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Brücker Mühle - Evertzmühle - Bonsmanns Mühle
(Pilghauser Bach)


Um 1978/1989   Brücker Mühle
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
    -   Everts (Evertz)
    -   Bonsmann
    -   Weitere Müller, Bäcker, Pächter...
Das Ende
Namen



Lage

An dem kurzen Straßenstück "Brücke" zwischen Aufderhöher Straße und Neuenkamper Straße steht ein auffallendes helles Wohngebäude mit klassizistischen Stilmerkmalen. Ungezählte Verkehrsteilnehmer fahren täglich daran vorbei oder stecken davor im Ampelstau. Man sieht dem Haus nicht an, dass es sich um eine einstige Wassermühle handelt: die Brücker Mühle.

Dieses Straßenstück in der Talsohle zwischen Aufderhöhe und Höhscheid wurde bis etwa 1850 mit 'Im Loch' bezeichnet. "Bis zu dieser Zeit standen dort nur drei Häuser, zwei davon waren Schenkwirtschaften, eigentlich Fuhrmannskneipen." (Auch im nahegelegenen Hof Brachen durften damals 'geistige Getränke' verkauft werden.) [Weiland] Hier konnten sich die Fuhrleute nicht nur stärken, sondern auch Vorspann für ihre Fuhrwerke mieten, um mit Hilfe zusätzlicher Pferdekräfte die steile Strecke nach Höhscheid bzw. Aufderhöhe bewältigen zu können.

  Aus der Vergangenheit von Aufderhöhe - Der alte Fuhrmannsbetrieb

Obwohl am Nacker Bach gelegen, bezog die Brücker Mühle das Wasser zum Antrieb nicht allein von diesem, "sondern in weit größerem Maße vom Pilghauser Bach. Der Mühlenteich befand sich dicht neben der Straße von Brücke nach Unten-Katternberg [Nöhrenhauser Straße], während vom Nacker Bach aus nur ein kleiner Wassergraben zur Mühle führte." [Lunkenheimer]

Der Pilghauser Bach wurde am Nöhrenkotten unter der Straße her geführt und weitete sich dann zum Stauteich. Auf der Karte des Topographen Hofacker von 1898 ist der längliche Stauteich zu erkennen.




 
2008
Nöhrenkotten



Geschichte und Eigentümer

Eigentümer Gebrüder Everts (Evertz)

Im Dezember 1846 teilte der Höhscheider Bürgermeister Peter Höfer im Solinger Kreis-Intelligenzblatt mit, dass die Brüder Abraham und Isaak Everts zu Kohlsberg auf ihrem Höhscheider Grundstück eine Fruchtmühle zu erbauen beabsichtigten:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 16. Dezember 1846

Die Gebrüder Abraham und Isaac Evertz zu Kohlsberg hierselbst wohnhaft, beabsichtigen auf ihr Grundstück Flur 7, Nro. des Grundstücks 337 Bracher-Wiese-Ackerland genannt, eine Frucht-Mahlmühle zu bauen.

Nach § der Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845, wird dieses Unternehmen mit mit der Aufforderung bekannt gemacht, daß diejenigen, welche sich durch diese Anlage in ihren Rechten beeinträchtigt glauben, dies in einer Präklusiv-Frist von vier Wochen, bei der hiesigen Stelle anzumelden haben, wo der Situationsplan bis dahin zur Einsicht offen liegt.

Höhscheid, den 14. December 1846.
Der Bürgermeister: Höfer.


Höfer
 
Johann Peter Höfer (1773-1852)
Bürgermeister in Höhscheid (1821-1849)

Es war nicht das erste Unternehmen der Gebrüder Everts: Schon 1832 hatten sie einen verfallenen Schleifkotten durch einen neuen ersetzt: den Evertskotten [Lunkenheimer S. 152], gelegen am Nacker Bach unterhalb der Schirpenbrucher Mühle.

Für den Betrieb der neuen Mühle sollte das Wasser des Nacker Bachs benutzt werden.

Damit waren andere Nutzer des Baches allerdings nicht einverstanden: Am 9. Januar 1847 erhob Friedrich Schaaf, Eigentümer des oberhalb liegenden Nöhren-Kottens, Einspruch gegen den Mühlenbau, da das Gefälle des Nacker Baches nicht ausreiche.

Auch Johann Abraham Küll und Carl Wilhelm Decker vom Brachen erhoben Einspruch gegen das Vorhaben, da der bisher über den Hof verlaufende Höhscheider Bach in den künftigen Mühlenteich umgeleitet werden sollte. Das Wasser dieses kleinen Baches ("Bracherwasser" genannt) wurde aber vom Hof als Trinkwasser genutzt. [Weiland]

Nachdem die Einwände der Beschwerdeführer vom Höhscheider Bürgermeister ausgeräumt worden waren, erteilte die Regierung in Düsseldorf am 28.12.1847 die "Concession" zum Bau und Betrieb der Mahlmühle. Bürgermeister Höfer bestimmte, dass die Gebr. Everts mit Friedrich Schaaf einen Pegel setzen müssten. [Lunkenheimer]

"»Da nur sehr wenig Wasser angestaut werden konnte, beschlossen die Gebr. Everts, das Wasser des Pilghauser Baches, welches ungenutzt in den Nacker Bach floß, zum Antrieb ihrer Mühle zu benutzen. Sie ließen neben der Straße von Brücke nach Unten-Katternberg einen langen schmalen Sammelteich anlegen, der gleichzeitig das Wasser des Pilghauser Baches zur Mühle führte.«

Da die Mühlenanlage nicht ganz nach dem Plan des Geometers Nonnenbruch vom Mai 1847 ausgeführt wurde, erteilten die Gebr. Everts dem Geometer Stiehl den Auftrag, die ganze Anlage nochmals aufzunehmen. In dem Erläuterungsbericht dazu heißt es:

»Die Mühle hat drei Mahlgänge. Es wird gleichzeitig auch das Wasser des Katternberger Baches (Pilghauser Bach) benutzt, indem das Wasser des ersten Baches (Nacker Bach) gegen die Achse, das des zweiten aber oberhalb in die 3te Schaufel des Rades fällt.

Zur Erbauung der Fruchtmahlmühle unter Benutzung des Nackerbaches ist seitens der Königl. Regierung die Konzession unterm 19. April 1847 und zur Benutzung des Wassers des Katternbergerbaches unterm 2ten August desselben Jahres erteilt worden.«"

[Lunkenheimer / StA Solingen Gem. Höhscheid G-1-35]

  Über die Stauanlagen der Bachkotten und Mühlen

Trotz des Zuflusses aus beiden Bächen reichte die Wasserenergie nicht aus, um die Mühle rentabel zu betreiben. Am 25.10.1849 beantragten deshalb die Gebr. Everts bei der Regierung zu Düsseldorf die Konzession für die Aufstellung einer Dampfmaschine. Neben ihrer Mühle wollten sie auch eine Schleiferei einrichten. Bürgermeister Berger informierte, wie üblich, durch die Presse:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 10. Juli 1850

Die Herren Gebrüder Isaac und Abraham Everts zur Brückermühle, hiesiger Gemeinde, beabsichtigen: an ihrer dort gelegenen Mahlmühle, zur besseren Betreibung derselben und zur Einrichtung einer Schleiferey, eine Dampfmaschine anzulegen.

Indem ich dies Unternehmen, nach §. 29 der Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845, zur öffentlichen Kenntniß bringe, fordere ich diejenigen auf, welche sich durch diese neue Anlage in ihren Rechten gekränkt glauben, etwaige Einwendungen dagegen binnen einer Präklusiv-Frist von vier Wochen, bei unterzeichneter Stelle anzumelden, woselbst auch die Situations-Pläne zur Einsicht offen liegen.

Höhscheid, den 8. Juli 1850.
Das Bürgermeister-Amt. P.D. Berger.


Am 21. August 1850 wurde die Konzession zum Aufstellen einer Dampfmaschine erteilt. Damals begann sich die Dampfkraft in Solinger Mühlen und Schleifereien durchzusetzen.

Allerdings konnte der Betrieb noch nicht aufgenommen werden, da die Kesselanlage nicht den Vorschriften entsprach bzw. "eine Wasserdruckprüfung nicht attestiert war". Erst am 15. August 1851 wurde die Betriebserlaubnis erteilt. [Bauermann / StA Solingen Gem. Höhscheid-1983]



Als nun die Dampfmaschine mit einer Leistung von 6 PS ihre Arbeit aufnehmen konnte, sahen sich die Gebr. Everts nach Mietern für ihre Schleifstellen mit der noch ungewohnten Dampfkraft um:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 4. Oktober 1851

Unsere Dampfmaschiene von sechs Pferdekraft steht für Schleifer mit Schleiflokal zu vermiethen.
Auch steht es dem Anpächter frei, dieselbe einige Zeit zur Probe zu gebrauchen.
Brückermühle, den 2. October 1851.
Gebr. Everts.


1855 wurde der Geometer Stiehl von Abraham Everts mit der Neuvermessung des Nivellements beauftragt. 1855/1856 vergrößerten dann die Gebr. Everts ihren Wassersammelteich an der Nöhrenhauser Straße. 1856 bemühten sie sich nachträglich um die vorgeschriebene Konzession:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 16. April 1856
Oeffentlicher Anzeiger Nr. 34 vom 23. April 1856, Nr. 662

Die Herren Gebrüder Abraham & Isaac Evertz beabsichtigen für die bereits ausgeführte Anlage des Wassersammelteiches längs dem Katternberger Gemeindewege an ihrer Mahlmühle zu Brück in hiesiger Gemeinde die vorgeschriebene Concession nachträglich zu erwirken, den Stauspiegel in demselben zu erhöhen und den Gemeindeweg derart aufzuhöhen, daß die Krone desselben 1 Fuß über den höchsten Stauspiegel zu liegen kommt.

Wer gegen dies Unternehmen etwas einzuwenden hat, kann in einer Präklusivfrist von 4 Wochen bei hiesiger Stelle Beschwerde dagegen erheben, woselbst auch die Situations- und Nivellementskarten zur Einsicht offen liegen.

Höhscheid, den 12. April 1856
Der Bürgermeister: P.D. Berger.


Die Genehmigung wurde erteilt, verbunden mit einer weiteren Auflage zur Minderung der Unfallgefahr: Es "... war auf Kosten des Antragstellers die Straßenseite am Teich mit einem starken Zaun zu sichern, hinter welchem noch Bäume gepflanzt werden konnten." [Weiland / StA Solingen H-1986]

Abraham und Isaac Everts sind übrigens nicht in den Bürgerlisten der Gemeinde Höhscheid verzeichnet. "Lediglich besagt die Bürgerliste von 1870, daß die Witwe Isaac Everts, Rosalie geb. Bonsmann, am 9. Mai 1870 von Merscheid in Brücke zuzog, als Beruf ihres verstorbenen Mannes ist Schleifer angegeben. Es ist nicht festzustellen, ob die Gebrüder Everts überhaupt in Brücke gewohnt haben." [Bauermann]




Eigentümer Bonsmann

1865 fand ein Eigentümerwechsel statt; aber die Mühle blieb in der Verwandtschaft. Am 23. November veräußerte Abraham Everts seinen gesamten Besitz für 13 300 Taler an den Rentner und Gutsbesitzer Peter Daniel Bonsmann [1870 bei Bauermann als "Müller und Bäcker" bezeichnet]. Nach Abzug aller Schulden und Verpflichtungen blieben dem Verkäufer letztlich nur 856 Taler übrig. [Weiland]

"[...] Am 29.12.1870 zog von Merscheid der Müller und Bäcker Peter Daniel Bonsmann, * Gräfrath 3.11.1810, + Brücke 6.8.1895, Sohn der Eheleute Landwirt Johann Peter Bonsmann und Anna Cartharina Pauls zu Dyk bei Gräfrath, in die Brücker Mühle, er ist in den Bürgerlisten der Gemeinde Höhscheid als Eigentümer der Mühle bezeichnet.

Wahrscheinlich hat Pet. Dan. Bonsmann aber die Mühle nicht selbst bewirtschaftet, denn bereits am 12. Oktober 1870 war der Müller und Bäcker Carl Bonsmann, ein Neffe von Pet. Dan. Bonsmann, von Kottendorf, in die Mühle gezogen. Er wurde in Gräfrath am 5.7.1848 geboren und starb in Brücke am 24.7.1906. Am 31.10.1872 verehelichte er sich mit Bertha Richartz, * Burscheid 16.4.1856, einer Tochter von Robert Richartz in Burscheid. Wie aus den Bürgerlisten hervorgeht, hatte er die Mühle von seinem Onkel gepachtet. Sein Vater, der Landwirt Wilhelm Carl Bonsmann zu Kottendorf, kaufte ihm später die Mühle."

[Bauermann]


Nach Recherchen von Gerd Weiland übertrug Peter Daniel Bonsmann die Brücker Mühle am 12.11.1888 an seinen Neffen und Pächter Carl Bonsmann. Infolge Erbregelung vom 30.11.1899 fielen ihm auch die Immobilien seines Onkels Peter Daniel sowie seiner Tante Rosalie verw. Everts zu.

Nach Carl Bonsmanns Tod im Jahr 1906 "... hat seine Witwe zunächst die Mühle verpachtet an die 1907 von Leichlingen zugezogene Bernhardine Meredig * [in] Ueberruhr 24.05.1877, verh. mit Wilhelm Meredig, * [in] Jannschkau [Januschkau, Ostpreußen?] 25.10.1866, die die Mühle und Bäckerei weiter führte; ihr Mann ist als Geschäftsgehülfe bezeichnet." [Bauermann]

Später verpachtete Bertha verw. Bonsmann die Mühle an Wilhelm Hakenberg. [Weiland] Am 23.4.1913 verzog sie nach Köln. [Bauermann]




Weitere Müller, Bäcker, Pächter...

Ein Müller und Bäcker lässt sich 1859 im Taufregister der ev. Kirchengemeinde St. Reinoldi Rupelrath nachweisen: Wilhelm Pohlig und Mathilde Bonsmann von Brücke lassen am 09.01. Töchterchen Ida taufen. [Weiland]

1861 wohnte lt. Adressbuch der verwitweten Müller und Bäcker Julius Hill in der Brücker Mühle (Brücke 702 1/2), der ein paar Jahre später (1870) Müller in der Hackhauser Mühle war.

1864 nennt das Adressbuch in der Mühle den Müller und Bäcker Karl (Carl) Pauls, * 1815, Sohn des 1789 geborenen Peter Daniel Pauls. Sein Nachfolger wurde der Müller und Bäcker Glasmacher, * 1809, der am 13.12.1870 nach Evinghoven im Kreis Grevenbroich verzog. [Bauermann / Druckfehler bei Lunkenheimer]

Die Recherche von Gerd Weiland (2009) ergab, dass der Pächter Joseph Glasmacher aus Evinghofen seinen sechsjährigen Pachtvertrag, den er am 19.03.1868 eingegangen war, nicht erfüllt hatte. "Erstaunlich ist, dass in dem sehr detailliert beschriebenen Pachtobjekt eine Dampfmaschine nicht mehr erwähnt wird. Sie war wahrscheinlich schon verkauft. Außerdem geht aus dem Vertrag hervor, dass er die Immobilie zu den gleichen Bedingungen übernehmen musste wie Vorpächter Ferdinand Leimberg. [...] Die häufig und schnell wechselnden Pachtverhältnisse lassen vermuten, dass Mühle und Bäckerei nicht sehr einträglich waren." [Weiland]




Das Ende

Am 14.12.1928 verstarb Bertha Bonsmann. [Weiland]
Seit 1931 ist die Mühle lt. Lunkenheimer nicht mehr in Betrieb.

Der Nöhrenkotten sowie das 'Ackergütchen Kohlsberg Nr. 15' wurden über den Testamentsvollstrecker Karl Fischer verkauft. Der Konditor und Bäcker Max Bonsmann (1889-1953, Sohn von Carl und Bertha Bonsmann) übernahm von den Miterben das Haus Aufderhöher Straße Nr. 4 (die ehemalige Mühle) und betrieb dort ein Bestellgeschäft für Backwaren.

  Der Konditor Max Bonsmann kann also nicht, wie Lunkenheimer auf Seite  153 schreibt, 1892-1899 Besitzer des Anwesens gewesen sein.

Die Erben verpachteten die Mühle an den Konditor Manfred Kuckenberg, der den Betrieb um 1954 erweiterte und dort ein Café einrichtete.

Die hinteren Gebäude mit dem Schornstein für die Dampfmaschine wurden vor 1962 niedergelegt.

Um 1975 endete die Geschichte des Hauses als Gewerbebetrieb und Café mit seinem Umbau zum Mehrfamilienhaus. [Weiland]




 
Brücker Mühle
Die Heimat 8/1962

Wie die Buchstaben über den Fenstern signalisieren, ist hier zeitweise Hitdorfer Pils ausgeschenkt bzw. verkauft worden.



Namen

1846   Brüder Abraham und Isaak Everts
1861   Julius Hill
1864   Carl Pauls
vor 1868   Ferdinand Leimberg
1868-1870   Wilhelm (Josef?) Glasmacher
1870   Peter Daniel Bonsmann
1870   Carl Bonsmann
?-1953   Max Bonsmann
1907   Bernhardine Meredig
? Josef Hakenberg
1954   Manfred Kuckenberg


Quellen:
  • Adressbücher Höhscheid
  • Bauermann, Otto: Weil die Wasserkräfte nicht ausreichten. Die Heimat 08/1962 S. 31
  • Lunkenheimer (1990) S. 152 f
  • Oeffentlicher Anzeiger, Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf Nr. 34 vom 23.04.1856, Nr. 662
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 16.12.1846 / 10.07.1850 / 04.10.1851 / 16.04.1856 [SKIB]
  • Stadtarchiv Solingen: Akten Gem. Höhscheid G-1-35 / Bürgerbuch [StA]
  • Weiland, Gerd: Die Brücker Mühle (04/2009)
  • Zeitschrift des Vereins für Technik und Industrie 1932 Nr. 12

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