Pferde-Alltag in alter Zeit
www.ZeitSpurenSuche.de 

Inhaltsübersicht Besondere Ereignisse
Post- und Postreiseverkehr
Postkutschentreffen  24./ 25.09.2005

Randbemerkungen
zum internationalen historischen Postkutschentreffen 2005
in Langenfeld

Samstag, 24. September 2005

Ja, wo bleiben sie denn? mag sich manch einer gefragt haben, der erwartungsvoll in Landwehr und an der Elberfelder Straße in Langenfeld stand. Denn hierher mussten sie ja kommen, die eigens aus dem In- und europäischen Ausland angereisten historischen Postkutschen, trotz aller Umleitungen und Streckenverlegungen auf Solinger Gebiet.

Anlässlich der letzten Postkutschenfahrt zwischen Solingen und Langenfeld im Jahr 1905 hatten sie sich auf den Weg gemacht und sollten laut Programm gegen 11 Uhr vom Solinger Postamt bzw. aus der Solinger Innenstadt abfahren. Aber dort oben an der Kölner Straße sind umfangreiche Straßenbauarbeiten im Gange, da kann es eng werden für die Gespanne. Und die Fahrt geht nicht, wie ursprünglich geplant, komplett über den alten Postweg, die heutige B 229, sondern in Solingen zunächst über die Katternberger, Mangenberger und Löhdorfer Straße.

Außerdem sind Fotostopps eingeplant, hier und da ein Umtrunk - wie lange kann das dauern? In der Langenfelder Stadtmitte sollen die Postkutschen laut Programm gegen 14 Uhr oder 14.30 Uhr eintreffen, aber am Hotel Lohmann an der Elberfelder Straße ist zuvor noch eine Mittagsrast vorgesehen. Dann müssten sie doch...

Um 12:30 Uhr ist die Elberfelder Straße von PKW gesäumt. Anwohner stehen vor den Häusern und spähen in die Richtung, aus der sie kommen müssen. Einer fragt den anderen: "Sind die Kutschen schon vorbei?", aber dann würde hier ja niemand mehr stehen.

Gegen 13:00 warten noch einige Leute mehr. Ja - wo bleiben sie denn? Ich stehe kurz vor dem Hof Lohmann in Landwehr, wo früher einmal die Beispannpferde für die Fuhrwerke vorgehalten wurden, die den Berg hinauf nach Aufderhöhe mussten.


Postkutschentreffen 2005
 
In Wartestellung:
Landwehr an der B 229


Postkutschentreffen 2005
 
Die Postkutsche
des Langenfelder Kutschenvereins

Noch eine knappe halbe Stunde, dann tut sich etwas: Hinter der Eisenbahnunterführung kommt ein grünes, blinkendes Polizeimotorrad in Sicht, und kurz darauf die erste Kutsche. Man sammelt sich, um gemeinsam über die große Ampelkreuzung in Richtung Langenfeld abzubiegen. Schade, wenn gerade jetzt der Akku der gezückten Kamera versagt.

Und dann rollen sie vorbei, einige Pferde und Kutscher ein bisschen verschwitzt, sie haben schon viel getan, aber gleich ist ja Pause. Ein beeindruckendes Bild:


Postkutschentreffen 2005
 
Der restaurierte Büdinger
Postomnibus von 1890


Postkutschentreffen 2005
 
Rechts der Doppelstock-Omnibus
mit Walter Scheel an Bord

Zuerst die von zwei Friesen gezogene Königlich-Preußische Postkutsche des Langenfelder Kutschenvereins, dann die Königlich-Niederländische von 1870 mit zwei mächtigen Shire Horses (black & white) davor, dann der Büdinger Postomnibus mit zwei zierlichen Haflingern, dann mit zwei und mit vier Friesen bespannte Kutschen, ein vierspänniger Doppelstock-Omnibus mit Prominenz hoch auf dem gelben Wagen - nein, gelb ist dieses imposante Fahrzeug nicht -, und ganz am Schluss die    Schweizer Gotthardpost, mit fünf Kladruber Schimmeln bespannt. Wie viele Wagen sind es insgesamt? Zehn? Ich habe nicht mitgezählt.


Postkutschentreffen 2005
Die drei Vorderpferde ...
 
Postkutschentreffen 2005
... der fünspännigen Gotthardpost
 

Als ich etwas später am Hotel Lohmann ankomme, stehen die Kutschen bereits auf dem Parkplatz am Restaurant. Kaum zu glauben - alle haben Platz. Die Fahrgäste sind schon ab- und ausgestiegen und mischen sich unter das schaulustige Volk. Es duftet intensiv nach Erbsensuppe.


Postkutschentreffen 2005
 
Links: Die beiden Vorderpferde vor dem
jetzt leeren Doppelstock-Omnibus...

... und dahinter diese beiden, Fuchs und Schimmel jeweils nebeneinander / über Kreuz gespannt. - Ein Nickerchen wäre jetzt nicht schlecht.


Postkutschentreffen 2005


Postkutschentreffen 2005
Der nachgebaute Paketpostwagen des Langenfelder Kutschenvereins

Postkutschentreffen 2005
 
Postkutschentreffen 2005
Der Königlich-Preußische Postwagen und endlich ein bisschen blauer Himmel. Rätselfrage: Was passt hier nicht zusammen?


Links:
Auch ein neugieriger Besucher -
aber mehr an Artgenossen interessiert

Alt-Bundespräsident Walter Scheel, Schirmherr der Veranstaltung, und Gattin nehmen mit dem Solinger Oberbürgermeister Franz Haug und dem Langenfelder Bürgermeister Magnus Staehler an einem der Holztische Platz, lassen sich ihre Mahlzeit schmecken und von den zahlreichen klickenden Kameras nicht stören. Wann sieht man hier so viel politische Prominenz auf einem Fleck?

 
Die Herren Haug, Scheel und Staehler nehmen Platz.  
Postkutschentreffen 2005

Die Pferde genießen ihre Ruhepause und lassen sich die vielen klopfenden und streichelnden Menschenhände klaglos gefallen. Die herrschende Enge und das lebhafte Treiben irritieren sie nicht. Sogar die leicht bedrohlichen Wolken verziehen sich allmählich.


Postkutschentreffen 2005
 
Zwei imposante Shire Horses vor dem Nachbau des "Koniglyke Postwaagen" der Königlich Niederländischen Post von 1870 mit ihrem Kutscher


Postkutschentreffen 2005
 
Die beiden hinteren Schimmel der Gotthardpost.
Schwarze Schimmel gibt's nicht?
Doch, dieser hier ist ein Rappschimmel.


Nach der Mittagspause geht es geradewegs weiter nach Langenfeld. Auf dem folgenden Streckenabschnitt, in der Hardt, verlor nach verstärktem Alkoholgenuss anno 1899 ein Postkutscher das Gleichgewicht, fiel vom Bock und kam in die Zeitung. Dergleichen kann heute nicht passieren, denn die Beamten in Grün fahren vorneweg - und ganz am Schluss der Pferdeäpfelbeseitigungsdienst in leuchtendem Orange.


Postkutschentreffen 2005
Parkplatz direkt vorm Eingang
 
Postkutschentreffen 2005
Es geht wieder los - auf der B 229 in Richtung Langenfeld


Postkutschentreffen 2005
Doppelstock-Omnibus in der Hardt. Von oben betrachtet Walter Scheel die momentan etwas tristen Aussichten.
 
Postkutschentreffen 2005
Krankenwagen und Straßenreinigung bilden die Nachhut. Ersterer hatte zum Glück nichts weiter zu tun.

Wir folgen der Karawane in die Stadtmitte, sind aber nicht so schnell wie die Pferde, und die fachkundige Postkutschen-Präsentation ist bei unserer Ankunft schon fast vorbei. Die Letzte ist wieder die große Kutsche der Gotthardpost mit den fünf bildschönen Schimmeln davor. Wenn man so lange warten muss, kann man leichte Ungeduld und dezent scharrende Hufe verstehen. Bleibende Erinnerung auf den Pflastersteinen?

Während die letzte Kutsche den Blicken entschwindet, betritt der Schirmherr ("weder aus Langenfeld noch aus Solingen, sondern aus Höhscheid, und erst 1929 durch die Städtevereinigung zwangsweise zum Solinger gemacht!") die Bühne und spricht zum zahlreichen Volk, das sich natürlich wegen der Kutschen, aber ganz sicher auch seinetwegen hier versammelt hat.


Postkutschentreffen 2005
 
Auf der Bühne:
Bundespräsident a.D. Walter Scheel
und Horst Küppers,
Vorsitzender des Kutschenvereins

Ob es wohl einem der in den blitzblanken Kutschen Mitfahrenden gelungen ist, auf den glatten Straßen das Reisen mit der Postkutsche in alter Zeit nachzuempfinden? Ich kann es mir nicht vorstellen. Jedenfalls meinte Walter Scheel (Jahrgang 1919) zum Abschluss seiner kleinen Ansprache, wenn er alle seine zahlreichen Fahrten und Reisen in einer Postkutsche hätte unternehmen müssen, würde er heute wahrscheinlich hier nicht stehen! Nun ja, wer weiß...




Nachdem auch der letzte Redner die Bühne verlassen hat, leert sich die Innenstadt. Die Festschrift ist schon ausverkauft, und die Musik wird von "life" auf Technik umgestellt. Gelegenheit, sich die in der Stadtgalerie ausgestellten detailreichen Miniatur-Kutschen genauer anzusehen. Am Sonderpostschalter herrscht kurzzeitig Gedränge, an den Marktständen nicht mehr so sehr. Aber morgen geht es ja weiter.



Am Sonderpostamt in der Stadtgalerie gab es Sonderstempel anlässlich des internationalen historischen Postkutschentreffens: eine Aktion der "Briefmarkenfreunde Posthorn Langenfeld 1958". Diese Postkarte wurde lt. rotem Stempel "Mit Postkutsche befördert".



Übersicht      nach oben      weiter

www.zeitspurensuche.de  /  Pferde-Alltag in alter Zeit
Copyright © 2005 Marina Alice Mutz. Alle Rechte vorbehalten.