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Kohlenkotten   (Weinsberger Bach)


Um 1900   Kohlenkotten
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Lage
Geschichte und Eigentümer
    -  Der Kotten
Das Ende
Namen



Lage

Der Kohlenkotten lag nördlich der Hofschaft Wippe, unterhalb des Schmidtkottens, am Weinsberger Bach. Auf der Karte von Ploennies aus dem Jahr 1715 ist an dieser Stelle schon ein Kotten verzeichnet.

Lunkenheimer schreibt: "Unterhalb des Kohlenkottens lag die Hofschaft Kohlenhaus. Die Bezeichnung ist neueren Datums. 1864 führte die Hofschaft die amtliche Bezeichnung 'Neulenkotten'. Dieser Name wurde fälschlicherweise auf den Kohlenkotten übertragen. Der eigentliche Neulenkotten war der letzte Kotten am Weinsberger Bach, der später Schaafenkotten genannt wurde." [Neulen = abgeleitet vom Familiennamen "Arnold" (Fürkelt).]

  Möglicherweise galten für die nur aus einem Wohnhaus bzw. einem Gebäudekomplex bestehende Hofschaft "Kohlenhaus" zeitweise mehrere Bezeichnungen nebeneinander. Denn: 1864 hieß es offiziell im Melderegister der Stadt Höhscheid: Wippe 263 (Familie Lauterjung) und Wippe 264 (Familie Stamm). Zumindest im Zeitraum 1882-1907 lautete die offizielle Bezeichnung Wippe 1, 2 und 3; heute gilt die Nummerierung Wippe 35, 37 und 37a. Die letzte Umbenennung hat wohl Anfang der 1970er Jahre stattgefunden. [Benölken-Richter]

1893 sind in der Königl. Preuss. Landesaufnahme am Weinsberger Bach u.a. ein "Wipperbandenkotten" und ein "Neulenkotten" eingetragen. Beim "Wipperbandenkotten" wird es sich um den Schmidtskotten handeln, beim "Neulenkotten" um den Kohlenkotten, die Ortsbezeichnung "Wipperbanden" entspricht "Kohlenhaus".




 
Nördlich von Wippe erstreckt sich
das Weinsberger Bachtal.

Detail der Königl. Preuss.
Landes-Aufnahme 1893



Geschichte und Eigentümer

Benannt wurde der Kotten meist nach seinem jeweils aktuellen Besitzer, wie auch die anderen Kotten am Weinsberger Bach - was die Identifizierung für die Nachwelt manchmal erschwert. So hieß der Kohlenkotten eine Zeitlang jeweils nach seinen Eigentümern auch "Stammskotten" oder - wie ein Vertrag von 1833 vermuten lässt - "Kleiner Vooskotten" (während "Vooskotten" ein anderer Name des benachbarten Schmidtskotten war).

Bis zum 17.02.1826 gehörte das "Kohlenhaus" Johann Wilhelm Voos, wie aus alten Vertragsdokumenten der heutigen Eigentümer hervorgeht. Die meisten Eigentümer des Wohnhauses erscheinen namentlich auch im Zusammenhang mit dem Kotten. [Benölken-Richter]

1829 sind im Urhandriss als Eigentümer des Kottens Isaak Evertz (Kohlsberg) und Consorten angegeben. Peter Isaak Evertz starb am 13.10.1837; sein Grab ist auf den Friedhof zu Rupelrath noch zu sehen. Seine Söhne waren später die Erbauer der Brücker Mühle am Pilghauser bzw. Nacker Bach.

1837 werden im Brandkataster von Höhscheid [StA Solingen H.A.III-F-3] als Eigentümer des Kottens Friedrich Stamm und Carl Witte genannt mit je einem halben Kotten-Anteil. Der Schleifer Friedrich Stamm (* 1815) war verheiratet mit Henriette Weck (* 1807). Die Eheleute wohnten in Wippe Nr. 169, der Messermacher Carl Witte (* 1810) in Wippe Nr. 265.

1841 übernahm der Schleifer Eduard Kohl (* 1809) den Kottenanteil von Friedrich Stamm. Er war verheiratet mit Wilhelmine Baus (* 1809). Auch dieses Ehepaar lebte in Wippe, und zwar in Nr. 263 1/2, dem heutigen "Kohlenhaus". Kohl hatte eine Haushälfte von Johann Wilhelm Lauterjung erworben, so dass es zur Teilung des Hauses gekommen ist. Nicht ganz ausgeschlossen ist übrigens, dass Kohl über seine wohl aus Wippe stammende Ehefrau auch schon vor 1841 einen Kottenanteil besessen haben könnte. [Benölken-Richter]




 
Um 1914
Kohlenkotten
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen


Unter dem Jahr 1839 erwähnt Franz Hendrichs in seiner "Geschichte der Solinger Industrie" einen bösen Vorfall, der wohl zum Versicherungsfall geworden ist: Eduard Kohl wurde Opfer eines "nächtlichen Orakels". Johann Peter Höfer, Bürgermeister in Höhscheid, erstattete seinem Landrat (Bussche-Ippenburg) darüber Bericht:


"Dem Schleifer Eduard Kohl zu Unten-Widdert hat man seinen in der Wippe gelegenen Kotten zerstört und die darin befindlichen Gerätschaften zerschlagen. Die Untersuchung ist noch nicht beendet. Es wird schwer halten, die Frevler zu entdecken. Neid und Rachsucht sind die Triebfedern dieser Tat. Kohl war früher ein Schmied, erlernte später das Schleiferhandwerk und hatte erst kürzlich gekauft. Daß er selbst den Schleiferfamilien nicht angehörte und ebenfalls derartige Lehrlinge angenommen hatte, hat diese Tat vollends zur Reife gebracht." [Hendrichs 1933, S. 190]


  Sollte das Jahr 1839 richtig überliefert sein - was mir inzwischen unwahrscheinlich erscheint -, wäre Kohl schon vor 1841 Miteigentümer des Kohlenkotten gewesen. Meine Zweifel werden genährt durch einen zufälligen Fund im Intelligenzblatt, denn:

Am 27. April 1842 brannte es im Kohlenkotten (damals noch Stammskotten genannt). Bürgermeister Höfer gab dazu in der Presse 10 Tage später Folgendes bekannt:


Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 7. Mai 1842

Die Abschätzungs-Verhandlungen über den am 27. vorigen Monats in dem oberhalb der Wippe gelegenen, den Schleifern Eduard Kohl und Carl Witte zugehörigen sogenannten Stamms-Schleifkotten statt gehabten Brandschaden, liegen während den nächsten acht Tagen, bis zum 13. d. Mts., zur beliebigen Einsicht auf dem hiesigen Verwaltungs-Bureau offen.

Höhscheid, den 4. May 1842.
Der Bürgermeister, Höfer.



    Mehr über Kotten-Brände und nächtliche Orakel

Ob nun die Versicherung zahlte oder nicht - der Kotten wurde wieder hergerichtet.

Im Herbst 1845 hatten die Eigentümer, Carl Witte und Eduard Kohl, am Bachlauf Veränderungen vorgenommen und ihren Kottenteich vergrößert. Hierdurch muss wohl der Fahrweg des Landwirts Johann Wilhelm Dohm in Meiswinkel versperrt worden sein. Der Vorfall wurde aktenkundig durch eine Beschwerde, die Landwirt Dohm am 11.5.1846 beim Höhscheider Bürgermeister einlegte. "Am 27. Juni 1846 kam ein Vergleich zustande, der die Benutzung des Wassers für den Kohlenkotten regelte." [Lunkenheimer S. 212]

Der Schleifer Eduard Kohl hatte seinen Kottenanteil offenbar während der folgenden Jahre auf ein Viertel reduziert, denn am 11. November 1856 bot er u.a. sein Kottenviertel per Inserat zur Vermietung auf sechs Jahre an:


Bergischen Volks-Blatt vom 11. November 1856
Freiwilliger Immobiliar-Verkauf,
resp. Verpachtung.

Mein in der Wippe, Gemeinde Höhscheid, gelegenes Wohnhaus, sammt Scheune und Stallung, und mit so viel Ackerland und Wiese, daß eine Kuh gehalten werden kann, bin ich Willens aus freier Hand zu verkaufen, und sind die Realitäten primo Mai 1857, zu beziehen.

Nach einem angemessenen Verkaufe, kann auch mein in der Wippe gelegener, ein viertel Theil Schleifkotten mit acht Stellen, unter näher mitzutheilenden, speziellen Bedingungen auf sechs Jahre angemiethet werden.

Reflectirende, wollen sich persönlich bei mir melden, um das Weitere zu erfahren.

Wippe, den 9. November 1856.
Eduard Kohl.



Wann es zum Verkauf des Kottenviertels kam, ist nicht bekannt.

Um das Jahr 1860 waren Eigentümer: Gustav Weck in Brachen zu 1/4, Karl Wilhelm Henkels in Untenhöhscheid zu 1/4, die Erben Knecht in Untenhöhscheid zu 1/4 und die Erben Karl Knecht zu 1/4. [StA]

Am 17. Mai 1867 erscheinen in einer Liste der in Höhscheid vorhandenen Wasserwerke als Eigentümer des Kohlenkottens Gustav Weck und Consorten [Lunkenheimer].

  Gustav Weck war u.a. auch Eigentümer des Neuenhauser Kotten am Pilghauser Bach.

1900 arbeiteten im Kohlenkotten Robert Henkels, der dort auch das Schleiferhandwerk erlernt hatte, sowie seine Söhne August und Hugo Henkels. Letzterer (* 09.02.1906 Wippe 10) war der Vater des als 'Bonner Hofchronist' bekannt gewordenen Solinger Journalisten und Schriftstellers Walter Henkels. Außerdem waren im Kotten der Schleifer und Miteigentümer des Kottens Ernst Knecht sowie weitere neun Schleifer tätig. [Lunkenheimer / Weiland]

Zuletzt befand sich der Kotten im Besitz der Familie Knecht in Wippe bzw. Ernst Knechts Erben. Familie Knecht muss mindestens seit 1865 in Wippe ansässig gewesen sein. Die Söhne des Ernst Knecht, Ernst jun. und Friedrich, lebten im "Kohlenhaus". [Bürgerrolle / Benölken-Richter]




 
2009
"Kohlenhaus"
(Wippe 35, 37, 37a)



Der Kotten

  Beim Kohlenkotten soll es sich um den "einzigen Doppelkotten am Weinsberger Bach" gehandelt haben, "wahrscheinlich mit zwei hintereinander liegenden Wasserrädern". [Weiland] Eine solche Konstruktion ist mir bisher von keinem Solinger Bach bekannt. Der Begriff Doppelkotten könnte hier - anders als bei den Wupperkotten - i.S. von zwei hintereinander liegenden Kottengebäuden gemeint sein.

In einer "Zeitzeugen"-Befragung des Solinger Stadtarchivs aus dem Jahr 1938 ist allerdings nur von einem oberschlächtigen Wasserrad mit einem Durchmesser von 8 Metern die Rede. Auch die im Stadtarchiv vorhandenen Fotos (um 1900, 1914, 1916) helfen nicht weiter; sie zeigen nur die beiden hintereinander liegenden Fachwerkgebäude.

Im Kohlenkotten wurden Scheren und Federmesser geschliffen. [StA]

Es waren 32 Schleifstellen vorhanden; auf die vier Kottenanteile entfielen je 8 Schleifstellen. Bis Ende der 1890er Jahre war im Kottengebäude auch eine Wohnung enthalten. [StA]

Nach Darstellung Lunkenheimers lagen zwei Arbeitsräume übereinander, die jeweils mit drei Schleif- und sechs Plieststellen ausgestattet waren. Ggf. handelt es sich um einen Zeitpunkt, als nur eines der beiden Gebäude vorhanden war.



Um 1914   Kohlenkotten
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 

Kohlenkotten.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen /
www.wippe.de.vu



Das Ende

1931 brannte der Kohlenkotten ab. [StA] Ob er bis zu seinem Ende in Betrieb war, ist nicht bekannt.

Als in den 1950er Jahren die Zufahrt über Wippe zum Schmidtskotten angelegt wurde, ist der Damm des Kottenteiches eingeebnet worden. [Weiland]




Namen

1826   Johann Wilhelm Voos
1829   Isaak Evertz (Everts)
1837   Friedrich Stamm und Carl Witte
1837, 1845   Carl Witte
1841, 1845, 1856   Eduard Kohl
1860, 1867   Gustav Weck
1860   Karl Wilhelm Henkels
1860   Knecht
1900   Robert Henkels, August und Hugo Henkels, Walter Henkels
1900   Ernst Knecht


 

 
2009
Blick aus Richtung des ehemaligen Kohlenkottens zum Schmidtskotten

 

 
2009
Blick auf den Schmidtskotten und weiter in Richtung des ehemaligen Kohlenkottens

 

 
... und zu der Zeit, als der Kohlenkotten noch stand. Rechts der Obergraben des Schmidtskottens.

Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen /
www.wippe.de.vu


Quellen:
  • Benölken-Richter, Sabine (05/2009)
  • Bergischen Volks-Blatt vom 11.11.1856
  • Hendrichs (1933) S. 190
  • Lunkenheimer (1990) S. 212
  • Solinger Kreis-Intelligenzblatt vom 07.05.1842
  • Stadtarchiv Solingen, 0-4-Kotten (Befragung Friedrich Henkels 1938) [StA]
  • Stadtarchiv Solingen, Bürgerrolle Höhscheid Bd. 89 Wippe vom 13.05.1884-08.09.1889 [Bürgerrolle]
  • Weiland, Gerd (04/2009)

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