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Garzenhaus

Peter Kaymer
Genealogisches

Ländlich wirkt sie und liegt ein wenig versteckt hinter den großen Wohnblocks an der Baverter Straße und den Feldern: die zu Wald gehörende kleine Hofschaft Garzenhaus. Von hier aus kann man am Baverter Bach entlang zum Schloss Caspersbroich oder über die Felder zum Schaafenkotten im Ittertal spazieren.


Garzenhaus
2005
 
Garzenhaus
2005   Garzenhaus


Solinger Tageblatt vom 1. März 1940   -  Julius Günther

Zwischen der schon früh besiedelten Hofschaft Bavert und dem ehemaligen Rittersitz Caspersbroich entstand vor mehreren Jahrhunderten oberhalb und nördlich des durch den Baverter Bach gebildeten Talgrundes die kleine Hofschaft Garzenhaus. Sie wird erstmalig bei Plönnies 1715 als "Scharzenhüs" erwähnt [südlich von i 17]. Vermutlich entstand der Hofname nach dem im Solinger Gebiet auch heute noch anzutreffenden Familiennamen Garze. Hier befindet sich auch der Erbhof Garzenhaus.

Erbhofbauer ist Heinrich Krämer; seine Ehefrau ist Mathilde geb. Bitzer. Es ist ein Sohn vorhanden. Beide Eheleute stammen aus dem Siegkreis. Vor 10 Jahren haben sie das Besitztum, das 30 Morgen umfaßt, von den Geschwistern Jakobs käuflich erworben. Dazu wird noch etwas Pachtland bearbeitet. Der Viehbestand ist z.Zt. 1 Pferd und 12 Kühe, sowie das übliche Kleinvieh. Es wird Acker- und Milchwirtschaft betrieben.


Peter Kaymer

Geschichtlich ist noch bekannt, daß im Anfang des 19. Jahrhunderts zu Garzenhaus ein einfacher Fabrikarbeiter namens Peter Kaymer wohnte, der sich durch seinen Fleiß große Kenntnisse in den schwierigsten Wissenschaften, z.B. der Mathematik, erworben hatte, Sprachkenntnisse besaß, sogar den Homer im Griechischen las und auch als geschickter Optiker berühmt war. 1814 folgte er einem Rufe der russischen Regierung nach Sladus in Rußland, wo ihm die Leitung der daselbst eingerichteten Stahlfabriken übertragen wurde. (Nach Porschke und Hölterhoff, Vaterlandskunde.)


Peter Kaymer (Kaimer) muss also für seine besonderen Fachkenntnisse über die Grenzen des Solinger Industriebezirks hinaus bekannt gewesen sein. Dies lässt sich auch schließen aus seiner namentlichen Erwähnung in einer wissenschaftlichen Schrift des in Schöller geborenen Düsseldorfer Physikers, Astronoms und Geographen Johann Friedrich Benzenberg (1777-1846), auf die mich ein Leser [J.A.] aufmerksam machte:

Benzenberg, der sich mit den Gesetzen des Falls beschäftigte, führte 1804 in der Nähe von Gevelsberg Experimente zum Nachweis der Erdrotation durch (fast 50 Jahre vor Foucaults berühmtem Pendel-Versuch in Paris). Nach vorangegangenen Versuchen (1802) im Turm der Hamburger Michaelis-Kirche hat er hier in einen Kohlenschacht Metallkugeln fallen lassen und dabei eine Abweichung nach Osten demonstrieren können. "Herr Kaimer in Wald" goss und drehte die 50 Präzisionskugeln für diese Studie. [Benzenberg S. 409]

10 Jahre später verließ Peter Kaymer Solingen. Rosenthal schreibt dazu: "Der Merscheider Bürgermeister P.D. Köller versuchte, die Auswanderung des Optikers J.P. Kaymer zu Garzenhaus und des J.P. Höfer zu Schnittert zu verhindern, weil sie als Beteiligte an der Walder Gußstahlerfindungsgesellschaft das Fabrikgeheimnis der Herstellung des Tiegelgußstahls mit nach Rußland nehmen könnten. Beide gehörten der Gesellschaft an." [Rosenthal 2.Bd. S.268]

Reichsfreiherr von Stein untersagte u.a. diesen beiden Herren im Mai 1814 die Auswanderung - für Kaymer zu spät, denn er hatte Garzenhaus schon im April in Richtung Russland verlassen.


Garzenhaus
Garzenhaus, 1924 fotografiert...
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen
 
Garzenhaus
... und 26 Jahre später gemalt von Bernhard Riepke (1950)

Der Baum steht im Jahr 2005 nicht mehr; die Fachwerkhäuser sind noch vorhanden - nicht alle auf den ersten Blick als solche erkennbar. Auch (anscheinend ganz glückliche) Tiere gibt es noch: Ziegen, Schweine, Pferde...



 
2005
Blauer Himmel über den Feldern zwischen Caspersbroich und Garzenhaus



Genealogisches

  • In Garzenhaus lebten Benjamin Mutz, Sohn von Peter Mutz, Sonnenschein, mit seiner ersten Frau Maria Henkels, die er am 07.02.1780 in Wald geheiratet hatte. In Garzenhaus ist 1785 auch ihre Tochter Helena Catharina zur Welt gekommen. Maria Henkels starb am 12.06.1787 in Garzenhaus.

  • Daniel Röhltgen, am 05.05.1817 Taufpate von Gustav Mutz (Sohn von Johann Wilhelm Mutz und Anna Maria Crenzenbach), wohnte in Garzenhaus.


Quellen:
  • Abresch, Johannes (E-Mails 11/2007)
  • Benzenberg, Johann Friedrich: Versuche über das Gesetz des Falls, über den Widerstand der Luft und über die Umdrehung der Erde. Dortmund 1804
  • Günther, Julius, Solinger Tageblatt vom 01.03.1940
  • Rosenthal Bd. 2 (1972) S. 268

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