Riesentanne), eine Konifere, welche über 100 m Höhe und an 12 m Stammdurchmesser erreicht, mit anfangs pyramidaler, später unregelmäßiger und erst hoch am Stamm beginnender Krone." [Meyers Konversationslexikon]
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"Hier sei ganz nebenbei der Legende entgegengetreten, daß der einzelne Baum am Abteiweg auf dem Grabe des Pferdes von Hofrath Dr. de Leuw stehe. Das Grab liegt ganz woanders und ist längst überackert. [...]"
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Der Schimmel des Dr. de Leuw, gemalt von Friedrich August de Leuw |
"Das ehemalige große Bauerngut Buchenhofen mit seiner Branntweinbrennerei gehörte dem zweiten Sohn de Leuws, Eduard, der als Bürgermeister von Cronenberg hierüber verfügt hat. Der prächtige Stadtwald in Gräfrath, früher Klosterbusch genannt, wurde von Luise de Leuw, die als Frau Firnenburg starb, in eine 'De-Leuw-Stiftung' umgewandelt und steht heute in der Betreuung der Stadt Solingen. Vor rund 10 Jahren wurde auf diesem Areal das Eugen-Maurer-Heim errichtet und der Stadtwald zu einem Park umgestaltet." [FA 25/3]
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Sommer 2006 Haus Grünewald Schloss Grünewald |
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Im Dezember 2004 trat das beinahe vergessene Haus Grünewald wieder ins Bewusstsein der Solinger Öffentlichkeit, als sich nach den jahrelangen Sanierungsarbeiten die Schlosstore öffneten und Besucherscharen einließen. Vor romantischer Kulisse wurde der erste Grünewalder Weihnachtsmarkt mit mittelalterlichem Flair zelebriert, der bei Eiseskälte und Fackelschein sehr viel Publikum anzog. Auch in den Folgejahren fanden und finden regelmäßig Veranstaltungen statt. |
Namen / Eigentümer
Bürgerhof Kloster Gräfrath Domänenverwaltung 1483 Johann ter Moelen (Pächter) 1822 Wilhelm Eicher (Pächter) ab 1822? Dr. Friedrich Hermann de Leuw ab 1861? Friedrich August de Leuw ab 1866 Christian Brockhoff (Holzhändler?) 1878 Wilhelm Keull (Pächter) 1878 Sparkasse Haltern ab 1880 Familie Louis Piedboeuf ab 1997 Birger Zimmermann |
Quellen:
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