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Pachtungen und Pachtverträge
(15.-19. Jahrhundert)

In Privatarchiven, eigenen Familiendokumenten und anderen Quellen fand Friedhelm Stöcker eine Reihe historisch interessanter Pachtverträge, die in den vergangenen Jahrhunderten im Gebiet von Haan und Umgebung abgeschlossen wurden. Sie geben Aufschluss über die Pflichten und Rechte der Beteiligten und zeigen, wie detailliert alle Pachtbedingungen - Pachtzins, Pachtdauer und besondere Auflagen - dokumentiert wurden. Nebenbei sind noch andere interessante Dinge zu erfahren: z.B., wie fischreich die Itter früher gewesen sein muss, und dass sich Obstbäume großer Beliebtheit erfreuten.


Pachtungen und Pachtverträge (15.-19. Jh.)

von Friedhelm Stöcker

Im Mittelalter waren die Fürsten, Herzöge und Grafen sowie auch Kirchen die Grundeigentümer. Sie belohnten ihre Vasallen und Untertanen für besondere Verdienste mit Ländereien, welche sie ihnen als Lehen gegen eine bestimmte jährliche Last überließen. Diese Lehen waren z.T. erblich, d.h. sie blieben so lange in der Familie, wie Erben vorhanden waren. Andernfalls fielen sie an den Grundherrn zurück, der sie dann erneut vergab. Diese erblichen Lehen haben sich in manchen Familien z.T. auch in abgeänderter Form über Jahrhunderte hin erhalten.

Die Lehensgüter wurden auch Kurmudsgüter genannt und hatten ihre Kurmud (den Jahreszins) zu Lichtmeß (2. Februar) oder Andreas (30. November) zu zahlen. Außerdem mußten sie im Erbgang, d.h. nach dem Tod des Besitzers, ein gutes Stück Vieh an den Lehnsherrn liefern, und zwar je nach Größe des Lehens ein Pferd oder eine Kuh. Durch Freikauf von diesen Lasten wurden manche Kurmudsgüter zu freien Gutern. So wird z.B. der Hof Wibbelrath in der obersten Honschaft Haan in einem Verkaufsakt im Jahre 1445 als Erbgut bezeichnet, hatte also bereits frei verfügbares Eigentum. [HSTA Düsseldorf, Kloster Gräfrath Nr. 89]

Im Verzichtbuch von Hilden und Haan 1562-1623 sind viele Haaner Höfe als Erbgüter verzeichnet, waren demnach also vererbbares Eigentum. Weitere Beispiele sind

-   1573 der Hof Kneteisen in Haan [Niederbergische Beiträge Nr. 35, S. 290],
-   1605 der Hof Forstbach in Hilden [Niederbergische Beiträge Nr. 40, S. 278].

Diese freien Güter oder auch zurückgefallenen erblichen Lehensgüter wurden dann zunehmend im 15. und 16. Jh. weniger als neues Lehen, sondern zur Nutzung an die Bewirtschafter verpachtet. Es gibt eine Reihe von Urkunden über solche Verpachtungen der Nutzungsrechte, wobei die unterschiedlichsten Bedingungen akribisch festgeschrieben werden. Es ist interessant zu sehen, wie diese Verträge sich im Laufe der Jahrhunderte fortentwickelten und aus dem "Lehnswesen" ein "Pachtwesen" wurde.

Die älteste mir bekannte Verpachtung in Haan, ein Vertrag vom 7. Oktober 1508, ist dokumentiert in den Niederbergischen Beiträgen Nr. 35, S. 266. Bertram von Plettenberg, Erbschenk des Landes Berg, und seine Hausfrau Adryane von der Horst verpachten ihren "Hof vor der Kirchen zu Haan" dem von Jasper Burbach nachgelassenen Sohne, dessen künftiger Ehefrau und dem ersten Kinde, das diesem Ehepaar beschert sein wird (also drei Generationen und nicht länger) für eine Jahrespacht von 60 Malter Hafer Gerresheimer Maß, zu zahlen zu Martini (11. November) auf unserem Schloß zu Horst (Hilden).

Im Jahr 1571 am 20. November bittet Jürgen Boltz, der Pächter des Gutes Örkhaus zu Hilden, seinen Pachtherren Wilhelm von Nesselrode zu Stein um Mitteilung, wohin er den fälligen Erb-Pachtzins von fünfzehn Malter Even (= Hafer) Leichlinger Maß entrichten soll. [Hildender Jahrbuch 10, S. 91]



Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden (1689)

Ein sehr ausführlicher Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden aus dem Jahr 1689 ist in seinen einzelnen Punkten so interessant, daß ich diesen hier im heute verständlichen, vollen Wortlaut bringen möchte. Er ist veröffentlicht in "Agrargeschichtliche Quellen von Hilden und Umgebung II" [in Niederbergische Beiträge Nr. 36, S. 406 ff] und besagt, daß die Witwe Adelheid Clara Wilhelmine von Bottlenberg genannt Kessel geb. Neuhoff zum Kaspersbruch im Kirchspiel Wald ihre zu Hilden gelegene Zwangsmühle mit dem dazugehörigen Garten vom 1. Mai 1690 an auf 12 Jahre an den jetzt zu Scheid bei Wald wohnenden Rütger Flaskamp und dessen Hausfrau Jennecken Klink für eine Jahrespacht von 120 Reichstalern verpachtet.

 
"Zu wissen sei hiermit, daß heute, wie unten vermeldet, die hochgeborene Freifrau von Neuhoff, Wittib von Kessel zum Casperbruch ihre zu Hilden liegende Zwangsmühle mit dem Garten, so wie ihn der jetzige Müller gebraucht, an Rütger Flaskamp und seine Hausfrau Jennecken Klink, jetzt wohnhaft zum Scheidt, für 12 Jahre verpachtet, jedoch wenn es einem der beiden Vertragspartner nicht länger gefiele, so kann er halbjährlich die Pacht abbrechen mit zuvoriger halbjähriger Kündigung.

1. Der Pächter soll jährlich an Pacht geben 120 Reichstaler, jeden zu 80 Albus cölnisch gerechnet, und davon alle Vierteljahre ein Viertel bezahlen.

2. Der Pächter mag auch ein paar Ferken im Hof haben.

3. Er solle 100 Reichstaler zum drögen Weinkauf geben, welche er jetzt bezahlt hat. (dröger = trockener Weinkauf ist eine Geldsumme, die bei Abschluß eines Vertrages anstatt des früher bei Verträgen üblichen Umtrunks zu erlegen war.)

4. Wenn aber unverhofft eine ' ganze Verheerung und Verderbung' durch Krieg geschehen sollte, so daß der Müller gleich anderen von Haus und Hof ' verlauffen' müßte, so solle solches gebührend in Erwägung gezogen werden und ihm billig Nachlaß geschehen.

5. Der Müller muß alle nötigen Reparaturen und Veränderungen innerhalb der Gebäude auf seine Kosten machen, wozu Frau Verpächterin ihm ein Kerfholz zu geben versprochen.

  Leser-Kommentar zu Ziffer 5

6. Auch soll der Müller das Dach, - wozu die Verpächterin die Pfannen bezahlen und der Pächter dieselben anfahren solle -, und die Wände der Mühle in gutem Zustand erhalten.

7. Wenn aber ein neuer aufwendiger Bau, ein Rad (Wasser), Achse (des Rades) oder auch neue Mühlsteine nötig wären, solches solle Frau Verpächterin darstellen und den Arbeitsleuten ihren Lohn bezahlen, der Müller aber solle dieselben in Kost und Trank aus dem seinigen unterhalten.

8. Die Dämme an den Mühlenteichen solle der Pächter auch in guter Reparation halten. Wenn aber Hochwasser einfallen und die Dämme aufbrechen würde, sollen - wie von altersher bräuchlich - die Hofesleute solche machen helfen.

9. Er soll Molter nehmen wie bisher seit undenklichen Jahren bräuchlich gewesen. (Molter = ein Anteil des Gemahlenen oder auch Mahllohn)

10. Was Pächter hierin verspricht, dazu verpfändet er sein Hab und Güter, jetztige und auch zukünftige, im Falle der Mißbezahlung sich daran zu erholen, versagt sich auch aller Ausflüchte geistlicher und weltlicher Rechte, wie die auch Namen haben mögen.

11. Weil nun hochgeachtete Frau Verpächterin mit den anderen Inhabern der Horster Güter nur eine vorläufige Erbteilung gehalten hat, bis sie damit belehnt worden (d.h. erst bei endgültiger Teilung das Besitzrecht an der Mühle feststeht), dann aber aller Voraussicht nach geschehen möge, daß gedachte Mühle an jemand anders als die Verpächterin zufiele und also der Pächter aus seinen Pachtjahren scheiden müßte, so hat die Verpächterin angelobt, daß solchenfalls der dröge Weinkauf auf die 12 Jahre verteilt, und daß der oder die Teile, welche auf die alsdann noch nicht genossenen Jahre kämen, dem Pächter wieder zugut kommen sollen, welches auch so gehalten werden solle, wenn ein Teil mit der Halbscheid der Pachtjahre abbrechen wollte.

12. Diese Pacht soll anfangen am künftigen Mai eintausendsechshundertundneunzig, und wir wollen, ehe der Pächter alsdann in die Mühle einzieht, Verpächterin und Pächter die Mühle und alle deren Teile besehen und nach Befinden darin Verordnung machen, insbesondere wie es mit dem Kammrad in der Mühle stehe und künftig gehalten werden solle. Und weil er - Pächter - erst im nächsten Jahr in der Mühle einzieht, aber den drögen Weinkauf mit hundert Reichstaler jetzt schon erlegt hat, so soll er davon ein Jahr Zinsen mit 4 Reichstalern die Pacht künftig kürzen.

Geschehen zu Caspersbruch den 31. Martii im Jahr eintausendsechshundertachtzigneun.

Zu Urkund der Wahrheit haben beide Teile eigenhändig unterschrieben und mit Gottesheller bezeugt.

A.C.W. Wittib B. genant Kessel geborne von Neuhoff,
Rutger Flasskampt,
Antonius Keusenhoff, Prediger in Wald, als Zeuge
unterschrieben auf Begehren für Lovis Flaskamp."
 

Am 25. April 1689, also knapp vier Wochen später, nachdem die Lehnsmühle in Hilden der Freifrau Adelheid Clara Wilhelmine von Bottlenberg genannt Kessel zu Caspersbruch endgültig als Erbe zugefallen war, ist ein Schreiben verfaßt, nach dem die Mühle an Johann Burbach den Jüngeren für ein Jahr zu den Bedingungen des bisherigen Vertrages vom 20. März 1682 mit dem Vater Johann Burbach dem Älteren verpachtet ist, also von Mai 1689 bis Mai 1690. Es ist eine Überbrückung der Zeit bis zum Vertragsbeginn mit dem Rütger Flaskamp 1690. Gleichzeitig ist eine Aufstellung gemacht, was dem bisherigen Pächter Joh. Burbach sen. vorzuhalten ist.

In den bisherigen Bedingungen war aufgeschrieben,

  • daß der Pächter die Ländereien in den bisher üblichen Einteilungen und Einfriedungen zu halten habe,
  • daß er die Hecken und Holzgewächse alle 3 Jahre abzufällen habe, mit Ausnahme junger Eichen und einstämmiger Heister [Buche], welche zu hohen Bäumen aufwachsen sollen,
  • daß er jedes Jahr 700 - 800 Schoeff liefern solle (= Strohdocken zur Ausfütterung der Dachziegel) und
  • daß er jedes Jahr 3 veredelte Apfelbäume, 2 Birn- und 3 Kirschbäume in dem Baumhof pflanzen solle.

Diese Bedingungen hatte der bisherige Pächter wohl nicht eingehalten, denn es wird ihm vorgehalten, daß er
-   mehr Feld als erlaubt bestellt hat,
-   den Hof nicht gepflegt hat,
-   die Hecken ganz abgehauen und
-   keine Eichen und Heister zum Aufwuchs stehengelassen hat.

Ferner soll er nachweisen, wieviel Strohdocken er geliefert oder zum Dachdecken gebraucht hat, und wieviel und welche Obstbäume er gepflanzt hat. Alles, was er nicht geliefert oder bezahlt hat, muß er - wie im Pachtvertrag vereinbart - bezahlen, und zwar für jeden Baum 1/4 Taler.


Hilden
 
2005
Die Gottschalksmühle
an der Itter in Hilden.
Hier befand sich das
verpachtete Mühlengut.

Leser-Kommentar
zum Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden (1689), insbes. Ziffer 5:

"Gemeint ist ein Kerbholz. Beim Kerfholz (oder Kerbholz) handelt es sich regelmäßig um Schuldnereinträge oder bei Kaufleuten auch um Verrechnungseinheiten. Je nach Vertragsinhalt bedeuteten die Kerben bestimmte Verpflichtungen oder Summen. Damit alles mit rechten Dingen zuging, wurde für jede Partei ein Zeuge benannt (auch eine Amtsperson war möglich).

Im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag gibt das Sinn. Der Müller muss die Kosten für die Instandsetzung übernehmen, obwohl die Gebäude niemals in seinen Besitz übergehen. Deshalb hat die Verpächterin ihm versprochen, ihr Kerbholz bei ihm vorbeizubringen, damit er dafür eine Schuld bei ihr eintragen könne. Vielleicht in Verrechnung mit der Pacht, vielleicht für einen billigen Kredit, weil er die notwendigen Gelder momentan nicht aufbringen konnte.

Jedenfalls ist die unpräzise Beschreibung gerade für die damalige Zeit ein Hinweis darauf, dass um die Bezahlung gefeilscht wurde. Da keine eindeutige Zusage von der Verpächterin kam, wird man davon ausgehen müssen, dass dieser Paragraf ein Streitpunkt geworden ist. Nebulöse Formulierungen treten ja auch heute immer dort auf, wo man jemanden im Unklaren lassen will, ob er bestimmte Rechte oder Pflichten hat.

Der Paragraf 10 zeigt leider nur allzu deutlich, dass es sich um einen Knebelvertrag übelster Art handelt - auch für die damalige Zeit." [Rapp]



Fischereigerechtsame am Itterbach (1696)

Sehr genaue Abmachungen enthält auch der folgende Pachtvertrag derselben Grundherren von Caspersbroich über Fischereigerechtsame am Itterbach. [Niederbergische Beiträge Nr.36, S.426]

Im März 1696 verpachtet der Eigentümer des Rittersitzes Caspersbruch, Adolf Wennemar von Bottlenberg genannt Kessel dem Jan Tenhausen (Johann Thienhaus) seine Fischereigerechtsame am Itterbach für 4 Jahre. Dazu muß der Pächter jährlich bis Ende Mai 50 Forellen lebendig in den obersten Teich liefern und zu Martini (11.11.) 5 Reichstaler zahlen. Ferner darf er ohne Erlaubnis keine fremden Leute fischen lassen mit Ausnahme des Adolf zu Monhoff und des Peter zu Wilßhaus (zwei benachbarte Hofesleute im Kirchspiel Wald).



Verpachtung des Erbgutes Überfeld (1700)

Den Vertragsentwurf zur Verpachtung des Haaner Erbgutes Überfeld um 1700 fand ich original im Privatarchiv Thienhaus, ebenso einen Pachtvertrag von 1706 über das Erbgut in der Schmitten (Ablichtungen in meinem Besitz). Diese sind nicht leicht zu lesen und sprachlich "etwas schwierig" verfaßt. Darum gebe ich sie hier dem Inhalt nach verkürzt mit meinen Worten wieder. Bei diesem Entwurf fehlen Zeit- und Ortsangabe sowie Unterschriften.

 
Pacht- und Verpachtungscontract

Lütgen Butzmühlen und Johann Adolf Tenger als Vormünder der unmündigen Kinder der verstorbenen Eheleute Johann Butzmühlen und Catharina Margaretha Tenger als Verpächter und Hindrickus Muhnes und seine Ehefrau als Pächter schließen einen Pachtvertrag über das den Kindern gehörende Erbgut zu Überfelt für 8 Jahre.

Die Pachtbedingungen:

"1. Der Pachtzins beträgt jährlich 34 Reichstaler.

2. Der Pächter bezahlt die aufliegenden Steuern, Schatz, Vogthafer und Fahrdienst, welches am Lichtmeßtag mit ½ Stüber bezahlt werden, muß zu Andreas (30.10.) ein Huhn abliefern, dem Küster ein Opferbrot und den Feldzehnten zu Markus (25.4.) an die Kirche. Einquartierung und Notrast, die länger als einen Tag dauern, sollen die Verpächter dem Pächter vergüten.

3. Der Pächter soll jährlich 1 Birnbaum und 2 Apfelbäume veredeln und pflanzen.

4. Der Pächter soll jährlich 12 Malter Kalk auf den Acker bringen.

5. Der Pächter soll bei Abzug die Roggen- und Haferstoppeln zeitig umbrechen.

6. Der Pächter soll bei Abzug das mit Mist gedüngte Rübenland unbesät lassen.

7. Der Pächter soll die 3-Felder-Wirtschaft ordnungsgemäß beibehalten.

  Dreifelderwirtschaft: Erhöhung der Erträge durch Fruchtwechsel. Die Art der Feldwirtschaft, nach der man ein Feld abwechselnd ein Jahr mit Sommergetreide, das zweite Jahr mit Wintergetreide bebaut und im dritten Jahr brachliegen lässt.

8. Der Pächter hat ½ Wochenlohn (??) Holz zu genießen.

9. Weil der Busch in schlechtem Zustand ist, soll 2 Jahre kein Holz gehauen werden, anschließend sollen ihm jährlich 8 Heister angewiesen werden.

10. Es soll kein Stroh vom Gut verkauft werden.

11. Es soll der Pächter bei Abzug Kleesamen für ein Kleefeld zurücklassen, wie er es beim Antritt auch vorgefunden hat.

12. Es behalten sich Verpächter im 1. Jahr vor, ihr Winterkorn auf dem Speicher zu lagern, was auch dem Pächter beim Abzug gestattet ist.

13. Das Gut ist in gutem, untadeligem Zustand zu erhalten."

 


Verpachtung des Erbgutes in der Schmitten (1706)

Nun der Pachtvertrag vom 11. November 1706. Er wurde abgeschlossen zwischen dem ehrbaren und frommen Johann Bech und Ehefrau Angeneis Holthausen als Verpächter und den Eheleuten Jacob Schrick und Christina Breidenhaus als Pächter über das Erbgut "in der Schmitten" (untere Honschaft Haan). [Nicht gemeint ist also der Hof "in der Schmitten" an der Walder Straße.]

Er enthält die in den meisten Pachtverträgen üblichen Angaben und Bedingungen:

-   Pachtdauer 8 Jahre,
-   jährlicher Pachtzins 30 Reichstaler,
-   Übernahme der Steuern und Abgaben, dazu auch die Kriegslasten,
-   Instandhaltung des Hofes und der Gebäude,
-   das Pflanzen von Obstbäumen,
-   ordnungsgemäße Nutzung der Ländereien,
-   Vorbehalt der Verpächter, eine Kuh mit Kalb und ein Schwein mit auf dem Hof zu halten und
-   die Hälfte des Obstertrages zu genießen.

Zwei weitere Vertragspunkte machen diesen Pachtvertrag besonders interessant:

1. ist daraus zu ersehen, daß auf dem Erbgut Schmitten ein Braurecht lag, welches mitverpachtet wurde. Darüber ist aber laut Pachtvertrag ein zweiter Brief (d.h. Vertrag mit den rechtlichen Bedingungen und Auflagen) angefertigt worden, den ich jedoch bei den Akten nicht gefunden habe.

2. Als zweite Besonderheit ist ausdrücklich vermerkt, daß, sollte in der Pachtzeit die Kurmude anfallen (= Todesfall des Hofbesitzers), die Verpächter die Kurmude zu leisten haben. Dies ist ja recht verständlich, aber in den anderen Pachtverträgen nicht - wie hier - ausdrücklich aufgeführt.



Weitere Pachtverträge (18. Jh.)

Ein Vertrag aus dem Jahr 1734 zwischen den Eheleuten Johann Adolf Holthausen und Margaretha Boll, verwitwete Thienhaus einerseits und den Eheleuten Diedrich Müller und Sophia Öhmen andererseits über den sog. halben Thienhauser Berg enthält neben den üblichen Bedingungen eine Reihe von Auflagen zur Instandsetzung der wohl nicht allzu guten Gebäude und Einfriedungen. Außerdem muß der Pächter einen neuen Backofen bauen.

Ein weiterer Vertrag aus dem Jahr 1734 betrifft das Erbgut "unten in der Schmitten" in der unteren Honschaft Haan, den die Wittib des Johann Wilhelm Thienhaus, Margaretha Boll, mit dem Wilhelm Schulder abschließt. Dasselbe Gut verpachten 1737 die nunmehr Eheleute Joh. Adolf Holthausen und Margaretha Boll an Peter Bäumer.

Etwa um 1740 pachtet der Johann Conrad Holthausen in der mittelsten Elp die Ländereien des Nachbarhofes Rasch-Elp (unser heutiger Hof) von Diederich Grund und Ehefrau Catharina Rasch. Die Urkunde (Ablichtung in meinem Besitz) ist wohl ein Vertragsentwurf und ist wegen starker Beschädigungen stellenweise nicht lesbar.

Es werden die Ländereien (Äcker und Wiesen) sowie die Fischereirechte verpachtet, die fälligen Steuern und Dienstleistungen fallen dem Pächter zur Last, ebenso die Wegeunterhaltung. Kriegerische Durchmärsche, Einquartierungen und evtl. Contributionsgelder sollte der Verpächter tragen, der Pächter aber Heu und Hafer dazu liefern. Des weiteren sind noch eine Reihe hof- und landbauspezifische Einzelheiten aufgeschrieben, ebenso eine zweijährige Pachtdauer. Der Vertrag ist nicht vollständig, denn es fehlen der Pachtpreis, das Datum und die erforderlichen Unterschriften.



Zwei Verträge über den "Tüschen Elscheider Biett"
(1744 und 1750)

Zwei weitere Verträge (1744 und 1750) betreffen den "Tüschen Elscheider Biett". Es ist das zwischen den größeren Höfen Oben- und Unten-Elscheid gelegene kleinere Hofgut Zwischen- oder auch Mittel-Elscheid.

Interessant am 1. Vertrag ist, daß der kleinere Hof an zwei Ehepaare verpachtet wurde. Der Verpächter Johann Conrad Holthausen war ein sehr versierter Kaufmann, der die Verträge genauestens und mit erheblichen Auflagen zu seinen Gunsten abfaßte, was auch aus dem 2. Vertrag, einem "Halbbauungscontract", zu ersehen ist. Von ihm sind viele Verträge und sonstige Aufzeichnungen im Archiv Thienhaus vorhanden.

Der 1. Vertrag betrifft die Verpachtung durch den Eigentümer J.C. Holthausen an die Eheleute Jacob Diepensiepen und die Eheleute Diederich vom Siepen. Er ist für 3 Jahre ab Mai 1744 abgeschlossen. Der Pachtpreis beträgt 26 Rtlr. und ist in vierteljährlichen Raten zu zahlen. Bei Zahlungsrückstand ist sofortiger Abzug festgeschrieben. In insgesamt 16 Punkten sind alle Pflichten der Pächter aufgeschrieben, über die ich hier aber nur zusammenfassend berichte:

-   Die Pächter müssen die Steuer zahlen,
-   ebenso evtl. Einquartierung tragen, außer Heu und Hafer,
-   den Pächtern sollen 20 Heister zum Brennholz angewiesen werden,
-   der Verpächter liefert Holz zu neuer Einzäunung des Hofes,
    das die Pächter sparsam zu nutzen haben, es gibt nichts hinzu,
-   die Pächter müssen auch jährlich die Gartenhecke schneiden,
-   die Früchte eines genau beschriebenen Teiles des Obsthofes behält der Verpächter für sich,
-   ebenso die Wiese mit dem Fischteich,
-   ferner auch 2 Söller und 1 Aulder (Räume unter dem Dach).

Für die Landbewirtschaftung gibt es besonderer Auflagen, u.a.:

-   Klee-Einsaat,
-   Möhren- und Flachs-Einsaat,
-   Düngung mit Mist und Kalk.
-   Ferner darf kein Stroh vom Hof verkauft werden.

Der 2. Vertrag, abgeschlossen am 28. September 1750 abgeschlossen, ist eine Verpachtung zur Halbscheid. Die Überschrift lautet: "Halbscheidt Bauungs Contract wegen Tüschen Elscheidt".

Eine alte Erklärung der "Landverpachtung zur Halbscheidt" wurde im August 1913 in der "Landwirtschaftlichen Zeitschrift für die Rheinprovinz" gedruckt:

"Für unsere Landwirte ist es interessant, etwas von einem Pachtsystem zu vernehmen, welches bei unseren Vorahnen beliebt war. Es unterscheidet sich von der heutigen Pachtweise dadurch, daß der Besitzer keine Geldentschädigung erhielt. Dafür bekam er zur Zeit der Ernte den halben Ertrag des Grundstückes. Der Landwirt, der ein Gut oder einzelne Parzellen Ackerland auf diese Weise in Gebrauch nahm, hieß Halbwinner, später auch Halfen oder Halfmann."

Früher war der Ausdruck "bauen" für pflügen üblich. In meiner Jugendzeit sprachen mein Vater und die Bauern generell z.B. davon, daß der Acker für den Hafer, der im Frühjahr gesät wurde, vor Winter "gebaut" (gepflügt) wurde, damit die Ackerscholle durch den Winterfrost schön gar und krümelig wurde.

Das "Umbauen" (Umpflügen) der Getreidestoppeln im Herbst wurde in vielen alten Pachtverträgen als Bedingung bei Abzug festgeschrieben. Daher stammt wohl auch der Ausdruck "Bauer", der hier allgemein für die Landwirte von altersher üblich ist.

In dem genannten 2. Vertrag heißt es zu Beginn, daß der Joh. Conradt Holthausen und dessen Ehefrau dem Adolf Elscheidt und dessen Ehefrau das "Tüschen Elscheidter Guth" die Länderey zur Halbscheidt zu bauen verpachtet. Adolf Elscheid war der Nachbar auf dem Hof Oben-Elscheid und pachtete somit die angrenzenden Flächen von Tüschen-Elscheid, wobei er den halben Ernteertrag dem Verpächter abliefern mußte.

Da der Verpächter Joh. Conradt Holthausen - wie schon erwähnt - sehr harte Bedingungen stellte und diese auch akribisch genau aufschrieb, enthält auch dieser Vertrag 18 einzelne Punkte, im wesentlichen mit folgendem Inhalt:

  • Der Pachtbeginn ist für das Frühjahr 1751 angesetzt,
  • die Pachtdauer für 10 Jahre vereinbart, wobei der Vertrag nach 5 Jahren mit halbjähriger Kündigung aufgelöst werden kann.
  • Der "Halbbäuer" hat das Getreide allein zu ernten und zu dreschen und auf dem "Soller" (Dachspeicher) bis zum Verkauf zu lagern.
  • Der Verpächter erhält die Hälfte des Erlöses.
  • Die Felder sind ordentlich zu bestellen und mit 20 Malter Kalk zu düngen, welchen der Verpächter zur Hälfte bezahlt.
  • Der Pächter soll die Steuern, Güldengekorns und Zehnten bezahlen, jedoch die Hälfte davon dem Verpächter in Rechnung stellen.
  • Er muß das anteilige Holz dem Verpächter auf den Hof fahren, erforderliche Herrenfuhren allein leisten und die Wege in gutem Zustand erhalten.
  • Er muß das Stroh ordentlich aufbewahren (für Bettstroh, Docken und sonstigen Gebrauch), das übrige Stroh kann der Verpächter (!) verkaufen.
  • Es darf in der Scheune kein Tabak geraucht werden, damit die Gebäude vor Feuer bewahrt werden.
  • Die Fische im großen Teich habe der Pächter zu genießen, müsse aber den Teichdamm ordentlich im Stande halten und die Teiche zur rechten Zeit entschlammen und damit die Felder düngen.
  • Ferner muß er die Getreidestoppeln bei Endigung des letzten Jahres "umbauen", wie es die "Herrschaft" bei Pachtantritt auch getan hatte.
  • Ferner muß der Halbbäuer die Soldaten halten, wenn Durchzüge kommen und länger als 24 Stunden liegenbleiben.

Man sieht, wer die Arbeit tun muß, hat neben halbem Lohn auch noch eine Menge Dienste zu leisten.



Pachtvertrag über die Rohrsmühle in Unterbach (1860)

Ein Pachtvertrag aus dem Jahr 1860 betrifft die Rohrsmühle in Unterbach. Darin pachtet der Bruder meiner Großmutter Emilie Stöcker geb. Clevenhaus, der Wilhelm Clevenhaus, zu der Zeit wohnhaft in der Hellenbrucher Mühle (vermutlich als Müllergeselle), von Peter Bollenbeck zu Brühl die diesem gehörende Rohrsmühle zwischen Bruchhausen und Unterbach. Der Vertrag beginnt hochoffiziell:

"Im Namen Seiner Majestät des Königs, Wir Wilhelm von Gottes Gnaden, Prinz von Preußen, Regent, thun kund und fügen hiermit zu wissen, daß Unser nachgenannter Notar folgende Urkunde aufgenommen hat."

Es folgen dann nach Namen und Anschrift des Notars die oben angegebenen Namen und Anschriften des Verpächters und des Pächters. Dann folgt die genaue Beschreibung der verpachteten Gebäudeteile im Gehöft, der Mühle und des Backhauses mit den zugehörigen Gerätschaften und den Nutzungsrechten sowie einiger Acker-, Wiesen- und Torfflächen.

  • Die Pachtdauer ist für 6 Jahre ab 1. Mai 1860 vereinbart.
  • Der jährliche Pachtpreis beträgt 325 Taler Preußisch Courant und ist in vierteljährlichen Raten dem Verpächter Bollenbeck in Brühl oder dessen Schwiegersohn, Lehrer Brors in Unterbach, "in guten, gangbaren, klingenden Geldsorten" zu überbringen.
  • Die Gewerbesteuer und sonstige Steuern und Lasten hat der Pächter zu entrichten.
  • Bei eventuell vorzeitigem Verkauf der Mühle durch den Eigentümer hat dieser 350 Reichstaler an den Pächter zu zahlen.
  • In die Wasserrechte anderer Anlieger des Baches (Eselsbach) hat sich der Pächter einvernehmlich einzufügen.
  • Die Fische im Teich erhält zu 2/3 der Verpächter, 1/3 der Pächter.
  • Des weiteren sind Vereinbarungen über erforderliche Reparaturen und Instandhaltungen getroffen.
  • Ferner verpflichtet sich der Verpächter noch in diesem Jahr einen Pegel in gesetzlicher Weise anlegen zu lassen.
  • Die Kosten des Vertrages trägt zu 2/3 der Pächter, der Verpächter zu 1/3.
  • Der Vater des Pächters, der Ackersmann Wilhelm Clevenhaus zu Böllenschmidt verbürgt sich für ordnungsgemäße Erfüllung der Vertragsverpflichtungen.

Dieser Vertrag wurde am 1. November 1862 wieder aufgelöst. Warum das geschah, ist mir nicht bekannt. Ich vermute, daß der Sohn Wilhelm Clevenhaus zu der Zeit verstorben ist oder zumindest wegen schwerer Erkrankung die Pacht nicht durchstehen konnte; in der Erbauseinandersetzung der Geschwister Clevenhaus im Jahr 1882 ist er nicht mehr aufgeführt.

  Wilhelm Clevenhaus war nach nur dreimonatiger kinderloser Ehe im Alter von 31 Jahren am 21. August 1862 an der Rohrsmühle verstorben. (Chronik Juffernbruch)

  Über die Rohrsmühle



Copyright © 1995 Friedhelm Stöcker. Alle Rechte vorbehalten.


Quellen:
  • Stöcker, Friedhelm: Bericht über Pachtungen und Pachtverträge. Haan 1995
  • Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Kirchenarchive, Privatarchiv Thienhaus (Haan)
  • Hildener Jahrbuch
  • Huckenbeck: Niederbergische Beiträge
  • Rapp, Martin (E-Mail 04/2007)

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