Pferde-Alltag in alter Zeit |
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Inhaltsübersicht | Post- und Postreiseverkehr | Postreiter, Postillione, Wagen, Pferde, Anspannungsarten |
- Postreiter und Postillione - Die Wagen - Die Postpferde - Anspannungsarten der Postwagen |
Postreiter und PostillioneDie mittelalterlichen Boten, die Briefe und mündliche Nachrichten beförderten, waren wohl weniger oft beritten als gemeinhin angenommen. Von Stadtboten der Zeit ist bekannt, dass sie nur zu bestimmten Gelegenheiten mit (gemieteten) Reittieren ausgerüstet wurden. |
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1648 "Auß Münster vom 25. deß Weinmonats im Jahr 1648, abgefertigter Freud- und Friedenbringende Postreuter." |
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Um 1710 Preußischer Postreiter |
Ende des 15. Jh. entwickelten sich unter der Leitung von Franz von Taxis in Europa zwischenstaatliche Postlinien. Auf diesen Linien wurden in Abständen von 20 bis 25 km sog. "Postleger" eingerichtet. "Die Inhaber der Postleger, Postboten, später Posthalter genannt, erhielten monatlich acht Gulden für je ein Pferd. Sie hatten dafür weiter nichts zu tun, als immer bereit zu sein, um die ankommenden Felleisen zur nächsten Station zu verbringen." [Korzendorfer S. 16] - Das war der Anfang. - Besonders wichtige Sendungen wurden noch bis zur Zeit der Eisenbahn und des Telegrafen von Stafetten oder Kurieren befördert. |
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Um 1850 "Der erfrorene Postillion". Unfall einer Reitpost. Bleistiftzeichnung Abb. bei Lotz |
Die Postkutscher
"Wahrlich, als Jupiter verlegen war, die Grobheit recht grob zu schaffen, da hauchte er ihr endlich die Seele eines preußischen oder sächsischen Postillions ein, und siehe! das Werk war gelungen. Man nehme sich vor, so fest man wolle, mit diesen Leuten in keinen Streit zu geraten, man spende das Geld mit vollen Händen, es ist alles einerlei, sie sind nie zufrieden, und so außerordentlich reizbar, daß auch die sanfteste Ermahnung, etwa ein wenig schneller zu fahren, sie gleich in eine Art von grober Wut versetzt."
Lt. Dienstanweisung...
Leider ist bei Glaser nicht angegeben, aus welchem Jahr die Vorschriften stammen bzw. wo und wie lange sie Geltung hatten. Auch fehlen Aussagen zum Umgang mit den Pferden. |
"Es nimmt bei diesem Anforderungsprofil nicht wunder, daß der Beruf des Postillions zumeist von handfesten Personen ausgeübt wurde, denen häufig die im Umgang mit den zarter besaiteten Passagieren nötige Sensibilität fehlte. Auch der häufige und regelmäßige Konsum von alkoholischen Getränken wird hierzu beigetragen haben. Da der Lohn bescheiden und zudem ständig von Abzügen für Verspätungen oder selbstverschuldete Beschädigungen bedroht war, blieb ein Nebenverdienst häufig die einzige Möglichkeit, ein adäquates Einkommen zu erreichen.
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Ein weiterer willkommener Nebenverdienst war das Pausieren in Gasthöfen. Der Kutscher konnte nach Lust und Laune rasten, essen und trinken. Meist hatte er zudem eine Abmachung mit dem Wirt, wonach er an den Einnahmen beteiligt wurde. Beschwerden geprellter Passagiere über absichtlich lange Aufenthalte, die zu einer möglichst umfangreichen Zeche animieren sollten, sind unzählig und variantenreich. Eventuelle Ähnlichkeiten mit Praktiken des modernen Massentourismus wären natürlich rein zufällig. |
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1890 "Posthornklänge". Ölgemälde von Friedrich Ortlieb (1839-1909) |
Auch noch aus anderen Gründen mussten die Passagiere warten:
"Da der Kutscher meistens jung ist, so spielt neben Vater Bacchus auch Frau Venus in den Geschäftsgang sehr merklich hinein. Damals war kein Wirtshäuslein talauf und -ab, in welchem unser Hänsele nicht beiden Gottheiten opferte." Diese Bemerkung des genervten Touristen Ludwig Steub (1812-1888) bezieht sich auf eine Fahrt von Innsbruck nach Landeck [zit. bei Glaser S. 294], aber anderswo wird es nicht viel anders gewesen sein.
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Die Wagen
Während es zuvor für die Nachrichtenübermittlung von Ort zu Ort nur die (reitenden) Boten gegeben hatte, kam in der 2. Hälfte des 17. Jh. auch der Fuhrverkehr im Postwesen auf. Zunächst war es die Karrig, ein zweirädriges Fuhrwerk, oder der vierrädrige Leiterwagen. Eigentlich zur Paketbeförderung bestimmt, nahmen sie nach und nach auch Reisende mit.
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Deutsche Briefpost, sog. Brieffelleisen: ein zweirädriger Karren, von einem Pferd gezogen. |
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Zweirädrige Postchaise. Der Kutschersitz war an der nach vorne zu öffnenden Tür befestigt. |
Im 17. Jh. wurden die Riemen durch hölzerne und dann durch stählerne Blattfedern ersetzt, die mittlerweile eingeführten Türen und Fenster der Wagen verglast. Allerdings waren diese Verbesserungen zunächst den Prunkkutschen der Adeligen vorbehalten und setzten sich im öffentlichen Personenverkehr erst später und nur ganz allmählich durch. [Glaser S. 293]
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Um 1825 "Postwagen nach Gotha" Lithographie von Georg Emanuel Opitz |
In den 1820er Jahren begannen sich in Deutschland die Eilwagen (in Preußen Schnellpost genannt) zu verbreiten. "Diese Eilwagen sah man in späterer Zeit zu Hunderten und von allerlei Formen." [Ginzerot S. 194]
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Um 1820 Das Gemälde von Kurt Knüttel zeigt eine preußische Diligence (Eilpostwagen). |
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Um 1860 "Nur die Gedanken sind zollfrei." Detail einer Heliogravure nach einem Gemälde von Carl Spitzweg (1808-1885) |
Die PostpferdeWie die alten Abbildungen zeigen, hat es sich bei den in Deutschland arbeitenden Postpferden anscheinend meist um leichtere, nicht sehr große Warmblüter gehandelt. Fast immer tragen sie Kumtgeschirre, teilweise Scheuklappen. |
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1823 Bayerischer Postillion |
Eventuell vorhandene romantische Vorstellungen beseitigt eine Denkschrift des kursächsischen Freiherrn von Fritsch. Sie wurde 1762 verfasst und behandelt die Reorganisation der kursächsischen Landwirtschaft nach dem Siebenjährigen Krieg: |
"Von Pferden ist anizo die Rede, welche auch aus Bosheit, um sich derer schuldigen Frohndienste zu entbrechen, viele in guten Stand zu setzen, wenn sie auch darzu vermögend, werden an sich kommen lassen." Das heißt: Man vernachlässigte die Pferde, um sich vor den Frondiensten drücken zu können.
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An den verschiedenen Horn-Signalen, mit denen die Postillione ihre Ankunft ankündigten, konnte die nächste Poststation schon die Anzahl der bereitzustellenden Pferde erkennen. Soweit die Theorie. In der Praxis konnte so ein Pferdewechsel lange dauern, auch deshalb, weil - wie in einem Reisebericht um 1800 vermerkt - die "frischen" Pferde erst von der Feldarbeit hereingeholt werden mussten. [Lang S. 329]
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Um 1840 Postwagen Kolorierter Stahlstich Nach fortgeschrittener "Fahrkunst" und fitten Pferden sieht das nicht aus. |
In vielen Reisebeschreibungen wird die unendliche Schwerfälligkeit und Langsamkeit der Personenpostwagen beklagt, was angesichts der Straßenverhältnisse und der überstrapazierten, oft mangelhaft ernährten Pferde nicht verwundern kann. |
Anspannungsarten der PostwagenPostwagen wurden ein- bis sechsspännig gefahren, je nach Art des zu befördernden Gewichts, der zu bewältigenden Strecke und der Verfügbarkeit der Pferde. Fünf- und sechsspännige Postkutschen waren in den Alpen unterwegs, und das - wenn man den teils sehr eindrucksvollen Gemälden glauben darf - offenbar in flottem Tempo. Im Bergischen Land half man sich mit Vorspannpferden, wenn es steil bergauf ging. |
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Einspänner Paketpostwagen vor dem Reichspostgebäude in Straßburg |
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Zweispänner, hier mit Sielengeschirr "Ansicht des Fürstlich Thurn und Taxischen Palais 1834". Aquarellierte Handzeichnung von (Karl?) Harveng |
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Dreispänner mit Kumt-Anspannung Um 1870 "Winterreisende". Ausschnitt aus dem Ölgemälde von Wilhelm Alexander Meyerheim (1815-1882) |
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Dreispänner 1870 "Ankunft der Postkutsche in Partenkirchen". Detail aus dem Ölgemälde von Adolf Schmidt |
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Vierspänner |
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Vierspänner "Die Leipziger Straße in Berlin". Detail einer kolorierten Radierung von Friedrich August Schmidt (1796-1866) |
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Fünfspänner 1873 "Gotthardpost". Ausschnitt aus dem Ölgemälde von Rudolf Koller (1828-1905) |
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Sechsspänner 1888 "Ankunft der Alpenpost von Partenkirchen nach Innsbruck". Ausschnitt der Kaltnadelradierung von Hans W. Schmidt |
Die Abbildungen sind in vielerlei Hinsicht aufschlussreich. U.a. ist zu sehen, dass die Postwagen auf unterschiedliche Weise gefahren wurden: Mal sitzt der Postillion oben auf dem Bock, teils in sehr luftiger Höhe über den Pferden, mal leitet er das Gespann - bei Zwei- und Mehrspännern - vom links vor dem Wagen gehenden Pferd aus, mal (hier beim Sechsspänner) - sitzt einer auf dem Bock und einer auf dem linken Vorderpferd - und mal geht er nebenher. |
Quellen:
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