www . ZeitSpurenSuche . de |
Handwerkszeichen Solinger Messermacher
Die die Erzeugnisse der Solinger Klingenschmiede waren - so Hendrichs - zunächst "namenlos", bis um die Wende des 15. Jh., als Kölns Bedeutung als Auftraggeber für Solingen geringer wurde, einzelne Schwertschmiede begannen, die von ihnen geschmiedeten Schwertklingen mit ihren Namen zu kennzeichnen.
"Diese Sitte bürgerte sich bald ein, gleichviel ob der volle Name oder nur die Anfangsbuchstaben oder irgendein Zeichen und dieses wieder mit oder ohne Namen geschlagen wurde. Das Zeichenschlagen ... kam den Bestrebungen der Zeit im Klingenhandel sehr entgegen." [Hendrichs 1933 S. 106]
|
|
|
Der struppige Passauer Wolf (links) war dieZunftmarke der Passauer Schmiede. Der glatte Wolf (rechts) findet sich auf Solinger Klingen des 15. Jh., jedoch nicht als Zeichen eines bestimmten Schmiedes. [Hendrichs 1933 S. 106] |
Erbzeichen
Das einmal gewählte bildliche Zeichen galt als Eigentum dessen, der es zuerst auf sein Produkt geschlagen hatte. Es wurde zum Erbzeichen. Es entstanden Zeichen in schier grenzenloser Vielfalt. Da gab es Buchstaben, Worte, Vögel, Tierdarstellungen jeglicher Art, Königsköpfe, Ritterrüstungen, Ornamente, ein Schiff, ein Teetischchen, Jonas mit dem Walfisch, den Wilden Mann, das Einhorn... Die Zeichen wurden schwarz (d.h. als Vertiefung) und weiß (d.h. als Umriss) geschlagen.
BeizeichenNach den Vorschriften des Messmacherprivilegs vom 14.01.1571 sollte jedes Messer neben dem Erbzeichen des Schmieds auch »das Beizeichen tragen, damit jeder im Ausland wisse, daß eß Sohlinger messer seyen«. Ausland bedeutet: außerhalb des Herzogtums Berg. Das Beizeichen war für alle Schmiede gleich und wurde von der jeweiligen Obrigkeit verliehen. Herzog Wilhelm bestimmte 1571 die drei Sparren aus seinem Ravensberger Wappen zum Beizeichen. |
|
|
Wappen der Grafen von Ravensberg |
"Von da ab war es Vorschrift, alle Klingen - das gleiche galt sinngemäß auch für Schwertklingen - sowohl mit dem Erbzeichen des Schmieds wie dem verliehenen Beizeichen zu versehen."
Zeichenrolle
War ein Zeichen dreimal vor Gericht ausgerufen und in den Kirchen verkündet worden, so wurde es in die Zeichenrolle eingetragen. Für jedes Zeichen musste eine Einschreibegebühr von 10 Albus entrichtet werden.
|
Fabrikmarken auf Solinger Messern "Zwei Störche", Firma Robert Klaas, Ohligs. Haushaltsmesser vor 1945 |
|
Fabrikmarken auf Solinger Messern "WILMUT", Wilhelm Mutz, Ohligs. Brotmesser vor 1945 |
Handwerkszeichen Solinger Scherenmacher
Scheren wurden in Solingen nach bisherigen Erkenntnissen erst im 18. Jh. gefertigt.
|
"Ein jeder Meister soll sein eigen Zeichen auf die Scheren schlagen und einschreiben lassen und soll für Einschreibgebühr 15 Stüber zahlen in die Kasse; keiner soll dem andren sein Zeichen auf eine beinahe ähnliche oder vollkommene Art nachschlagen, im Übertretungsfall kann der Kläger dem Beklagten die damit bezeichneten Scheren im Schleifkotten oder in seinem Hause wegnehmen lassen und ans Zunfthaus bringen.
|
|
|
Solingen-Gräfrath, Klingenmuseum Deutsches Klingenmuseum |
Wieviele und welche Zeichen 1794 in die Scheren-Zeichenrolle eingeschrieben worden sind, ist nicht bekannt, da diese Rolle schon 1828 nicht mehr vorhanden war.
|
Fabrikmarken auf Solinger Scheren "Brille". Nähschere, 1897 |
|
Fabrikmarken auf Solinger Scheren "Anker". Schneiderschere, wahrsch. vor 1900 |
"Zwei Störche", Firma Robert Klaas, Ohligs. Stickschere und Haushaltsschere, vor 1945 |
|
"Zwillinge", Firma Henckels. Stoffschere und Haushaltsschere, wahrsch. vor 1945 |
|
|
"Zwei gekrönte Pferdeköpfe" Haushaltsschere, vor 1945 |
Handwerkszeichen der Messermacher MutzIn dem Buch von Albert Weyersberg über die Solinger Schwertschmiede (1926) und den beiden umfassenden Bänden von Erika Schlesinger über die Solinger Handwerkerzeichen (alle im Solinger Stadtarchiv vorhanden) kann man sich auf die Suche nach bestimmten Zeichen begeben, die man vielleicht auf alten Klingen gefunden hat oder die von den eigenen Vorfahren benutzt wurden. Nebenbei kann der Ahnenforscher anhand der Erbzeichen etwas über die Familienverhältnisse erfahren. Ich bin mehrfach bei den Messermachern fündig geworden: |
um 1748 |
"Den doppelten Adler hat besagter Dültgen heut dato an die Unmudigen von Bell, Heinrich seel., zu Nümmen erblich überlassen und sind ihm, Dültgen, die verlangten Kaufschillinge von Vormündern Johannes Bell und Peter Mutz wiederum ausbezahlt worden, vor Vogt und Rat am 23.10.1748. [Schlesinger 1982 S. 58] Doppeladler oder Doppelspatz? |
um 1771 |
"Mutz, Peter Andreas auf dem Feld bei Wald
läßt einschreiben sein Zeichen, so er teils geerbt und teils lt. vorgezeigtem Kaufbrief von seinem Oheim gekauft, der doppelte Adler genannt (um 1771). Obiger Pet. Andr. Mutz erschien am 22.6.1775 und zeigte an, daß bei obiger Einrollierung ein abus [= Missbrauch] begangen wäre, bekennt, anders nicht als ein Miterbe zu dem Zeichen doppelter Adler zu sein und begehrt, dass obiges durchstrichen werden solle. Zufolge vorgezeigtem Kaufbrief hat Peter Mutz obiges Adler-Zeichen erblich verkauft für sich und auch seinen Pflegebefohlenen, wie auch sein Mitvormund an Henckels, Isaac zu Bavert dergestalt, daß keine Erben mehr sein sollen." [Schlesinger 1982 S. 58] Doppeladler oder Doppelschwalbe mit Ohren? Peter Andreas Mutz, wahrscheinlich * 1744, Heirat 14.04.1771 mit Anna Catharina Hartkopf, + 05.03.1793 (?) in Wald, Vater von Johann Abraham Mutz. |
um 1775 |
"Johann Isaac Henckels zu Bavert
zeigt Kaufbrief von Peter Andreas und Peter Mutz und dessen Schwester und Schwager Wilhelmus Rölgen, wie Isaac Tesche, daß er das Zeichen, den doppelten Adler, von den oben genannten erblich gekauft habe. Dieses Zeichen ist das gleiche, wie es Johann Dültgen von Ant Berns und Margarete Ohlig gekauft hat und ihm am 8.5.1745 eingeschrieben wurde, wobei derselbige, auch zugleich unter eigenhändiger Unterschrift von obgemelten Vormündern, als Isaac Tesche und Peter Mutz, daß sie zufolge ihrem Eid beweisen könnten wegen vielen Schulden der Unmündigen besser getan als gelassen, also ist solches - wie abfigüret - auf Johh. Isaac Henckels Namen eingeschrieben, schwarz und weiß zu schlagen, oder nach Belieben. 31.10.1775." [Schlesinger 1982 S. 58] Der zweiköpfige Doppeladler, ein heraldisches Fabeltier, war u.a. das Hoheitszeichen des Deutschen Reiches. Er wurde viel und gern und auch zu dekorativen Zwecken genutzt, wenn er auch manchmal eher gerupft als majestätisch wirkt. Hier trägt der Vogel eine Krone. Vielleicht in Anlehnung an das alte Kölner Wappen? |
um 1808 |
"Den 3.6.1821 erscheint Johann Henkels zur Straßen und Wwe. Wilhelmina Mutz, geb. Flachskampf und presentieren den in Abschrift beigefügten Kaufbrief vom 20.8.1808, nach welchem der verlebte Joh. Abr. Mutz das Zeichen TILSIT von Becher, Jacob in Solingen an sich gekauft hat.
Mutz, Joh. Abr. Wwe. erklärte, den Schlag dieses Zeichens ihrem Vetter Henkels, Johann für eine gewisse Summe Geldes überlassen zu haben und nunmehr ihnen beiden zur Hälfte gehört." [Schlesinger 1982 S. 33] "TILSIT" als Fabrikzeichen - Vermutlich hatte für den Urheber der Friedensvertrag von Tilsit eine ganz besondere Bedeutung, der im Juli 1807 von Frankreich, Russland und Preußen unterzeichnet wurde (Stichwort: Doppelschlacht von Jena und Auerstedt). Vielleicht hat er für den siegreichen Napoleon gekämpft. Johann Abraham Mutz, Bavert, Sohn von Benjamin Mutz und Maria Henkels, getauft 1780 in Wald, 1811 Heirat mit Wilhelmine Flascampf (Flahskamp) in Wald, + 17.05.1814 Wald. |
um 1819 |
"Erben von Casp. u. Abr. Lüttges: Hölterhoff, Isaac zu Nümmen, Mutz, Benjamin zu Ketzberg, Küll, Wilhelm zu Lehn, geben sich als Miterben an wie fol 39 der MM Rolle 16.3.1819." [Schlesinger 1978 S. 60] Abraham Lütges hatte die Distelblume, sein Erbzeichen, auch in anderer Form dargestellt: als Topfblume (1726). Benjamin Mutz, Vogelsang, Ringelshäuschen, 1832 Ketzberg. Sohn von Johann Peter Mutz, getauft 1785 in Wald, am 04.06.1818 Heirat mit Anna Gerdraut Lüttgens, mind. 5 Kinder. |
Aus der alten Solinger Härter- und Schleifer-Zeichenrolle
|
Exkurs: Gesetz zum Schutz des Namens Solingen
Durch das "Gesetz zum Schutz des Namens Solingen" vom 25. Juli 1938 wird der Name "Solingen" als einziger Städtename gesetzlich geschützt. Er "genießt als Bezeichnung deutscher Wertarbeit das Vertrauen der ganzen Welt. Um dieses Vertrauen und damit den Ruf der Solinger Schneidwaren zu erhalten und mißbräuchliche Verwendung des Namens zu unterbinden, hat die Reichsregierung das folgende Gesetz beschlossen: Mit dem Namen 'Solingen', einemn sonstigen Hinweis auf Solingen oder einem entsprechenden Warenzeichen dürfen nur solche Schneidwaren bezeichnet werden, die in allen wesentichen Herstellungsstufen innerhalb des Solinger Industriegebietes bearbeitet und fertiggestellt worden sind und nach Rohstoff und Bearbeitung geeignet sind, ihren arteigenen Verwendungszweck zu erfüllen."
|
Quellen:
|