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Hilden: Rittergut Haus Horst
und die Lehnsherren von Hilden - Haan

Haus Horst
 
Vor 1900
Haus Horst
Abb. bei Schneider

 
12.-14. Jahrhundert
-   Gerhard Kraft von Elverfeldt
15. Jahrhundert
-   Mannlehen oder Weiberlehen?
-   (Lehns-) Herren aus dem Geschlecht von der Horst
16. Jahrhundert
-   Lehnsherren von Plettenberg und von Quade
-   Lehnsherren Schenk von Nideggen
-   Der verhängnisvolle Vertrag von 1589 17. Jahrhundert
-   Lehnsherr Hans Heinrich Schenk zu Nideggen
-   Beginn des Horster Lehnstreites 1592
-   Lehnsherr Otto Wilhelm Schenk zu Nideggen
-   Die Gerichts-Entscheidung von 1682
-   Lehnsherren Hans Heinrich, Friedrich Anton und Felix Theodor Schenk zu Nideggen
18. Jahrhundert
-   Ende der Lehnsherrschaft der Schenk von Nideggen
-   Eigentümer von Reven, von Lemmen, von Ropertz
19. Jahrhundert
20.-21. Jahrhundert



Im Zusammenhang mit der Geschichte der Städte Hilden und Haan und ihrer alten Höfe wird immer wieder das Rittergut Haus Horst und sein Hühnerzinsregister von 1410 erwähnt. Die Herren von Haus Horst waren ab dem Jahre 1404 für Jahrhunderte die Lehnsherren von Hilden-Haan.

Die von Wassergräben umschlossene Burg lag in der Itteraue westlich von Hilden, in den Nähe von Benrath und dem Rittersitz Garath. Heute befindet sich an dieser Stelle (an der Horster Allee) das Seniorenwohnstift Haus Horst. Nur ein Turm, immerhin als Denkmal ausgewiesen, ist als sichtbares Zeichen von diesem Rittersitz, der bis 1843 als solcher bestanden hat, übrig geblieben. Auf einem Schild kann der Interessierte nachlesen, um was es sich hier handelt, und wundert sich vielleicht ein bisschen:

    "Haus Horst
    Teilweise im Ursprung erhaltener Turm
    einer mittelalterlichen Wasserburg
    aus dem 11.-12. Jahrhundert
    Seit 1404 Sitz des Kölner Erzbischofs
    Wiederaufbau nach Verfall 1892~1893
    (Kranzgesims u. Turmhaube)
    Endgültiger Abbruch der übrigen Anlage 1965"

Sitz des Kölner Erzbischofs? Eher wird es sein "Besitz" gewesen sein.

Dieses Kapitel über Haus Horst ist wesentlich umfangreicher ausgeallen als es die knappen (etwas missverständlichen) Daten auf der Informationstafel vermuten lassen. Zwischen 1404 und 1892 ist viel geschehen. Die Liste der Lehnsherren und Eigentümer ist lang, und ihre Streitigkeiten um Haus und Lehnsbesitz zogen sich - vor dem Hintergrund der Querelen zwischen dem Erzstift in Köln und den Grafen bzw. Herzögen von Berg - über die Jahrhunderte hin.

Hier ein kurzer Überblick aus den "Historischen Wanderungen" von Otto Schell, anno 1900 veröffentlicht:

"Ehemals war Horst ein kurkölnisches Weiberlehen und wurde erst 1803, infolge des Friedens von Luneville, ein Bergisches Lehen.

  Ein Weiberlehen? Damit fangen die Probleme schon an.

Die zunächst hier auftretenden Besitzer sind die von der Horst. Leider ist die Genealogie dieser Familie noch nicht genügend klar gestellt, ein Bemühen, welches durch das häufige Vorkommen dieses Namens für Besitzer und Güter sehr erschwert wird.

Als einigermaßen erwiesen kann gelten, daß Theoderich und Rütger von der Horst, welche zwischen 1241 und 1263 genannt werden, wahrscheinlich unsere Burg innehatten, an welcher das Erbschenkamt von Berg haftete. Das Ansehen der Ritter von der Horst muß bedeutend gewesen sein, treten sie doch wiederholt als Schiedsrichter in schwierigen Streitfällen auf, z.B. in der Raubritteraffaire zwischen Gerlach von Strünkede und dem Grafen Theoderich von Kleve. Von 1290 bis 1297 lebte aus diesem Geschlechte Werner von der Horst, Droste von Berg.

  Drost(e), Landdrost, frühere Bezeichnung für Amtshauptmann; Landrat. [Beckmann]

Der letzte dieses Namens aus der auf Horst bei Hilden ansässigen Linie war Konrad der Jüngere, welcher um das Jahr 1505 ohne männliche Erben starb und Horst mit dem anklebenden Erbschenkamte auf die Familie von Plettenberg und bald darnach auf die Schenk von Nideggen brachte.

Das letztere Geschlecht verblieb im Besitz von Horst bis zum ersten Viertel des vorigen [= 18.] Jahrhunderts; dann wechselte der Besitz des Hauses oft. Im Anfange unseres [= 19.] Jahrhunderts wurde das Gut geteilt und parzellenweise verkauft. Das Burghaus mit einigen angrenzenden Ländereien, Jagd, Wald und Mühle ging um 1810 an Bongard über und kam später durch Heirat an Herrn von Märken.

Bis vor wenigen Jahren lag es als eine malerische Ruine mit einem ziemlich erhaltenen Turme da, dem 14. Jahrhundert entstammend. Auf den alten Mauern ist durch Herrn Ferdinand Lieven der neue Backsteinbau aufgesetzt worden."

[Schell S. 187 f]


1890 (ca.) wurde das am Seitenanfang abgebildete neue Haus gebaut.
1896 verkaufte Eigentümer Lieven den Horster Besitz an den Düsseldorfer Industriellen Klingenhöfer.
1951 erwarb die Stadt Hilden die Ländereien.
1965 betrieb ein Pächter auf dem Gelände für kurze Zeit einen Restaurationsbetrieb mit Tierpark.
1967 verkaufte die Erbengemeinschaft Klingelhöfer das marode Haus an eine private Interessentengruppe, die ihrerseits an eine Baugesellschaft weiterveräußerte.
Das Haus wurde abgerissen.
An seiner Stelle entstand das Seniorenwohnstift Haus Horst; 1977 war es bezugsfertig.

Auch bei Haus Horst zeigt sich wieder, dass die "Herrschaften" der Ritterhäuser in der Umgebung nicht selten miteinander verwandt oder verschwägert waren. So ist Haus Horst u.a. verbunden gewesen mit Schloss Hackhausen und Schloss Caspersbroich, beide in Solingen-Ohligs, sowie mit Haus Vorst in Leichlingen.

Wer tiefer in die dramatische und im Verlauf der Jahrhunderte zunehmend krisengeschüttelte Geschichte des alten Rittersitzes eindringen möchte, hat im Folgenden dazu Gelegenheit.


Ploennies
Haus Horst und die Itter zwischen Benrath und Hilden (Ost).
Ausschnitt aus der Karte des Amtes Monheim von Erich Philipp Ploennies von 1715



12.-14. Jahrhundert

Haus Horst als erzbischöflicher Besitz

Über die Anfänge von Haus Horst gibt es nur Vermutungen. Ursprünglich gehörte das spätere Rittergut offenbar zum erzbischöflichen Besitz Hilden und wurde vom Erzbischof an einen Ministerialen zu Lehen ausgegeben.

  Ministerialen, im Mittelalter unfreie Dienstmannen der Fürsten, Hausbeamte für Krieg und Verwaltung, gingen im Rittertum auf.

1224 war Rittergut mit Sicherheit vorhanden, denn der in einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Engelbert I. (1216-1225) [= Graf Engelbert II. von Berg] aus diesem Jahr als Zeuge auftretende Dietrich von Horst (Theodericus de Hurst) ist als Hildener Einwohner anzusehen. [Müller S. 58]

1296 erscheint Heinrich von Horst als "Kirchspielverwalter" (dapifer) des Grafen von Berg, dem Schutzvogt von Hilden. Er war, wie seine Vorfahren, Ritter und Gefolgsmann des Erzbischofs von Köln und ist aus dem Ministerialenstand der Erzbischöfe hervorgegangen.

Ritter Balduin von der Horst, sein Nachfolger, war 1367 einer der "Holzgrafen" (Waldgraf) in der Richrather Gemark (Ohligser Heide). Ihm folgte der Junker Konrad von der Horst senior (1372-1405 urkundlich nachweisbar).

Dessen Sohn Konrad von der Horst junior war mit Ida von Elverfeld verheiratet, der Tochter des Kraft von Elverfeldt, dem hoch verschuldeten letzten Inhaber des Hilden-Haaner Lehens aus dieser Familie. [Müller S. 58-60]

Durch diese Verbindung kam Haus Horst an den Hilden-Haaner Lehensbesitz und damit - aufgrund der hinterlassenen Urkunden und Zinsregister - auch zu seiner besonderen Bedeutung für die Haaner und Hildener Geschichts- und Familienforscher.

  Der Hildener Hauptlehrer Anton Schneider hat die Vorgeschichte und die nachfolgenden Verwicklungen in seiner 1900 erschienenen "Geschichte von Hilden und Haan" sehr anschaulich beschrieben. Sollten seither neuere Erkenntnisse hinzugekommen sein, sind diese hier nicht berücksichtigt.

  Dass die Schreibweisen der vorkommenden Namen sowie einzelne Jahreszahlen etwas variieren, sollte den Leser nicht irritieren.




Gerhard Kraft von Elverfeldt, Lehnsherr von Hilden und Haan

"Nach einer Urkunde vom Jahre 1372 wurde Gerhard Kraft von Elverfeldt, meist bloß Kraft oder Kracht genannt, mit Hilden und Haan belehnt. Doch geht aus dem Lehnsbrief hervor, daß sein Vater Dietrich Wilhelm unter den gleichen Bedingungen Lehnsherr der beiden Kirchspiele gewesen war. Sogar sein Großvater Arnold von Elverfeldt scheint schon im Besitz des Lehens gewesen zu sein, wie dies durch eine Urkunde über den Hof zu Karnap vom Jahre 1352 nahe gelegt wird. Der Lehnsbrief Krafts von Elverfeldt bildet den Ausgangspunkt und die Grundlage aller späteren Lehnsbriefe. [...]" [Schneider S. 64 f]

  Der Text ist bei Schneider abgedruckt und in verständliches Deutsch übersetzt. [S. 65-67] Er beginnt so:

"Wir Friedrich, von Gottes Gnaden der heiligen Kirche zu Köln Erzbischof, des heiligen römischen Reichs in Italien Erzkanzler, Herzog von Westfalen und Enger, thun kund allen Leuten, daß Unser lieber, getreuer Kraft von Elverfeldt jetzt wie oft vor Uns erschienen ist und Uns flehentlich gebeten und begehrt hat, daß Wir ihn belehnen möchten mit all solchen Lehen zu Hilden und Haan, welche sein Vater besessen und innegehabt hätte, und die er mit Recht von Uns empfangen sollte, sofern Wir meinten, daß außer ihm niemand anders billigerweise ein Recht daran hätte, als Wir und Unser Stift." [Schneider S. 65]

"Die eingehende Untersuchung der bestehenden Rechte und Verpflichtungen, wie sie der Eingang des Lehnsbriefes hervorhebt, war geboten durch die schon zu jener Zeit schwebenden Streitigkeiten um die Vogteirechte der Grafen von Berg. Es regierte damals Graf Wilhelm II., unter dessen Herrschaft 1380 das Land zum Herzogtum erhoben wurde. Gern hätte derselbe Hilden-Haan ganz an sein Haus gebracht, aber die Einsetzung der Unterlehnsherren stand der Verwirklichung seiner Wünsche im Wege und trug nicht unwesentlich zur Verschärfung der Gegensätze bei.

Freilich war ihm auch bekannt, daß der neue Lehnsherr viel mit Geldverlegenheiten zu kämpfen hatte, und er beschloß, diese Lage auszunutzen und auf Nebenwegen seinem Ziele näher zu kommen. Gegen ein Darlehn von 440 Gulden ließ sich denn auch Kraft von Elverfeldt bereit finden, ihm seine Rechte als Lehnsherr von Hilden und Haan pfandweise zu übertragen. Diese Verpfändung erfolgte im Jahre 1380.

Aber der geschehene Schritt berührte in Köln unangenehm, weil gerade damals die Beziehungen zwischen dem Herzog Wilhelm von Berg und dem Erzstift sehr gespannt waren. Kraft von Elverfeldt sah sich deshalb veranlaßt, trotz seiner bedrückenden Notlage 1390 das Pfandschafts-Verhältnis zu lösen. Doch mußte er dem Herzog die feste Zusicherung geben, seine lehnsherrlichen Rechte innerhalb der nächsten 16 Jahre weder an das Erzstift selbst noch an sonst jemand zu verpfänden oder zu verkaufen, ohne vorher die Zustimmung des Herzogs einzuholen.

Krafts Bedrängnis war unterdessen so hoch gestiegen, daß er im Jahre 1395 dem Erzstift die Hildener Pächte von 23 Jahren in einer Gesamthöhe von 276 Malter Roggen und 552 Malter Hafer schuldete. Zwar hatte er eine erhebliche Gegenrechnung zu machen. Infolge mehrfacher Fehden, bei denen er für den Erzbischof eingetreten war, hatte er verschiedene wertvolle Pferde zusetzen und andere bedeutende Aufwendungen machen müssen, aber bei der Abrechnung blieb er immer noch mit 96 Malter Roggen und 192 Malter Hafer im Rückstand.

Er versprach, diese Schuld innerhalb der nächsten 8 Jahre neben den laufenden Pächten an die Zollstätte zu Fritzstrom (Zons) entrichten zu wollen. Seine Lage blieb eine bedrängte bis zu seinem Lebensende."

[Schneider S. 67 f]




15. Jahrhundert

Mannlehen oder Weiberlehen?

1403 starb Kraft von Elverfeldt. Er hinterließ zwei Töchter, Ida und Coena (die weibliche Form von Kuno). Ida hatte den oben erwähnten gut situierten Knappen Konrad den Jüngeren von der Horst geheiratet, Erbe des Hauses Horst. Ihm wurde die Lehnsnachfolge in Hilden-Haan zugesichert, obwohl das Hilden-Haaner Lehen nach dem Wortlaut des Weistums von 1386 ein Mannlehen war, sich also grundsätzlich nur im Mannesstamm vererbte.

  Üblicherweise wurde ein Mannlehen vom Lehnsherrn als verfallen eingezogen (caduziert), wenn ein Lehnsinhaber ohne männliche Erben verstarb. Bei einem Weiber- oder Kunkellehen (Kunkel = Spindel) war eine weibliche Erbfolge ohne weiteres möglich. [Wenning S. 29]

Bei der Lehnsnachfolge des Kraft von Elverfeldt war das im Weistum Niedergelegte "aus besonderen Gnaden" umgangen worden, als der Schwiegersohn Konrad von der Horst das Lehen erhielt. [Wenning S. 29]

"Diese Thatsache an sich dürfte ziemlich bedeutungslos erscheinen, aber bei dem Rechtsstreit um die Lehnsherrschaft und die Lehnsgüter, die zwei bis drei Jahrhunderte später ausgetragen wurde, fiel sie schwer in die Wagschale, weil sie bewies, daß Hilden-Haan als Kunkel-(Weiber-)Lehen angesehen werden müsse und daß selbst die jüngeren Töchter erbberechtigt seien. Kraft hatte nämlich einen Bruder, Dietrich Zobbe von Elverfeldt, auf den im anderen Fall die Lehnsherrschaft hätte übergehen müssen." [Schneider S. 69]


"Diese Wendung der Dinge wurde natürlich in Köln freudig begrüßt, weil so Kraft von Elverfeldt gezwungen war, die Lösung des Pfandschaftsverhältnisses mit dem Herzog Wilhelm von Berg zu beschleunigen. Auch trat an Krafts Stelle ein Lehnsherr, der nicht fortwährend in Geldnöten war und durch die Einsetzung seines freien Besitztums die Lehnsgüter vermehrte." [Schneider S. 69]




(Lehns-) Herren aus dem Geschlecht von der Horst

Am 19. Januar 1404, ein Jahr nach Krafts Tod, erteilte das Kölner Erzstift auf der Burg zu Fritzstromen (Zons) Konrad dem Jüngeren von der Horst die zugesicherte Belehnung mit Hilden und Haan. Im (einzigen) Unterschied zum Lehnsbrief von 1372 erstreckte sich die Belehnung neben ihm selbst auch auf seine Gemahlin und "ihrer beider Leibs-Lehns-Erben". [Schneider S. 69]

Als Gegenleistung musste Konrad seinen Rittersitz Haus Horst, in der betreffenden Urkunde als altes Kölner Lehen bezeichnet, zum Offenhaus des Erzbischofs erklären, d.h. ihm das Recht einräumen, es im Bedarfsfall militärisch zu besetzen - außer gegen den Herzog von Berg. Er übergab Schloss und Burg Horst mit dem gesamten Nebenbesitz und Zubehör dem Erzbischof von Köln und seinem Stift als Lehen, um es sogleich als erzbischöfliches Lehnsgut wieder in Empfang zu nehmen.

Nachdem die Horst Lehnsgut geworden war, wurde sie nicht dem Hilden-Haaner Lehnsbesitz einfach zugelegt, sondern auch in der Folge als besonderes Lehen behandelt. [Wenning S. 29 und Schneider S. 69 f]

Die Horst, "vordem ein freier Rittersitz," war von den Herren von der Horst, die auch in Hamm bei Düsseldorf und Haus Elbroich bei Itter Besitzungen hatten, käuflich erworben worden. Wer vor ihnen auf der Horst ansässig war, konnte - so Schneider - nicht ermittelt werden. Die Herren von der Horst blieben etwa 100 Jahre im Besitz der Lehnsherrschaft.

Sie standen auch mit den bergischen Herzögen in gutem Einvernehmen und bekleideten das Amt eines bergischen Erbschenken. 1480 erhielt der letzte Konrad von der Horst die Belehnung mit Horst, Hilden und Haan.

"Im Gegensatz zu einer Legende, welche die Herren von der Horst mit dem Raubadel in Verbindung bringt, muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß von einem gewaltthätigen Vorgehen derselben durchaus nichts bekannt ist. [...] Zu den ihnen untergebenen Lehnsleuten standen sie in den angenehmsten Beziehungen." [Schneider S. 70]

Soweit es sich nach fünf- bis sechshundert Jahren noch rekonstruieren lässt. Zu späteren Lehnsherren war das Verhältnis jedenfalls nicht immer so angenehm.




16. Jahrhundert

Lehnsherren von Plettenberg und von Quade

1501 (oder 1503) starb Konrad IV. von der Horst, der letzte männliche Namensträger dieser in Hilden ansässigen Familie. Damit hätte das Lehen eingezogen und neu vergeben werden müssen. Aber es fiel 1504 an Bertram von Plettenberg, den Ehegatten von Konrads Tochter Adriane. [Wenning S. 30]

1523 starb Bertram von Plettenberg. Seine Tochter Elisabeth von Plettenberg war verheiratet mit Wilhelm von Quade, Herr zur Landskron, der seinem Schwiegervater als Lehnsherr nachfolgte. Ihm gehörte das Haus Vorst in Leichlingen mit mehreren Höfen der Umgebung.



 
2010
Haus Vorst
in Leichlingen

Wilhelm Quade geriet in den damals wieder schwelenden Streit zwischen Kurköln und dem bergischen Amtmann von Solingen. 1540 musste er in dem sog. Quadeschen Vergleich dem bergischen Herzog Wilhelm dem Reichen die Hälfte der in Hilden und Haan anfallenden Gerichtsgelder, der sog. Brüchten, zugestehen. Als kölnischer Lehensträger und zugleich bergischer Erbschenk saß er zwischen allen Stühlen, "neigte aber offensichtlich dem Herzog von Jülich-Berg zu. Die Einwohner von Hilden und Haan dagegen fühlten sich sowohl von dem Solinger Amtmann Rütger von Schöller wie von dem auch sonst eigenmächtig handelnden und deshalb sehr unbeliebten Ritter Wilhelm Quade beeinträchtigt und standen auf der Seite des Grundherren Kurköln." [Wenning S. 31]

1549 aber setzte Jülich Berg zum ersten Mal die Besteuerung der Einwohner von Hilden und Haan durch das bergische Amt Solingen durch, "und das war ein Markstein in der Festigung der bergischen Territorialhoheit über beide Kirchspiele." [Wenning S. 32]




Lehnsherren Schenk von Nideggen

1562, als Wilhelm von Quade starb, hinterließ er Agnes von Quade als einziges Kind. Als wäre die weibliche Erbfolge nun schon die Regel, fiel das Hildener Lehen an ihren Gatten Otto Schenk von Nideggen. 1562 übergab Erzbischof Gebhard ihm die Lehnsherrschaft und das Amt des Erbschenken. Die Belehnung bezog sich wieder ausdrücklich auch auf seine Gemahlin und ihrer beider Leibs-Lehns-Erben. [Schneider S. 71 und Wenning S. 30]

Aus seiner Ehe mit Agnes gingen zwei Söhne und vier Töchter hervor. "Dennoch stand ihm ein ähnliches Geschick wie seinen Vorgängern in Aussicht. Nachdem er 1571 seine Gemahlin verloren hatte, wurden ihm 1585 und 1587 auch seine beiden Söhne durch den Tod entrissen. Die Erbrechte gingen nunmehr auf die Töchter über, wobei Agnes als der ältesten das Vorrecht einer Erbtochter zufiel."

1572 heiratete der Witwer Otto Schenk in zweiter Ehe Anna von Plettenberg. Aus dieser Ehe gingen ebenfalls zwei Söhne hervor, Ruland (Roland) und Hans Heinrich, sowie eine Tochter, Marie. "Otto war nunmehr bemüht, die Lehnsherrschaft seinen Söhnen aus der zweiten Ehe zu sichern". [Schneider S. 72]

Alle Beteiligten waren zunächst mit dieser Regelung einverstanden, die seine Töchter aus erster Ehe aus dem Erbe der Hildener Lehen ausschloss. Aber sie sollte sich als verhängnisvoll erweisen.



Der verhängnisvolle Vertrag von 1589

"So kam es im Jahre 1589 zu einem Abkommen zwischen Otto und seinen vier Töchtern aus erster Ehe, worin diese einwilligten, daß ihren Stiefgeschwistern die Lehnsrechte auf Horst, Hilden und Haan zufallen sollten.

Der ältesten [...] wurde vorweg Haus Vorst zugesprochen, und in die übrigen auswärtigen Besitzungen ihrer verstorbenen Mutter teilten sie sich. Der gedachte Besitz umfaßte folgende Höfe:

1) den Hof zu St. Meinhard in Herl, Kirchspiel Mehren;
2) den Hof zu Meißwinkel bei Solingen;
3) Kirbergs Hof vor der Kirche zu Baumberg (Bommerich) mit Einschluß der Monheimer Windmühle;
4) den Elzbacher Hof zu Neukirchen;
5) den Hülsener Hof zu Leichlingen;
6) und 7) die Höfe zu Rehborn und Schraffenberg.

Der Vertrag fand die Zustimmung und Genehmigung der erzbischöflichen Behörde, und Otto hatte sich demzufolge einer nochmaligen Belehnung zu unterziehen. Dieselbe fand 1597 statt. An die Stelle seiner ersten Gemahlin und deren Kinder trat nunmehr die zweite mit den Leibs-Lehns-Erben aus dieser Ehe. Bei dem hohen Alter Ottos wurde zur Belehnung ein Vertreter, von Ketteler, zum Erzbischof entsandt.

Otto Schenk glaubte das Ziel seiner Wünsche erreicht zu haben, aber er mußte nur zu bald einsehen, daß er mit dem obgemeldeten Vertrag den Grund zu einem unabsehbaren, erbitterten Streit gelegt hatte, der noch zu seinen Lebzeiten einsetzte, und durch mehrere Generationen andauerte."

[Schneider S. 72-73]


Otto Schenks älteste Tochter Agnes war mit Werner von Galen verheiratet und wohnte auf Haus Vorst bei Leichlingen. Anna, die zweite Tochter, war Gattin des Otto Stael von Holstein und wurde Herrin auf Haus Herl. Die Erbfolge der Hilden-Haaner und Horster Lehnsgüter ging auf die aus zweiter Ehe des Otto Schenk von Nideggen stammenden Nachfahren über.

Aber - der ältere Sohn Roland verhielt sich nicht standesgemäß und machte den Eltern Sorgen: "Der lockere Lebenswandel desselben, sowie seine Verheiratung mit der Tochter eines zwar reichen, aber ungebildeten bürgerlichen Viehhändlers aus Rheinberg und sein Übertritt zum katholischen Bekenntnis, entfremdeten ihn seinen Eltern derart, daß sie ihn 1597 in ihrem Testament mit Bezug auf die Lehnsgüter Horst, Hilden und Haan völlig enterbten und ihm nur die Schenk'schen Erbgüter zu Heier überließen." [Schneider S. 73]

Roland begründete die katholische Linie Schenk-Heier, von der noch die Rede sein wird, während seine Familie sich zur Reformation bekannte.


Hilden
 
2009
Der alte Turm
von Haus Horst



17. Jahrhundert

Lehnsherr Hans Heinrich Schenk zu Nideggen

1600 starb Otto Schenk. Das Hildener Erbe fiel - mit einiger Verzögerung - an Rolands jüngeren Bruder Hans Heinrich Schenk von Nideggen. Roland hatte offenbar keine Probleme damit:

"Ohne ein Wort des Widerspruchs ließ er seinen Bruder im Besitz all dessen, was ihm das elterliche Testament zuwies und kehrte zu seinen Handelsgeschäften zurück.

In Köln mochte man noch immer damit rechnen, daß er, wie es die Verfassung vorschrieb, binnen Jahr und Tag die Belehnung nachsuchen würde. Die Belehnung Hans Heinrichs wurde unter Rücksichtnahme auf die geschilderten Verhältnisse von einem Jahr zum andern hinausgeschoben. Als sich aber Roland nicht im geringsten um die Sache kümmerte, entschloß sich der Erzbischof Ferdinand, Hans Heinrich mit der Lehnsherrschaft zu betrauen. Im Jahre 1615 wurde er nach langem Warten mit Hilden, Haan und der Horst belehnt."

[Schneider S. 73 f]




Beginn des Horster Lehnstreites 1592

Zu dieser Zeit hatte längst Werner von Gahlen, Gatte der 1589 vertraglich "enterbten" Agnes Schenk, seine gegebene Zustimmung zur Erbregelung widerrufen und 1592 begonnen, um das Horster Lehen zu prozessieren.

"Das war der Anfang des 'Horster Lehnstreites', der sich über 200 Jahre hinzog und noch 1792 nicht entschieden war. Er brachte den Rittersitz an den Rand des Ruins, da er bald heftige, ja erbitterte Formen annahm.

Mit Recht wies Werner von Galen darauf hin, daß die weibliche Erbfolge in Hilden durch Generationen üblich gewesen sei. Aber mit mindestens dem gleichen Recht stellte die Gegenseite (Schenk) fest, daß eine solche Erbfolge immer nur dann eingetreten war, wenn es an männlichen Erben gebrach, und auch dann immer nur mit besonderer Genehmigung des Erzbischofs. Es stand ja in dem ältesten Weistum von 1386, daß das Lehen Hilden-Haan ein Mannlehen sei, und darauf konnte man sich mit Recht berufen."

[Wenning S. 47]


Hans Heinrich Schenk zu Nideggen kümmerte sich nicht um seine Lehnsgüter und überließ die Verwaltung vollständig dem Juristen Pempelfurth. Dieser empfing auch in Vertretung seines Herrn die Belehnung und als Verwalter die Mitbelehnung.

"Die ganze Lebenszeit Hans Heinrichs war eine lange Kette von Mißhelligkeiten und Enttäuschungen, die größtenteils mit dem schwankenden Verlauf des erwähnten Rechtsstreites in Verbindung standen und ihm und seinen Lehnsleuten die Freude am Dasein vergällten.

Spät erst entschloß er sich zu einer Vermählung, und als ihn dann 1638 der Tod abrief, hinterließ er drei unmündige Kinder, denen das hart bedrohte Erbe zufiel. Es waren zwei Töchter, Anna Marie und Sophie Judith, und ein Sohn, Otto Wilhelm mit Namen. Die Vormundschaft wurde ihrer Mutter Wilhelma von Quade und deren Bruder Dietrich in Wickrath übertragen." [Schneider S. 74 f]




Lehnsherr Otto Wilhelm Schenk zu Nideggen

1638 empfing Otto Wilhelm als zweijähriges Kind von Erzbischofs Ferdinand die Belehnung. 1652 wurde sie von Maximilian Heinrich erneuert, nachdem dieser Erzbischof geworden war.

"Die Lehnsgeschäfte besorgte seit Pempelfurths Abgang der Lehensverwalter Stock zu Stockshaus, der auch in der Folge einen bedeutsamen Einfluß auf den Gang derselben behielt.

Noch düsterer als zur Zeit Hans Heinrichs gestalteten sich die Dinge unter Otto Wilhelm, und des Streites zwischen ihm und seinen Lehnsleuten war schier kein Ende. Das Gemüt des Lehnsherrn verdüsterte sich mehr und mehr, und selbst berechtigten Forderungen gegenüber verhielt er sich abweisend.

So war er unter anderm an der Instandhaltung der Kirche erheblich beteiligt. Als er von der Kirchenbehörde an diese seit Jahren vernachlässigte Pflicht gemahnt wurde, beschritt er auch hier den Prozeßweg. Die durch den Krieg verarmten Ortsbewohner thaten gleichfalls nichts zur Erhaltung der Kirche, und so ging sie mit raschen Schritten dem Verfall entgegen. Endlich kam im Jahre 1674 ein Interims-Vergleich mit dem Lehnsherrn zustande, bei dem es dann später auch sein Bewenden behielt. Die Herstellung der Kirche machte infolgedessen gute Fortschritte [...].

Otto Wilhelm starb als einsamer, kinderloser Mann im Anfang des Jahres 1679. Seine beiden Schwestern Anna Marie und Sophie Judith bemächtigten sich der Horster Lehnsgüter. Erstere, die unvermählt geblieben war, folgte 1684 ihrem Bruder ins Grab. Letztere, die Gemahlin Wilhelm Salentins von Ketzgen, mußte [aufgrund des Fortgangs des Prozesses] 1685 die Horst räumen und starb drei Jahre später, wenige Tage nach ihrem Gemahl, auf dessen Besitzung Geriedhoven zu Büdingen bei Brüssel. Damit erlosch die jüngere, evangelische Linie des Hauses Schenk von Nideggen.

Die meisten Glieder derselben wurden unter dem Chor der evangelischen Kirche in Hilden zur Ruhe bestattet, und die Wappenschilder von Hans Heinrich, seiner Gemahlin Wilhelma von Quade, von Sophie Judith und ihrem Gemahl sind noch in der Sakristei zu sehen. Der Grabstein, welcher ehedem das Schenk'sche Erbbegräbnis deckte, liegt jetzt vor dem nördlichen Eingang der Kirche (Marktseite), wo er der Abnutzung stark ausgesetzt ist."

[Schneider S. 74 f]

  Die Wappenschilder werden noch aufbewahrt, aber der Grabstein ist an der Kirche schon lange nicht mehr zu finden.


Hilden
 
2005
Die ev. Reformationskirche am Hildener
Marktplatz stammt aus dem 13. Jh.
Der Westturm wurde im 17. Jh. erneuert.



Die Gerichts-Entscheidung von 1682

"Der Prozeß vererbte sich von Generation auf Generation. An die Stelle des Werner von Galen traten seine beiden Schwiegersöhne Friedrich Wilhelm von Reven und Eberhard von Bottlenberg-Kessel auf Haus Hackhausen. So entstand ein unentwirrbares Durcheinander, das mit der Folge von Generationen immer unübersichtlicher wurde - eines jener Prozeßmonstren, die ein wahrer Tummelplatz für Juristen waren." [Wenning S. 47]

1682 rang sich das Gericht endlich zu einer Entscheidung durch. Sie bedeutete die Trennung der seit 1404 vereinten Lehensgüter.

"Das Reichskammergericht in Speyer hatte nämlich 1682 - genau 90 Jahre nach dem Beginn des Prozesses - eine Entscheidung herbeigeführt, die 1685 in letzter Instanz ihre Bestätigung fand. Demnach erhielt die Familie Bottlenberg-Kessel den ganzen Komplex. Sie übergab jedoch bei einer 1690 erfolgten Güterteilung Haus Horst mit allem Zubehör ihren Verwandten von Reven erblich zur freien Verfügung und behielt für sich Besitzteile, die im wesentlichen aus dem alten Kölner Hofeslehen herrührten. [...]

Die Familie von Bottlenberg-Kessel und nach ihr die gleichfalls auf Haus Hackhausen sitzende Familie v.d. Bussche-Ippenburg gen. Kessel verfügten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein in Hilden über ausgedehnte Ländereien und Rechte, während Haus Horst schließlich in bürgerlichen Besitz gelangte." [Wenning S. 48]




Lehnsherren Hans Heinrich, Friedrich Anton und Felix Theodor
Schenk zu Nideggen


"Das war aber erst die Halbzeit des Prozesses. Die Erzbischöfliche Kammer erhob Einspruch gegen das Urteil von 1682 und belehnte weiter nach eigenem Gutdünken, indem sie wieder auf die Nachkommen des Roland Schenk von Nideggen zurückgriff, die katholische Linie Schenk-Heier."

1689 wurden also Rolands Urenkel Friedrich Anton d.J. und Felix Theodor belehnt. Diese Familie hatte, bis sie 1748 erlosch, mindestens Anspruch auf Haus Horst, auch wenn es im Besitz der ortsabwesenden Familie Reven war. [Wenning S. 48]

Schneider schreibt dazu:

"Wenn man davon absieht, daß die gesamten Lehnsrechte der Schenk von Nideggen durch den mehrfach berührten Rechtsstreit gänzlich in Frage gestellt waren, so mußte das Erbe Otto Wilhelms auf die Enkel des verstoßenen Roland übergehen. Ein solcher war vorhanden in der Person Hans Heinrichs, als Lehnsherr der zweite dieses Namens. Doch erhielt er nur die Lehen zu Hilden und Haan und mußte auf die Horst, weil über diese seit 1685 anderweitig verfügt war, verzichten. Er übte die Lehnsrechte durch Lehnsverwalter aus und blieb meist auf seinem Stammsitz in Heier.

Bei seinem Hinscheiden ging das Erbe auf seine noch minderjährigen Enkel über, weil seinem Sohne Nikolaus, der die Brands Hütte und andere kleine Lehnsgüter zu seinem Vorteil veräußert hatte, die Belehnung versagt werden mußte.

Im Jahre 1688 wurde zuerst Friedrich Anton, und da derselbe ein paar Tage nach seiner Einsetzung plötzlich starb, gleich nachher sein Bruder Felix Theodor belehnt. Letzterer lebte bis 1707 und hinterließ wieder zwei Söhne."

[Schneider S. 75 f]




18. Jahrhundert

Missliche Verhältnisse und
das Ende der Lehnsherrschaft der Schenk von Nideggen

Über die Lehnsherren von Hilden-Haan berichtet Schneider weiter:

"Der ältere, Dietrich Heinrich, übte von 1707 bis 1728 noch die lehnsherrlichen Funktionen aus. Nach seinem Tode wurde zwar 1728 sein Bruder Theodor Felix belehnt, aber er kam nicht mehr zur Ausübung der Lehnsherrschaft. Mit seinem Tode im Jahre 1748 erlosch auch die ältere, katholische Linie des Hauses Schenk von Nideggen.

Nach Theodor Felix's Ableben erklärte der erzbischöfliche Lehns-Fiscal, unbekümmert um den Verlauf des langen Rechtsstreites, sowohl die Horst, wie Hilden-Haan für heimgefallene Lehen, und so endete die viel umstrittene Lehnsherrschaft des Geschlechts Schenk von Nideggen.

Die mißlichen Verhältnisse, unter denen Rolands Nachkommen die Lehnsherrschaft angetreten hatten, wurden nicht dadurch gebessert, daß die Lehnsherren selten nach Hilden kamen und von den Bewohnern kaum gekannt waren. Denn sie entbehrten dadurch des persönlichen Ansehens, und die Anordnungen ihrer Verwalter fanden keinen Gehorsam.

An den Gerichten ging ihnen der Rückhalt verloren, umsomehr, da sich einige auf Kosten des Erzstifts und der Lehnsleute persönliche Vorteile verschafften, indem sie durch übermäßigen Abtrieb die Waldungen entwerteten und abgeholzte Schläge nach Gutdünken gegen gut bestandene vertauschten. Sie untergruben dadurch nicht bloß ihr eigenes Ansehen, sondern auch das ihres erzbischöflichen Herrn."

[Schneider S. 76]


Der Prozess schleppte sich weiter hin und nahm immer hässlichere Formen an. "Man suchte sich gegenseitig zu schädigen, vor allem wurden die zugehörigen Wälder gelichtet, da man glaubte, sich auf diese Weise schadlos halten zu können."

Die Burg verfiel mehr und mehr. Übrig blieb nur ein kläglicher Rest von dem alten Gemäuer, bei dem der geräumige Wirtschaftshof stand. Die Eigentümer wohnten nicht mehr hier. Sie hatten die Bewirtschaftung der Ländereien einem Pächter (Halbmann) überlassen, der die Hälfte seiner Ernteerträge an den Grundherrn abgeben musste. [Wenning S. 48 und 53]




Eigentümer von Reven

Nach der Güterteilung von 1690 war Friedrich Wilhelm von Reven Herr des Hauses Horst geworden, dann sein Sohn Jobst Maximilian. Dessen Nachfolger Ambrosius von Reven verursachte um 1720 neue Verwicklungen:

"Ambrosius Bernhard [lt. Wenning Ambrosius Wilhelm] von den Reven, welcher ein abenteuerliches Reiseleben führte, hatte gewaltige Schulden gemacht, die ihn veranlaßten, die Horster Besitzungen an den Hofkammer-Direktor ' von Lemmen' gegen ein beträchtliches Darlehen zu verpfänden. Freiherr von den Reven starb dann 1724 'ganz pauvre' in einem Hospiz und ließ die Horst im Pfandschaftsbesitz des genannten Gläubigers." [Schneider S. 80]

Mit dem Tod des verarmten Ambrosius 1724 entbrannte der Lehensstreit von neuem. Die Gegenseite meldete ihre Ansprüche wieder an, zumal der Verstorbene das verpfändete Haus, über das er gar nicht mehr verfügen konnte, dem Rütger Wilhelm von Velbrücken auf Garath vermacht hatte. [Wenning S. 48]



Eigentümer von Lemmen und von Ropertz

Der Pfandinhaber, der Pfälzische und Jülich-Bergische Hofkammerdirektor Wilhelm Sebastian von Lemmen, erhielt das Gut schließlich mit allen Rechten (und nahm sich noch einige mehr), wohnte aber nicht dort.

  Etwas anders als Schneider beschreibt Wenning die weitere Erbfolge. Einigkeit besteht darin, dass der Besitz auf Familie von Ropertz überging:

Nach dem Tod des Herrn von Lemmen wurde das Erbe auf seine vier Nachkommen verteilt, von denen die unverheiratet gebliebene Franziska von Lemmen durch Kauf wiederum in den vollen Besitz der Horst gelangte. Sie vererbte sie 1776 testamentarisch auf ihre beiden Nichten Maria Theresia und Maria Anna von Ropertz, die ebenfalls unverheiratet blieben. [Wenning S. 49]

"Doch gelang es den Erben von Gahlen, wenigstens einen Teil des von Lemmen'schen Pfandschaftsbesitzes, nämlich den Steinhof und 'die Trompete', an sich zu bringen. Bis dahin war die Horst ein erstklassiges Rittergut gewesen. Durch diese Umwälzungen, sowie durch Teilverkäufe seitens der Familie von Roberts, sank sie auf eine niedere Stufe herunter, gehörte aber 1838 noch zu den Rittergütern, die zu einer ständischen Vertretung berechtigt waren." [Schneider S. 83]


"Das Schloß hatte schon zu Revens Zeit durch Vernachlässigung sehr gelitten, und die Herren von Lemmen hatten gleichfalls nichts zu einer Verbesserung des baulichen Zustandes gethan. Regen und Schnee drangen durch die schadhaften Schloßdächer ein, und an den Wänden zeigten sich überall die Spuren des Verfalls. Der Burgturm war längst eine Ruine. Erst die Familie von Roberts, die ihren Wohnsitz im Schlosse nahm, ließ sich zu einer leidlichen Ausbesserung herbei." [Schneider S. 83]

"Die Prozeßakten reichen bis zum Jahre 1796 und schließen nicht mit einem End-Urteil ab. Doch ist hier männiglich bekannt, daß die Erben von Gahlen aus dem langen Kampfe als Sieger hervorgegangen sind. Sie teilten die Lehnsgüter unter sich, und Graf Romberg verkaufte seinen Anteil an die Hackhausener Linie, die jetzt den Namen ' von dem Bussche Yppenburg, genannt Kessel', führte. So neigte sich die alte Lehnsherrlichkeit ihrem Ende zu." [Schneider S. 83]




19. Jahrhundert

Eigentümer Bongard, von Maercken-Geerath, Spiecker, Haan

Am 1. März 1810 verkauften Maria Theresia und Maria Anna von Ropertz das Gut an den wohlhabenden Hildener Kaufmann Theodor Bongard [Schneider: 1808], der gegen Ende des 18. Jh. das repräsentative Haus Hagdorn (Benrather Str. 1) errichtet hatte.

Der Wert des Hauses Horst bestand damals nur noch in den dazu gehörenden Ländereien, die wirtschaftlich genutzt werden konnten. Die alte Wasserburg war längst verfallen. Zu dem Besitz gehörten nach wie vor der Steinhof und die Horster (oder Untere) Mühle, nun außerdem das Bongard'sche Gut Hagdorn. [Wenning S. 49]


Itter
 
August 2005
Die Itter,
Horster Mühle

1840 verkaufte Freifrau von Maercken-Geerath Haus Horst an den in Unterbach wohnenden Müller und Gutsbesitzer Friedrich Spiecker zur Rohrsmühle. Sie behielt Haus Hagdorn mit den zugehörigen Ländereien, die damit wieder aus dem Horster Besitz ausschieden.

1842 schon verkaufte Spieker an den Kölner Kaufmann Jacob Joseph Haan, Mitglied eines Maklerrings, der Güter und Grundstücke aufkaufte und wieder veräußerte.

"Ein Jahr nach diesem Kauf, 1843, wurde das Gut Horst wegen wiederholter Verminderung seines Areals in der Liste der landtagsfähigen Rittersitze gestrichen. Der Eigentümer des Hauses wurde also nicht mehr - wie früher - allein auf Grund dieses Besitzes ins Herrenhaus des preußischen Landtages beschieden. Haus Horst hörte auf, ein Rittergut zu sein. [Wenning S. 80]




Eigentümer Lieven

1858 löste sich der Maklerring auf. Haus Horst fiel per Los mit allem Zubehör an ein Mitglied der Gesellschaft, Heinrich Joseph Lieven von Gut Rodderhof bei Brühl. [Wenning S. 81.]

1866 starb Heinrich Joseph Lieven auf dem Rodderhof. Durch das Los wurden seine Güter auf seine vier Nachkommen verteilt. Der einzige Sohn, Wilhelm Ferdinand Lieven, erhielt sämtliche in und bei Hilden gelegene Güter, darunter Haus Horst. Noch vor Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges [1870/71] siedelte er nach Hilden über. Haus Horst sollte sein Wohnsitz werden, und so ließ er auf dem Gelände der alten Burg 1892/93 [Schneider: 1890] ein villenartiges Herrenhaus errichten.

Lieven war in Hilden als Ratsmitglied sowie Erster Beigeordneter und Kreisdeputierter tätig, arbeitete auch ehrenamtlich in zahlreichen städtischen Ausschüssen mit. Dies tat er wohl so erfolgreich, dass er am 18. Dezember 1900 anlässlich der Einweihung des neuen Rathauses zum Hildener Ehrenbürger ernannt wurde. [Wenning S. 81 f]

Allerdings erwies es sich für Lieven als unpraktisch, so weit außerhalb der Stadt zu wohnen. Schon 1896 [Schneider: 1895] verkaufte er den Horster Besitz für 400.000 Mark an den Düsseldorfer Industriellen Gustav Klingenhöfer und behielt nur seine in der Hildener Heide gelegenen Waldungen und das Eickertgut. Er erwarb ein bürgerliches Wohnhaus an der Hildener Mittelstraße. [Wenning S. 82]



 
2009
Grabmal
für Ferdinand Lieven

"Unserem Ehrenbürger und hochh. Geschenkgeber Wilhelm Ferd. Lieven aus Dank errichtet. Die Stadt und katholische Kirchengemeinde Hilden"

Wie ein kleiner Bismarckturm steht das wuchtige, 3,50 m hohe Grabmal aus bayrisch-pfälzischem Sandstein auf dem Hauptfriedhof neben der Kapelle. Es wurde nach einem Entwurf des Berliner Architekten Walter Furthmann angefertigt, von dem auch das alte Hildener Rathaus stammt.

Lieven (1839-1902) war 18 Jahre lang Erster Beigeordneter, 30 Jahre lang Stadtverordneter und ein "Wohltäter" mit hohen Verdiensten um die Entwicklung der Stadt Hilden. Zudem hinterließ er der Stadt mit seinen sämtlichen Waldungen eine beachtliche Erbschaft.




20.-21. Jahrhundert

Eigentümer Klingelhöver, Stadt Hilden u.a.

Von den späteren Schicksalen des Hauses Horst berichtet 1977 der Hildener Stadtarchivar Dr. Wolfgang Wenning Folgendes:

"Noch einmal begann eine letzte kurze Zeit der Blüte auf dem mit so viel Vergangenheit erfüllten Rittersitz. Gustav Klingelhöfer begnügte sich nicht mit dem Villenbau, den Lieven gerade erst errichtet hatte; ein bedeutend größerer Neubau entstand auf den Fundamenten der alten Wasserburg. Dazu kam ein gepflegter Park, und mit alledem war die Möglichkeit geschaffen, hier ein repräsentables, geselliges Leben zu führen. Gustav Klingelhöfer starb 1918 in Düsseldorf, sein Sohn und Erbe Paul siedelte schon 1928 nach der Schweiz über, während seine Mutter weiter auf der Horst wohnte.

Im März 1951 erwarb die Stadt Hilden die 515 Morgen umfassenden Ländereien und den Wirtschaftshof für 525 000 DM; sie wollte damit Land für Siedlungen, insbesondere für Industrieansiedlungen, gewinnen. Ingeborg, die Tochter Paul Klingelhöfers, die mit Dr. Hugo Glasmacher vermählt war, behielt zusammen mit einer Erbengemeinschaft das Herrenhaus und den zugehörigen Park, verzog aber schon wenige Jahre darauf nach Düsseldorf. So stand das Haus wiederum verwaist, und ein langsam einsetzender Verfall konnte nicht ausbleiben.


Noch ein letztes Mal machten Haus und Park von sich reden, als hier im Frühjahr 1965 ein von außerhalb zugereister Hotelier als Pächter auftrat, der einen Restaurationsbetrieb einrichtete und dabei - unterstützt von seinem Schwiegersohn - als besondere Attraktion einen Tiergarten, den 'Flamingopark', eröffnete, der als Durchgangsstation für den Handel mit exotischen Tieren dienen sollte. Dieser Park lockte zahlreiche Besucher von nah und fern an, konnte aber nur bis zum November bestehen, da keinerlei Voraussetzungen für das Überwintern der Tiere gegeben waren. Der Unternehmer verschwand bei Nacht und Nebel und hinterließ, außer einem Berg von Schulden, die z.T. kostbaren Tiere der Obhut des Tierschutzvereins. Damit fand diese letzte Episode aus der wechselvollen Geschichte des Hauses Horst ihr unrühmliches Ende.

Zu guter Letzt verkaufte die Erbengemeinschaft Klingelhöfer 1967 auch das demolierte Haus mit allem restlichen Besitz an eine private Interessentengruppe, die ihrerseits an eine Baugesellschaft weiterverkaufte. Das Herrenhaus wurde bis auf den mittelalterlichen Turmstumpf abgebrochen, und dicht dabei entstand eine Altensiedlung, die ohne besondere Rücksicht auf die geschichtlichen Gegebenheiten und die herrliche Wald-Auen-Landschaft hingesetzt wurde. Sie war 1977 bezugsfertig."

[Wenning S. 82 f]


 
2009
Der wieder hergestellte Turm,
dahinter das Seniorenstift
Haus Horst

Lt. Hausprospekt des Senioren-Wohnstifts Haus Horst sind hier "inmitten eines malerischen Parks, ausgedehnter Rasenflächen und Spazierwege [...] 315 geräumige 1- und 2-Zimmer-Wohnungen" entstanden, auf zwei Wohntrakte um einen Innenhof verteilt. Weitere Baumaßnahmen waren im Sommer 2005 im Gange. Im Interesse der rund 360 Bewohner, die nun hier residieren, ist zu hoffen, dass inzwischen endlich Ruhe und Frieden eingekehrt sind und Zwistigkeiten nicht mehr vorkommen.

  Ittertal - Hilden



Quellen:
  • Knaur (1991)
  • Müller, Gerd (1981)
  • Schell, Otto (1900)
  • Schneider, Anton (1900)
  • Wenning (1977)

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