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Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die hier aufgeführten einstigen Ittertaler Idyllen gibt es so nicht mehr, wenn auch das Ittertal nach wie vor als reizvolles Naherholungsgebiet gelten kann. Vor 70, 80, 100 Jahren sah es hier noch ganz anders aus. Aber nach wie vor können Familien mit kleineren Kindern vergnügliche Stunden auf dem Gelände des einstigen "Volkspark" verbringen, und auch das Strandbad, das in der bisherigen Form nach 90 Jahren seiner Existenz schon in den letzten Zügen lag, wurde unter neuer Leitung (2009) schließlich doch weiter betrieben. Längst vergessen sind hingegen der einstige Vogelschutzpark und das Ittertaler Heimatmuseum.
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Ittertaler Volksgarten |
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1980 Ittertalstraße 50 Ehemals Restaurant des Volksgartens und nach langem Leerstand 2008 wieder in Betrieb. |
An der Ittertalstraße in Solingen-Wald befindet sich der Eingang zu einer Freizeit-Attraktion, die es an dieser Stelle - mit anderen Schwerpunkten zwar - bereits vor mehr als hundert Jahren gegeben hat. Damals hieß sie noch nicht "Familienparadies Ittertal", sondern "Ittertaler Volksgarten". Äußerlich hat sich das frühere Restaurant des Ittertaler Volksgartens in den letzten Jahrzehnten nur wenig verändert. Noch immer steht über der Tür "Märchenwald-Ittertal Friedr. Weck", auch wenn das längst nicht mehr stimmt.
"Einer alten Schleiferfamilie entstammt der Besitzer des Volksgartens [Friedrich Weck, 1901]. Um das Jahr 1690 zog die Familie Weck aus Burg an der Wupper nach Obenitter. Hier kaufte sie [...] das Bauerngut zu Obenitter und den Weckskotten (jetzt Kirschbaumskotten), der bis zum Jahre 1875 in dem Besitz der Familie blieb. Auf der Itter schliffen die Wecks fast zweihundert Jahre lang große Messer, während sie in Burg Schwerter geschliffen hatten." |
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Itterthaler Volksgarten, Besitzer Fr. Weck. Oben-Itter, Wald, Rhld. Nach einer Ansichtskarte, um 1898 |
Dokumentarischen Wert hat das vorstehende hübsche Ittertaler Alpen-Panorama nur insofern, als es die Ende des 19. Jh. bei der Ansichtskarten-Gestaltung vom Graphiker gern genutzte - oder in Auftrag gegebene - künstlerische Freiheit demonstriert. Der ausgedehnte See dürfte mindestens das Gelände des späteren Strandbades mit umfassen und einen bis zwei Schleifkotten verschluckt haben. Hat er aber nicht.
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"Gruss aus Wald. Ein Blick in's Itterthal: "Volksgarten" des Herrn Fr. Weck. Ausschnitt aus einer Ansichtskarte, um 1899. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Das Dach vorn links im Bild muss zu dem Gebäude gehören, aus dem später das "Schwarzwaldhaus" wurde. Undeutlich ist daneben - zumindest in der Vergrößerung - am linken Bildrand der Neuenkotten zu erkennen.
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Um 1910 Ittertaler Volksgarten Ausschnitt aus einer Postkarte. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Um 1910 verfügte das Haus über einen recht großen Gastronomie-Anbau. Das Abbild der fotogenen Anlage wurde in vielen Varianten als schwarz-weißes oder coloriertes Postkartenmotiv verschickt. Alles wirkte idyllisch und romantisch und hatte sicher viele verschwiegene Winkel. So bunt und kindgerecht wie heute trieb man es noch lange nicht, aber ein Wasserkarussell drehte schon damals seine Runden.
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"Gruß aus dem Ittertaler Volksgarten: Das Wasserkarussell". Ausschnitt aus einer Postkarte. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Das Baujahr des Wasserkarussels wird auf einem Plakat vor Ort und in Presseveröffentlichungen mit 1912 angegeben. Aber wie die alte Ansichtskarte von 1907 zeigt, ist zumindest die Grundausstattung noch älter. Damit ist es vielleicht das älteste noch aktive Kinderkarussell Deutschlands.
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Ittertaler Volksgarten, das "Tanzlokal ersten Ranges", mit neuem Gondelteich. Werbeanzeige, Bergische Heimat Nr. 8/1928, 2. Jg. |
Der bisherige Teich war also zu dieser Zeit erweitert worden. Warum gerade jetzt? Der Kirschbaumskotten hatte inzwischen den Betrieb eingestellt, und der dazugehörige Stauteich wurde nicht mehr benötigt. Er konnte in die Anlage des Volksgartens integriert werden und statt der Arbeit fortan dem Vergnügen dienen. |
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1959 drehte sich das Wasserkarussell mit den exotischen Tierfiguren. Hier das Walross mit seiner Besatzung. |
Nach 1945 bzw. in den folgenden Jahrzehnten sind Konzept und Gestaltung dieses Vergnügungsparks verändert und an die jeweiligen Freizeitbedürfnisse angepasst worden. Auch die Gastronomie passte sich an und versuchte durch unterschiedliche Angebote von Bockwurst mit Senf auf Pappe bis Tafelspitz auf Porzellan in jeweils passender Umgebung allen Gästen und jedem Portemonnaie gerecht zu werden.
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Strandbad Ittertal |
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Strandbad Ittertal - Bes. C. Fr. Ern, Restaurateur Fr. Weck - Wald (Rhld.). Feldpostkarte 01.07.1918. Slg. Michael Tettinger |
Das Ittertaler Strandbad, das man vom absteigenden Waldweg aus leuchtend blau durch die Bäume schimmern sieht, wurde 1913-1916 von Carl Friedrich Ern errichtet, dem Begründer der gleichnamigen Walder Rasiermesser-Firma. Ern baute das Strandbad aus eigenen Mitteln. Es war seine letzte private Leistung für die Öffentlichkeit. [Rosenthal] |
Die Bassinanlage im Bau. Vorne links ist der Kirschbaumskotten mit aufs Bild gekommen. Quelle: Werbeprospekt Ittertaler Strandbad S. 22 |
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Das große Wehr und das Eingangsgebäude im Bau. Quelle: Werbeprospekt Ittertaler Strandbad, S. 23 |
"Die Beton-, Eisenbeton- u. Maurerarbeiten mußten in der kurzen Zeit von April bis Juni, also in ca. 4 Monaten hergestellt und das Material unter den schwierigsten Wegeverhältnissen (unbefestigte Straßen) herangeschafft werden. Zur Herstellung der vorbenannten Arbeiten sind allein 925 Doppelwagen Material verbraucht. Dieses ganze Baumaterial mußte von der neu angelegten Straße nach der tief gelegenen Baustelle heruntergeschafft werden und wurde von dort mittels Feldbahn nach den teilweise sehr weit entferntgelegenen Verwendungsstellen transportiert." Julius Didszies Zementbau-Gesellschaft m.b.H., Barmen.
"Sämtl. Beton-, Eisenbeton- u. Maurerarbeiten des Strandbades Ittertal sind von unserer Firma ausgeführt worden."
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Im ersten Jahrzehnt seines Bestehens bezog das Strandbad sein Wasser aus zwei Brunnen und den daran angeschlossenen Stollen, die je 70 Meter tief in die beiderseitigen Berge getrieben waren.
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Lageplan des neuen Ittertaler Strandbades (1920er Jahre). Für eine vergrößerte Abbildung hier klicken. |
Der Prospekt zum neuen Strandbad hält für dem geneigten Strandbadbesucher auch Beschreibungen der Anfahrtsweg bereit. So soll er z.B. von Ohligs aus "die elektrische Straßenbahn [benutzen] und fährt bis Wald-Kirche, von wo aus er in wenigen Minuten zum Ittertal gelangt..." Geplant war eigentlich eine noch bequemere Anreisemöglichkeit:
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1927 Dem Bau des Staubeckens fiel der Linderskotten zum Opfer. Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
1936 übernahm die Stadt Solingen das Strandbad.
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Um 1960 Das Strandbad mit Restauration Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen |
Aus dem städtischen Strandbad wurde am 1. Oktober 1987 - im Verbundbetrieb mit einer Eislaufanlage - das als gemeinnützige GmbH geführte "Sport- und Kulturzentrum Ittertal". |
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2004 Der Stausee |
Drohendes Ende nach 90 Jahren - und Neustart
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Quellen:
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