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In Privatarchiven, eigenen Familiendokumenten und anderen Quellen fand Friedhelm Stöcker eine Reihe historisch interessanter Pachtverträge, die in den vergangenen Jahrhunderten im Gebiet von Haan und Umgebung abgeschlossen wurden. Sie geben Aufschluss über die Pflichten und Rechte der Beteiligten und zeigen, wie detailliert alle Pachtbedingungen - Pachtzins, Pachtdauer und besondere Auflagen - dokumentiert wurden. Nebenbei sind noch andere interessante Dinge zu erfahren: z.B., wie fischreich die Itter früher gewesen sein muss, und dass sich Obstbäume großer Beliebtheit erfreuten. |
Pachtungen und Pachtverträge (15.-19. Jh.)von Friedhelm Stöcker
Im Mittelalter waren die Fürsten, Herzöge und Grafen sowie auch Kirchen die Grundeigentümer. Sie belohnten ihre Vasallen und Untertanen für besondere Verdienste mit Ländereien, welche sie ihnen als Lehen gegen eine bestimmte jährliche Last überließen. Diese Lehen waren z.T. erblich, d.h. sie blieben so lange in der Familie, wie Erben vorhanden waren. Andernfalls fielen sie an den Grundherrn zurück, der sie dann erneut vergab. Diese erblichen Lehen haben sich in manchen Familien z.T. auch in abgeänderter Form über Jahrhunderte hin erhalten.
Die älteste mir bekannte Verpachtung in Haan, ein Vertrag vom 7. Oktober 1508, ist dokumentiert in den Niederbergischen Beiträgen Nr. 35, S. 266. Bertram von Plettenberg, Erbschenk des Landes Berg, und seine Hausfrau Adryane von der Horst verpachten ihren "Hof vor der Kirchen zu Haan" dem von Jasper Burbach nachgelassenen Sohne, dessen künftiger Ehefrau und dem ersten Kinde, das diesem Ehepaar beschert sein wird (also drei Generationen und nicht länger) für eine Jahrespacht von 60 Malter Hafer Gerresheimer Maß, zu zahlen zu Martini (11. November) auf unserem Schloß zu Horst (Hilden).
Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden (1689)Ein sehr ausführlicher Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden aus dem Jahr 1689 ist in seinen einzelnen Punkten so interessant, daß ich diesen hier im heute verständlichen, vollen Wortlaut bringen möchte. Er ist veröffentlicht in "Agrargeschichtliche Quellen von Hilden und Umgebung II" [in Niederbergische Beiträge Nr. 36, S. 406 ff] und besagt, daß die Witwe Adelheid Clara Wilhelmine von Bottlenberg genannt Kessel geb. Neuhoff zum Kaspersbruch im Kirchspiel Wald ihre zu Hilden gelegene Zwangsmühle mit dem dazugehörigen Garten vom 1. Mai 1690 an auf 12 Jahre an den jetzt zu Scheid bei Wald wohnenden Rütger Flaskamp und dessen Hausfrau Jennecken Klink für eine Jahrespacht von 120 Reichstalern verpachtet. |
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"Zu wissen sei hiermit, daß heute, wie unten vermeldet, die hochgeborene Freifrau von Neuhoff, Wittib von Kessel zum Casperbruch ihre zu Hilden liegende Zwangsmühle mit dem Garten, so wie ihn der jetzige Müller gebraucht, an Rütger Flaskamp und seine Hausfrau Jennecken Klink, jetzt wohnhaft zum Scheidt, für 12 Jahre verpachtet, jedoch wenn es einem der beiden Vertragspartner nicht länger gefiele, so kann er halbjährlich die Pacht abbrechen mit zuvoriger halbjähriger Kündigung.
1. Der Pächter soll jährlich an Pacht geben 120 Reichstaler, jeden zu 80 Albus cölnisch gerechnet, und davon alle Vierteljahre ein Viertel bezahlen. 2. Der Pächter mag auch ein paar Ferken im Hof haben. 3. Er solle 100 Reichstaler zum drögen Weinkauf geben, welche er jetzt bezahlt hat. (dröger = trockener Weinkauf ist eine Geldsumme, die bei Abschluß eines Vertrages anstatt des früher bei Verträgen üblichen Umtrunks zu erlegen war.) 4. Wenn aber unverhofft eine ' ganze Verheerung und Verderbung' durch Krieg geschehen sollte, so daß der Müller gleich anderen von Haus und Hof ' verlauffen' müßte, so solle solches gebührend in Erwägung gezogen werden und ihm billig Nachlaß geschehen. 5. Der Müller muß alle nötigen Reparaturen und Veränderungen innerhalb der Gebäude auf seine Kosten machen, wozu Frau Verpächterin ihm ein Kerfholz zu geben versprochen. Leser-Kommentar zu Ziffer 5 6. Auch soll der Müller das Dach, - wozu die Verpächterin die Pfannen bezahlen und der Pächter dieselben anfahren solle -, und die Wände der Mühle in gutem Zustand erhalten. 7. Wenn aber ein neuer aufwendiger Bau, ein Rad (Wasser), Achse (des Rades) oder auch neue Mühlsteine nötig wären, solches solle Frau Verpächterin darstellen und den Arbeitsleuten ihren Lohn bezahlen, der Müller aber solle dieselben in Kost und Trank aus dem seinigen unterhalten. 8. Die Dämme an den Mühlenteichen solle der Pächter auch in guter Reparation halten. Wenn aber Hochwasser einfallen und die Dämme aufbrechen würde, sollen - wie von altersher bräuchlich - die Hofesleute solche machen helfen. 9. Er soll Molter nehmen wie bisher seit undenklichen Jahren bräuchlich gewesen. (Molter = ein Anteil des Gemahlenen oder auch Mahllohn) 10. Was Pächter hierin verspricht, dazu verpfändet er sein Hab und Güter, jetztige und auch zukünftige, im Falle der Mißbezahlung sich daran zu erholen, versagt sich auch aller Ausflüchte geistlicher und weltlicher Rechte, wie die auch Namen haben mögen. 11. Weil nun hochgeachtete Frau Verpächterin mit den anderen Inhabern der Horster Güter nur eine vorläufige Erbteilung gehalten hat, bis sie damit belehnt worden (d.h. erst bei endgültiger Teilung das Besitzrecht an der Mühle feststeht), dann aber aller Voraussicht nach geschehen möge, daß gedachte Mühle an jemand anders als die Verpächterin zufiele und also der Pächter aus seinen Pachtjahren scheiden müßte, so hat die Verpächterin angelobt, daß solchenfalls der dröge Weinkauf auf die 12 Jahre verteilt, und daß der oder die Teile, welche auf die alsdann noch nicht genossenen Jahre kämen, dem Pächter wieder zugut kommen sollen, welches auch so gehalten werden solle, wenn ein Teil mit der Halbscheid der Pachtjahre abbrechen wollte. 12. Diese Pacht soll anfangen am künftigen Mai eintausendsechshundertundneunzig, und wir wollen, ehe der Pächter alsdann in die Mühle einzieht, Verpächterin und Pächter die Mühle und alle deren Teile besehen und nach Befinden darin Verordnung machen, insbesondere wie es mit dem Kammrad in der Mühle stehe und künftig gehalten werden solle. Und weil er - Pächter - erst im nächsten Jahr in der Mühle einzieht, aber den drögen Weinkauf mit hundert Reichstaler jetzt schon erlegt hat, so soll er davon ein Jahr Zinsen mit 4 Reichstalern die Pacht künftig kürzen. Geschehen zu Caspersbruch den 31. Martii im Jahr eintausendsechshundertachtzigneun. Zu Urkund der Wahrheit haben beide Teile eigenhändig unterschrieben und mit Gottesheller bezeugt. A.C.W. Wittib B. genant Kessel geborne von Neuhoff, Rutger Flasskampt, Antonius Keusenhoff, Prediger in Wald, als Zeuge unterschrieben auf Begehren für Lovis Flaskamp." |
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Am 25. April 1689, also knapp vier Wochen später, nachdem die Lehnsmühle in Hilden der Freifrau Adelheid Clara Wilhelmine von Bottlenberg genannt Kessel zu Caspersbruch endgültig als Erbe zugefallen war, ist ein Schreiben verfaßt, nach dem die Mühle an Johann Burbach den Jüngeren für ein Jahr zu den Bedingungen des bisherigen Vertrages vom 20. März 1682 mit dem Vater Johann Burbach dem Älteren verpachtet ist, also von Mai 1689 bis Mai 1690. Es ist eine Überbrückung der Zeit bis zum Vertragsbeginn mit dem Rütger Flaskamp 1690. Gleichzeitig ist eine Aufstellung gemacht, was dem bisherigen Pächter Joh. Burbach sen. vorzuhalten ist. In den bisherigen Bedingungen war aufgeschrieben,
Diese Bedingungen hatte der bisherige Pächter wohl nicht eingehalten, denn es wird ihm vorgehalten, daß er |
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2005 Die Gottschalksmühle an der Itter in Hilden. Hier befand sich das verpachtete Mühlengut. |
Leser-Kommentar zum Pachtvertrag über die Zwangsmühle im Dorf Hilden (1689), insbes. Ziffer 5:
"Gemeint ist ein Kerbholz. Beim Kerfholz (oder Kerbholz) handelt es sich regelmäßig um
Schuldnereinträge oder bei Kaufleuten auch um Verrechnungseinheiten. Je nach Vertragsinhalt bedeuteten die Kerben bestimmte Verpflichtungen oder Summen.
Damit alles mit rechten Dingen zuging, wurde für jede Partei ein Zeuge benannt (auch eine Amtsperson war möglich).
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Fischereigerechtsame am Itterbach (1696)
Sehr genaue Abmachungen enthält auch der folgende Pachtvertrag derselben Grundherren von Caspersbroich über Fischereigerechtsame am Itterbach. [Niederbergische Beiträge Nr.36, S.426]
Verpachtung des Erbgutes Überfeld (1700)Den Vertragsentwurf zur Verpachtung des Haaner Erbgutes Überfeld um 1700 fand ich original im Privatarchiv Thienhaus, ebenso einen Pachtvertrag von 1706 über das Erbgut in der Schmitten (Ablichtungen in meinem Besitz). Diese sind nicht leicht zu lesen und sprachlich "etwas schwierig" verfaßt. Darum gebe ich sie hier dem Inhalt nach verkürzt mit meinen Worten wieder. Bei diesem Entwurf fehlen Zeit- und Ortsangabe sowie Unterschriften. |
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Pacht- und Verpachtungscontract
Lütgen Butzmühlen und Johann Adolf Tenger als Vormünder der unmündigen Kinder der verstorbenen Eheleute Johann Butzmühlen und Catharina Margaretha Tenger als Verpächter und Hindrickus Muhnes und seine Ehefrau als Pächter schließen einen Pachtvertrag über das den Kindern gehörende Erbgut zu Überfelt für 8 Jahre.
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Verpachtung des Erbgutes in der Schmitten (1706)
Nun der Pachtvertrag vom 11. November 1706. Er wurde abgeschlossen zwischen dem ehrbaren und frommen Johann Bech und Ehefrau Angeneis Holthausen als Verpächter und den Eheleuten Jacob Schrick und Christina Breidenhaus als Pächter über das Erbgut "in der Schmitten" (untere Honschaft Haan). [Nicht gemeint ist also der Hof "in der Schmitten" an der Walder Straße.]
Weitere Pachtverträge (18. Jh.)Ein Vertrag aus dem Jahr 1734 zwischen den Eheleuten Johann Adolf Holthausen und Margaretha Boll, verwitwete Thienhaus einerseits und den Eheleuten Diedrich Müller und Sophia Öhmen andererseits über den sog. halben Thienhauser Berg enthält neben den üblichen Bedingungen eine Reihe von Auflagen zur Instandsetzung der wohl nicht allzu guten Gebäude und Einfriedungen. Außerdem muß der Pächter einen neuen Backofen bauen. Ein weiterer Vertrag aus dem Jahr 1734 betrifft das Erbgut "unten in der Schmitten" in der unteren Honschaft Haan, den die Wittib des Johann Wilhelm Thienhaus, Margaretha Boll, mit dem Wilhelm Schulder abschließt. Dasselbe Gut verpachten 1737 die nunmehr Eheleute Joh. Adolf Holthausen und Margaretha Boll an Peter Bäumer.
Etwa um 1740 pachtet der Johann Conrad Holthausen in der mittelsten Elp die Ländereien des Nachbarhofes Rasch-Elp (unser heutiger Hof) von Diederich Grund und Ehefrau Catharina Rasch. Die Urkunde (Ablichtung in meinem Besitz) ist wohl ein Vertragsentwurf und ist wegen starker Beschädigungen stellenweise nicht lesbar.
Zwei Verträge über den "Tüschen Elscheider Biett"
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Quellen:
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