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Heiraten und Heiratsverträge aus alter Zeit (16.-18. Jh.)


Ehepaar Clevenhaus / Stöcker,
ca. 1870
 

Die Sitten waren streng: Verfehlungen gegen die eheliche Ordnung wurden gesetzlich bestraft; die "frefelige Mißhandlung" einer Frau konnte, je nach Leumund des Opfers, für den Täter mit dem richterlich verordneten Tod durch das Schwert enden. Ehen wurden ausdrücklich geschlossen "zur Ehre Gottes, Fortpflanzung menschlichen Geschlechts wie auch beiderseits Vermehrung (des Besitzes?!) und Unterhaltung guter Freundschaft".

Die Texte der Heiratsverträge, die Friedhelm Stöcker hier vorstellt, sind aufgrund der umständlichen Sprache und liberalen Orthographie nicht ganz flüssig zu lesen. Inhaltlich sind sie aber so aufschlussreich, dass sich die Mühe lohnt, wenn man einen Einblick in das Leben begüterter (Bauern-)Familien vor mehreren hundert Jahren erhalten möchte und/oder auf der Suche nach eigenen Haaner Vorfahren ist.


Heiraten und Heiratsverträge aus alter Zeit
in unserem Gebiet

Von Friedhelm Stöcker

Eigentlich wollte ich nur über mir vorliegende interessante Heiratsverträge und auch nachfolgende Zusatzverträge aus Haan und Umgebung von 1502 bis 1847 berichten. Bei der Durchsicht der Urkunden wurde mir jedoch klar, dass ich zur Einführung doch einiges über das Heiraten und die Heiratsgebräuche in damaliger Zeit berichten muss.

Auch das Heiraten war in früherer Zeit durch Gesetze und Verordnungen geregelt. In vielen Verträgen wird meist am Schluss darauf verwiesen, dass diese rechtlich nach 'Landsordnung' abgeschlossen sind. Als Landsordnung galt die »Jülich-Bergische Rechtsordnung und Reformation Herzog Wilhelms vom 10. Oktober 1554.« Diese Ordnung ist in den verschiedensten Erlassen durch die herzogliche und später königliche Regierung bestätigt und fortgeschrieben worden. Der königlich preußische Regierungssekretär J.J. Scotti hat 1826 die Gesetze und Verordnungen aufgeschrieben, welche in dem Herzogtum Kleve und der Grafschaft Mark betreffs der Landeshoheit, der Verfassung, der Verwaltung und der Rechtspflege und Gerichtsbarkeit in den Jahren 1418 bis 1816 ergangen sind. Diese Verordnungen waren gleichzeitig im Herzogtum Jülich-Berg gültig.





Verfehlungen gegen die eheliche Ordnung

In dem Erlass vom 10. Oktober 1554 werden Verfehlungen gegen die eheliche Ordnung unter Strafe gestellt. Die damalige Sprache und Schriftweise ist heute zum Teil nicht mehr verständlich. Darum habe ich diese Erlasse in heute verständliche Sprachweise übertragen. (Scotti Nr. 51 S.125-126). Da heißt es unter anderem:

»1. So jemand einer unverleumdeten Ehefrau oder Jungfrau mit Gewalt oder gegen ihren Willen ihre jungfräuliche oder frauliche Ehre nehme, derselbige Übeltäter soll vermög der kaiserlichen Majestäts- und heiligen Reichs peinlicher Gerichtsordnung auf Beklagung der Genötigten in Ausführung der Missetat, einem Räuber gleich mit dem Schwert vom Leben zum Tode gerichtet werden. So sich aber eine solche frefelige und gewalttätige Mißhandlung einer verleumdeten Frau oder Jungfrau anstünde und sich die Frau oder Jungfrau entwerde oder von solcher Beschwernis erredet wurde, (d.h. wahrscheinlich: wenn der beschuldigte Übeltäter die Tat bestreitet, und die Frau das nur erdacht habe oder eventuell mit mehr oder weniger Einverständnis geschehen ließ??), soll der Übeltäter auf Beklagen der Genötigten nach Gelegenheit und Gestalt der Person und Missetat bestraft werden und sollen die Richter das Recht gebrauchen, d.h. nach eigener Beurteilung des Falles Recht sprechen.

2. Des weiteren soll der, der eine Frau oder Jungfrau gegen ihren oder ihrer Eltern Willen entführt oder entschakt (???), mit Leib und Gut in Strafe fallen.

3. Wenn ein Ehemann ein ander Weib oder eine Ehefrau einen anderen Mann in Gestalt der heiligen Ehe (also Ehemann) zu Lebzeiten der ersten Ehegesellen nimmt, welche Übeltat dann ein Ehebruch und noch mehr ein Laster ist, sollen der- oder diejenige, welche solches Laster betrügerischer Weise mit Willen und Wissen vollbringen, nach vorgenannter peinlicher Gerichtsordnung mit dem Schwert gestraft werden.

4. Weil auch einige ohne Wissen und Erlaubnis der Eltern oder derjenigen, denen sie anbefohlen (Vormünder oder Erzieher) oder auch gegen deren Willen, sich heimlich verheiraten, welches nicht nur den Eltern und Verwandten höchst beschwerlich und allgemein ärgerlich ist, so sollen dieselben, wenn sie unter 25 Jahre alt sind, nach Gelegenheit an dem vierten Teil ihrer Habe und Güter gestraft werden.«

In einer späteren, sehr ausführlichen Verfügung über die Ordnung in der Bevölkerung, in Behörden und in Kirchen ist im Jahr 1662 über die Ehe folgendes angeordnet (Scotti Nr. 273 S. 414f):

»1. Der Ehestand soll als eine Ordnung Gottes zwischen einem Manne und Weibsperson, die gebührlichen Alters sind, und dasselbe nach der Regel des Wortes Gottes, der gemeinen Rechte und unserer Ordnung, mit beiderseits freier Bewilligung, wie dann auch mit Wissen und Willen der Eltern, Vormünder und Freunde, angefangen, und christlichem Gebrauch nach vollzogen werden.

2. Die sich aber ohne Wissen und Willen der Eltern, Vormünder und Freunde ehelich versprochen, dieselben sollen die Prediger nicht abkündigen oder zusammengeben.

3. Da sich auch einige Personen vor eingesegneter Ehe fleischlich vermischen sollten, dieselben sollten im Consistorio zur Rede gestellt und nach Gelegenheit der Sachen bestraft werden.

4. Es sollen keine, welches Standes sie auch sind, in die heilige Ehe eingesegnet werden, ihre Namen und Vornamen seien dann drei Sonntage nacheinander öffentlich vorher verkündigt worden.

5. Die Verkündigung der Eheleute mag auch wohl von römisch-catholischen Priestern geschehen.

6. Da auch der Bräutigam und die Braut zu unterschiedlichen Gemeinden gehörten, soll an beiden Orten die Abkündigung verrichtet werden.

7. Die verlobten Eheleute sollen alsobald und 14 Tagen zum längsten nach ihrer Proclamation sich einsegnen und zusammengeben lassen.

8. Eine Witwe soll vor der Zeit dreier vierteil Jahrs nach ihres Mannes Tode, ein Witwer aber vor der Zeit eines halben Jahres nach seines Weibes Absterben, ohne erhebliche Ursachen nicht wiedrum heiraten.

9. Es soll sich auch niemand mit einer ungetauften excommunizierten Person verheiraten, sondern die ungetaufte Person soll vorher Bekenntnis des christlichen Glaubens tun und sich taufen lassen; die excommunizierte Person aber zuvor, der Kirchenzucht gemäß, sich mit der Gemeinde versöhnen und folgends zur Ehe einsegnen lassen.

10. Die Eheeinsegnung soll nach dem Formular des Heidelbergischen Catechismi öffentlich geschehen.

11. Ein Reformirter Christ soll keine Dispension in den Ehefällen bei den Päpstlichen suchen, noch die Ehesachen dahin bringen.

12. Die Mißverstände und Streitigkeiten in Ehesachen sollen durch Verwandte und Freunde, auch wohl durch den Kirchenrat, ehe man sie an die Obrigkeit bringt, gütlich hinzulegen gesucht werden.

13. Wann die Eltern aus Haß der Religion oder anderer unbefugter Ursachen halber zur Heirat ihrer Kinder sich nicht verstehen wollen, so soll die Sache erstlich dem Consistorio, folgends der Obrigkeit vorgetragen und deren Bescheid und Ausschlag darüber eingeholt und erwartet werden.

14. Kein Prediger soll, bei Verlust seines Dienstes und unserer willkürlichen Strafe, Personen, die zu einer anderen Gemeine gehören, ohne Vorzeigung ihrer daselbst geschehener ordentlichen Abkündigung und des Predigers des Heimatortes Zulassung, zur Ehe einsegnen und zusammengeben.«





Hochzeitsbräuche

Über Hochzeitssitten und Bräuche aus den vorigen Jahrhunderten ist mir persönlich nichts bekannt. Der Hildener Heimatforscher Heinrich Strangmeier berichtet aber ausführlich darüber in den »Bevölkerungsgeschichtlichen und siedlungskundlichen Quellen von Hilden und Umgebung« (Niederbergische Beiträge Nr. 4). Dort schreibt er, dass im nordwestdeutschen Raum sogenannte Gebe- oder Schenkhochzeiten üblich waren. Sie waren meist im Westfälischen, aber ebenso auch in unserem Raum bekannt und sind auch hier bei uns im Bergischen durch verschiedene urkundliche Aufzeichnungen belegt.

So gibt es z.B. eine ausführliche Liste über die Geber und Gaben auf einer Hochzeit in Hilden im Jahr 1627, desgleichen Berichte über Gebehochzeiten in Neviges, Langenberg, Essen, Lüttringhausen, Wald und Remscheid in dieser Zeit. Strangmeier schreibt über die Gebehochzeiten, dass dabei nicht nur Hausrat, Linnen, silberne Löffel, zinnerne Teller, sondern vor allem Geld geschenkt wurde. Nach dem Hochzeitsessen wurde der Tisch abgeräumt; Braut und Bräutigam oder auch nur die Braut allein setzten sich an den Tisch, um die Hochzeitsgaben entgegen zu nehmen. Meist war es Geld. Die geladenen Gäste traten einzeln an den Tisch und gaben zu Protokoll, was sie geben wollten, wobei keiner vom anderen übertroffen sein wollte. Die Geldgaben richteten sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Brautpaar und nach dem Vermögen der Geber.

Das Brautpaar bewahrte das Verzeichnis der Geber und ihrer Gaben, den sogenannten Hochzeitszettel, sorgfältig auf, um später im entsprechenden Fall den gleichen Betrag oder das gleichwertige Sachgeschenk wieder entrichten zu können. Diese Geld- und Sachgaben waren das Startkapital für die Familiengründung und den Hausstand.

Zu diesen Hochzeiten wurde durch einen Hochzeitsbitter eingeladen, der mit Zylinder und mit bändergeschmücktem Stab bei den Einzuladenden seinen Ladespruch vortrug. Der war meist in der platten Sprache im Versmaß abgefasst und verhieß nicht nur Spaß und Freude, sondern auch umfangreiche leibliche Genüsse; das Ausmalen von üppigen Eß- und Trinkfreuden sollte dazu animieren, an der Hochzeit teilzunehmen und eine reichliche Gabe mitzubringen.

Bei weniger vermögenden Gastgebern fielen diese Gastgelage oft spärlicher aus. Da mussten sich die Gäste mit Platz (Weißbrot) und Butter und Bier und Schnaps begnügen, was aber der Fröhlichkeit keinen Abbruch tat.

Diese Hochzeiten hatten unterschiedlichen Umfang. Es gab Hochzeiten mit 50 oder 100 Gästen, aber auch solche mit 500 und mehr Besuchern, die dann unter freiem Himmel stattfanden und nachher oft in wüste Gelage ausarteten, was die Obrigkeit nicht gerne sah. Darum wurden diese Auswüchse immer wieder durch die Behörden untersagt. In einer obrigkeitlichen Verfügung vom 26. August 1707 heißt es:

»Nachdem wir auch berichtet werden, daß es an etzlichen Örtern, sonderlich aufm Lande bei gesuchter Copulation am Sonntag große Üppigkeit, Verschwendung und Entheiligung vorfallen, in dem, wo nicht allezeit Bräutigam und Braut selbst, doch der Umstand und die zur Begleitung Genötigten, durchgehend bis zur Zeit der Copulation mit hitzigen Getränken sich überladen, also ein ärgerliches Leben anfangen und dem öffentlichen Gottesdienst sich entziehen, so wollen wir solches eins vor all abgeschafft haben bei Poên (Strafe) für die jungen Leute von fünf Goltgülden, die Anwesenden jeder von zwei Goltgülden.«


Des weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Verordnungen, die diese Dinge betreffen, nicht genügend befolgt werden. Dies betrifft insbesondere die Verordnungen von 1658, 1571 und 1639, wonach zu den Hochzeiten auf dem Lande nicht mehr als 12 Paare geladen werden sollen, Verwandte inbegriffen, Kinder ausgenommen, und zwar nur zu zwei Mahlzeiten an zwei Tagen. Bei Nichtbefolgung dieser Anordnungen ist gegen die Hochzeiter eine Strafe von 25 Goldgulden zu verhängen, und den Beamten ist untersagt, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen.

Ferner wird verfügt, dass die Feiern um 10 Uhr abends zu Ende sein sollen, sonst gibt es 2 Goldgulden Strafe. Wenn die Amtleute, Schultheißen, Vorsteher, Scheffen und Kirchmeister nicht eifrig genug auf Durchführung der Verordnungen dringen und bestehen und selbst mitmachen, so sollen diese mit 100 Goldgulden gestraft werden. (Scotti Nr. 566 S. 747-750)



Hildener Gebehochzeit Bernshaus / Clevenhaus (1627)

Über die Hildener Gebehochzeit vom 24. August 1627 berichtet H. Strangmeier sehr ausführlich und interessant in den Niederbergischen Beiträgen Nr. 4. Ich will versuchen, dies verkürzt darzustellen. Es handelt sich um die Hochzeit des Heinrich zu Bernshaus in Hilden mit Christine Clevenhaus (wahrscheinlich vom Hof Clevenhaus in Obgruiten). In der Gabenliste dieser Hochzeit sind 156 Spender aufgeführt, meist sind es nur die Haushaltsvorstände der Gäste, also nicht Ehefrauen und Kinder. Es muss also von einer Gästezahl von etwa 350 Personen ausgegangen werden, die sicher zum größten Teil an Tischen unter freiem Himmel bewirtet wurden. Die Spendenliste scheint eine gewisse Rangfolge im Verwandtschaftsgrad und in Bezug auf Freundschaft und Nachbarschaft auszudrücken.

Einige Gäste kamen auch aus Haan: vom Knediser, im Grund, uf der Straßen. Die Geldgeschenke sind dementsprechend auch unterschiedlich hoch und werden in den verschiedensten Münzsorten abgegeben. Es sind in dieser Liste folgende Münzarten notiert: Reichstaler, Goldgulden, Holländische Taler, Königstaler, Gulden, Herrenberger Taler, Rosenobel, Albus.

Die Münzen hatten unterschiedliche Werte. Strangmeier hat die Summe der Gaben in Reichstaler damaliger Währung umgerechnet und kommt auf die Summe von 183 Reichstaler 12 Albus 1 Heller. Diese Summe sagt uns allein nicht viel, man muss sie in Relation zur Kaufkraft setzen. Dazu bringt Strangmeier Vergleichsbeispiele und kommt zu dem Schluss, dass die Summe etwa einem durchschnittlichen Kaufwert von 18.891 DM entspricht. Dies hat er 1953 ermittelt, der Beträg wäre heute also entsprechend höher. Die Geschenksumme war also erhebliche. Wenn man davon auch die Bewirtungskosten abziehen muss, so dürfte dem Hochzeitspaar ein recht gutes Startkapital für ihre Ehe verblieben sein.

In den Jahren 1691, 1709, 1714 und 1721 wird in Verordnungen auf die Verpflichtung der Hochzeitspaare hingewiesen, mindestens sechs Obstbäume und sechs junge Eichen zu pflanzen. Die Beamten und Pfarrer sind aufgefordert, darüber entsprechende Listen an die obrige Behörde einzureichen und bei Nichterfüllung auf Nachholung der Pflanzung zu dringen. Wer damit säumig bleibt, soll in entsprechende Geldstrafe genommen werden. (Scotti Nr. 587). Damit zeigte die Obrigkeit, dass sie verantwortlich für die Versorgung mit eigenen Nahrungsmitteln (Obst) und Baumaterial (Holz) bemüht war.

  Das kann aber doch nur für Paare mit Landbesitz gegolten haben.





Heiratsverträge aus Haan

Aus der Zeit 1502 bis 1847 liegen mir folgende Verträge vor (meist in Ablichtungen der Originale):

 
 1.  26.07.1502  Heinrich vom Heidelberg (zum Diek)
                 - Catharina Vredel aus Solingen
 2.  05.03.1576  Jacob zu Holthausen
                 - Haeßgen zum Gütchen
 3.  17.02.1586  Clemens Schmit zur Linden
                 - Leisgen zu Bernchhaus aus Hilden
 4.  24.08.1627  Henrich zu Bernshaus / Hilden
                 - Christine Clevenhaus
                 (die Gebehochzeit)
 5.  18.10.1646  Adolf zu Holthausen - Mergen Deuß
 6.  10.01.1674  Lowis Breidt zu Überfelt
                 -  Catharina zu Holthausen
 7.  04.08.1676  Johannes Ehrmann zur Pforten
                 -  Maria zu Holthausen
 8.  26.07.1692  Gordt zu Holthausen
                 - Catharina zu Kriekhausen (Elp)
 9.  29.04.1706  Hans Jürgen Boll zu Buschenhaus
                 - Catharina zu Pütz aus Gruiten
10.  30.09.1718  Johann Wilhelmus Nenninghoven
                 - Gierdrut Holthausen in der Elp
11.  08.08.1721  Gördt Holthausen
                 - Catharina Rasch i.d. Elp /
                 Wittib Wilh. Elscheid
12.  28.04.1729  Joh. Herman Niepenberg
                 - Gertrud Stöcker zu Wibbelrath
13.  28.04.1847  Heinrich Wilhelm Stöcker i.d. Elp
                 - Wilhelmine Lünenburg
 

Dazu gibt es eine Reihe von Dokumenten, die sich mit Folgen aus diesen Ehebündnissen ergeben, wie die Bestellung von Vormündern, Aufstellung von Erbansprüchen der unmündigen Kinder bei Wiederverheiratung eines verwitweten Elternteils und deren Versorgung, Bescheinigung des Pfarrers über den christlichen Wandel bei Heirat in einer anderen Gemeinde, Erbteilungs-Angelegenheiten bei der Hofübernahme, die oft gleichzeitig mit der Hochzeit geschah. Ferner gibt es einen umfangreichen Rechtsstreit nach einem nicht eingehaltenen Heiratsversprechen.

Die vorgefundenen Verträge behandeln ausschließlich die Angelegenheiten vermögender Leute, die vertraglich Vermögenswerte (Haus, Hof, Sach- und Geldwerte) in die Ehe einbrachten. Unvermögende brauchten keine Verträge, da ja nichts vorhanden war.



Heiratsvertrag Heidelberg / Vredel (1502)

Der älteste mir bekannte Heiratsvertrag aus Haan ist der vom 26.7.1502 über die Hochzeit des Heinrich vom Heidelberg, Sohn des Johann und der Nese vom Heidelberg zu Haan, und der Catharina Vredel, Tochter des Solinger Amtsmanns Johann Vredel. Er beginnt:

»In Gottes Namen, kund sei allen, die diesen offenen Brief sehen oder lesen hören, das hier hernach Geschriebene von beiden Parteien die Betroffenen und Freunde ein wissentlich Hiling ( = einen festen Heiratsvertrag) aufgesetzt und die Bedingungen beschlossen sind:

1. Daß der genannte Hendrich die genannte Catrin zu einer ehelichen Hausfrau und Bettgenossin zu der heiligen Ehe nehmen und haben soll, und sie ihn wiederum zu einem ehelichen Manne haben solle und daß sie sich als eheliche Leute zusammenhalten und bleiben sollen, wie das zu ihrer Seelen Heil sein muß. [...]«


Der Bräutigam bringt erhebliche Güter in die Ehe ein, und zwar folgende: Den Hof zum Diek mit Haus und sonstigen Gebäuden, ferner das Erbe und Gut den Frankenberg, das Erbe und Gut Vogelsang, das Erbe die Böken (Buchen an der Jägerstr.) und das halbe Schasiepen, 8 Morgen Wiese im Ittertal und ein Stück Busch; dies mit allem seinen Zubehör, wie es die Eltern gehabt hatten. Das besagt, dass er ein sehr begüterter Mann war.

Die Mitgift der Ehefrau beträgt: »anderthalb hundert oberländische Gulden, je zu 4 Mark cölnisch gerechnet, ferner 15 Malter Hafer, 2 Kühe, 2 Schmalrinder, 2 fette Ferken, 2 Faselferken (halbwüchsige), Kleidung und Hausgeräte, ein Bett mit Zubehör, einen Schrank gefüllt nach ihrem Willen und Vermögen, dazu die halbe Brutlofft (= Hochzeitskosten).«

Des weiteren wird die Auszahlung von Bruder und Schwester des Bräutigams vereinbart, also die Abfindung der weichenden Erben. Ferner wird vereinbart, dass die jungen Eheleute die Eltern »freundlich und ehrlich behandeln sollen, und nach all ihrem Vermögen was zu der Eltern Notdurft (Auskommen) nötig ist, zu sorgen«. Sollte dies nicht zur Genüge geschehen, »so sollen sie beiderseits je 2 fromme Mannen kiesen (erwählen). Das, was diesen vier Männern redlich deucht, was zur Leibzucht (Altersversorgung) erforderlich ist, das sollen sie erhalten«.

Dieser Heiratsvertrag wurde abgeschlossen auf das Landrecht, die Jülich-Bergische Rechtsverordnung Herzog Wilhelms vom 1.10.1555. Dieses Landrecht war das allgemeine Recht der Landbevölkerung im Gegensatz zu den Sonderrechten des Stadt-, Hof-, Dienst- und Lehnsrechts.



Heiratsvertrag Holthausen / zum Gütchen (1576)

Ein weiterer Haaner Heiratsvertrag aus dem 16. Jahrhundert ist der vom 5. März 1576 zwischen Jacob zu Holthausen und Haeßgen zum Gütchen.

An diesem Vertrag sind eine Anzahl hiesiger begüterter Einwohner als Vormünder der Geschwister des Bräutigams und als Freunde zwecks Bürgschaft zur Einhaltung des Vertrages beigezogen:
      die Eheleute Jaspar in der Thunis,
      Jaspar auf'm Knediser und
      Johann zu Wibbelrath, ferner
      der Kannengießer Henrich Holthausen zu Cöllen (Köln),
      Johann von Heidelberg (Schultheiß in Hilden),
      Henrich zu Elscheid und
      Jürgen Boll.

Als weitere Zeugen haben den Contract unterschrieben:
      Wilhelm von Heidelberg Pastor zu Haan,
      Petter Wolfertz in der Elp,
      Wilhelm zu Thenhausen,
      Jaspar zu Symonshaus und
      Johann Weinhauß der Gerichtsschreiber zu Solingen,

also eine Reihe angesehener und vermögender Leute. Es muss demnach eine große und wichtige Heirat gewesen sein, wenn sich so viele Bürger zur Einhaltung des Vertrages verbürgten. In diesem ging es darum, neben der Aufzeichnung des von beiden Seiten eingebrachten Heiratsguts die Abfindung der Geschwister des Bräutigams zu garantieren, weil diesem der Hof Unten-Holthausen als alleiniges Eigentum übertragen worden war. Des weiteren musste dieser auch das Altenteil einer Tante allein tragen.

Die Vormünder und Freunde sagen auch ihre Hilfe beim Beginn der Feldarbeit im Frühjahr zu. Ferner ist vereinbart, dass, falls einer der beiden Eheleute vorzeitig ohne Leibeserben sterben sollte, die eingebrachten baren Gelder an die jeweiligen Verwandten zurückfallen sollen.

Als Besonderheit steht im Vertrag noch folgender Satz: »Zur ferneren Genehmhaltung (Einhaltung) haben beide Parteien hierauf ein Verbund (= Konventionalstrafe) von 50 Goldgulden gesetzt, welche durch die nichthaltende Partei unabdinglich zu zahlen ist; davon dem durchleuchtigen hochgeborenene Herrn Herzog zu dem Berg fünfundzwanzig, den Armen dreizehn und den Mecheler Leuten zwölf Goldgulden verrichtet werden sollen. (Mecheler = Makler = Heiratsvermittler).

Dieser Vertrag befindet sich im Familienarchiv Thienhaus und ist im Hildener Jahrbuch Nr. 10 abgedruckt.

Zu diesem Vertrag ist nachzutragen, daß Haeßgen zum Gütchen, also Jacob Holthausens Ehefrau, ohne Leibeserben verstorben ist. Dies geht aus einer Urkunde vom 16.5.1598 hervor, aufgenommen vom Solinger Amtmann Wilhelm vom Scheidt, genannt Weschpfenning, in dessen Amtssitz Schloss Burg. In dieser wird über die Einigung des Vaters und der Schwäger der Haeßgen mit deren Ehemann Jacob zu Holthausen »wegen seiner Hausfrauen selig (verstorbenen) Heilichspfennig« (= mitgebrachtes bares Hochzeitsgeld) berichtet, das ja in diesem Falle laut Vertrag zurückgegeben werden musste.

Weiter ist zu diesem Vertrag noch zu bemerken, dass am 10. Juni 1577 eine Eintragung im Verzichtbuch von Hilden und Haan (N.B.21) erfolgt ist, nach der die Geschwister des Jacob Holthausen ausbezahlt wurden und durch den Verzicht das alleinige Erbe des Jacob Holthausen gerichtlich bestätigt wird.



Heiratsvertrag Schmit / zu Bernchhaus (1586)

Die mir bekannten Heiratsverträge sind im Grunde alle nach dem gleichen Schema abgefasst, verzeichnen jedoch unterschiedliche materielle Einbringungen in die Ehe (= Mitgift). Verschieden sind auch die Abfindungen für die Geschwister und die Versorgung der Altenteiler geregelt.

Über den Vertrag vom 17. Februar 1586 zwischen Clemens Schmit zur Linden und Leisgen zu Bernchhaus / Hilden schreibt H. Strangmeier im Hildener Jahrbuch 39/40 zusammenfassend Folgendes:

»Während die Eheverschreibung Heidelberg / Vredel von 1502 Einblicke in eine Gesellschaftsschicht vermittelt, die schon mancherlei Berührung mit Adelsfamilien und dem höheren Beamtentum aufweist, führt uns diese Urkunde mitten hinein in ein bodenständiges und deftiges Bauern- und Handwerkertum. Wenn man die vertraglichen Abmachungen liest, die hier über die Hinterlassenschaft zweier Familien mit großer Sorgfalt bis in die Einzelheiten hinein getroffen werden, so gewinnt man die Überzeugung, daß es diesen Menschen wirtschaftlich nicht schlecht gegangen sein kann und daß sie nicht nur in einem behaglichen Wohlstand lebten, sondern einen frohen Lebensgenuß auch zu schätzen wußten.

Wenn wir sehen, wie weltzugewandt und resolut hier die Witwe Bernchhaus ihre beiden heiratsfähigen Töchter ausstattet; wie sie einmal bestrebt ist, den bäuerlichen Grundbesitz ungeteilt zu vererben; wie sie aber auch sorgsam abwägend darauf sinnt, daß auch die jüngere Tochter zu ihrem Recht kommt; wie sie selbst auf der Höhe des Lebens eine zweite Ehe mit einem Glied der Hildener Honoratiorenfamilie Hoff eingeht und mit kluger Überlegung sich gegenüber allen Zufällen des Lebens, des Leibes Notdurft und Nahrung in zureichendem Maße zu sichern trachtet, dann rundet sich dieses alles zu einem eindrucksvollen Bild bäuerlicher Tüchtigkeit und gesunder Daseinsfreude, bei dem wir uns unwillkürlich an die Darstellungen alter niederländischer Maler erinnert fühlen.«

Heiratsvertrag Breidt / Holthausen (1674)

Als ein Beispiel für all diese Verträge möchte ich hier einen wörtlich bringen, um zu zeigen, an was alles gedacht und was alles vorsorglich festgelegt wurde. Es ist der Heiratsvertrag zwischen Lowis Breidt vom Überfeld und der Catharina zu Holthausen vom 10. Januar 1674, wie er im Archiv Thienhaus vorhanden ist:

»In Gottes Namen Amen! Kund und zu wissen sei hiemit, daß auf heut dato wie unten gemeldet zwischen dem ehrbaren Lowysen (Ludwig) Breidt, Adolfen Breidt zu Überfelt und Hiltgen Eheleuten Sohn als Bräutigam einer, wie auch der tugendsamen Catarinen zu Holthausen, Adolfen zu Holthausen und Mergen Eheleuten Tochter, als Braut anderer Seiten, eine eheliche Abrede mit beiderseits Eltern und Freunden Vorwissen und Bewilligung zur Ehren Gottes, Fortpflanzung menschlichen Geschlechts wie auch beiderseits Vermehrung und Unterhaltung guter Freundschaft gemacht und beschlossen, allermaßen hernach folget:

Erstlich sollen und wollen obgemelte Bräutigam und Braut sich einander zur heiligen Ehe nehmen, haben und behalten, solch Eheband christlichem Brauch nach bestetigen lassen, daß es für eine vollige Ehe vor Gott und Menschen zu halten seie, wozu ihnen dan Gott, der Stifter der heiligen Ehe, Gnad und Segen verleihen wolle. Zeitliche Güter betreffend bestatten obgenannte Brauteltern ihre Tochter auf ihre Kindgerechtigkeit des Erbguts zu Holthausen, wie ihro dasselbe gleichs ihren andern ablassenden Miterben nach der Eltern Tod bei Übergebung dessen anerfallen und zukomen mögte.

Unterdessen versprechen sie derselben pro dote nuptiarum (= als Mitgift) mitzugeben und fürderlichst zu erlegen die Summe von anderthalbhundert Taler, jeden ad fünfzig zwei Albus colnischer Wehrung gerechnet. Dazu wöllten sie der Tochter an Gereiden [= beweglichen Gütern] mitgeben ein Bett mit Bettstatt und seinem Zubehör, item eine Kiste (Truhe) und darein Leinwandt nach ihrem Belieben und Vermögen.

Daneben wollen sie die Braut kleiden und ausrüsten nach ihrem Stand und Gelegenheit, daß es vor den Freunden ehrlich seie. Item zwei Malder Rogen, zwei Malder Habern, ein Malder Gersten, ein Vaselschwein, item eine Kuhe und ein gust Rind (= nicht trächtig).

Hergegen haben des Bräutigams Eltern Adolf und Hiltgen ihrem Sohn Lowysen in Gegenwart und mit Billigung ihrer anderen Kinder, als nemlich Petter und Margaretha, ihr Erbgut genant Überfelt im Kirspel Haen an Haus, Hof und Garten, Ackerland, Busch, Banden, in seinen Löcken und Pölen gelegen, nichts davon ab- noch ausgeschieden, anverheiratet (zugesprochen, zugeteilt), jedoch mit diesem Beding, daß gemelter ihr Sohn Lowys und dessen zukommende Braut den ablassenden zwei Miterben für ihren Abstand erlegen sollen die Summa von siebendehalbhundert (= 650) colnische Taler, davon jedem sein Quota ist dreizehnhundert Viertel (= 325) colnische Taler, wie gleichfalls, daß er die jetzt darauf stehende Capitalschuld abstatten und bezahlen solle, wie auch jedem für einen Verzeig (gerichtliche Verzichtserklärung) einen Goltgulden und einen Reichstaler erlegen solle.

Welches Gut dan obgemelte Eltern ihrem Sohn und dessen künftiger Hausfrawen übertragen wollen gegen nechstkunftigen Mai dieses laufenden tausend sechshondert vierundsiebzigsten Jahrs über ein Jahr, als nemlich auf Mai des 75. Jahrs, doch daß vorhin genanten Mai die Kornsaat gemelte junge Eheleute tun sollen und dan von gemeltem Mai tausend sechshondert sechsundsiebentzigsten Jahrs sollen Helder (Inhaber) des Guts jedem ihrer abgelassenen Miterben anderthalbhondert colnische Taler geben, die übrige Pfenningen aber sollen bis nach beider Eltern Tod stehenbleiben.

Auf dem Gut sollen verbleiben wie folgt: Heel, Brandeiser (Feuerhaken), Muspott, Teigtrog (Backtrog), Maaß und Gewicht, Kühe- und Pferdekrippen, Kuhkessel, Egde (Egge), Pflug, Kahr (Karre) und Pferdegezeug (Geschirr). Eine Kuhe und Rind, ein Vaselschwein, Bettstatt und Reiner (?) sollen auch aufm Gut verbleiben. Ein Schaff (Schrank), so im Haus stehet, soll Bräutigam mit seinem Bruder Petter teilen, dagegen dan gemelter Lowys seiner Schwester geben solle eine neue Bettstatt und ein neu Schaff oder anstatt des Schaffs fünf Reichstaler.

Hierneben ist austrücklich vorbehalten, daß, dafern diese angehende Eheleut ohne bleibende Leibserben oder auch, wan alsolich Erben, so von ihrer beider Leiben geschaffen, auch ohne Leibs bleibendt Erben voneinander absterben würden, daß auf den Fall sowohl die anseiten der Braut anbrachte hondertfünfzig Taler und was folgens von Erbpfenningen vom Gut Holthausen nachfolgen mögte und beweißlich herkomen als Stock und Stein, an die nechsten Erben hinsterben (zurückgegeben werden müssen), als auch anseiten des Bräutigams dessen elterliche Erbgut dem Rückfall unterworfen und daher (woher) sie kommen, an die nechsten Erben hinsterben sollen, doch dem Letzlebenden in allem sowoll Gelt als Erbgütern die Leibzucht (Altenteil) sein Lebtage vorbehalten.

Hierbei ist vergleichen und bewilliget, daß gemelte junge Eheleut bei den Eltern zu Überfeldt die freie Wohnung, - doch daß sich dieselbe selbst beköstigen sollen -, vom Tage der Hochzeit, bis die Eltern das Gut ab- und genannte Eheleut es angetretten, haben sollen.

Nachdem die Eltern das Gut abgetretten und übertragen, sollen gemelte Eheleut ihren Eltern gebührliche Leibzucht geben, wie dessen verstendige, friedliebende Leute erkennen werden. Wan sich aber selbige über die Leibzucht wider Verhoffen nicht würden vereinigen können, wollen die Eltern mit dem dritten Teil des Guts für und anstatt der Leibzucht sich contentieren lassen (befriedigen).

Und ist also dieser Heiratscontract weiter auf gewohnlich Landrecht beschlossen, wornach was hirinen nicht austrücklich vorbehalten solle gehalten werden.

Daß diesem also bezeugen zur Warheitsbekräftigung nebens Bräutigam und Braut derer beiderseits Eltern wie auch anwesende Freunde und Verwandten mit ihrer Henden Unterschrift.

Geschehen zu Holthausen im Kirspell Haen den zehenden Januar tausend sechshondert siebentzig vier.

   Lowis Breidt
   Adolf Breidt
   Peter Breidt
   Lutter Harenberg
   Trein Holthausen
   Adolf Holthausen
   Greta Breidt
   Friedrich Deuß
   Conrad Gülckers
   Jacob Neuhaus«

  Dieser Text enthält geringfügige, inhaltlich belanglose Abweichungen gegenüber der Textwiedergabe von Harro Vollmar ("Überfeld").

Zu dem Vertrag fand ich im Archiv noch ein »Verzeichnis, was wir unserer Tochter Treinen und sonsten zur Außkleidung haben mitgegeben«. Es wird u.a. aufgeführt: schwarz Engels Tuch für einen Rock, Seiden- und Kordstoff für Rock und Leibchen, des weiteren verschiedenes Tuch für Schürzen, Mantel und Sonstiges, alles mit Preisangabe.



Heiratsvertrag Holthausen / Elscheid geb. Rasch (1721)

Ein für unseren Hof interessanter Heiratsvertrag wurde am 8. August 1721 aufgesetzt. Da heiratete der Witwer Gordt Holthausen vom Nachbarhof, der Mittleren Elp, die Witwe des Wilhelm Elscheid, Catharina geb. Rasch von unserem Hof, der Rasch-Elp, so genannt nach der Familie Rasch. Nachdem Bauer und Bäuerin der beiden Höfe verwitwet waren, sahen sie es wohl als vernünftig an, die Höfe gemeinsam zu bewirtschaften und dazu auch zu heiraten. Der Vertrag beginnt:

»Im Namen des dreyeinigen Gottes Amen. Wann also durch Gottes Fürsehung und sonderbahrer Schickung zu seines Herren Nahmens Ehre zur Vermehrung der Freundschaften, ehelicher Beiwohnung und Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts, zwischen dem ehr- und achtbahren Gördten Holthaußen in der Elp Witwer, und der ehr- und tugendsarnen Catharina Rasch, deß weyland ehr- und achtbahren Wilhelmen Elscheid hinterlassenen Wittiben, einen christlichen Eheverlöbnißvorgang und darüber an heutigem dato in Gegenwart derselben respect. Kindern, Geschwistern und Freunden eine freundliche Eheberedung gehalten [...]« usw.

In dem Vertrag geht es neben dem, was beide Seiten in die Ehe einbringen, vor allem um die Festlegung der Erbsummen, welche die drei Kinder aus der ersten Ehe des Gordt Holthausen erhalten sollen, wobei die Tochter Gertrud ihren Anteil bereits bei ihrer Heirat 1718 erhielt. Die Witwe Elscheid-Rasch bringt ihr Erbgut, die Rasch-Elp, nicht in die Ehe ein, sondern dieses verbleibt der Tochter Catharina Margaretha als Erbe, die Mutter hat aber zeitlebens die Nutznießung des Hofes.

Eine Änderung soll eintreten, wenn aus der jetzt geschlossenen Ehe Holthausen-Rasch keine Kinder hervorgehen. Dann soll die Nutznießung nach zehn Jahren der Tochter übertragen werden. Diese ist dann von der Mutter mit entsprechendem Heiratsgut und Inventar auszustatten. Es soll ferner auf eine gute Erziehung und Ausbildung der Tochter (Schule und Nähen lernen) geachtet werden. Des weiteren wird der übliche Rückfall des Geldes vereinbart, wenn keine Erben aus dieser jetzt geschlossenen Ehe hervorgehen.

Im folgenden Jahr 1722 ergeht durch das Gericht in Mettmann eine Aufforderung an die Eheleute Holthausen, innerhalb von drei Wochen Vormünder für die unmündige Tochter der Ehefrau zu benennen. Sie erhalten einen Verweis, weil dies schon bei der Eheschließung hätte geschehen müssen. Bei Nichteinhaltung der Frist werden sie mit 10 Goldgulden Strafe bedroht. Daraufhin werden zwei Vormünder benannt und ein Verzeichnis sämtlicher auf dem Hof Rasch-Elp vorhandener Geräte und Vorräte erstellt.

Dies ist eine sehr lange und sehr interessante Liste, aus der zu ersehen ist, was zu der Zeit alles auf einem Bauernhof mittlerer Größe an lebendem und totem Inventar, Hausrat, Geräten und Vorräten vorhanden war. Außerdem ist aufgezeichnet, dass eine Obligation (verliehenes Geld) und eine weitere bare Summe für die Tochter vorhanden war. Verschiedene Kosten, die durch die Vormundschaft entstanden, sind einzeln aufgeführt, ebenso in der Folgezeit der Erlös von erforderlichen Viehverkäufen aus dem Bestand der Rasch-Elp.

Insgesamt ist festzustellen, dass zu damaliger Zeit alles penibel genau aufgeschrieben und abgerechnet wurde. Auch die Vorsorge für die Zukunft sowohl der Eltern als auch der Kinder war mit Bedacht geregelt.



Heiratsvertrag Niepenberg / Stöcker (1729)

Der älteste mir bekannte Heiratsvertrag aus unserer Familie ist der vom 28. April 1729. Da heiratete die Schwester meines Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters Johann Stöcker, Gertrud Stöcker zu Wibbelrath, den Johan Herman Niepenberg zu Klein-Bruchhausen. Ich fand den Vertrag im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf unter »Bergische Gerichte Mettmann Nr. 6 II«. Er lautet:

»Kund und zu Wissen seye hiemit deme dieses zu lesen oder hören lesen vorkommen mögte, daß auf heut untengesetzten Dato zu der Ehre Gottes, auf einrahten und gut finden allerseiths nächster anverwanten, zu erweiterung beyderseits freundschaftlichen und Vermehrung menschlichen Geschlechts, ein Christlöbliche Heyraths-Verlöbnis vorgegangen und geschlossen, zwischen dem Ehrsamen Jungengesellen Johan Herman Niepenberg zum Kleinen Bruchhaußen, des weyland Joisten Niepenberg und weyland Sybillen Kleinbruchhaußen gewesener Eheleut nachgelassener Ehelicher Sohn, als Bräutigam einestheils.

Sodan der Ehr- und tugendreichen Jungen Tochter gertrud Stöcker, des Ehr- und achtbaren Johannen Stöcker und weyland Sibillen Breidbach gewesener Eheleuth Eheliche Tochter als Braut andern Theils, und ist solche Berahmet und vorgangen wie folgt:

1. Erstlich wolle gedachter Bräutigam seine zukommende hertzliebe Braut zu seinem Ehe- und Bettgenoß, und hinwiederum wolle sie gelte (= obengenannte) Braut ihren Lieben Bräutigam Ebenfalß zum Ehe- und Bettgenoß ZeitLebens haben und behalten. Worzudan Bevorstehenden Jungen Eheleuthen von anwesender freunden Gottes gnad und segen angewünschet worden.

2. Zeitliche güter betreffend, Bringt und vermacht bmltr. (= obengenannter) Bräutigam ahn seine liebe Braut und also in diese Ehe, daß von seinen lieben E. (= Eltern) herrührendes und von dessen Schwestern laut dedato den 2ten Aprilis 1729 aufgerichteten übertrags-briefs ihme übertragene Kleinbruchhaußer guth, wie Besagter übertrags-brief mit mehrerem nach sich führet, wie nicht weniger die demselben zu seinem Theil anerfallene gereyde mobilien ebenfalß hiemit einbringen wollen.

3. Verspricht Johan Stöcker seiner Tochter der jetzigen Braut nechstkünftigen May mitzugeben, ahn Bahrem gelde ad Vierhundertundfünfzig sagen 450 rthlr (= Reichtaler), jeden zu 80 alb (= Albus) Cöllnisch gerechnet, Welche gelder auß denen Erbgütern herrühren, worvon aber hundert rthlr. zum Heyraths-pfenning mit eingeschlossen, und weilen noch hundert rthlr wegen der Erbgüther stehen bleiben, wovon der Vatter Johan Stöcker die abnutzung Zeitlebens vor sich behaltet, nach dessen gottgefälligem hintritt dieselbe aber der jetzigen Braut auch anerfallen sollen, welche obige ahlige geldern besagte Braut ebenfalß nebst dero habenden gereyden hiemit in diese Ehe Eingebracht.

4. Ist abgeredet und von Johan Stöcker der Brautvatter eingewilliget und gutgeheißen, daß nach der Brautvatter gottgefälligen Hinscheidt, dessen habende nachlassenschaften es haben nahmen wie es wolle, der jetztmehr gedachten Braut oder deren Erben, der sechste Theil darauß gleichs denen Anderen Erben zu empfangen und ebenfalß zu ihrem theil haben solle, welches dan gleichfalß in diese Ehe solle eingebracht werden.

5. den rückfall belangend ist expresse abgeredet und ausbedungen, wan obige braut ohnverhofften-falß ohne leibesbleibende Erben mit Todt abgehen würde, so sollen obige 450 eingebrachte rthlr dem Bräutigam sein und bleiben, solchenfalß aber derselbe dan auch was sonsten nach absterben der BrautVatter noch theilbahr werden mögte, als dan auch im geringsten keine ansprach haben solle.

6. Wan ein und anders daß in diesem Contract nicht expresse vorbehaltlich, solches solle nach denen gemeinen Landesrechten observiret werden.

Daß dieses also Verhandelt und beschlossen, ist zu mehrerer festhalten dieser Contract nicht allein von Bräutigam und braut sondern auch Beyderseits nächsten anverwanten wie auch anwesenden Zeugen so viel Schreibens Erfahren Eingenhandig unterschrieben, geschehen ohne betrug arg und list, großbruchhausen, den 28. Aprilis 1729

      Johannes Herman Niepenberg als Bräutgam
      Gertrud Stöcker als braut
      Johannes Stöcker der Brautvatter
      Conrad Stöcker mit für mein haußfraw

Weilen Matthias Kramers und seine haußfraw nit Schreibens erfahren, haben sie mich beyde mit Handtastung gebetten für sie zu unterschreiben jedoch ohne mein nachtheil.

      Peter Masch auch mit alß Zeug
      Peter großbruchhauß für mich und mein fraw.
      Henrich zum gütgen für mich und mein fraw.
      Catharina Niepenberg.
      Christina Niepenberg.
      Peter zu Schlicks als Zeug.
      Wilhelmus zu Schlicks als Zeug.
      Peter Kemperdeick als Zeug.

Hiebey wird notiret, daß obiges ohne Vorgriff hiesigen ambts obrigkeit aufgestellet worden.«


Testament (1745)

In Ergänzung dieses Vertrages fand ich bei den gleichen Gerichtsakten ein Testament des Vaters der Gertrud Niepenberg geb. Stöcker, also meines 5x Ur-Großvaters, Johannes Stöcker zu Wibbelrath vom 24.11.1745. Dieses hat folgenden Wortlaut:

»In Gottes Namen Amen! Nachdem ich unterschriebener Johannes Stöcker zu Wibbelrath bey mir behertziget und erwogen, daß nichts gewisser als der Dod, dessen Zeit und Stunde aber ungewiß: so habe ich in Ansehung meines hohen Alters, und täglich abnehmenden Leibeskräften bey Gott Lob noch gesunder Vernunft und Verstande, wegen meiner gereyden Nachlassenschaft folgende meine Testamentarische oder Letzten Willens Disposition und Verordnung folgender Maßen freywillig und wohlbedächtiglich hinterlassen wollen, und zwar erstlich befehle ich meine Seele vorjetzo und in der Stunde meines Dodes in die Hände unseres theuersten Erlösers und Heylands Jesu Christi. Meinen Leib aber hinterlasse ich zur ehrlichen Christbräuchlichen begräbniß.

Zweytens Meine zeitliche Nachlaßenschaft betreffend, so hinterlasse dieselbe sowohl in Gereyden als Ungereyden [= bewegliche und unbewegliche Habe] meinen sämtlichen Kindern, und zwar solchergestalt wie dasselbe in dem Erbkauf und Theils Contract über die sogenannte Wibbelrather Erbgüter schon vorhin verordnet, beschrieben und festgestellet worden.

Weilen aber unter meinen sechs Kindern meine jüngste Dochter Gerdraut des Herman Niepenbergers Haußfrau nach Gottes heiligen Willen durch den Dod auß diesem zeitlichen Leben abgefordert worden und drey Kinder hinterlassen, für welche ich als Groß-Vatter nach Christenpflicht sorge tragen muß, so ist mein wille und Meinung daß das jenige, waß nach meinem Gottgefälligen Abscheid aus meiner Mobilar Erbschaft zu meiner verstorbenen Tochter Antheil als zum sechsten Käme entweder in Cassa oder außstehenden Geldern wird übrig seyn, zusamt denen nach meinem Dod zu diesem sechsten Antheil fallenden Interessen Vorgenannter meiner verstorbenen Tochter hinterlassenen dreyen Kinder, ohne einige Ausnahme soll anerfallen seyn, und denselben soll zu getheilt werden, weil diese Kinder an ihrer verstorbenen Mutter stelle stehen sollen.

Weilen auch auf dem Wibbeltrader Hof zu meiner Leibzucht gewisse Gelder ausbedungen seind, so sollen die zum Antheil des sechsten Stamms, zu meiner Leibzucht ausbedungene 87 Rthl, schreibe achtzig sieben Rthlr, Nach meinem tödlichen Hintritt zum Nutzen und Besten vorgenannter Verstorbener Kinder an das Gut zu Klein Bruchhaußen angelegt werden.

Schließlich setze und ordne Ich Johann Stöcker daß diese meine Letzten Willens Verordnung als ein Testament oder Codierung gelten und gehalten werden soll.

Dessen zur Warheits Urkund hab Ich dieses mein Testamentum selbst unterschrieben, auch übrige zu Ende benannte Gezeugen dieses zu dessen Bekräftigung zugleich mit zu unterschreiben ersuchet. Also geschehen zu Wibbeltrath den 24ten Novembris, im Jahre unseres Herren 1745.

      Johannes Stöcker Großvatter
      Conradus büscher alß Zeug
      Joh. Peter Jakobs alß Zeug
      Joh. Stöcker alß Zeug
      Jakob bollenheyd alß Zeug
      Ego Johann. Hermann. Ovinius
      L.t. Pastor in Eccles. Elberfeld
      et Cronenberg a Testatore requisitus
      Scripsi et Subscripsi Mp...«

Johannes Stöcker starb 7 Wochen später am 10. Januar 1746.

Bei dem Testament im Hauptstaatsarchiv lag ein weiteres Dokument, datiert vom 4. März 1746, also weitere 7 Wochen später. Es war eine Aufstellung darüber, was die drei Enkelkinder Niepenberg (die Kinder seiner Tochter Gertrud) aus dem Nachlass des Großvaters Johannes Stöcker erhielten, und zwar sowohl an Geld und auch an Sachen. Dies alles aufzuführen, führt hier zu weit. Es zeigt aber, dass die Gerichte die familiären Angelegenheiten genau überwachten und auf Einhaltung der gesetzlichen Verordnungen achteten.



Heiratsvertrag Stöcker / Lünenburg (1847)

Als letzten Heiratsvertrag möchte ich den Vertrag meiner Urgroßeltern Heinrich Wilhelm Stöcker und Wilhelmine Lünenburg vom 28. April 1847 erwähnen. Es ist ein notarieller Vertrag, der im Gegensatz zu den alten Verträgen kurz gehalten ist und lediglich die Gütergemeinschaft anzeigt und das gegenseitige alleinige Erbrecht im Todesfall festlegt. Dies ist der zeitlich letzte mir bekannte Heiratsvertrag. Von meinen Großeltern sind mir solche Verträge nicht bekannt, ebenso haben meine Eltern keinen schriftlichen Ehevertrag abgeschlossen. Sie hielten sich an das in dem christlichen Glauben gegebene Ehegelöbnis.


Copyright © 1990 Friedhelm Stöcker. Alle Rechte vorbehalten.


Quellen:
  • Stöcker, Friedhelm: Bericht über Heiraten und Heiratsverträge aus alter Zeit in unserem Gebiet. Haan, Vortrag vom 09.05.1990
  • Scotti
  • Strangmeier, Hildener Jahrbuch 39/40
  • Strangmeier, Niederbergische Beiträge Nr. 4

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