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Schaafenkotten (Itter)

Schaafenkotten
2010   Schaafenkotten
 
Lage
Vermutungen
Geschichte und Eigentümer
   -  Eigentümer Grah - Schleiferei
   -  Eigentümer Schmidt
   -  Eigentümer Maaßen
   -  Eigentümer Nordmann,
      Eigentümer Lehmann

   -  Eigentümer Wettschereck:
      "Wasserkraftwerk" Schaafenkotten

      Das Ende des "Wasserkraftwerks"
Namen



Lage

Der Schaafenkotten steht auch heute noch zwischen Breidenmühle und Brucher Mühle. Auf der Karte des Amtes Solingen von Ploennies von 1715 ist er auf der rechten Itterseite eingezeichnet.




Vermutungen

Lt. Lunkenheimer wird der Schaafenkotten 1787 erstmals mit seinem Eigentümer Johan Weck genannt.

Lt. Interpretation von Vollmar gibt es aber schon frühere Hinweise. Er vermutet, dass eine Urkunde vom 01.06.1592 dem Schaafenkotten zuzuordnen ist. Dort heißt es, dass die Haaner Gerichtsschöffen Theis Hinumb (= Hinym) und Wilhelm ahm Valder (= Haus Valder, Friedrichstraße 5) einen Grundstücksverzicht bezeugen »up den schleipkotten, kottenstat und wasserfluß uf den kotten, so in verkeufers banden bey Schricks und Lutgen Teenhauß banden gelegen«.

Vollmar: "Eine Familie Schaaf oder Schaff war schon früher in Haan ansässig, aber damals noch nicht auf dem Hof »Zum Diek«. In den Jahren 1624 (Arnt Schaff), 1642 (Arndt Schaaf) und 1653 (Arnold Schaaf) taucht der Name in den Steuerlisten der Untersten Honschaft auf. Der Besitz wird mit nur eineinhalb Morgen Banden (= Wiesengrundstück am Bachlauf) angegeben, aber ohne Angabe der genauen Lage. Es könnte sich dabei auch um den Grundstücksbesitz des Kottens handeln. So gesehen wäre die Familie Schaaf später zusätzlich in den Besitz des Hofes »Zum Diek« gekommen." [Vollmar]

In der Haaner Steuerliste von 1724 wird ein »Peter Schaff zum Diek, ein Schleifer« erwähnt. Vollmar nimmt an, dass er Besitzer des Kottens war und dieser seitdem die Bezeichnung "Schaafenkotten" trägt. Eigentlich wäre dies dann der Dieker Kotten (wenn er unter dieser Bezeichnung auch nirgends erscheint), der ebenso zum Haus Diek gehörte wie die Dieker Mühle.

  Nachvollziehbar, weit hergeholt oder möglich? Vielleicht nur Spekulation. Lt. Denkmalverzeichnis der Stadt Haan eine Tatsache: "Urkundlich 1592 ewähnt, seit 1724 Schaafenkotten genannt; der Kotten gehörte seit dieser Zeit zum Hof ' Zum Diek' ". [Stadt Haan]




Geschichte und Eigentümer

Sicher ist, dass im Jahr 1715 an dieser Stelle ein Kotten gestanden hat.

Hans Grah fand zum Schaafenkotten in Obligations-Protokollen Folgendes:

1748 "auf der Caspersbroicher Bach im Haan gelegen"

vor 1748 1/2 Schleifkotten
         Jacob Schaaf seel. 1/4 Anteil
         Abr. Neef junger
         Johann Grohe
         Wittib Henrich Schaf Kinder (1/4 Teil?)
         Wittib Wilhelm Schaaf
         (Obl., seit 1.5.1715, 1.5.1716 und 1.5.1721  350 Thlr.)

28.1748  lt. Obl. Protokoll
         löst Abraham Thegarden oo Anna Christ. Schwarte
         diese Obligationen ab, verpfändet Erb und Gut zu Schnittert

1793 ist der Schleifkotten auf der Karte von Wiebeking mit "Schahfen Kotten" bezeichnet. [Lunkenheimer]

Über das 19. Jh. fehlen Informationen. Bei Lunkenheimer geht es erst 1905 weiter.




Eigentümer Grah - Schleiferei

"Wann der Kotten um die Jahrhundertwende in den Besitz der Familie Grah überging, ist nicht bekannt. Nach der Überlieferung waren damals die Schleifer Gustav und Hermann Grah Eigentümer des Kottens. Um 1905 werden die Rasiermesserschleifer Fritz Grah und sein Bruder (der Vorname ist nicht bekannt) als Besitzer genannt. Ferner waren hier die Rasiermesserschleifer Wilhelm Lüttringhaus, Frauenhof, die Brüder Großstreuer und Max Schlöhmer tätig.

Außer den Rasiermessern wurden auch große Messer von den Schleifern August und Fritz Größgen, Karl Lüttringhaus, Kohnen und den Brüdern Wiehl geschliffen." [Lunkenheimer]

Die Schleifsteine wurden von einem hölzernen oberschlächtigen Wasserrad angetrieben bei 21 1/2 Fuß Gefälle [Lunkenheimer S. 72]. Insgesamt beträgt das Gefälle vom oberen Wehr bis zum Untergraben fast das Doppelte: etwa 12 Meter. Im Erdgeschoss des Kottens wurde am großen Stein gearbeitet, im Obergeschoss befanden sich, wie üblich, die Schleifstellen mit kleineren Schleifsteinen und die Pließtstellen. Das morsch gewordene Wasserrad - mit immerhin ca. 6 Metern Durchmesser! - wurde wahrscheinlich in den 1970er Jahren abgebaut. [Wettschereck]


Schaafenkotten
 
Schaafenkotten
(mit Treppenhausanbau von 1926, links)
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
(Detail)



Eigentümer Schmidt

Bis 1949/50 war Max Schmidt Eigentümer des Kottens - und er muss es schon einige Jahrzehnte gewesen sein, denn Lunkenheimer berichtet, dass er 1926 ein neues Treppenhaus seitlich am Schleifkotten anbrachte. [S. 72]. Bis dahin gab es im Haus eine schmale Stiege, die man sich wohl ähnlich abenteuerlich wie die im Solinger Wipperkotten vorstellen kann. Der spätere Eigentümer Nordmann verlegte die Treppe wieder ins Innere des Hauses. Ungewohnt steil ist sie zwar, aber heute dennoch recht komfortabel.

Im Juni 1946 verursachte ein Hochwasser große Zerstörungen an der Wehranlage des Kottens. "Die Instandsetzungsarbeiten mußten unverzüglich vorgenommen werden, um den Schleifbetrieb mit Wasserkraft aufrecht erhalten zu können." Demnach hätten die Schleifer also noch 1946 - trotz Stromanschluss - die Wasserkraft genutzt. [Lunkenheimer]

Welcher Art werden die Zerstörungen gewesen sein? Möglicherweise hat das Hochwasser die Uferböschungen ausgekolkt [= ausgewaschen]. In diesem Fall besteht, so Rotarius, bei Erddämmen die Gefahr des Durchbruchs. Die ausgekolkten Uferstellen mussten also schnellstmöglich gesichert werden, z. B. durch Weidengeflecht oder Holzbohlen. [Rotarius S. 203 f]


Schaafenkotten
Der Schaafenkotten vor 1945,
von der Haaner Seite aus.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Schaafenkotten
Heute zeigt die einst verschieferte Front schwarz-weißes Fachwerk. Im Anbau rechts war zeitweise eine Pelztierzucht untergebracht. Den Treppenhaus-Anbau (rechts) gibt es nicht mehr.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen



Eigentümer Maaßen

Nachfolger des Eigentümers Schmidt wurde die Düsseldorfer Fischhandlung Karl Maaßen.

Wie aus einem Schriftstück im Besitz der heutigen Eigentümer hervorgeht, hat Karl Maaßen 1964 bei der Stadt Haan einen Antrag auf Einleitung des Horster Siepens zur Speisung seines Obergrabens gestellt. Die Einleitung des Horster Siepens muss wohl eine Zeitlang durchgeführt worden sein: Im Grundstück wurden alte Betonrohre mit dem zugemauerten Einlass in den Obergraben gefunden. Heute scheint der kleine Bach ein Stück hinter dem Schaafenkotten im "Sumpf-Biotop" zu verrinnen, noch ehe er die Itter erreicht. Dieses Sumpf-Biotop wurde in den Jahren 2000/2001 im Auftrag des BRW (Bergisch-Rheinischer Wasserverband) angelegt.

In der Zeit 1965-70 züchtete Maaßen am Schaafenkotten nicht nur Karpfen, sondern auch Nerze, bedauernswerte Geschöpfe in engen Gitterkäfigen, bis es zu Schwierigkeiten mit dem Stadtbauamt Haan kam und hinsichtlich der Nerze auch mit den Tierschützern.


Schaafenkotten
1950   Schaafenkotten
 
Schaafenkotten
Beide Fotos © Klaus Tettinger 1950



Eigentümer Nordmann, Eigentümer Lehmann

1970 ging der Schaafenkotten in das Eigentum von Hans Nordmann über (der wunderschöne Aquarelle bergischer Motive geschaffen hat). Er gestaltete das Gebäude in ein Wohnhaus um. [Lunkenheimer] Ab 1971/72 war das "zweigeschossige Fachwerkhaus mit Backsteinausfachung" Wohnhaus und Atelier [Stadt Haan]. Eine Turbine zur Nutzung der Wasserkraft wird schon früher eingebaut worden sein: Die Reste eines elektrischen Schaltkastens tragen die Jahreszahl 1953.

Kotten mit ihren oft großen Fensterfronten werden offenbar immer wieder gern von Künstlern bzw. Kreativen genutzt: Andere Beispiele sind der Innenkotten des Wipperkottens (Atelier Rodenkirchen), der Balkhauser Kotten (bis Sommer 2004 Atelier Knoop) und der längst verschwundene Kuckesberger Kotten.

1990 wurde Familie Lehmann Eigentümer des Schaafenkottens.




Eigentümer Wettschereck - "Wasserkraftwerk Schaafenkotten"

1996 erwarben Alexander und Ute Wettschereck das Anwesen. Natürlich bot es sich an, die vorhandene Wasserkraft wieder zu nutzen. Die Frage war: Wie? Und so wälzte man zunächst die verfügbare Fachliteratur, bevor die ganze Familie eigenhändig mit Engagement und zunehmendem Sachverstand ans Werk ging, um nicht nur das Haus, sondern auch die Wasserkraftanlage wieder instand zu setzen.

Sicherung von Damm und Obergraben

Dazu zählte die aufwändige Reparatur des löchrig gewordenen Damms unter Einsatz des auf dem Grundstück vorhandenen Lehms, der mit Hilfe eines eigens angeschafften Baggers an die richtige Stelle verfrachtet wurde; und dazu zählte auch die Sicherung des Obergrabens mit Nager- und Enten-resistentem Material.

Notwendig ist diese Sicherung, weil bei unbefestigten Ufern und Böschungen das Stauwasser in die Erde eindringen kann und in feinen Adern und Sickerstellen den Erddamm zu durchfließen sucht. Begünstigt wird dieser Umstand u.a. durch die Aktivität von Wühlmäusen und anderen Nagern. Auf die Dauer (müssen nicht, aber) können Dammbrüche und ähnlich große Schäden die Folge sein. [Rotarius S. 201]

Die Schleifer haben früher ihre Gräben oft mit Bruchsteinen ausgemauert, vielfach aber auch - wie hier - Weidengeflecht verwendet. Besonders vorteilhaft ist diese Art der Sicherung, weil die Weidenruten mit der Zeit häufig wieder austreiben und sich zu einer natürlichen, lebenden Uferbefestigung entwickeln. [Rotarius S. 204] Für die Reparatur des Obergrabens wurden neben den jahrhundertelang verwendeten Materialien wie Lehm und Holz auch moderne Baustoffe des Wasserbaus verwendet.



 
Januar 2003  
Der Beginn des Obergrabens
mit geschlossenem Gewaltschütz
(Schützenwehr)

An den Seiten des Ober- wie des Untergrabens des Schaafenkottens stehen Weiden. Sie wurden und werden an den Ufern gern gepflanzt, weil sie infolge ihrer starken Verwurzelung einen guten Uferschutz bieten. Aber: "Die für eine geordnete Wasserführung notwendigen Querschnitte [des Wasserlaufs] müssen stets erhalten bleiben. Die Weiden sind jährlich zu beschneiden und der Kanalquerschnitt von zu starken Verwucherungen zu säubern." [Rotarius S. 203] - Auch diese Aufgabe erfüllen die Eigentümer des Schaafenkottens.

Das aus der Itter in den Obergraben abgeleitete Wasser treibt heute nicht mehr, wie früher, das Wasserrad der Messerschleifer an, sondern eine Turbine zur Stromerzeugung. Sie ist in einem separaten Raum neben dem Wohnhaus untergebracht, dort, wo sich früher das riesige Wasserrad befand.


Untergraben
Hinter dem Schaafenkotten fließt im Untergraben das Wasser ...
 
Untergraben
... der Abendsonne entgegen.
 
Fotos:
© Wettschereck 2004

Pflichten und Rechte

Damit die Anlage funktionieren kann, sind die Pflichten der heutigen Besitzer des "Wasserwerks Schaafenkotten" im Großen und Ganzen dieselben wie zu Zeiten der Schleifer: Die Stauanlage muss gepflegt werden; die Holztafeln der Schützenwehre (Gewalt, Flutschütz) in ihren Schiebern müssen intakt und beweglich, die Handräder und Kurbeln gangbar bleiben.

Überhängendes Gesträuch an den Ufern, das den freien Fluss des Wassers behindert, wird entfernt. Und wie in alten Zeiten schließen die Eigentümer bei Niedrigwasser der Itter per Handkurbel das Gewaltschütz, damit das wenige Wasser im Bach bleibt und nicht in den Obergraben abgeleitet wird.

Ein wenig Kopfzerbrechen bereiten den Eigentümern (und vielleicht auch den Behörden) die alten Wasserrechte, die nicht ganz eindeutig definiert sind: Zwar ist mit dem Eigentum des Kottengebäudes auch das Recht zur Nutzung des Wassers bis zum oberen Wehr verbunden, nur ist dieses Nutzungsrecht von alters her an den Betrieb des Schleifkottens geknüpft. Von Stromerzeugung war damals noch nicht die Rede. Aber wer weiß - vielleicht werden ja im Schaafenkotten eines Tages wieder mit Wasserkraft die Messer gewetzt. Zwei schwergewichtige neue Schleifsteine aus der Eifel liegen schon bereit.

  Mehr zum "Wasserkraftwerk Schaafenkotten"




Das Ende des "Wasserkraftwerks"

Das Wasserkraftwerk Schaafenkotten existiert nicht mehr.


August 2010   Noch staut sich das Wasser am Ende des verbreiterten Obergrabens
 

August 2010   Der Obergraben führt kaum noch Wasser.


Oktober 2011   Wo Jahrhunderte lang der Obergraben verlief wächst inzwischen Gras.
 

Oktober 2011   Das ehemalige Sperrschütz ist nur noch ein Brett in der Landschaft.


17. November 2012
Das Ittertal verliert immer mehr von seinem einstigen Charme und seinen Besonderheiten. Die letzten Spuren eines wieder zum Leben erweckten technischen Andenkens an das uralte Gewerbe der Itterschleifer verschwindet gerade aus dem Ittertal, und die geschützte (?) Tierwelt verliert wieder ein Stück Lebensraum.

Derzeit wird mit Genehmigung der Stadt Haan von September 2012 eine 400 Meter lange Schotterstraße gebaut. Sie soll den den Bewohnern des Schaafenkottens die Zufahrt zum Haus ermöglichen, nachdem der Weg durch den Hofbereich der Bruchermühle nicht mehr zur Verfügung steht. Der gesamte (vor wenigen Jahren noch funktionstüchtige) Obergraben des Schaafenkottens wird zugeschüttet und planiert, an seiner Stelle entsteht der Zufahrtsweg. Der Spazierweg ist an der bisherigen Stelle erhalten geblieben.



November 2012   Am Stauwehr
 

November 2012   Der zugeschüttete Obergraben


November 2012
 

November 2012



 
November 2012
Der früher sorgfältig gepflegte Untergraben ist zugewachsen.



Dezember 2012   Anfang des Schotterweges am ehemaligen Wehr
 

Dezember 2012   Anhaltender Regen hat den Graben wieder gefüllt.



Mai 2013   Wenn auch noch die spärlichen verbliebenen Reste des Wehrs abgebaut sein werden, erinnert nichts mehr an die Stauanlage des Schaafenkottens.
 


 
Mai 2013

Nach wetterbedingten Verzögerungen ist nun der Zufahrtsweg zum Schaafenkotten fertig. Spaziergängern steht weiterhin der bisherige Waldweg zur Verfügung.

Ab Juni 2013 steht der Schaafenkotten vorübergehend zum Verkauf;
2014   wird er wieder von seinem Eigentümer bewohnt.




Namen

1787   Johan Weck
1624   Arnt Schaff
1642   Arndt Schaaf
1653   Arnold Schaaf
1724   Peter Schaff
1905   Gustav Grah, Hermann Grah, Fritz Grah
1905   Wilhelm Lüttringhaus, Frauenhof, Großstreuer, Max Schlöhmer
August und Fritz Größgen, Karl Lüttringhaus, Kohnen, Wiehl
1926, 1949/50   Max Schmidt
ab 1950   Karl Maaßen
1970-1990   Hans Nordmann
1990   Lehmann
ab 1996   Alexander Wettschereck



  Ittertal - Schaafenkotten


Quellen:
  • Grah, Hans: Kotten und Mühlen an der Itter; Ergänzungen. Stadtarchiv Solingen (1990)
  • Lunkenheimer (1990) S. 70-72
  • Rotarius (1991) S. 201-215
  • Stadt Haan (1990)
  • Vollmar (Häuser und Höfe)
  • Wettschereck, Alexander und Ute (2003, 2013)

Weitere Informationen:


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