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Alte Schulen und Schulgebäude in Solingen - Wald (6)

Höhere Schulen u.a.




Weyer

Private Handelsschule Wahlert

In einem Leserbrief an das Solinger Tageblatt [03.08.1939] berichtet ein "alter Leser vom Weyer" von einem ihm vorliegenden alten vergilbten Zeitungsblatt (vielleicht der "Verkündiger") aus dem Jahr 1814 und einer dort abgedruckten, "im Stil der beginnenden Biedermeierzeit gehaltenen Anzeige", in der ein Herr Wahlert für seine neu gegründete private Handelsschule wirbt. Hier die Anzeige im Wortlaut:

"Unterzeichneter hat mit Bewilligung des bergischen Schulraths seit Anfang August d.J. eine Erziehungsanstalt für Jünglinge, welche sich der Handlung widmen wollen, errichtet. Um den Bedingungen der Erziehung und des Unterrichts besser genügen zu können, ist er entschlossen, die Zahl seiner Zöglinge nicht über 8 auszudehnen. Was Jünglinge, die in ein Handlungshaus als Lehrlinge eintreten und gleich in Comtoirgeschäften gebraucht werden wollen, wissen müssen, sind stehende Lehrgegenstände seiner Anstalt.

Drei Stellen sind bei ihm noch unbesetzt, und wenn er den Wunsch hegt, sie bald besetzt zu sehen, so geschieht es vorzüglich aus dem Grunde, weil er nicht gern durch später hinzukommende Jünglinge in dem gleichförmigen Gange seines Unterrichts unterbrochen werden möchte. In der körperlichen Pflege wird er sie wie eigene Söhne halten, wie es denn sein lebhaftester Wunsch ist, ein reines Familienband um sich und seine Zöglinge zu schlingen, damit sie in seinem Hause das elterliche wiederfinden mögen. Nähere Auskunft auf schriftliche Anfragen wird Unterzeichneter gern erteilen.

Weyer bei Wald, den 30. September 1814.
E. Wahlert"



2011   Weyerstraße. - Irgendwo "am Weyer" befand sich die private Handelsschule des Herrn Wahlert.
 
Eine genauere Adresse fehlt - "Weyer" genügte damals als Anschrift. Wie erfolgreich diese frühe weiterführende Schule war und wie lange sie bestanden hat, ist nicht bekannt.

Ein Bedarf dürfte vorhanden gewesen sein als Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs, der nach Beendigung der napoleonischen Herrschaft im Bergischen Land allmählich wieder in Gang kam. Weyer war dafür aufgrund der hier zahlreich angesiedelten Industrie sicher ein guter Standort. Später, in der Gründerzeit, wurde aus der "industriösen" Gegend der "rieke Weyer" mit zahlreichen Fabrikanten- und Kaufmannsvillen.


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Wald

Höhere Schule Wald  -  Evgl. Rektoratschule  -  Realschule Ohligs-Wald

Konkrete Angaben über die Entstehungszeit der höheren Privatschule zu Wald fehlen. Aus verschiedenen späteren Urkunden lässt sich aber ihre Entstehungszeit spätestens Ende der 1830er Jahren ableiten.

15.06.1856 schreibt Landrat Melbeck an die Bürgermeister Hammesfahr in Wald und Tilmes in Merscheid: "Die von dem Lehrer Volkenrath geleitete Schulanstalt ist nach dem mir seitens des Herrn Regierungs-Schulrats mündlich mitgeteilten Befunde in einem so guten Zustande, daß die Erhaltung und Befestigung derselben sehr wünschenswert erscheint." Trotz der solcherart bescheinigten Erfolge hat die Schule einen schweren Stand. Immer wieder scheitern Anträge auf städtische Zuschüsse oder Übernahme als Kommunalschule durch Wald und Merscheid.

Das Schulkonsistorium wendet sich schießlich in seiner Not an die ev. Kirchengemeinde Wald, die tatsächlich 1868 die Schule übernimmt. Aber Ende der 1870er Jahre werden immer mehr Schulgegner in die ev. Gemeindevertretung gewählt. Die Schülerzahl sinkt, zwei Lehrer verlassen das sinkende Schiff, und man erwägt die Schule eingehen zu lassen (wobei Ursache und Wirkung auslegungsfähig sind), was 1881 vorübergehend auch geschieht. Vom gemieteten Klassenzimmer bei Familie Heiliger bis zum Humboldt-Gymnasium war es ein weiter Weg.




Haus Heiliger, Hauptstraße 252 = Friedrich-Ebert-Straße (259?)



2011   Häuser an der Friedrich-Ebert-Straße
zwischen Tiefendicker Straße und Erbslöhstraße




2011   Das Haus Friedrich-Ebert-Straße 259
ist heute eine Imbiss-Stube.
 
Privatschule
1840   ist die Schule vermutlich schon als Privatschule vorhanden.

Sie befindet sich in gemieteten Räumen bei Heiliger an der Hauptstraße Nr. 252.

  Diese Adresse lag im Bereich der heutigen Weyerstraße / Friedrich-Ebert-Straße, wahrscheinlich zwischen Tiefendicker Straße und Erbslöhstraße [Stadtarchiv Solingen] und damit ganz in der Nähe des späteren Schulhauses an der Schulstraße = Spitzwegstraße.

1928   Gegenüber dem ehemaligen Schullokal liegt die "Wirtschaft zur Börse".

  Im Adressbuch nicht gefunden. Allerdings befindet sich gegenüber an der Ecke Augustinerstraße auch heute eine Gaststätte.

1856-1860   Sinkende Schülerzahl aufgrund häufiger Wechsel der unregelmäßig bezahlten Lehrer und der Unzulänglichkeit der Schulräume und Unterrichtsmittel

1860   Gründung einer Aktiengesellschaft "mit der Absicht, für die Privatschule ein eigenes Gebäude zu errichten, das Gehalt der Lehrer zu garantieren und die nötigen Unterrichtsmittel zu beschaffen. Die Interessenten übernahmen eine oder mehrere Aktien zu je 25 Talern, die unkündbar waren und mit 4% verzinst werden sollten, was aber nicht immer geschah." [Festschrift 1928]




Schulstraße = Spitzwegstraße 19



2011   Gaststätte an der Spitzwegstraße 19



2011   Spitzwegstraße
 
Höhere Privatschule

1860/1861   "In kurzer Zeit wurde in der Schulstraße ein eigenes Schulgebäude errichtet (die jetzige 'Wirtschaft zum Lindenhof')". [Festschrift 1928]

  Schulstraße = heutige Spitzwegstraße

14.06.1861   Einweihung der auf Aktien gebauten neuen höheren Privatschule für Wald und Merscheid

Ostern 1866   Die rasch gestiegene Schülerzahl liegt bei fast 80, daher Einrichtung einer 3. Klasse. Lehrer: Rektor Heiner, Wolf und Neuendorfer

Evangelische Rektoratsschule

31.07.1868   Übernahme der höheren Privatschule durch die ev. Kirchengemeinde Wald

Vorübergehend diente ein Klassenzimmer als Sitzungsraum des Presbyteriums.

Jan. 1870   3 Lehrer unterrichten in der "Ev. höheren Lehranstalt" in 3 Klassen 45 Knaben und 29 Mädchen.

01.04.1881   Aufhebung der Schule nach Rückgang der Schülerzahlen und Weggang von 2 Lehrern

Vermietung des bisherigen Schulgebäudes an mehrere Familien als Wohnraum



Die einzige anerkannte höhere Schule der Umgebung ist jetzt das für Walder Schüler schwer erreichbare Progymnasium zu Solingen (mit Lateinunterricht). Zahlreiche Eltern wünschen für ihre Kinder eine höhere Schulbildung ohne Latein. Es besteht also weiterhin Bedarf an einer über die Elementarschule hinausgehenden Schule am Ort.

21.08.1885   Beschluss von 15 Walder Bürgern (meist Aktionäre der früheren Anstalt) zur Wiedererrichtung der höheren Schule. Das Schulgeld wird auf 120 Mk. festgesetzt, die Lehrmittel der früheren Schule werden von der ev. Kirchengemeinde für 150 Mk. gekauft.

Behelf: Katechisierstube
1886   Anmietung der Katechisierstube des Pfarrers Haastert auf ein Jahr, weil das frühere Schulgebäude noch nicht frei ist. Berufung von Lehrer Sonnenhol aus Burscheid als Rektor

01.05.1886   Eröffnung der Schule mit 29 Schülern

Ostern 1887   Rückverlegung in das frühere Schulgebäude an der Schulstraße

Höhere Stadtschule
30.11.1887   Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zu Wald die Schule ab 01.04.1888 auf den Gemeindeetat zu übernehmen

08.06.1888   Genehmigung der Regierung zu Düsseldorf "mit der Maßgabe, daß fortan Mädchen in dieselbe nicht mehr aufgenommen werden". Diese Beschränkung wird auf Beschwerde der Stadt vom Kultusminister aufgehoben.

11.02.1890   Die ev. Kirchengemeinde Wald verkauft der "Civilgemeinde" das Schulgebäude mit Stall, Hofraum und Hausgarten für 13.500 Mk. Fast alle Aktionäre verzichten zugunsten der Stadt auf die Auszahlung ihrer Aktien (9.600 Mk).

1892   Bei einer Schülerzahl von 78 erweist sich das Schulhaus als zu klein; die Schule zieht um in das alte Rathaus in der Altenhofer Straße 12.

1928   Die "Wirtschaft zum Lindenhof" nutzt das ehemalige Schulgebäude.

2011   Das Haus wird gastronomisch genutzt.


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Gräfrather Straße 35a



1884   Adressbucheintrag: die Lehrerinnen Johanne, Lina
und Margaretha Moewing, Gräfrather Straße 35a
 
Höhere Privat-Mädchenschule Wald
Mai 1883   Fräulein Margaretha Moewing darf in Wald eine höhere Privat-Mädchenschule errichten und leiten.

1884   Im Adressbuch von Wald sind an der Gräfrather Straße 35a drei Lehrerinnen genannt: Johanne, Lina und Margaretha Moewing

  Die frühere Gräfrather Straße entspricht der heutigen Focher Straße. [Stadtarchiv Solingen] Auf einen Zusammenhang mit der späteren privaten höheren Mädchenschule Altenhofer Straße gibt es keine Hinweise.
 


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Altenhoferstraße 12,   altes Rathaus



1928   Das Schulhaus und frühere Rathaus an der Altenhofer Straße 12
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen




1921   Links das Schulhaus an der Altenhofer Straße 12; rechts davon die 1903 eingeweihte ev. Volksschule Wald 1, Altenhofer Straße 10.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Solingen




2010   Altenhoferstraße 14, rechts hinter den Bäumen die Friedrich-Albert-Lange-Schule
 
Das später zum Schulhaus gewordene ehemalige Gemeindehaus stand in unmittelbarer Nachbarschaft der Schule Altenhof.

13.07.1870   Grundsteinlegung
01.08.1871   Einweihung des Gemeindehauses mit Bürgermeisterwohnung

1871-1892   Bis zur Fertigstellung des neuen Walder Rathauses Stadtverwaltung



Höhere Stadtschule
01.05.1892   Verlegung von der Schulstraße ins ehemalige Walder Rathaus. Der 1. Stock wird Dienstwohnung des Rektors.

Wegen steigender Schülerzahlen Errichtung eines zusätzlichen 2-klassigen Gebäudes im Hof

17.12.1896   Beschluss zum Ausbau der Höheren Stadtschule ab Ostern 1898. Die Durchführung verzögert sich jedoch.

1898  142 Schüler,   1902  95 Schüler

Realschule Ohligs-Wald i.E.

16.10.1902   Die beiden höheren Knabenschulen von Ohligs und Wald werden mit der Bezeichnung "Realschule Ohligs-Wald i.E." [= im Entstehen] dem Provinzial-Schulkollegium zu Koblenz unterstellt.

Ostern 1903   Beginn des Ausbaus zur anerkannten höheren Schule

Der Unterricht erfolgt noch getrennt in Wald und Ohligs, nur Untertertia und Obertertia werden gemeinsam an der Altenhofer Straße unterrichtet.

1904   Umzug in das neuerbaute Schulhaus am Weyer



Höhere Mädchenschule,
Haushaltungsschule, Hilfsschule
  Lt. dem damaligen Bürgermeister Heinrich nahm das alte Rathaus nach Vollendung des neuen Walder Rathausbaus (1891/1892) die höhere Mädchenschule auf.

  1899   Gründung einer privaten höheren Mädchenschule in Wald

01.04.1904   Übernahme der Walder höheren Privat-Mädchenschule auf den Etat der Stadt

01.02.1911   Die gehobene Mädchenschule Wald wird "Höhere Mädchenschule".

1925   Die höhere Mädchenschule ist im ehemaligen Walder Rathaus an der Altenhoferstraße untergebracht.

1930   Auflösung der höheren Mädchenschule in Wald im Zuge der Rationalisierung des nunmehr großstädtischen Schulwesens; Verteilung der dort tätigen Lehrkräfte auf die übrigen Schulen Solingens

Die beabsichtigte Errichtung eines Ohligs-Walder Oberlyzeums kommt insbesondere infolge der Weltwirtschafskrise nicht mehr zustande.

Hilfsschule
1931   Adressbuch: Hilfsschule Sol.-Wald, Altenhoferstr (2 Kl.). I. Lehrer: Juffernbruch

Bis 1939   Hilfsschule



1939-1945   Quartier der NSDAP

Nach 1945   Wirtschafts- und Sozialamt

1976   Abbruch des Gebäudes


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Kornstraße 6



1956   Die neue Albert-Schweizer-Schule



2012   Albert-Schweizer-Schule, Kornstraße 6. Hier der 1954 eingeweihte älteste Teil, damals noch ohne Eingang und Treppe an dieser Seite.



2010   Albert-Schweizer-Schule; rechts der 1960 eingeweihte Trakt. - Hängt das Foucaultsche Pendel noch im Treppenhaus?



2010   Albert-Schweizer-Schule, Blick von der Sedanstraße auf den "Neubau"
 
Städtische Realschule Weyer
07.04.1953   Beschluss zur Einrichtung der Städtischen Realschule Solingen

1953   Provisorische Unterrichtsaufnahme mit 43 Schülern und Schülerinnen im Schulgebäude "Roter Esel" an der Friedrich-Ebert-Straße

05.11.1954   Einweihung der neuerbauten Realschule an der Kornstraße (Schulleiter Sauermann)

Das neue Schulgebäude, das nur den ersten Abschnitt eines umfangreichen Großbaues darstellt, umfasst 5 Klassen und 2 Nebenräume. "190 Schüler werden hier unterrichtet werden können. Die bisherigen Baukosten beliefen sich auf 220.000,- DM, die Einrichtung kostete 36.000,- DM." [ST 1954]

1954/55   Fertigstellung von 4 Pavillons

Spätsommer 1958   Baubeginn Haupttrakt

1959   Für 21 Klassen stehen nur 11 Räume zur Verfügung, davon 3 Mehrzweckräume. 4 Klassen werden daher in das freigewordene Gebäude der kaufmännischen Berufsschule nach Mittelgönrath verlegt. Für alle Klassen muss Schichtunterricht eingeführt werden.

24.02.1960   Einweihung des neuen Haupt- und Verwaltungstraktes an der Kornstraße mit drei Stockwerken und 50 m langer Front aus gelben und blauen Spaltklinkern

"22 Klassen mit 768 Schülern und Schülerinnen, die bisher fast ein Nomadendasein führten, haben nun eine Heimat gefunden. Nach einem Entwurf des städtischen Hochbauamtes wurde ein Bauwerk geschaffen, das vor allem durch seine Farbenfreudigkeit und moderne Ausstattung imponiert. [...] Die Realschule an der Kornstraße gehört mit zu den schönsten Schulen unserer Stadt." [ST 1960]

1956   Umbenennung in
Albert-Schweitzer-Schule

1965   Fertigstellung der Turnhalle Sedanstraße

1967   Errichtung von 2 Schulpavillons für 4 Klassen

1969/70   Adressbuch: Realschule Albert-Schweitzer-Schule, Kornstraße 6, angeschlossene Abendrealschule

1975   Errichtung von 2 weiteren Pavillons

1981   Vorübergehender Umzug von 7 Klassen in die Außenstelle Broßhaus

1981   Grundsteinlegung für einen Neubau

2010   Albert-Schweizer-Schule, Städtische Realschule, Kornstraße 6 (ASS)



Quellen:
  • Bauermann (1953)
  • Evangelische Kirchengemeinde Wald (1988)
  • Festschrift: 25 Jahre Ohligs-Walder Realgymnasium mit Realschule (1928)
  • Festschrift: 50 Jahre Humboldt-Gymnasium Solingen-Ohligs (1953)
  • Geschichte der ev. Kirchengemeinde Wald, Solingen-Wald 1988, S. 43
  • Heinrich, Gottlieb: Lebenserinnerungen, S. 76
  • Rheinische Post vom 09.08.1967 [RP]
  • Solinger Tageblatt vom 03.08.1939 [ST]
  • Solinger Tageblatt vom 05.11.1954 und v. 24.02.1960 [ST]
  • Stadtarchiv Solingen, Adressbücher, Bürgerrollen u.a.
  • Webseite: "http://www.ass-solingen.de/content/1005/data/Jubilaeums-Ausgabe.pdf" am 19.01.2011

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