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"Wo ferne Ereignisse verlorengegangen wären im Dunkel der Zeit, da bindet sich die Sage mit ihnen und weiß einen Teil davon zu hegen." [Jakob Grimm] |
Geschichte(n) und Vermutungen...... aus dem 9. Jahrhundert
Um die Entstehung und frühe Geschichte der Solinger Klingenindustrie, die bis ins tiefe Mittelalter zurück reicht, ranken sich in Ermangelung konkreter Belege viele Vermutungen, Sagen und Legenden. So oder vielleicht auch anders könnte es gewesen sein:
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Karl der Große mit Schwert |
"Bereits von den Römern soll das Schmieden von Schwertern in Köln, schon damals der Hauptort am Rhein, eingeführt worden sein. (Im 9. Jahrhundert sind Schwertschmiede dort nachweisbar.) Es wird vermutet, dass von dort aus das Handwerk ins Bergische Land, an die untere Wupper, verbreitet wurde, hauptsächlich, um die hier vorhandene Wasserkraft auszunutzen." [Beermann S. 13-17. Der Autor bezieht sich bei seinen Ausführungen auf Heinrich Kelleter (1924).]
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... aus dem Jahr 2975 v. Chr.
Nach Pagé soll dieses Verfahren in Indien schon im Jahr 2975 v. Chr. zur Herstellung von Stahl angewandt worden sein. [Kelleter S. 28 / Pagé, Camille: La Coutellerie (7 Bde.). Chatellerault 1898.]
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... aus dem 11.-14. Jahrhundert
Beermann: "Es gibt jedenfalls viele Stimmen, die die Ulfberth-, Ingelred- und Gicelinschwerter als bergische Schwerter bezeichnen."
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Ulfberthschwerter aus den Museen Bergen und Kopenhagen. Abb. bei Kelleter Tafel II |
... von Albert Weyersberg
"Über den Zuzug von Klingenschmieden stößt man auf mancherlei Familienüberlieferungen. Man hört von einer Einwanderung aus Illyrien, dem alten Eisenland Noricum und zumal aus der Steyermark, die als das Stammland u. a. der Schwertschmiede Wirsberg (Weyersberg) vermutet wird."
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... von Heinz RosenthalWährend in Köln Schwertschmiede bereits im 9. Jh. nachweisbar sein sollen [Beermann], nennt Heinz Rosenthal für die Anfänge in Solingen erst einige hundert Jahre später mehr oder weniger einleuchtende Anhaltspunkte:
"Nachweisbar wird das Solinger Klingenschmiedehandwerk erst im 14. Jahrhundert. ... Man kann auch nicht an der Tatsache vorübergehen, daß Köln, aus rheinisch-römischer Tradition heraus, selbst ein ausgebildetes Schmiedehandwerk gehabt hat, das im 11. und 12. Jahrhundert zu dem Ruf der »Kölnischen Schwerter« beitrug. In erster Linie ist das jedoch eine Handelsbezeichnung gewesen, die noch nichts darüber aussagt, daß diese Schwerter ausschließlich in Köln geschmiedet worden seien und gar keines in Solingen.
"So darf man zur Solinger Handwerksgeschichte sagen: um 1200 war das Handwerk vorhanden. Der Sprung bis zum nächsten Nachweise 1312 ist nur deshalb so groß, weil wir für Solingen ... nur ganz wenige dokumentarische Belege besitzen... Das Fehlen solcher Belege für das arbeitende Volk kann man nicht als Beweis für das Nichtvorhandensein von Handwerkern ansehen. Im 14. Jahrhundert treten sie deutlicher hervor." [Rosenthal 1. Bd. S. 99 f]
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... über Adolph VIIAuch der Ökonom Dr. Nicolaus Hocker bemühte sich in seinem 1869 veröffentlichten Bericht über "Die Großindustrie Rheinlands und Westfalens" um einen Beitrag zur frühen Solinger Industriegeschichte:
"Wann die ersten Fabriken begründet wurden, ist unbekannt. Vermuthungen sind es, wenn behauptet wird, die ersten Solinger Schmiede seien aus Steyermark oder Elsaß eingewandert. Dagegen ist es wahrscheinlich, daß Adolph VII., Graf von Berg, der für Eduard III., König von England gegen König Philipp von Frankreich ins Feld zog, aus England einige Eisen- und Stahlschmiede nach seinem schönen Lande der Berge verpflanzt hat. Die hanseatischen Kaufleute Kölns werden die Entwickelung des neuen Industriezweiges eifrig gefördert haben, da der Artikel überall guten Absatz fand."
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... über die Stahlfabrikation
"Die Stahlfabrikation muß in Gegenden mit uralten Waffenfabriken schon seit Jahrhunderten in Betrieb stehen. Es ist unbekannt, aus welchen Fabriken die Solinger Klingenfabriken ihren Stahl bezogen, indessen kann man annehmen, daß derselbe im Lande selbst verfertigt worden sei. Es spricht dafür die Sage, daß englische Arbeiter Leuten des Grafen Adolph VII. von Berg die Kunst, den Stahl zu bearbeiten und zu härten, gelehrt hätten." So schrieb Hocker 1867. [S. 363]
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Die Sagen... von Meister Ruthard und seinem GesellenAber wie ist denn nun eigentlich das Geheimnis des Klingenhärtens gelüftet worden, das so entscheidend für die hohe Qualität der Solinger Erzeugnisse war? Natürlich kennt jeder Solinger und jede Solingerin die Sage von Meister Ruthard und seinem Gesellen. Oder nicht? In meinem alten Schul-Lesebuch habe ich eine Kurzfassung wiedergefunden, hier ist sie. |
Wie die Solinger Klingen erfunden wurdenAus dem Bergischen Land
Im Mittelalter lebte in Solingen der Waffenschmied Ruthard. Vergeblich zerbrach er sich den Kopf darüber, wie er es anfangen müsse, um die Solinger Schwerter den weltberühmten Klingen von Damaskus gleichwertig zu machen.
Auf seinem Nachtlager konnte der Geselle nicht einschlafen. Gerade um die Stunde der Mitternacht polterte plötzlich etwas Schweres durch den Schornstein, und kurz darauf sprach jemand mit dem alten Weib. Neugierig schlich sich der Geselle an die Bretterwand. Da sah er durch einen Riss einen finsteren Mann am Herd sitzen, der ein rotes Wams trug und dem eine lange Hahnenfeder auf dem Hut wehte. Anscheinend trug die Alte dem Fremden eine Bitte vor. Als sie sich der Schlafkammertür zuwandte, sprang der Geselle schnell auf sein Lager und stellte sich schlafend.
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Da nahm der arme Bursche die Hahnenfeder, die der Fremde aus seinem Hut gezogen und in die brodelnde Flüssigkeit eines Kessels getaucht hatte, und unterschrieb den Vertrag. Er empfing einen versiegelten Brief, der nach der Angabe des Fremden die Anweisung für die Herstellung der Klingen enthalten sollte. Dann legte der Geselle sich schlafen. Wüste Träume verfolgten ihn bis zum nächsten Morgen. Als er aufwachte, war die Hütte leer. Der versiegelte Brief aber erinnerte ihn an die Erlebnisse der Nacht.
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Mit Erklärungen solcher Art gibt sich die Wissenschaft natürlich nicht zufrieden. An der Technischen Universität Dresden hat man inzwischen möglicherweise das uralte "Geheimnis des Damaszener Stahls gelüftet". Unter dieser Überschrift veröffentlichte der Spiegel online am 16.11.2006 einen Artikel von Markus Becker. Danach bestand die mittelalterliche Schmiedetechnik der Araber aus einer komplizierten thermomechanischen Behandlung des Stahls.
... von Wieland dem Schmied
Bekannter ist die Sage von Wieland dem Schmied - zumindest der Name dürfte geläufig sein. Wielands (authentisches?) Konterfei prangt groß und bunt am Eingang des Familienparadieses im Solingen-Walder Ittertal. Die Meinungen darüber gehen auseinander, wo Wieland wirklich geschmiedet hat. Vielleicht in Skandinavien - vielleicht aber auch im Bergischen Land, wo die Bedingungen für Stahlgewinnung und Schwertherstellung so günstig waren.
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Wieland der Schmiederzählt von Franz Hendrichs
Leider sind keinerlei unmittelbare Nachrichten über die Stahlgewinnung und die Art der Schwertfertigung in jenen frühen Zeiten auf uns gekommen. Was wir wissen, verdanken wir der Sage, die am reinsten wohl und schönsten im Amelungen-Liede zu uns spricht. Es heiß darin, daß Wieland der Schmied mit dem weithin berühmten Panzerschmied Amilias, beide am Hof des Königs Neiding, einen Kampf auf Leben und Tod vereinbart hatte, um darzutun, ob das Schwert des einen vor der Rüstung des anderen den Vorrang verdiente. Die Frist der Vorbereitung war auf ein Jahr bemessen worden. Amilias hatte unablässig an seiner Rüstung geschafft, und wer sie werden sah in ihrer Stärke und Schöne, der mußte fest an des Panzerschmiedes Sieg glauben.
Nach abermals sieben Tagen konnte ein zweites Schwert der Prüfung unterzogen werden. Wieland ging mit dem König an eine Stelle des Flusses mit nur geringer Strömung. Diesmal warf er einen zwei Fuß dicken Wollflocken hinein, der trotz der schwachen Strömung von der hingehaltenen Schneide des Schwertes zum Entzücken des Königs glatt durchschnitten wurde.
Als Wieland zum festgesetzten Tag mit seinem Schwert vor König und allem Volk erschien, rief ihm der in weithin funkelnder Rüstung auf einem Steine sitzende Amilias zu: "Schlag nur zu mit aller Kraft, wenn Du gegen meine Rüstung etwas ausrichten willst". Da setzte Wieland Mimungs Schneide auf Amilias Helm, drückte stark zu und glatt ging das Schwert durch Helm, Brust, Rüstung und Leib bis auf den Gürtel hinab.
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Mehr Sagenhaftes aus dem Bergischen Land Wozu braucht man eigentlich ein Schwert, einen Säbel oder einen Degen? |
Quellen:
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