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Höhscheid (Solingen)

1922 veröffentlichte Max Schmidt in seinen "Geschichtlichen Wanderungen" einen kleinen Einblick in Vergangenheit und Sagen-Fundus des bis zum 1. August 1929 noch selbstständigen Solinger Stadtteils Höhscheid, hier ergänzt durch einige Anmerkungen.


Siegel Höhscheid
1923   Siegel von Höhscheid
 

  Einzelne Hofschaften
  Kirchenbauten in Höhscheid
  Alte und ehemalige Schulgebäude
  Bilder aus dem Bergischen Land



Geschichtliche Wanderungen

Höhscheid

Geschichtliche Wanderungen durch Solingen
Stadt und Land

Von  Max Schmidt (1922)

"Die Bürgermeisterei Höhscheid ist ebenso wie die Bürgermeisterei Ohligs bei Erlaß der neuen Verwaltungseinteilung im Jahre 1808 gebildet worden. Ihre eigene Geschichte ist deshalb noch nicht so sehr alt und fällt größtenteils mit der Geschichte des früheren Amtes und Kirchspiels Solingen zusammen, zu dem sie ehemals gehörte.

Sie wurde im Jahre 1808 aus den Honnschaften Widdert, Höhscheid, Katternberg und Rupelrath gebildet. Napoleon, der bestimmte, daß keine der neu zu bildenden Gemeinden mehr als 60 Minuten im Durchmesser und nicht mehr als ungefähr 3000 Einwohner haben sollte, machte in diesem Falle eine Ausnahme, und zwar mit Rücksicht auf die gewerblichen Verhältnisse.

So war die Bürgermeisterei Höhscheid räumlich die größte des Kreises Solingen und hatte auch mit etwa 4000 Seelen die größte Einwohnerzahl. Zur Zeit ihrer Bildung wies die Bürgermeisterei Höhscheid bessere Vorbedingungen für die heimische Industrie auf als jede ihrer Nachbargemeinden, besaß sie doch an der Wupper und an den verschiedenen Bächen nicht weniger als 200 Betriebe mit Wasserkraft. Da man in damaliger Zeit Dampfkraft und Elektrizität nicht kannte, war die Wasserkraft für die Industrie sehr wichtig.

Es ist eigenartig, daß die Gemeinde, die ehemals die gewerbreichste war und die, wie H.v. Hauer in seinem Werke 'Statistische Darstellung des Kreises Solingen' schreibt, von allen Gemeinden im Kreise Solingen wegen ihrer dichten Bebauung die höchsten Bodenpreise hatte, in ihrer Entwicklung nicht in dem Maße voranschritt wie die anderen Gemeinden. Verständlich wird aber dieser Umstand, wenn man bedenkt, daß die räumlich große Gemeinde von den modernen Verkehrsmitteln, Eisenbahn und Kleinbahn, fast vollständig umgangen wurde."



 
2005
Höhscheider Rathaus,
Neuenhofer Str. 11.
Rechts daneben steht noch das
verschieferte ehemalige Bürgermeisterhaus.

Landwehr

"Es ist noch nicht so lange her, da war nicht einmal eine einzige Eisenbahnhaltestelle in der Gemeinde; wie viel Mühe und Opfer an Geld hat es gekostet, bis man wenigstens eine Personenhaltestelle zu Landwehr erhielt. Gegen die Einrichtung eines Güterbahnhofes zu Landwehr sträubt sich die Eisenbahnverwaltung noch; trotzdem ist die Forderung der Anwohner von Landwehr und Rupelrath sicher gerechtfertigt. Inzwischen ist Höhscheid insoweit in bessere [...] Verkehrsverhältnisse gekommen, als es von den Kleinbahnen des unteren Kreises Solingen durchfahren wird; eine Besserstellung im Güterverkehr ist aber noch nicht erfolgt."


Bahnhof Landwehr
 
Bahnhof Landwehr
Foto: Rheinische Post vom 21.01.1950
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Zum Foto oben ist in der Rheinischen Post vom 21.01.1950 zu lesen: "Die zu einem Bahnhof (hier besser Bundesbahn-Haltestelle genannt) gehörenden Anlagen sind auf das Hoheitsgebiet gleich zweier Gemeinden verteilt. Während der Gleiskörper der Strecke Solingen-Ohligs - Köln, die Blockstation, der Warteraum, die Sperre und die Bahnsteige von Solingen-Landwehr ohne jeden Zweifel auf dem Gebiet der Stadt Solingen liegen, gehört der Raum der Fahrkartenausgabe ebenso unbestritten zum Herrschaftsgebiet der Stadt Langenfeld.

Die Langenfelder machen seit einiger Zeit 'verzweifelte Versuche', die Haltestelle Solingen-Landwehr in Langenfeld-Landwehr umtaufen zu lassen. Sie finden aber Solingen abwehrbereit. Und das mit Recht, denn alles spricht ganz klar zu Solingens Gunsten. Ein Kuriosum aber ist der 'geteilte Bahnhof' auf jeden Fall. Allein das Schild 'Der Fahrkartenverkauf findet in der Gastwirtschaft Görtemüller statt', erhebt es zu dieser Kuriosität."


Bahnhof Landwehr
 
"Fahrkarten-Ausgabe Landwehr"
Die Ähnlichkeit mit dem Hof Lohmann ist kein Zufall, wenn auch die unbebaute Umgebung heute etwas ungewohnt wirkt.

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 

Das war 1922. Auch dieser Bahnhof oder Haltepunkt ist, wie die dampfenden schwarzen Loks, längst Historie. - Aber weiter mit Max Schmidt:


"Ist die Geschichte der Bürgermeisterei Höhscheid noch nicht sehr alt, so ist dafür aber die Geschichte der Einzelorte der Gemeinde um so älter und interessanter. Die ersten Ansiedlungen werden mindestens im ganz frühen Mittelalter, wenn nicht noch viel früher, erfolgt sein.

Der beste Beweis hierfür ist im südlichen Teile der Gemeinde, in der Nähe von Landwehr, gegeben. Hier befindet sich noch der große Wall, der im frühen Mittelalter zum Schutze des Landes gegen die fremden Heeresmassen angelegt wurde. Professor Clemen, der Provinzialkonservator der Rheinprovinz, schreibt in seinem Werke 'Kunstdenkmäler der Rheinprovinz' über die noch gut erhaltene alte Landwehr folgendes:

»Von der großen Wallburg bei Hilden zieht sich eine große Landwehr nach der Ortschaft Landwehr in südöstlicher Richtung der Bürgermeisterei Höhscheid hin. Die Landwehr ist an dem Feldweg zwischen Ohligs und Richrath wohl erhalten. Sie durchschneidet die Sandberge, vom Wingartsberg anfangend, bis zum Krippenberg. Im Anfang besteht sie als einziger Wall, später als Hauptwall mit zwei kleineren und niedrigeren Seitenwällen. [...]

  Krippenberg: Ehrenfriedhof an der Ohligser Schwanenstraße

Über die Landwehr von Rupelrath, den 'Fried', zog sich die Landwehr weiter zu einem Ringwall an der Stelle des jetzigen Ortes Wald.« Schon dieses alte und schlichte Verteidigungs- und Schutzwerk läßt also erkennen, daß in sehr früher Zeit Ansiedlungen vorhanden gewesen sein müssen."

  Wälle und Gräben sollen Mitte des 20. Jh. bei Landwehr noch erkennbar gewesen sein.


Höhscheider Hof

"Trotz dieses sicheren und unwiderlegbaren Beweises für frühe Ansiedlungen, und trotzdem verschiedene Umstände darauf schließen lassen, daß im 11. Jahrhundert schon Hofstätten in den verschiedenen genannten Honnschaften bestanden haben müssen, erhalten wir erst bedeutend später Nachricht von Höhscheid (Hascheyd), und zwar durch eine Urkunde aus dem Jahre 1241.

Die über die älteste Geschichte Solingens gegebenen Nachrichten bis zum Verkauf des Hofgutes an die Abtei Altenberg im Jahre 1363 umfassen auch den Höhscheider Hof, der dazu gehörte und im Volksmund noch heute 'Pfaffenhof' genannt wird. Die Abtei verpachtete den Hof. Der Pächter mußte als Pachtzins entrichten

auf St. Remigitag [= 1. Oktober] 48 Malter Hafer und 10 Malter Gerste;
zu Ostern ein fettes Kalb und 200 Eier;
zu Johanni [= 24. Juni] einen fetten Hammel;
zu Neujahr 6 Pfund Hartzucker und 1 1/2 Pfund schwarzen Pfeffer;
am Tage der jährlichen Rechnungslegung 1 Goldgulden für Wein und 1 Goldgulden Schüttelgeld;
jedes Vierteljahr einen Solinger Käse im Gewicht von 18 Pfund.

Wiederholt wurden von der Abtei Altenberg auf dem Höhscheiderhof Darlehn genommen, so im Jahre 1577 100 Goldgulden, die im Jahre 1584 wieder abgetragen wurden."



 
März 2006
Frühlingserwachen
am Höhscheider Hof



 
2006
Höhscheider Hof,
Domizil des in Solingen vielfach
mit seinen Werken vertretenen
Bildhauers Henryk Dywan


"Im Jahre 1753 wollte man bei einem Straßenbau in der Nähe des Hofes einen Steinbruch anlegen und stieß hierbei auf Bleierze. Nach einer anderen Ueberlieferung will man nach Schätzen, darunter einer silbernen Pumpe, gesucht haben, die ehemals die Altenberger Mönche auf dem Gute vergraben haben sollen.

Etwa ein Jahr später erteilte die Regierung die Erlaubnis zum Schürfen, und es entstand die Zeche 'Kleeblatt', die im letzten Jahrhundert verschiedene Male als Zeche 'Julie' wieder in Betrieb genommen wurde. Die Arbeit erwies sich jedesmal als nicht lohnend. Ein Stollen der Grube, die jetzt noch wertvolles Holzmaterial enthält, geht fast bis nach Katternberg.

Das Gut selbst wurde bei Aufhebung der Klostergüter durch Napoleon zu Anfang des vorigen Jahrhunderts verkauft. Jedoch hatte es schon längst nicht mehr so große Ländereien wie ehemals; denn es waren inzwischen mehrere andere Güter, so u.a. das Gut Neuenkamp, zu Ende des 17. Jahrhunderts aus seinen Ländereien abgetrennt worden."

  Die Säkularisierung erfolgte 1803 durch Maximilian Joseph, Herzog von Jülich-Cleve-Berg, später König von Bayern. 1809 hob Napoleon die Lehnsgüter durch Verordnung auf.



 
2005
Ehemaliges Steigerhaus
der Zeche "Kleeblatt"

Das Steigerhaus der Zeche "Kleeblatt" an der Neuenkamper Straße in Höhscheid war später Wohnsitz Solinger Künstler: Hier lebten der Kunstmaler Erwin BOWIEN (1932-1972) und der Dichter und Journalist Hanns HEINEN (1932-1961). Auch heute steht der Name einer Künstlerin an der Tür.


Schirpenbroich

"Wenn wir die schöne Landstraße von Höhscheid bis zur Ortschaft Brücke wandern und von dort den Weg nach Hasenmühle einschlagen, dann sind wir in wenigen Minuten an dem alten Rittersitze Schirpenbroich. Äußerst dürftig sind die Nachrichten, die uns von dem Geschlecht derer von Schirpe erhalten sind. Wahrscheinlich haben sie das Gutshaus zu Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut.

Das jetzt noch fast unverändert erhaltene Gutshaus rührt, dem Aeußeren und der Gesamtanlage nach zu urteilen, in seinen Plänen von demselben Baumeister her, der das Schloß Kaspersbroich erbaut hat. Dieses ist nämlich ungefähr in derselben Zeit entstanden. Es ist auch auffallend, daß Schirpenbroich und Kaspersbroich zu Anfang des 15. Jahrhunderts in der Hand eines Besitzers, und zwar des Kaspar von Perdsdorf, waren.

Schirpenbroich hat auch in der Geschichte des Amtes Solingen eine Rolle gespielt. Der genannte Kaspar Perdsdorf war von 1454 bis 1475 Amtmann von Solingen; er war der Nachfolger des früheren Johann von Hammerstein auf Grotenbeck, der das Amt ebenfalls lange Jahre inne gehabt hatte.

Während seiner Amtszeit im Jahre 1471 wurde Kaspar von Perdsdorf vom Herzoge Gerhard von Berg bestimmt, eine Grenzstreitigkeit zu schlichten, die zwischen der Abtei Altenberg und den Johanniterrittern zu Burg wegen des Solinger Fronhofes entstanden war. Die hierüber teilweise noch vorhandenen Akten geben einen guten Einblick in die damaligen Verhältnisse. Auch mehrere der späteren Besitzer von Schirpenbroich führten die Geschäfte des Amtmannes.

Daß vermöge dieser Ämter und dadurch, daß die Besitzer meist noch hohe Würden bei Hofe innehatten, das Gut zu Ansehen kam, ist leicht erklärlich. Aber nicht allein in der Verwaltungsgeschichte hat der alte Rittersitz eine Rolle gespielt, sondern auch in der Geschichte unserer 1809 aufgelösten Handwerksbruderschaften. 1690 wohnte der Handwerksobervogt Freiherr von Bottlenberg-Schirp dort. Damals beschäftigten sich hier die Sechsmänner der Bruderschaften und die Vertreter der Kaufleute mit den Streitfällen zwischen den verschiedenen Körperschaften.

Als die Macht der Bruderschaften zu Ende des 17. Jahrhunderts schon zum Teil gebrochen war, da befestigte der Handwerksobervogt in der der Waffenindustrie günstigen Zeit des Jahres 1690 erneut die Privilegien der Bruderschaften, und auch die privilegierten Kaufleute erfochten durch den sogenannten Schirpenbroicher Vergleich gegenüber ihren Konkurrenten, den Unprivilegierten, einen Sieg.

Aufgrund dieses Vergleichs, der in späteren Prozessen der Bruderschaften gegen die Kaufleute eine bedeutende Rolle spielte, wurde verschiedenen unprivilegierten Kaufleuten die Handelsberechtigung entzogen, die sie sich von der Zunft der Reider und Schwertfeger erkauft hatten.

Der Schirpenbroicher Vergleich war für die Solinger Industrie von grundlegender Bedeutung; er bestimmte, daß in Zukunft die Zünfte nicht einseitig die Lohnsätze aufstellen konnten, sondern daß dies mit den Kaufleuten gemeinschaftlich geschehen sollte. Auf Grund dieses Vergleichs wurde im Jahre 1709 eine neue Lohnsatzordnung aufgestellt. Seitdem die Bruderschaften ihrem Untergange entgegengingen, ist auch der für uns wichtigste Teil der Geschichte von Schirpenbroich zu Ende."


Schirpenbroich
 
Vor 1922
Haus Schirpenbroich
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen

Der alte Rittersitz Schirpenbroich (Schirpenbruch) an der Leichlinger Straße bzw. am Nacker Bach war ein ehemals freiadeliges Lehnsgut der Grafen von Berg und der Stammsitz derer von Schirpe. 1455 werden - so schreibt Max Schmidt an anderer Stelle - Diedrich und Eberhard von Overheid als Besitzer des Gutes genannt. 1561 wurde Bernhard von Overheid in Düsseldorf von Herzog Wilhelm ("dem Reichen") mit Haus, Mühle, Erbe und Gut zu Schirpenbroich belehnt, 1660 verkaufte Christow von Overheid Schirpenbroich an seinen Vetter, den Amtmann zu Mettmann Johann Friedrich von Metternich.

Dessen einzige Tochter heiratete den Kämmerer und Hofmarschall Freiherr von Wanghe, der so an den Rittersitz gelangte. Eine seiner Töchter heiratete einen Freiherrn von Spee, und der Rittersitz kam nun an dieses Geschlecht. Nacheinander ging er an verschiedene bürgerliche Familien über. 1922 war er im Besitz der Stadtgemeinde Höhscheid. [Schmidt (Schmidthäusler) 1922 S. 134 f]

  Einzelne Ritter- und Adelssitze im Bergischen Land


Rupelrath

"Wenden wir uns nun der geschichtlich reichen Gegend Rupelrath und ihrer Kapelle zu. Schon an die Errichtung der St. Reinoldi-Kapelle knüpfen sich mehrere Sagen.


So bringt eine Sage die Entstehung der Kapelle mit dem Bau des Kölner Domes in Verbindung. Einer der Werkleute soll seinen Hammer fortgeworfen haben, der aber nicht sofort zur Erde fiel, sondern die mindestens 5 Stunden lange Strecke durch die Luft geflogen und dann da, wo jetzt die Kapelle steht, zur Erde gefallen sein soll. Dieses eigenartige Wunder habe den Handwerker zum Bau der Reinoldi-Kapelle veranlaßt.

Eine andere Sage meldet: Der Baumeister des Kölner Domes hatte sich eines Tages in dem großen Waldgebiete, das sich in unserer Gegend ausbreitet, verirrt. Nach langen Irrwegen tat er das Gelübde, daß an dem Orte, wo er Rettung finde, eine Kapelle errichtet werde. Er traf nun an der Stelle, wo jetzt die Kapelle steht, einen ortskundigen Mann, der ihm in höflicher Weise Auskunft und sogar auf eine größere Strecke das Geleit gab. Schon kurze Zeit später schritt der Baumeister zur Ausführung seines Gelübdes.

Eine dritte Sage erzählt, der hl. Reinold habe die Absicht gehabt, in der Einsamkeit der großen Wälder, die damals diese Gegend bedeckten, ein Kloster zu errichten. Zuerst habe er die Kapelle bauen lassen, sei aber mit seinen Arbeitsleuten in Streit geraten und erschlagen worden, wodurch der Gesamtplan nicht zur Ausführung kommen konnte."

  Bergische Sagen und Spukgeschichten

"Tatsache ist, daß die Kapelle schon mindestens im 14. Jahrhundert bestanden hat. Im Jahre 1718 fand ein Umbau und eine teilweise Erneuerung der Kapelle statt. Einige Mauerreste des alten Gebäudes sind dabei benutzt worden, doch wurde die Portalseite vollständig neu aufgeführt.

Die Kapelle diente ehemals dem katholischen Gottesdienste. Nach dem Religionsvergleich in Cleve im Jahre 1672 wurde sie den Evangelischen zugesprochen, da hier fast alle Einwohner zum evangelischen Glauben übergetreten waren. Bis zum Jahre 1840 war die Kapelle eine Filiale der Solinger Kirche, und der Gottesdienst wurde von den Solinger Pfarrern ausgeübt. Von da ab ist Rupelrath eine eigene Pfarre.

Schlicht und einfach ist das Kirchlein im Innern gehalten. Außer dem ehemaligen Taufstein, der jetzt die Kanzel trägt, ist nichts vorhanden, was auf hohes Alter hinwiese."


Das stimmt nicht ganz, denn im mittelalterlichen Chor wurden 1952 alte Wandmalereien freigelegt, die vielleicht bei der Erweiterung des Kirchenbaus 1718 weiß übertüncht worden waren. Wenn man Glück hat, ist die genagelte Kirchentür unverschlossen, und man kann einen Blick auf die Fresken werfen. Sie erinnern an die "bonten Kerken" im Oberbergischen, die allerdings aufwändiger gestaltet und farbiger sind. In der Wölbung des Chores ist das Jüngste Gericht mit Christus, Maria und Johannes dem Täufer zu sehen. In der Höllenszene wird eine mit armen Seelen gefüllte Schubkarre vom Teufel davongefahren. Die Himmelspforte erscheint als romanischer Kirchenbau.


"Ein merkwürdiges Bild hingegen bietet der Friedhof, der das Kirchlein umsäumt. Man kann wohl sagen, daß er der interessanteste Begräbnisplatz im oberen Kreise Solingen ist. Dort kann man die Entwicklung der Grabsteinkunst der beiden letzten Jahrhunderte studieren.

Der älteste Grabstein trägt die Jahreszahl 1702, ist also älter als der jetzige Kapellenbau. Ein Doppelstein mit den Jahreszahlen 1708 und 1719 zeigt die Hausmarke der Familie Dickes. Hübsche Verzierungen und erhaben gemeißelte Engelsköpfe rahmen die Inschriften ein. Sind diese Grabsteine auch keine besonderen Kunstwerke, so sollte man ihnen doch mehr Schutz angedeihen lassen, damit es ihnen nicht geht wie anderen Grabsteinen, deren Inschriften fast vollständig verwittert sind. Auch aus der Mitte des 18. Jahrhunderts sind noch mehrere Grabsteine erhalten, und anschließend finden sich Grabdenkmäler jedes Jahrzehnts bis in die Gegenwart."


 
Mai 2008
Die Reinoldi-Kapelle
in Rupelrath


  Kirchen in Solingen

Von der evangelischen Gemeinde Rupelrath ist ein Kollektenbuch vom 25. August 1783 erhalten geblieben. Diese Jahreszahl wird in der Geschichte des Wipperkottens immer wieder gern genannt. Wie es damals bei solchen Unglücksfällen üblich war, sammelten die Rupelrather für die Geschädigten eines folgenschweren Feuers, das im April in der etwas weiter östlich gelegenen Hofschaft Wippe gewütet hatte. Dem Brand waren mehrere Schleifkotten und Wohnhäuser zum Opfer gefallen.

  Schleiferei Wipperkotten - Geschichte, deren Quellen und die Abwege

In Rupelrath wird übrigens um 1753 der Schulmeister Joh. Peter Schmachtenberg genannt, der sich damals an den Kollekten für die Ausstattung der Rupelrather Kirche beteiligte. [Rosenthal 2 S. 23] - ein Name, der vielfach im Bergischen vorkommt, u.a. auch als Lehrer in Haan und Wülfrath (Düssel).



"An den Anfang des vorigen Jahrhunderts, in dem die hiesige Gegend von zahlreichen Räuberbanden heimgesucht wurde, erinnert eine Ueberlieferung aus der Gegend von Rupelrath, die sich ungeschwächt bis auf die heutige Zeit noch erhalten hat.

Vor dem Hause Rupelrath Nr. 6 stand bis vor einigen Jahren eine mächtige Linde, wie man sie nur selten in hiesiger Gegend fand. Weit und breit war sie unter dem Namen 'Schinderhanneslinde' bekannt. Zu diesem Namen war sie folgendermaßen gekommen: Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts war Schinderhannes mit seiner Räuberbande einer der größten Schrecken des Bergischen Landes. Zahlreich sind die abenteuerlichen und verwegenen Streiche, die ihm nachgesagt werden.

Eines Tages hatte er einen großen Ueberfall geplant auf ein Haus in Rupelrath, in dem sich eine Seidenweberei befand. Alles war für den Ueberfall vorbereitet. Vor dem Hause, dem der Ueberfall galt, stand eine mächtige Linde, die der Bande als Erkennungsmerkmal des Hauses gelten sollte. Unterhalb Gosse hatte die Bande ihre Waren und Pferde festgelegt. Bei dem Ausspionieren des Arbeitsfeldes hatte man aber nicht beachtet, daß es in Rupelrath zwei Häuser gab, vor denen eine große Linde stand; dieser Umstand sollte der Bande zum Verhängnis werden.

Die Räuber irrten sich in dem Hause und statteten dem unrichtigen einen Besuch ab. Als sie mit Gewalt die Türen einschlugen, da warf sich einer der Hausbewohner notdürftig in die Kleider, lief quer durchs Feld zur Reinoldi-Kapelle, wo er in der Nacht die Glocken läutete. Dieses ungewohnte Signal rief in wenigen Minuten die gesamten Bewohner der Umgegend zusammen, und es wurde eine Jagd auf die Räuberbande gemacht, die in aller Eile die Flucht ergriff. Von da ab hieß jene Linde, durch welche die Bande irregeführt wurde, die Schinderhanneslinde."

"Wenn wir von Rupelrath nach dem alten Lehnsgut Gosse wandern und dann rechts schwenken, sind wir in etwa 25 Minuten an der Wupper angelangt, und zwar an der sehr alten Hasenmühle. Sie ist mit mehreren hundert Morgen Land, die in der Gemeinde Höhscheid liegen, ebenso wie der jenseits der Wupper liegende Rittersitz Nesselrode, schon seit mehreren Jahrhunderten im Besitz der Freiherrn von Westerholt-Gysenberg."


Nesselrath
2004   Haus Nesselrath in Leichlingen an der Wupper
 
Nesselrath
2004   Auf der Flussseite gegenüber liegt die Solinger Wipperaue


Haasenmühle

"Bekannt ist die Hasenmühle dadurch, daß bei ihr eine Brücke über die Wupper führt, die von fast allen Fuhrwerken benutzt wird, die aus dem oberen Kreise Solingen in den unteren Kreis oder umgekehrt fahren.

Aus dem Jahre 1711 ist noch ein Mietskontrakt über die Hasenmühle erhalten geblieben, dessen Bedingungen einen Einblick in die damaligen Zustände gewähren. Arnold Robert von Nesselrode vermietet in dem Kontrakt Eberhardten Moller die Mühle nebst Garten und Bleichplatz auf 12 Jahre, und zwar für jährlich 88 Taler und 60 Albus Kölnisch, jeden Taler zu 80 Albus gerechnet.

Außerdem war Moller verpflichtet, den Pächtern von Nesselrode unentgeltlich das Korn zu mahlen und dem General von Bierund, wahrscheinlich einem Gläubiger des Besitzers, 44 Taler 30 Albus in jährlichen Raten zu zahlen und zwar so lange, bis anderweitige Vereinbarungen getroffen würden. Der Anmieter und seine Hausfrau waren weiter verpflichtet, die Gebäude aus eigenen Mitteln wieder aufzubauen, wenn sie durch Feuer zerstört würden. Der Pachtbrief sah damals schon eine halbjährige Kündigung vor.

"Im Jahre 1772 erhielt der Pachtvertrag den Zusatz, daß der Pächter gehalten sei, »ein ganz neu erbautes Stech über die Wupper« wieder herzurichten, falls es ruiniert würde. Das nötige Gehölz dagegen sollte der Besitzer liefern. Dieser Steg ist aber der Vorgänger der heutigen Brücke zur Hasenmühle."

Eine regelrechte Brücke entstand erst in der Franzosenzeit, als die Provinzialstraße Langenfeld-Solingen gebaut wurde. Früher ging der Fuhrverkehr von der südlichen Seite bei Horn durch die Wupper, durch die sogenannte Horner Furt. Sie stellte die Verbindung der alten Hansastraße her, die von Köln kam, Opladen, Leichlingen und Solingen berührte und bis nach Paderborn weiterging. Diese Straße ist jetzt teilweise noch vorhanden und zwar in dem Teil, der Leichlingen, Trompete, Rupelrath, Aufderhöhe, Löhdorf berührt und nach Solingen führt."


Die Haasenmühle wird auch auf der Karte von Ploennies von 1715 nur mit einem "a" geschrieben; auf der Hofacker-Karte von 1898 hingegen sind es zwei. Es kam nicht so genau, wie auch sonst bei Eigennamen. Ziel zahlreicher Ausflügler und Wanderer, wie unten erwähnt, ist die Haasenmühle bzw. das gleichnahmige Gasthaus auch heute.


Haasenmühle
 
2009
Haasenmühle

"Die Ortschaft Hasenmühle hat sich mehrere Jahrhunderte hindurch fast unversehrt erhalten. Sie ist alljährlich das Ziel zahlreicher Ausflügler. Und könnte man auch wohl in unserer Nähe ein schöneres Dörfchen finden, das hinter zahlreichen Obstbäumen so versteckt liegt? Wie reizvoll ist ein Spaziergang von Hasenmühle die Wupper herauf! Da sind vor allen Dingen das schöne Wipperaue, Friedrichsaue, Rüden u.a.

Zahlreich sind an diesen ruhigen Orten die Häuser, die mehrere hundert Jahre als sind. Und wie sagenreich ist das gesamte Gebiet! Von Zwergen und Rittern, die in früheren Jahrhunderten in jener Gegend gelebt haben sollen, weiß der Volksmund vieles zu erzählen.

Wir steigen nun den Berg hinan, besuchen das alte Widdert und gehen quer durch die Gemeinde. Die drei Täler, die wir kreuzen, sind das Weinsbergtal, das Pilghausertal und das Heidbergtal. Alle haben alte Ansiedlungen aufzuweisen. Es finden sich hier mehrere Gebäude mit Inschriften, die bis 1600 zurückreichen. Wenn wir den letzten Höhenrücken in der Nähe von Kotten erstiegen haben, dann sind wir am Bellenhäuschen, allwo im 7 jährigen Kriege [1756-1763] Peter Hahn, der biedere Schmied von Solingen, wohnte."


Der prominente Solinger Handwerker Peter Hahn (1720-1794) hatte für den Preußenkönig Friedrich II. als Söldner an mehreren Feldzügen teilgenommen. Die national-romantische Dichtung verklärte ihn zum Helden und zum Symbol echter "preußischer Gesinnung".

  Mehr über Peter Hahn


Rüden

"Am lebendigsten erhalten hat sich die Sage vom Totenstein bei Rüden. Als mächtiger Schieferfelsen soll er den Namen Totenstein dadurch erhalten haben, daß auf ihm die alten Germanen ihre römischen Kriegsgefangenen opferten. Eine weitere Sage, die wohl ein Körnchen Wahrheit in sich tragen mag, lautet so:


Am 4. Tage vor dem Christfeste des Jahres 1424 zogen in der Dämmerung die Jäger und Ritter des jungen Herzogs Robert von Berg von der Jagd heim nach Solingen. Tiefer Schnee erschwerte das Vorwärtskommen, und der schneidende Wind und die strenge Kälte trieben zur Eile. Da bemerkte man plötzlich, daß der junge Herzog verschwunden war; keiner wußte, wo er geblieben sein konnte. Man stieß ins Hifthorn, aber wie auch alle lauschten, es kam keine Antwort.

  Hifthorn, Jagdhorn aus einem stärkeren Rindshorn.

Plötzlich aber sprang vom Bergesabhange ein Rüde durch den tiefen Schnee heran, umkreiste den Zug mit kläglichem Gebell und ließ nicht nach, bis die Jäger beschlossen, ihm zu folgen. Rasch und freudig sprang jetzt der Rüde seitwärts durch Gestrüpp und über Gestein. Er führte die Jäger weit in die Wupperberge, wo der junge Herzog in der Nähe des Totensteines vor Kälte fast erstarrt aufgefunden wurde. Der Herzog hatte mit seinem Rüden einen Hirsch verfolgt und war hierbei von der Felswand abgestürzt.

Die Ritter trugen den Herzog nach Wupperhof, wo er sich bald von seinen Verletzungen erholte. Zum Dank ließ der Herzog später auf dem Totenstein ein riesiges Steinbild seines Rüden aufstellen, das hier bis ins 17. Jahrhundert gestanden haben soll; nach der Sage soll ein mächtiger Sturmwind das Steinbild den Abhang hinunter in die Wupper gestürzt haben. Bis heute heißt die Stelle aber noch immer 'am Rüden'.



  Mehr über Rüden und das Denkmal

Diese Sage, 1897 von Otto Schell mit Bezug auf Ziehnert: 'Preußens Volkssagen' noch etwas dramatischer wiedergegeben, ist sicher eine der bekanntesten des Bergischen Landes. Die Geschichte spielt zur Zeit des streitlustigen Herzog Adolf VII. Der hatte einen Sohn Ruprecht. Aber wer war Herzog Robert von Berg? "In der Stammtafel des Bergischen Regentenhauses [... von Zuccalmaglio ...] finden wir als Eltern des Jungherzogs den Herzog Adolf IX., vermählt mit Jolande v. Baar. Der Sohn Robert, welcher sich 1426 mit Maria von Geldern vermählte und 1429 oder 1434 kinderlos starb, kam nicht zur Regierung, da er seinen Vater († 1437) nicht überlebt hat." [Günther 1927] 1437 starb (auch) Adolf VII. Who is who?


Hackhausen

Abschließend berichtet Max Schmidt noch über Schloss Hackhausen: "Dort, wo die Gemeinden Höhscheid, Ohligs und Langenfeld zusammenstoßen, etwa eine halbe Stunde Weges vom Bahnhof Ohligs, aber zur Gemeinde Höhscheid gehörend, liegt Schloß Hackhausen. [...]"

  Über Schloss Hackhausen

Inzwischen gab es (weitere) Gebietsverschiebungen. Die erwähnten Örtlichkeiten sind immer noch eine Wanderung wert, aber nicht alle zählen noch zu Höhscheid. Schloss Hackhausen steht heute in Solingen-Ohligs. Und das aktuelle Postleitzahlenverzeichnis nimmt teilweise ganz andere Zuordnungen vor.


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Denkmäler



 


Das alte Kaiser- und Kriegerdenkmal stand an der Stelle des heutigen Denkmals an der Neuenkamperstraße / Bergerstraße. Bild-Quelle (Bild links): Stadtarchiv Solingen

Dieses freundliche Abbild von Kaiser Wilhelm I. mit etwas kurz geratenen Beinen auf umso höherem Sockel wurde von E. BREUER entworfen und um 1890 (1888?) am Höferplatz aufgestellt. Am 22. Juni 1935 ist der "Kleine Kaiser" wieder beseitigt bzw. entsorgt und 1937 durch ein dem Zeitgeschmack entsprechendes Ehrenmal ersetzt worden. - Den kleinen Kaiser gibt es noch: Ohne Sockel und ohne Helmspitze steht er in einem Höhscheider Privatgarten.

Das von Harry STRATMANN gestaltete Denkmal, das heute eine ganz andere, weitaus geringere Wirkung hat als zur Zeit der Errichtung, hatte Höhscheid seinen "Gefallenen Söhnen 1914 1918" gewidmet. Außerdem wird an die Namen der Höhscheider Toten aus den Kriegen 1866 und 1870/1871 erinnert.



 
Ehrenmal von 1937
an gleicher Stelle, Peter-Höfer-Platz.
So hell wirkt es jetzt nicht mehr.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



 
Sept. 2008
Kunst - kein Käse

Dieses wuchtige Denkmal ziert die Ecke Unnersberger Allee / Eichenstraße, gewidmet der "Freundschaft Solingen + Gouda. Seit 1957".

Die kantige Waschbeton-Skulptur der niederländischen Bildhauerin Josje SMIT war ein Geschenk der Partnerstadt Gouda. Eigentlich gedacht als "Spielplastik", wurde sie 1974 auf dem Solinger Mühlenplatz aufgestellt und 1998 im Zuge des Baus der Clemens-Galerien nach Höhscheid verlagert.

  Mehr dazu



Quellen:
  • Schmidt, Max (1922) S. 66-74
  • Schmidt, Max: Im Lande von Messer und Schere. Schmidthäussler (1922) S. 125-136
  • Clemen (1894)
  • Günther, Julius: Zur Einweihung des Rüden-Denkmals am 26. Mai 1927. Solinger Tageblatt vom 24.05.1927
  • Müller, Rolf (1992)
  • Rheinische Post vom 21.01.1950
  • Rosenthal Bd. 2 (1972)
  • Solinger Tageblatt vom 09.07.2008
  • Weyersberg, Albert: Die in den privilegierten Handwerken der Solinger Industrie vertretenen Familiennamen. MBGV 02/1895 S. 20-23
  • Zuccalmaglio, V.J.J. v., Geschichte und Beschreibung des Klosters Altenberg, Barmen 1836; zit. b. Günther

Weitere Literatur:
  • Leysieffer, Wilhelm: Haasenmühle. Ein alter Wohnplatz an der unteren Wupper. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, 86. Bd. 1973, S. 75-128

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