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Peter Hahn, der Schmied von Solingen

Peter Hahn  
Variante v. Zuccalmaglio (1839)
Variante Simrock (1839)
Variante Brangs (1939)
Anmerkungen Rosenthal (1972)

  Das historische Klingenschmied-Denkmal


Der Schmied von Solingen auf hohem Sockel.
Brunnenfigur, geschaffen von Wilhelm Albermann
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



Der prominente Solinger Handwerker Peter Hahn (1720-1794) war nicht, wie häufig zu lesen ist, Waffenschmied, sondern Messer- und Gabelschmied. U.a. bezeichnet ihn v. Zuccalmaglio als Gabelschmied [2. Bd. S. 505]; lt. Sterbe-Register war er Messermacher. Er hatte als junger Mann seine Familie verlassen und für Preußenkönig Friedrich II. als Söldner an mehreren Feldzügen teilgenommen. Das tat er zu einer Zeit, als das Bergische Land noch gar nicht preußisch war - was erst 1815 durch den Wiener Kongress geschah. Viele im Herzogtum Berg hielten damals jedoch nicht dem amtieren Carl Philipp Theodor von Sulzbach für ihren rechtmäßigen Landesherrn, sondern den König von Preußen.

Peter Hahn soll nach der Überlieferung (dokumentiert ist etwas ganz anderes) dem Bildhauer des "Denkmals des Klingenschmiedes" als Vorbild gedient haben, das 1895-1944 als imposanter Laufbrunnen auf dem Solinger Alten Markt gestanden hat. Diesen Brunnen gibt es nicht mehr. Heute verziert "Peter Hahn" - manchmal in Gesellschaft einer namenlosen Lieferfrau - als Aufkleber oder Chrom-Figur so manches Auto mit Solinger Kennzeichen.


Friedrich II. von Preußen
(1712-1786)
 

Die damalige kollektive (?) Verehrung für einen Söldner, der aus innerem Drang heraus seine Familie für Jahre im Stich lässt und für einen König in den Krieg zieht, der nicht einmal sein eigener ist, lässt sich wohl nur aus einer anderen Zeit heraus begreifen. Peter Hahn war nicht der einzige Solinger, der damals glaubte so handeln zu müssen. Zufällig ist es sein Name, der überliefert und seine Person, die zum Volkshelden stilisiert worden ist. Er hatte sehr viel Glück und eine geduldige Ehefrau und erreichte trotz seines gefährlichen Lebenswandels ein hohes Alter.





Vincenz von Zuccalmaglio
(1806-1876), "Montanus"
 
Variante v. Zuccalmaglio (1839)

Vincenz von Zuccalmaglio ("Montanus") berichtet 1839 ausführlich über den "biederen Schmied zu Solingen" und die geschichtlichen Rahmenbedingungen. Er scheint die Begeisterung des Protagonisten für den "Alten Fritz" zu teilen. Wenn ich seine Andeutung richtig deute, stammen die Detail-Kenntnisse aus mündlichen Überlieferungen mehrerer Generationen der Familie Hahn. Was davon wahr, was Ausschmückung ist, lässt sich wohl nicht mehr feststellen. Hier ein Auszug:


Peter Hahn,der biedere Schmied zu Solingen.

(Ein Beispiel von Heldenmuth und Unterthanentreue aus der Zeit des siebenjährigen Krieges.)

"Kurz vor dem siebenjährigen Kriege wohnte zu Limminghofen, einem aus den vielen gewerbereichen Weilern, die Solingen umgeben, der Gabelschmied Peter Hahn, der Sprosse einer sehr achtbaren Schwertfegerfamilie, die noch in der Nähe von Solingen heimisch. Er war im Jahre 1720 im Jacobshäuschen geboren.

Das Herzogthum Berg befand sich damals unter der friedlich stagnirenden Regierung des churpfälzischen Hauses, als in dem jungen Könige von Preußen Friedrich II. ein Heros auftrat, der, gleich den Helden des alten Griechenlandes, sein Volk zu großen Thaten erweckte.

Auch Peter Hahn, ein wackerer, an Leib und Geist kräftiger Jüngling, ein ächter Solinger, fühlte sich zu diesem wahrhaft deutschen Helden hingezogen und er verließ Eltern, Genossen und Heimath, um unter die Siegesfahnen des Einzigen zu treten. Doch that er dies nicht blos um der blutigen Lorbeerkränze theilhaft zu werden, sondern vornehmlich um das gute Recht, für sein Vaterland und den rechtmäßigen Landesregenten. [...]

Viele bergische Jünglinge, besonders aber aus der Gegend von Solingen und Elberfeld eilten zu dem preußischen Heere und auch der zweiundzwanzigjährige Peter Hahn trat im Jahr 1742 in ein königliches Infanterieregiment ein. Zwölf Jahre hindurch begleitete Hahn den Einzigen zu all den preiswürdigen Siegen über die Kriegsmacht von fast ganz Europa und kehrte dann, ein Genosse des Ruhmes, mit ehrenvollem Abschiede, mit ehrenvollen Narben in seine Heimath, nach Solingen, zurück.

Bald nach der Heimkehr heirathete er die Tochter des Abraham Kronenberg zu Kotten, Schwester des Abraham Kronenberg, Eigenthümers des Reckhammers zu Kottenhammer und trieb sein Gabelschmiedhandwerk mit dem größten Fleiße. Doch obgleich ihn, als Vater zweier Söhne, die Sorge für sein Hauswesen an die Heimath gebannt hielt, so lebt' er im Geiste doch noch auf den Feldern des Ruhmes, und die Großthaten, die Leutseligkeit und die Güte seines Königs hatten diesem sein ganzes Herz zugewandt, hatten die treue muthige Seele an den großen Geist gefesselt.

Um diese Zeit begann der dritte Schlesische, der sogenannte siebenjährige Krieg (1756-1763), und ein verderbendrohendes Ungewitter zog sich aus dem ganzen Europa gegen das beneidete Preußen zusammen. Rußland, Schweden, Frankreich und das deutsche Reich schoben gewaltige Streitkräfte gegen Friedrich den Einzigen. Da kam im Frühjahre 1757 der Prinz Soubise mit seinem übermüthigen Heere nach Rheinland-Westphalen.

In Solingen hielten das übelberüchtigte Fischer'sche Freicorps und einige andere französische Truppen Rasttage, und es ist wohl kein Wunder, daß der Veteran Peter Hahn jetzt wieder zu neuer Thatenlust geweckt und um seinen bedrohten König besorgt wurde.

Kaum hatte er die Nachricht von dem Einrücken fremder Kriegsleute erhalten, als er Sonntagsrock und Kittel über das Schurzfell warf und in das Gasthaus zum Himmel bei Ascheuer in Solingen eilte, wo er mehrere Franzosen in der Trinkstube fand, bei denen er sich um die Kriegsangelegenheit erkundigte. Da vernahm er, wie diese Franzmänner, mit Prahlworten nie zu kargen gewohnt, von seinem verehrten Könige gar klein und unziemlich redeten und unter Andern sagten: »Den großen Preußenfritz würden sie bald zu einem kleinen Männlein gemacht haben, Er solle nicht so viel Land behalten, daß er eine Ziege davon ernähren könne.« -

Da fing der alte Krieger Feuer, gleich nahm er eifrige Partei und suchte die Feldherrntugenden Friedrichs, von denen seines Erachtens des Krieges Ausgang abhing, in ein günstigeres Licht zu stellen. Von Streitworten kam es zu Schlägen. Wie der treue Hahn aus Liebe zu seinem Könige einst des feindlichen Kugelregens nicht geachtet hatte, so brachten ihn jetzo die Fäuste der feindlichen Ueberzahl nicht zum Schweigen. [...]

»Friedrich muß Hülfe haben« rief er in vollen Enthusiasmus, warf das Schurzfell von sich und stürzte aus dem Hause. Auf Mangenberg sahen ihn mehrere Bekannte die Straße so hastig eilen und fragten ihn, wo er hin wolle? »Friedrich Hülfe bringen« rief er und eilte vorüber. Mit gleichem Ausrufe grüßte er seinen Vetter Witte, der ihm bald darauf begegnete.

Hahn erzählte ihm den Vorfall im Gasthause zum Himmel, wie der von den Schelmenfranzosen gehört habe, daß des guten Friedrichs Sache gar schlimm stehe und wie die Prahlhänse schon glaubten, ihn im Sacke zu haben. Drum, sagte er ferner, habe er sich aufgemacht, um zu seinem alten Regimente zu kommen, dem Könige in seiner Noth beizustehen und dessen Feinden die üppige Prahlerei verleiden zu helfen.«

»Und Weib und Kind wolltet Ihr verlassen?« fragte Witte erstaunt: »Ihr wollt laufen in Händel, die Euch nichts angehen und die auch ohn' Euch geschlichtet werden, und denkt nicht an Eure Familie, die Ihr zu ernähren verpflichtet seid? Kommt, Gevatter, mit mir nach Hause zurück, denkt der Sache ruhiger nach bis Morgen, und dann wird Euch der Schwindel schon vergangen sein.«

»Ich habe mich bedacht, ich kenne meine Pflichten«, fiel Hahn dem bedächtigen Nachbar in's Wort: »der große Friedrich ist eigentlich der Herr dieses Landes, ihm hab' ich geschworen, zu Wasser und zu Lande getreu zu dienen wie ein ehrlicher Kerl; ein Schurke wär' ich, wollt' ich sagen, daß mich meines Herrn Noth nichts anginge. Dächten Alle so wie Ihr, so wär' er schon verloren, aber was ich vermag, will ich ihm bringen, diese Arme und ein treues Herz. Geht Ihr zu meinem Weibe und sagt Ihr, daß es nicht anders sein kann. Sie hat noch eine schöne Summe Geldes, die ich Ihr erwarb und das wird ausreichen bis ich wieder komme; fall' ich, so hat sie noch einen reichen Bruder, der sie nicht darben lassen wird. Wer von höheren Pflichten abberufen wird, der mag Weib und Kind mit Zuversicht dem Himmel anbefehlen. Das sagt meinem Weib und grüßt sie von mir und bringt ihr hier meinen Sonntagsrock, d'raus sie Röcklein machen mag für die Kleinen - ich kann im Kittel bis zum Regimente gelangen und dann gibt mir der König Kost und Kleider.«

Darauf übergab Hahn seinem Freunde den Rock und eine Reihe Semmel, die er für die Kinder gekauft hatte, gab ihm noch mehrere Aufträge, das Hauswesen betreffend, und eilte in dem Hochgefühle der Pflichterfüllung dem Regimente zu, bei welchem er vor vier Jahren gedient hatte.

Als Hahn bei dem Regimente eingestellt war und mehrere Rekruten aus der Gegend von Solingen ankamen und von ihm und den edlen Beweggründen seiner Dienstnahme erzählten, da ärndtete Hahn ein großes Lob bei seinen Obern, er erhielt von den Offizieren ansehnliche Geschenke und kam bei seinen Kameraden hoch in Achtung. Alles aber, was er geschenkt erhielt und was er von seiner Löhnung zu erübrigen vermochte, sandte er seiner Frau nach Limminghofen.

Hahn war ein Muster von Diensttreue; er folgte seinem Könige zu den herrlichsten Siegen und sah Franzosen, Russen, Oestreicher und die Reichsarmee von dem Einzigen hingescheucht. Bald nach der Schlacht bei Thorgau (1759) gerieth Hahn in Gefangenschaft der Oestreicher und wurde mit mehreren Kameraden nach Pettau in der Steiermark gesandt, wo er bis zum Friedensschlusse als Kriegsgefangener blieb.

Der Friede zu Hubertsburg endigte (15. Februar 1763) den siebenjährigen Krieg, in welchem sich Friedrich als den größten Feldherrn Deutschlands gezeigt hatte. Fortan war der König ein Vater seines Volkes, ein Beglücker seiner Lande. Nur die Noth hatte ihn auf das Schlachtfeld gerufen. Doch die feindlich gesinnten Nachbarn waren von seinen Heldenthaten eingeschüchtert und es wagte Keiner mehr, den alten Löwen zu reizen.

Mit dem schönen Bewußtsein, Treu und Pflicht seinem Könige bewährt zu haben, mit dem erhebenden Gefühle, ein Förderer und Theilnehmer seines Ruhmes zu sein, eilte Peter Hahn, sobald nach dem Frieden die Gefangenen ausgewechselt wurden, voll Sehnsucht nach den Verlassenen der Heimath zu. Sonderbar, daß ihm auf der Höhe zwischen Solingen und Langenfeld als erster Bekannter derselbe Witte begegnete, dem er vor fünf Jahren auf dem Mangenberg Lebewohl gesagt.

Freudig drückten die Nachbaren sich die Hände, und hatte Hahn aus all der mühseligen gefahrvollen Fahrt in seinem grauleinenen Kittel auch nichts Sichtbares mitgebracht als ein durch die lange Gefangenschaft verbleichtes Aussehen und die Vermehrung ehrenvoller Narben, so vermochte Witte doch jetzt, da er der Siege der Königlichen Armee, die ganz Europa in Staunen gesetzt, eingedenk war, nur mit Ehrfurcht und Bewunderung den ruhmvoll wiederkehrenden Nachbarn anzuschauen, und hatte er früher den heldenmüthigen Entschluß des getreuen Veteranen thöricht gescholten, so mochte er ihn jetzo wohl beneiden, denn das getreue Bergische Land ernährt Niemanden, der nicht ein solches Pflichtgefühl zu würdigen weiß.

War Witte's Freude groß, den Vetter und Nachbarn wohlbehalten wieder zu sehen, so war noch größer die Freude des Wiedergekehrten, als er von ihm vernahm, daß Weib und Kind sich wohl befanden und es ihnen an Nichts gefehlt habe. Fortan lebte er als ein wackerer Familienvater und starb, geachtet von Allen, die ihn kannten, in einem Alter von mehr als siebenzig Jahren, deren siebenzehn er seinem Könige gewidmet hatte.

Sieben Söhne, der Segen seiner glücklichen Ehe, haben uns aus seinem Munde die Erzählung seiner Abenteuer erhalten und schon auf ihre Kinder und Enkel vererbt. Unzählige Anekdotenbücher bekunden des großen Königs Herablassung und Freundlichkeit selbst gegen gemeine Soldaten, wodurch er ihre Herzen gewann. Auch Hahn war von dem Könige oft auf Schildwache und Feldposten freundlich angeredet worden. Das war ihm mehr als reicher Geldgewinn, ihm, dem ächten Solinger. [...]"

[v. Zuccalmaglio ("Montanus"), Vorzeit 2. Bd. S. 503-511]




Der "Himmel"

Ein Besitzerwechsel im Jahr 1940 brachte den von v. Zuccalmaglio erwähnten 'Himmel' in die Zeitung: "Die älteste Solinger Gaststätte, das aus dem Jahre 1592 stammende 'Hotel Deutsches Haus' - einst der 'Himmel' genannt".

"Es ist geschichtlich überliefert, daß der nun schon über 400 Jahre alte 'Himmel', den Prof. Clemen in seinem Werk von den Baudenkmälern der Rheinprovinz als Kunstdenkmal aus dem 16. Jahrhundert bezeichnet, jahrhundertelang der Zentralpunkt aller Reisenden war, die nach der Klingenstadt kamen.

Im 'Himmel' war es auch nach der Überlieferung, wo sich einst Peter Hahn durch großsprecherische Reden kaiserlicher und französischer Offiziere über den angeblich drohenden Zusammenbruch des Heeres des alten Fritz bestimmen ließ, sich dem bedrohten Preußenkönig zur Verfügung zu stellen. Jahrzehnte war noch in jüngerer Zeit das 'Deutsche Haus' der Mittelpunkt des geselligen Verkehrs in der Klingenstadt."
[Solinger Tageblatt vom 10.08.1940]


Deutsches Haus
1928   Deutsches Haus, Kölner Straße 107 / Ecke Weyersbergerstraße
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Solingen
2006   Kölner Straße 107 /
Ecke Weyersbergerstraße



Variante Simrock (1839)

Das nach meinem Eindruck nicht so ganz ernsthaft gemeinte Gedicht von Karl Simrock über den "Schmied von Solingen" ist hier wiedergegeben, wie es 1839 im Solinger Kreis-Intelligenzblatt abgedruckt war. Der Name des Autors fehlt; dafür ist eine Fußnote mit dem Kürzel "D.H." (der Herausgeber?) angefügt, die darauf verweist, dass hier von einem "gewissen Bügel" die Rede sei und also nicht von Peter Hahn. Der Name Bügel (= Bögel, Buegel, Bügell) findet sich unter den privilegierten Schwertschmieden.

Die Nachwelt hat diese Fußnote entweder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht geglaubt, denn Simrocks Gedicht wird regelmäßig in einem Atemzug mit Peter Hahn und dem im Krieg zerstörten Klingenschmied-Denkmal auf dem Solinger Alten Markt genannt und dargestellt.

  Dass die gereimte Anekdote mit der von Montanus beschriebenen Geschichte übereinstimmt, ist allerdings offensichtlich.

Die Schwertschmiede Beugel (Buegel) sind erwähnt in Albert Weyersbergs Buch "Solinger Schwertschmiede aus dem 16. und 17. Jahrhundert und ihre Erzeugnisse" (1927) [S.12 f, S. 64], jedoch lebten die handelnden Personen schon im 17. Jh. und kommen daher als Konkurrenz zu Peter Hahn nicht in Betracht.


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 31. July 1839
Wochenblatt
für Kunst, Handlung, Gewerbe, Ackerbau, Belehrung und Unterhaltung.
Der Schmied von Solingen *)
Zu Solingen sprach ein Schmied
    Bei jedem Bajonette,
Das seinem Fleiß gerieth,
    Ach, daß der Fritz es hätte!

Wenn er die Zeitung las
    Von seinem Lieblingshelden,
Da schien ihm schlecht der Spaß
    Nicht lauter Sieg zu melden.

Einst aber hat es sich
    Viel anders zugetragen,
Da hieß es: Friederich
    Sei bei Kollin geschlagen! -

Der Schmied betroffen rief:
    Hier muß geholfen werden,
Sonst geht die Sache schief! -
    Und riß den Schurz zur Erden.

Ihm waren Weib und Kind
    Wohl auch an's Herz gewachsen,
Doch lief er hin geschwind
    Zu Friedrichs Heer in Sachsen.
____________________

*) Dieser treue Anhänger an den hochseligen König, soll ein gewisser Bügel gewesen sein, und auf der Börsenstraße in Solingen gewohnt haben. - D. H.
Und eh man sich versah
    Begann die Schlacht zu tosen:
Mit Seidlitz schlug er da
    Bei Roßbach die Franzosen.

Das däucht ihm nicht genug.
    Viel schlimm're Feinde dräuten,
Er ließ nicht ab und schlug
    Mit Zieten noch bei Leuten.

Da ging es herrlich her,
    Zu ganzen Bataillonen
Ergab sich Oestreichs Heer
    Mit Fahnen und Kanonen.

Und somit wär' vollbracht,
    Gedacht er meine Sendung:
Es nimmt nach solcher Schlacht
    Von selber andre Wendung.

Mit Urlaub kehrt er um
    Für Weib und Kind zu sorgen,
Und hämert' sich fast krumm
    Von Abend oft bis Morgen.

Der Krieg ging seinen Gang,
    Man schlug noch viele Schlachten
Die oft ihn angst und bang
    In seiner Seele machten.

Als endlich Friede war,
    Fritz, rief er, laß Dich küssen
Ich hätte Dir fürwahr
    Sonst wieder helfen müssen.

(Rheinsagen)

  Zieten, Hans Joachim v. (1699-1786), Reitergeneral Friedr. d. Großen (Z.-Husaren)
  Seydlitz, Friedr. Wilh. v. (1721-73), Reitergeneral (Kürassiere) Friedr. d. Großen


Julius Günther wunderte sich (1931) über diesen zweiten Schwertschmied mit derselben Geschichte:

"Das ist umso bemerkenswerter, als im ehemaligen Herzogtum Berg eine Militärdienstpflicht nicht bestand. Die bergischen Truppenteile rekrutierten sich zu jener Zeit aus Freiwilligen des Landes oder aus Pfälzern. Ferner ist anzunehmen, daß Friedrich II. von Preußen in Solingen allgemein keine besondere Sympathie genoß, da er sich mit Erfolg bemühte die Solinger Industrie ins Märkische und nach Brandenburg zu verpflanzen. [...]

Eigentlich müßte man annehmen, daß im Jahre 1839 die Erinnerungen an Peter Hahn oder an Bügel noch so frisch gewesen sind, daß feststand, welcher von beiden der Volkstümlichere war und dem der Dichter bei der Entstehung seines Werkes vorgeschwebt hatte. Der Zweifel wird sich nicht mehr klären lassen." [Günther S. 27]




Variante Brangs (1939)

Anlass des folgenden geschichtlichen Rückblicks von Hans Brangs (1962-1964 Leiter des Solinger Stadtarchivs) war die Pflanzung einer "Peter-Hahn-Gedächtniseiche" zur 450-Jahrfeier der Hofschaft Geilenberg! Der Artikel erschien zu einer Zeit, als dem "Volk" eine solche kämpferisch-aufopferungswillige Denkweise wieder nahegebracht werden sollte.


Rheinische Landeszeitung vom 7. September 1938

Peter Hahn, der Schmied von Solingen

"[...] Montanus berichtet uns in seinem Werk 'Die Vorzeit der Länder Kleve-Mark, Jülich-Berg und Westfalen', 2. Band, über den biederen Schmied von Solingen. Peter Hahn war danach im Jahre 1720 zu Jakobshäuschen als Sproß einer alten, achtbaren Schwertfegerfamilie geboren. Voll Bewunderung für den jungen preußischen König verließ er mit zweiundzwanzig Jahren Eltern und Heimat und trat in ein königl. Infanterieregiment ein. Er blieb 12 Jahre unter den siegreichen Fahnen Friedrichs des Großen.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat ging er mit großem Fleiß wieder seinem gelernten Beruf als Gabelschmied nach und heiratete bald danach Anna Catharina Cronenberg, die Tochter Abraham Cronenbergs. Nur wenige Jahre hielt es den alten Soldaten in seiner Heimat; der dritte Schlesische,

der Siebenjährige Krieg hatte begonnen.

Russen, Schweden, Franzosen und Soldaten des Deutschen Reiches standen gegen das beneidete Preußen im Felde. Als sich im Frühjahr 1757 das berüchtigte Fischersche Freikorps und einige französische Truppen in Solingen einquartiert hatten, entschloß sich Peter Hahn kurzer Hand, seinen Arbeitskittel wieder mit dem Soldatenrock zu tauschen. Seinem Vetter Witte, der ihn von solchen Gedanken abzubringen suchte, antwortete er:

»Ich habe mich bedacht, ich kenne meine Pflichten; der große Friedrich ist eigentlich der Herr dieses Landes, ihm hab' ich geschworen, zu Wasser und zu Lande getreu zu dienen wie ein ehrlicher Kerl; ein Schurke wär' ich, wollt ich sagen, daß mich meines Herrn Not nichts anginge. Dächten alle so wie ihr, so wäre er schon verloren, aber was ich vermag, will ich ihm bringen, diese Arme und ein treues Herz. Wer von höheren Pflichten abberufen wird, der mag Weib und Kind mit Zuversicht dem Himmel anbefehlen. Das sagt meinem Weib und grüßt sie von mir.«

Darauf trat er den Weg zu seinem alten Regiment an. In treuester Pflichterfüllung focht er für den großen König und war Zeuge herrlicher Siege. 1759 geriet Peter Hahn, kurz nach der Schlacht bei Torgau, in österreichische Gefangenschaft und mußte bis zum Abschluß des Friedens zu Hubertsburg (15.2.1763) in Pettau in der Steiermark verbleiben.

Voll Stolz, aber auch mit einer tiefen Sehnsucht im Herzen eilte er, sobald die Gefangenen ausgetauscht wurden, wieder zu seinen Lieben nach Hause. Seine Frau schenkte ihm noch fünf Söhne; er starb hochgeachtet im Alter von mehr als 70 Jahren.

Das ist in Kürze das, was uns Montanus überliefert hat. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß

Peter Hahn eine historische Persönlichkeit

ist; die näheren Angaben über seine Person sind aber noch nie an Hand der alten Kirchenbücher genau ermittelt worden. Wenn wir Montanus folgen, muß Hahn 1720 geboren sein. Im Taufbuch der reformierten Gemeinde Solingen findet sich unterm 21. August 1720 die Eintragung: »Weiland Peter von Hahn hierselbst Söhnlein Peter. Zeugen: Peter von Hahn, Anna Catharina Kayser und Katharina von Hahn«. Der Geburtsort bzw. der Wohnort der Eltern ist im Taufbuch nicht angegeben. Es ist aber

überliefert, daß Peter Hahn zu Jakobshäuschen das Licht der Welt erblickt hat.

Dieses Wissen stimmt auch mit der Darstellung von Montanus überein. Auch das Geburtshaus ist noch bekannt, es ist das Haus Mangenberger Straße 241. Während das eigentliche Wohnhaus noch in seiner ursprünglichen Form besteht, ist die Schmiedewerkstätte, die an das Wohnhaus auf der rechten Seite angebaut war, vor Jahren abgebrochen worden."

  Auch das verschieferte Wohnhaus steht heute nicht mehr.

 

 
Haus Mangenberger Straße 241,
Geburtshaus von Peter Hahn (1720)
Foto: Brangs

"Montanus gibt über das Alter unseres Heimathelden keine genauen Zahlen, sondern beschränkt sich auf die Angabe, daß er mehr als 70 Jahre alt geworden ist. Danach kann er also nicht vor 1790 gestorben sein. Aber erst 1794 findet sich unterm 12. September im Sterberegister der reformierten Kirchengemeinde Solingen die Eintragung: »Johann Peter Haan, ein Messermacher in der Hoehe starb den 10. dito mon. alt ohngefehr 72 Jahr.«"

  Stimmt: Stadtarchiv Solingen, Kirchenbuch Band 50, Seite 80.

"In keinem anderen Sterbebuch der hiesigen Kirchengemeinden findet sich eine andere Niederschrift, die sich auf Peter Hahn beziehen könnte."

  Stimmt. Ansonsten finden sich Angehörige einer Familie Hahn oder Haan aber auch in den Walder Kirchenbüchern.

"Was uns zunächst trotzdem einigen Zweifel bereitet, ob es sich hier tatsächlich um die zutreffende Todesnachricht handelt, sind die Angaben über den Sterbeort, die Vornamen, das Lebensalter und den Beruf. Daß Peter Hahn seinen Wohnsitz des öfteren gewechselt hat, wird durch die Kirchenregistereintragungen über die Taufe seiner Kinder belegt.

1. Johann Peter ist am 13.7.1754 zum Kotten,
2. Johann Wilhelm am 2.3.1757 ebenda geboren,
3. Johann Abraham am 12.1.1764 am Bellenhäuschen und
4. Johann David am 3.11.1765 in der Ward.

Neben diesen Kindern, deren Namen und Geburtsdaten bereits bekannt waren, wurde noch ein weiterer Sohn ermittelt Johann Daniel Hahn. Die Eintragung im Taufbuch der reformierten Gemeinde Solingen lautet: »Johann Daniel, Joh. Petern Hahns und Cath. Cronenbergs ehel. Sohn hierselbst cop. Zeugen Abraham Dicke, Joes Baumer, Anna Cathar. Cronenberg und Maria Christine Hahn.«

Wenn uns Montanus noch berichtet, daß Hahn kurz vor dem Siebenjährigen Krieg in Limminghofen wohnte, so finden wir dann auch die Erklärung dafür, daß der Sterbeort die benachbarte Hofschaft In der Höhe ist.

Nach der Taufurkunde haben die Eltern ihm den Vornamen Peter gegeben, Peter Hahn scheint aber eine besondere Vorliebe für den Vornamen Johann gehabt zu haben; denn alle fünf dem Namen nach bekannten Kinder tragen außer dem Rufnamen noch zusätzlich den Vornamen Johann. Aus der Taufurkunde des Sohnes Johann Daniel ist zu entnehmen, daß Hahn schon zu Lebzeiten die Vornamen Johann Peter geführt hat. Die Altersangabe in der Sterbeurkunde ist recht ungenau; denn Hahn ist über 74 Jahre alt geworden. Aber wer Familienforschung betreibt, weiß, daß sich derartige Unterschiede in den alten Urkunden recht häufig finden."

  Stimmt! Und auch bei meinen eigenen Vorfahren ist im 18. Jh. die mir bis dato unerklärliche spätere Ergänzung des im Taufbuch eingetragenen Vornamens "Peter" durch "Johann" vorgekommen.

"Auch die Tatsache, daß in der Sterbeurkunde als Beruf Messermacher angegeben ist, trotzdem Hahn ursprünglich Gabelschmied war, kann kaum ausschlaggebend sein. Der verstorbene Heimat- und Familienforscher Albert Weyersberg hielt es auch nicht für ausgeschlossen, daß Hahn als unprivilegierter Gabelschmied in Zeiten allgemein starker Beschäftigung ausnahmsweise einmal Bajonette geschmiedet hat. (Die Heimat 1931, S. 64.) [...]"

H. Br.


Womit die Legende vom Waffenschmied Peter Hahn (im Volksmund übrigens früher auch "Hahne Pie" genannt) dann doch beinahe wieder ihre zweifelhafte Berechtigung hätte.



Anmerkungen Rosenthal

Der Solinger Stadthistoriker Heinz Rosenthal hält es für bezeichnend, dass nach dem Anschluss des Großherzogtums Berg an Preußen die Historiker und Literaten anhand der Person Peter Hahns belegen wollten, dass es schon lange vor 1816 in Solingen eine preußische Gesinnung gegeben habe.

"Die Motive, die der Patriot Montanus (19. Jh.) dem jungen Peter Hahn (18. Jh.) unterstellt hat, nämlich das Gefühl des Religionsdruckes und die Pflicht gegenüber seinem angestammten Fürstenhaus (Preußen), könnten möglicherweise seine eigenen Anschauungen widerspiegeln.

Es gibt aus dem 18. Jh. keine Solinger Quelle dafür, dass man den König von Preußen als rechtmäßigen Landesherrn angesehen hätte. Friedrich II. hatte schon am 24.12.1741 auf seinen Erbanspruch an Jülich und Berg verzichtet. Die Schutzmachtstellung des Preußenkönigs für die Evangelischen begründete nicht die Eigenschaft eines Landesherrn. Sie galt nur, wenn Religionsbeschwerden vorlagen. [...]

Preußens Verhalten war in den 50er Jahren auch nicht dazu angetan, Sympathien zu erwecken, weil es Handwerker abwarb, die märkische Steinkohle durch einen hohen Ausfuhrzoll verteuerte und die Einfuhr Solinger Waren in seine Länder verbot. [...] Und vollends ließen das Auftreten preußischer Truppen während des Siebenjährigen Krieges und die hohen Kontributionen, die Preußen erpreßte, nicht gerade eine preußische Gesinnung bei der breiten Masse aufkommen."

[Rosenthal 2. Bd. S. 117 f]




Das Fischersche Freikorps

Das Fischersche Freikorps taucht immer wieder in alten Berichten über den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) als ganz besonders abscheulich auf. Was hatte es damit auf sich?

"Am übelsten betrug sich das in französischen Diensten stehende Fischersche Freikorps, das immer wiederkehrte. [...] die Wirte [mußten] ihnen lauter rheinischen Branntwein geben, »wovon ein jeder fast eine Kanne täglich aussoff«, dazu den ganzen Tag immer Bier. Mittags forderten sie »Brühe mit frisch Fleisch, Sauerkraut mit Speck, Schinken und trocken oder gebraten Fleisch, den Tag zweimal starken Kaffee und des Abends Salat mit Braten oder anderem Fleisch.«

Auch mußten die Wirte ihnen für jeden Tag, wo sie bei ihnen im Quartier lagen, einen halben Kronentaler zahlen. »Es ging so her, daß es für geringe Leute fast nicht auszuhalten war.« Eine Zeitlang hauste dieses Korps auch in der Herrlichkeit Hardenberg [Neviges], und es wird von dort berichtet, »daß es die Einwohner auf das entsetzlichste geschoren und vexieret habe«. Von dort marschierte es auf Solingen zu, und in dieser Stadt ist es dann »auch nicht gut hergegangen«.
[Lomberg 1922 S. 160 f, nach der Chronik des Kaspar Beckmann]

Die "Wirte" waren nicht gewerbsmäßige Gastwirte, sondern die ganz normale Bevölkerung, die Bewohner der Höfe und Hofschaften, bei denen die Soldaten sich einquartiert hatten.



Quellen:
  • Brangs, Hans: Peter Hahn, der Schmied von Solingen. Geschichtliches zur Pflanzung einer Peter-Hahn-Gedächtniseiche anläßlich der 450-Jahrfeier der Hofschaft Geilenberg. (Rheinische?) Landeszeitung vom 07.09.1938
  • Günther, Julius: Wer ist der "Schmied von Solingen"? Die Heimat 1931 S. 26 f
  • Lomberg (1922)
  • Rosenthal: Solingen 2. Bd. (1972)
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 31.07.1839 [SKIB]
  • Solinger Tageblatt vom 07.04.2006, 06./13./15./26./28.06.2007
  • v. Zuccalmaglio: Vorzeit 2. Bd. (1839)

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