Die Grundaufnahme von Haan im Jahre 1808
Von Friedhelm Stöcker
Vorbemerkung
Nach der Abtretung des rechtsrheinischen Gebietes durch den bisherigen Landesherrn und nach der 1806 erfolgten Gründung des Großherzogtums Berg gab es hier in unserem Gebiet wesentliche Veränderungen, besonders in der Verwaltung, in der Gesetzgebung und im Gerichtswesen. Die bisherigen Ämter und Bezirke wurden durch Gebietseinteilungen und Zusammenschlüsse nach französischem Vorbild neu gestaltet.
Für Haan ergaben sich dadurch erhebliche Neuregelungen. Am 10. Juli 1808 erließ die Verwaltung des Großherzogtums Berg ein Dekret, wonach die drei Haaner Honschaften mit den Honschaften Ellscheid, Millrath, Gruiten, Obgruiten und Schöller zur Munizipalität (Mairie) Haan zusammengefaßt wurden. Diese neue Kommune unterstand nun nicht mehr dem Landgericht Hilden, sondern dem Gericht in Mettmann, weil Haan jetzt zum Kanton (Kreis) Mettmann gehörte. Damit endete die bisherige viele Jahrhunderte alte starke Verbindung mit Hilden. Es war die Geburtsstunde der zunächst großherzoglichen Mairie und später preußischen Bürgermeisterei Haan.
Im Zusammenhang mit dieser Verwaltungsreform sind im Jahre 1808 die Eigentumsverhältnisse sämtlicher Häuser und Grundstücke der drei Haaner Honschaften genauestens erfaßt und mit Morgen- und Rutenzahl aufgezeichnet worden. [Original im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Großherzogtum Berg 10185]. Es ist erstaunlich, wie sorgfältig die Verwaltung des Großherzogtums Berg schon damals eine genaue Aufstellung der Grundflächen anfertigen ließ und wie korrekt sie auch die unterschiedliche Beschaffenheit und damit die Ertragsfähigkeit des Bodens und des Aufwuchses feststellte.
Hauptzweck war eine vollständige und gerechte Besteuerung aller Grundeigentümer im Kirchspiel Haan. Für die Erfassung wurden die Flächen der jeweiligen Eigentümer in folgende Rubriken eingeteilt:
Haus / Hof / Garten und Baumgarten, Ackerland, Wiesen, Hochwald, Schlagholz, Weiher (tiefergelegene, zeitweilig unter Wasser gesetzte Flächen) und Heide. Ackerland, Wiesen, Hochwald und Schlagholz waren, wohl wegen der steuerlichen Ertragsfähigkeit, nochmals in drei Gruppen unterteilt: beste, mittlere und schlechte Klasse. Schließlich gab es noch die Rubrik "unkultiviert".
Betrachtet man die Ergebnisse in den einzelnen Spalten für die jeweilige Haaner Honschaft nun genauer, so ersieht man, daß die Untere Honschaft der Fläche nach die größte und die Mittlere Honschaft die kleinste war. -
Beim Ackerland erkennt man an den Angaben zu den verschiedenen Güteklassen, daß der schlechte und sandige Boden in der Unteren Honschaft verhältnismäßig wenig als Acker brauchbar war. Bezeichnenderweise sind ja dort auch die großen Heideflächen ausgewiesen. Die Qualität des Ackerbodens in der Oberen Honschaft ist zumeist nur von mittlerer und schlechter Beschaffenheit und nimmt erkennbar mit dem Höhenanstieg des Geländes ab.
Bei den Wiesen ist analog zum Ackerland eine ähnliche Tendenz in allen drei Honschaften festzustellen, wobei der Wiesenanteil in der Unteren Honschaft durch die Flächen an der Itter besonders hoch ist.
Hochwald ist 1808 vor allem in der Oberen Honschaft zu finden, aber auch der "Rauhe Wald" im unteren Teil bildet ein größeres Waldgebiet. Die Mittlere Honschaft dagegen hat durch die stärkere Bebauung des Ortskernes und die dadurch bedingte Rodung nur eine geringe Hochwaldfläche. -
Schlagholz ist vor allem in der Oberen Honschaft zu finden. Es handelte sich um Stockausschläge, die in regelmäßigen Jahresabständen für die Feuerung abgeschlagen wurden. Hainbuchen (Weißbuchen) eigneten sich besonders dazu, da sie sich am besten aus dem Stock regenerierten und ein gutes Brennholz ergaben.
Der prozentuale Vergleich der Nutzungsarten der Haaner Flächen sieht wie folgt aus:
Haus, Hof, Garten und Baumgarten 4%
Ackerland 55%
Wiesen 6%
Wald 14%
Heide und Ödland 21%
Es ist erstaunlich zu sehen, wie gering damals die bebaute Haus- und Gartenfläche war, wie groß dagegen die ungenutzte Fläche vor allem im unteren Teil. Einen zahlenmäßigen Vergleich zu den heutigen Nutzungsverhältnissen in Haan zu ziehen, fällt schwer, da 1808 die guten Ackerländereien der Honschaft Ellscheid noch nicht zu Haan gehörten und andererseits ein großer Teil der Oberen Honschaft heute nicht mehr Haaner Gebiet ist. Jedenfalls würde eine Gegenüberstellung mit der gegenwärtigen Flächennutzung ein ganz anderes Bild ergeben.
Vergleicht man die Erfassung der Besitztümer von 1808 mit einer älteren Steuerliste von 1724/25, so stellt man fest, daß diesmal viel genauer ermittelt wurde. Die Anzahl der erfaßten Eigentümer hat sich gegenüber 1724/25 mehr als verdoppelt. Es sind neue Häuser entstanden, z.T. durch die bei vielen Gehöften zu beobachtende Realteilung bewirkt. Es ist auffallend, daß bei sehr vielen Anwesen jetzt zwei oder drei, manchmal sogar vier gleichbegüterte Eigentümer aufgeführt sind, während dieselbe Hofschaft 1724/25 nur einen Besitzer hatte.
Überhaupt gibt es in der alten Steuerliste nur sehr wenige Höfe, die zwei Eigentümern mit gleich großen Anteilen gehörten. Daraus ist zu ersehen, daß gerade im 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Realteilung eine Aufsplitterung vieler Hofstellen stattfand. So ist zum Beispiel der Hof Stöcken in zwei völlig gleich große Flächen von je 11 Morgen und 42 1/4 Ruten aufgeteilt; bei Tückmantel sind drei Teile von je 3 Morgen 116 Ruten angegeben. Ähnliches ist von der Schmitte, Gathen, Schalbruch, Bech, Heidberg, Gülchers, Sombers, Hülsberg, Steinfeld, Schasiepen, Schiensbusch und vielen anderen Gehöften zu ersehen.
Des weiteren fällt beim Vergleich der Listen von 1724/25 und 1808 auf, daß die Namen der Besitzer jetzt zum größten Teil andere sind, wohl auch eine Folge der Erbteilungen, sei es durch Heirat der erbenden Töchter oder auch durch Verkauf als unvermeidbare Folge der Besitzteilungen. -
Der Anteil auswärtiger Besitzer an Haaner Grundflächen ist im übrigen nur sehr gering und betrifft zumeist Einwohner aus Wald, die im Ittertal einige recht kleine Wiesenparzellen besaßen.
Die abschließende Gegenüberstellung der Gesamtflächen der Haaner Honschaften sieht wie folgt aus:
1724/25 1808
Obere Honschaft (fehlt,
da Urkunde beschädigt) 1416 Morgen
Mittlere Honschaft 727 Morgen 1048 Morgen
Untere Honschaft 863 Morgen 1822 Morgen
Der im Vergleich zu 1724/25 im Jahre 1808 deutlich erkennbare Anstieg der Gesamtfläche ist wohl durch eine genauere und auch vollständige Erfassung sowie durch die Einbeziehung auch der Heideflächen zu erklären, was besonders für die Untere Honschaft gelten dürfte. Zusammenfassend ist jedenfalls zu sagen, daß diese Grundaufnahme vom Jahre 1808 uns durchaus brauchbare Informationen über die Eigentumsverhältnisse in den drei Haaner Honschaften vermittelt und darüber hinaus viele alte Haaner Familiennamen überliefert."
Näheres zu vielen Ortsbezeichnungen: Alte Häuser und Höfe in Haan
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