www . ZeitSpurenSuche . de

Alte Schmieden in Haan

Die folgenden Anmerkungen zur Geschichte des Haaner Schmiedehandwerks basieren im Wesentlichen auf Ausführungen des Haaner Lokalkhistorikers Harro Vollmar. Andere Autoren wie Lomberg oder Heinson gehen auf diesen alten Haaner Gewerbezweig nicht näher ein, obwohl er - wie Vollmar festgestellt hat - nicht unbedeutend gewesen ist.

Vollmar stützt sich auf Angaben in mittelalterlichen Urkunden, auf einige Urkunden aus dem 18. und 19. Jh., auf die Veröffentlichung der Firmenchronik der Otto Liefering GmbH & Co.: "150 Jahre mit Feuer und Flamme" (Haan 1980), für die neuere Zeit auf mündliche Auskünfte insbesondere des Haaner Heimatforschers Jakob Litsch (1887-1980) sowie auf Vermutungen und Schlussfolgerungen.

Während in Haan seit dem Frühmittelalter die Landwirtschaft dominierte, erlangte um 1500 offenbar neben den ebenfalls prosperierenden Mühlenbetrieben ein weiterer Gewerbezweig besondere Bedeutung: Die Schmieden. Diese Entwicklung setzte anscheinend noch früher ein als die Entstehung der später bedeutenden Schleifereien und des Webereigewerbes (sowie der Kalkbrennerei für Gruiten).

Die genannten frühen handwerklichen Tätigkeiten wurden sicherlich schon seit dem Frühmittelalter auf den landwirtschaftlich betriebenen Höfen ausgeübt, aber zu ganz unterschiedlichen Zeiten wurden daraus selbstständige Gewerbe- oder Nebenerwerbsbetriebe. Wie heute galten auch damals die Prinzipien der Marktwirtschaft. Die Nachfrage bestimmte, wann ein Handwerk sich verselbstständigte und zu einem eigenen Erwerbszweig wurde.

Der Bedarf an Schmiedeprodukten muss im alten Haan um 1400 so groß gewesen sein, dass eigenständige Schmiedebetriebe entstanden sind. In einer Urkunde von 1410 sind neben den Bauern, Müllern und Schmieden nur vereinzelt andere Handwerker (wie Mühlenbauermeister und Strohdachdecker) aufgeführt.



 
Inneres einer Schmiede.
St. Eligius am Amboss mit einem Gesellen.
Holzschnitt aus dem Jahr 1499

"Die Unwegsamkeit des Geländes, die Schwerfälligkeit der Verkehrsverbindungen und die einsame Lage des von Urwald, Moorgebieten und Bachtälern mit Wölfen umringten Dorfes Haan sind in der Geschichte stets eine zwingende Voraussetzung gewesen, alle notwendigen Gewerbe in der eigenen Siedlung verfügbar zu haben. Dieser Zwang zur handwerklichen Autarkie inmitten der dörflichen Lebensgemeinschaft ergab sich auch daraus, daß weit und breit keine Großstädte existierten: Düsseldorf, Solingen, Elberfeld und Mettmann waren - von der Größenordnung her gesehen - ebenfalls nur Dörfer.

Die nächstgelegene größere Stadt war das linksrheinische Köln, aber eine Reise dorthin glich damals fast einer Weltreise, ganz abgesehen vom persönlichen Sicherheitsrisiko [...]. Das heimische Dorf Haan war dagegen sozusagen die heile Welt. Niemand verließ damals ohne besonderen Zwang diesen altvertrauten, durch natürliche Hindernisse abgeriegelten Lebensbereich. Hier gab es kaum Fremde; jeder kannte jeden.

Unter hunderten von alten Gerichtsurkunden aus diesen Zeiten finden sich kaum Hinweise auf Diebstähle oder Überfälle, nicht einmal auf Kriegseinwirkungen. Soweit die alten Haaner Gewalt und Terror zu spüren bekamen, wurden diese keineswegs von den eigenen Landesherren, den Kurfürsten und Erzbischöfen von Köln verursacht, sondern von den sich raubritterhaft benehmenden Grafen oder Herzögen von Berg, die in Haan jedoch [...] bis zum Jahre 1802 keine Landesherren waren!" [Vollmar]

  Ende des 18. Jh. endete die bisherige Herrschaft von Kurköln in Haan (und Hilden). 1802 gingen beide Orte nach langem Streit endgültig an die Grafschaft Berg über.



 
Zwei Messerschmiede
bei der Arbeit am Amboss.
Holzschnitt aus dem Jahr 1479



An der Schmitte, Oberhaan

Am 20. Februar 1363 erscheint zum ersten Mal eine Haaner Schmiede urkundlich in einer einer Amtsrechnung [vermutlich die Ein- und Ausgabenrechnung des Solinger Amtmannes Dietrich Smend]. Darin wird "Greta in der Smitten ind Overmann" genannt, und zwar in der geographischen Reihenfolge nach Stöcken, Krutscheid, Champagne und Over (= Überfeld?). Demnach wird es sich hier um die Örtlichkeit "An der Schmitte" in Oberhaan handeln, die auch auf der Ploennies-Karte von 1715 eingetragen ist. Die Schmiede soll bis um 1900 mit Hufbeschlag und Wagenbau in Betrieb gewesen sein.




Kölner Straße 78, Unterhaan

Um 1410 wird "Henken Smytman" (= Heinrich der Schmied) in der Hühnerzinsliste des Ritterhauses Horst in Hilden genannt. Da er zwischen Oberer Heide und Steinfeld (Heidstraße / Ecke Kölner Straße und Steinkulle) aufgeführt ist, kann - so Vollmar - nur die ehemalige Schmiede an der Kölner Straße 78 gemeint sein. Sie wird seit 1410 immer wieder genannt. 1466 ist "Johan in der Smyten" in einem Weistum aufgeführt. Auch diese Schmiede soll bis etwa 1900 Hufbeschlag- und Wagenbauwerkstatt gewesen sein.



 
2010
Kölner Straße 78
Das giebelständige Fachwerkhaus stammt überwiegend aus der Zeit Anfang des 19. Jh. Es steht unter Denkmalschutz.



Kölner Straße 74, Unterhaan

Seit 1611 wird gelegentlich eine "kleine Schmiede" gesondert erwähnt: das Haus Kölner Straße 74. In dieser ehemaligen Nagelschmiede, in Haaner Mundart "Neelschmitte", wurden alle Arten von Gebrauchs- und Ziernägeln in besonderen Gesenkwerkzeugen mittels Schmiedehammer von Hand hergestellt. Auch diese Schmiede soll bis etwa 1900 in Betrieb gewesen sein. Falls in einem alten Haaner Haus noch handgeschmiedete alte Nägel gefunden werden, so stammen sie vermutlich aus dieser Werkstatt.



 
2010
Kölner Straße 74



Weitere Anhaltspunkte für die Verbreitung des Schmiedehandwerks in Haan fand Vollmar in folgenden Urkunden:

  Haaner Steuerliste von 1624

    - Oberhaan. Dedrich zu der Schmitten.
    - Mittelhaan. Jurgen in der Schmitten, Peter in der Schmitten.
    - Mittelhaan. Jasper in Schmitten.
    - Unterhaan. Hendrich Schmit.
    - Unterhaan. Jungen Wittib in der Schmitten.
    - Unterhaan. Caspar in der Schmitten.
  Haaner Steuerliste von 1653
    - Oberhaan. Conrad in der Schmitten.
    - Mittelhaan. Casper in der Schmitten.
    - Unterhaan. Friedrich Schmit.
    - Unterhaan. Jurgen in der Schmitten.
    - Unterhaan. Thönes Wolff in der Schmitten.

Anders als die Ober- und Unterhaaner Steuerpflichtigen meint Vollmar die Mittelhaaner Schmiede nicht zuordnen zu können. Vielleicht kommt hier die Schmiede am Alten Kirchplatz oder der Hof In der Schmitten an der Walder Straße in Betracht, der allerdings erst 1724 belegt ist, in der Ploennies-Karte von 1715 aber fehlt und von Vollmar gar nicht erwähnt wird.



 
In der Schmitten,
Walder Straße 12

  Haaner Steuerliste von 1724

Aus der Haaner Steuerliste von 1724 lässt sich ableiten, dass einige Schmiede vermutlich ihre Werkstätten als Nebengewerbe neben ihren landwirtschaftlichen Betrieben geführt haben:

    Oberste Honschaft, Hof in der Schmitten.

    H von Velbrock, ein Halbmann,
    Bauland [= Ackerland] 30 kölnische Morgen, Wiesen 4 Morgen, Haus - Hof - Garten 1 Morgen, Busch [= Wald] 8 Morgen, Weyer [= Teich] 1 Viertelmorgen, zusammen 42 [43] und 1 Viertelmorgen.
    Nach heutiger Berechnung ergeben sich 54,94 preußische Morgen = 13,74 Hektar.

    Steuer: 15 Reichstaler, 48 Albus, 8 Heller pro Jahr. (Damit hatte die gesamte Jahressteuer einen Wert von 2 Kubikmetern Roggen oder 1  Kubikmeter Weizen; dies war nicht sonderlich viel und steht in keinem Verhältnis zu heutigen Steuerlasten.)

    Unterste Honschaft.

    Johann Thienußberg in der Schmitten, Bawmann
    [= Johannes vom Thienhauser Berg in der Schmiede, Landwirt],
    Ackerland 7 Morgen, Wiesen 2/4 Morgen, Haus-Hof-Garten 1 1/2 Viertelmorgen, Manter Kempgen (?) 1 1/4 Morgen. Zusammen 9 Morgen, 3 1/2 Viertelmorgen.
    Steuer: 4 Reichstaler, 36 Albus, 4 Heller.

    Unterste Honschaft.

    Johann Thienußberger klein Schmith. (Kein Grundbesitz angegeben.)
    Steuer: 1 Reichstaler, 79 Albus.
    1 Reichstaler Steuern entsprach etwa 3 Morgen Grundbesitz. Da dieser Steuerpflichtige ohne Land war, bezieht sich die Steuer vermutlich auf den Umsatz an Schmiedeartikeln.

  1731 sind in der Huldigungsliste folgende Haushaltungsvorstände (Schmiede?) aufgeführt:
    -  Oberste Honschaft: Adolff Gerets in der Schmitten,
    -  Mittel-Honschaft: Johann Keusenhoff in der Schmitten.
    -  Unterste Honschaft: Wittib Johan Thienhauß in der Schmitten.
    -  Unterste Honschaft: Wilhelm Iter in der kleinen Schmitten, Halbman.

  1809 sind in der Aufstellung über die Siedlungsplätze des Kirchspiels Haan folgende Personenzahlen aufgeführt [wobei auch hier nichts darüber gesagt ist, ob sich darunter tatsächlich Schmiede befinden]:
    -  Oberste Honschaft:   In der Schmitten:   11
    -  Unterste Honschaft:   In der Schmitten:   8

  1830 weist die Haaner Einwohnerliste folgende Personenzahlen "In der Schmitten" aus:
    -  Oberhaan   22
    -  Unterhaan   10

In den beiden letztgenannten Aufstellungen fehlen entsprechende Angaben für die Mittel-Honschaft, 1809 war der Hof "In der Schmitten" vermutlich unter "Haan (village)" erfasst.



Im 18. und 19. Jh. müssen zahlreiche weitere Schmiedebetriebe entstanden sein, darunter diese:

Schmiede Kirchstraße 23

Im Hinterhof des (früher vorhandenen) Hauses Kirchstraße 23 soll bis etwa 1900 eine Schmiede in Betrieb gewesen und danach zu einer "elektrischen Schleiferei" umgerüstet worden sein. Das kleine Fachwerkgebäude war 1982 noch vorhanden.



 
Schmiede im Hinterhof
des Hauses Kirchstraße 23
Foto: Vollmar 1982



Schmiede am Alten Kirchplatz

Am Alten Kirchplatz wurde ab 1830 eine Schmiede von Schlossermeister Johann Wilhelm Liefering (1795-1870) betrieben. 1724 waren die Lieferings (damals "Lieffringssan") Bewohner des Haaner Hofes Lieferingsand (Sand)); einer davon war "Messermacher" und als solcher möglicherweise auch Inhaber einer Haaner Schmiede.

Ob die alte Schmiede am Kirchplatz schon vor 1830 betrieben wurde, ist unklar. Die Steuerliste von 1624 könnte ein Indiz dafür sein, da mehrere Personen "In der Schmitten" in Mittelhaan aufgeführt sind. Aus der Schmiede am Alten Kirchplatz - und das unterstützt diese Überlegung - sollen in Haan um 1980 noch Ambosse in Gebrauch gewesen sein, die auf ein Alter von mehreren hundert Jahren geschätzt werden.



 
Um 1920
Nördlich der Mittelstraße, gegenüber dem Haaner Rathaus, stand die alte Liefering-Schmiede am Alten Kirchplatz. Hinter dieser Ecke steht heute das Hallenbad.

Bild-Quelle: Archiv Harro Vollmar



Kaiserstraße 20

Um 1900 entstand zur Erweiterung des Schmiedebetriebes Liefering an der Kaiserstraße Nr. 20 ein neues Geschäftshaus mit einer Schmiedewerkstatt im Hinterhof, und so konnte die Werkstatt am Alten Kirchplatz um 1904 aufgegeben werden. Aber erst um 1926 soll sie abgebrochen worden sein. Die neue Schmiede wurde bis 1961 von Wilhelm Liefering genutzt. "Schlosserei von Wilhelm Liefering" ist nach wie vor an der Kaiserstraße 20 über dem schmiedeeisernen Tor zum Durchgang neben dem heutigen Geschäft "Eisenwaren Hugo Liefering" zu lesen.


 

1982   Alte Liefering-Schmiede im Hinterhof aus dem Jahr 1900, in Betrieb bis 1961
Foto: Harro Vollmar



2008   "Eisenwaren Hugo Liefering - Werkzeuge", Kaiserstraße 20
 




"Schlosserei von Wilhelm Liefering" steht über dem handgeschmiedeten Eisentor am Haus Kaiserstraße 20 - ein ganz besonderes Denkmal zur Geschichte der Stadt Haan.


Nachtrag August 2012   Die traditionsreiche "Haaner Institution" Liefering gibt es nicht mehr. Auch andere lang vertraute Geschäfte sind aus dem Stadtbild verschwunden.
 

September 2012   Sperrmüll



Schmiede Bahnhofstraße 64

Im Hof des (früheren) Hauses Bahnhofstraße 64 arbeitete die aus Mettmann zugezogene Schmiedefamilie Gerdesmann. Bis nach dem Ersten Weltkrieg wurden dort Karrenbeschläge hergestellt und Pferde beschlagen.



 
Die Bahnhofstraße
vor dem Ersten Weltkrieg.
Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan



Schmiede Alleestraße 6

Die Schmiede Beuteführ war bis zum Zweiten Weltkrieg in Betrieb.
Das Haus Alleestraße 6 ist heute städtisches Jugendhaus.



 
2010
Alleestraße 6



Schmiede "In der Blech"

Die Schmiede in der Blech wurde von der Familie Laibach betrieben. Blech liegt nicht weit von der alten Hofschaft Laibach entfernt. Hier wurden aus Draht Ahlen u.a. für Netzflickarbeiten geschmiedet, in Haaner Mundart "Süll" genannt, und auch in das westliche Europa exportiert. Diese Schmiede wurde zum Ende des 19. Jh. aufgegeben und später abgerissen. Karl Laibach, * 1906, Verfasser der Familiengeschichte, schrieb dazu:

"... ein Raum hat uns da besonders interessiert: »de Schmette«, ein uralter Schmiederaum, wo leider fast nichts mehr an das alte Handwerk erinnerte. Er diente nur noch als Abstellraum. Hier wurden an den langen Winterabenden, wenn es draußen weniger zu schaffen gab, fleißig »Süllen« (Nadeln) gehämmert. Die verschiedensten Nadeln wurden zur Bearbeitung von Lederzeug, Schuhwerk und Segeltuch von Bauern und vielen Handwerkern immer gebraucht." [zit. bei Vollmar]




Schmiede Elberfelder Straße 95-101

Im Hof Elberfelder Straße 95-101 (Holthausen) wurde bis etwa 1900 eine Schmiede für Schusterahlen betrieben. Letzter Schmied war Herr Birschel.




Schmiede Wilhelmstraße

Eine an der Wilhelmstraße gelegene Schmiede wurde nach dem Ersten Weltkrieg geschlossen. Herr Saber war der letzte Schmied.




Schmiede an der Stropmütze, Gruitener Straße 47

Bis etwa 1920 wurden an der Stropmütze Schmiedebeschläge aller Art, Tore und Zäune gefertigt. Letzter Inhaber der Schmiede war Herr Holthausen. Der früher in Haan bekannte Schmied Ballmann (Kölner Straße) hat dort seine Lehrjahre verbracht. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude teilweise zerstört.



 
2010
Stropmütze



Vollmar berichtet, Jakob Litsch habe ihm geschildert, wie sparsam die früheren Haaner Schmiede mit ihrem Material umgehen mussten, um zurecht zu kommen. Zum Beispiel wurde in der kleinen Nagelschmiede an der Kölner Straße 74 kein Roheisen verarbeitet, sondern nur der Abfall (heute würde man es "Wertstoff" nennen) von der Schmiede Kölner Straße 78 "recycelt". So sind für die Herstellung von Nägeln z.B. auch alte, nicht mehr verwenbare Hufeisen wiederverwertet worden.

Was in dieser Schmiede sonst noch so vor sich ging, hat die Großmutter ("Bestemuder") in einer Gutenachtgeschichte ihrem Enkel Jakob Litsch erzählt, und dieser hat es später aufgeschrieben:


"Dann vertault se vam Schmett ut der Schmetten an der aul Kölner Stroot. Die aul Stroot wuurt en minner Jugend noch befahren. Die Stroot wor schleit, am Steiweld (= Steinfeld) muuß Vürspann gehollt werden. Et ging völl kaputt, dodurch hat de Schmett ongerm Viethuuß, fast an der öngerschten Heid, völl te donn. He hiel ne Gesell on ouch ne Lierjong. -

Als et em Speetsumer nit ganz su Sturm ging met der Arbeit, wuurt get uutgeheckt. Gegenüwer der Schmetten wor dumols ne Mann, der Pitter, sinn Dengen am witten. Die Feiler töschen denn Pösten wurden su schön witt. Op einmol koomen wie ut der Wank gewaßen üwerall donkelbloo Fläcken, die bloo erronger driewen. Et gowen Striepen, äwwer nur op der Wank, die op der Schmette aan loog. Des Nommendags hät der Pie noch ens drüwer gewitt. Dat Blö met de Striepen wor fott, äwwer en Sond dämno wor wieder alles bonkt getuppt. Der Pie schmiet der Wittquaß en den Kalkeimer, fung aan te donnerkillen on riep, do hät mir einer gät en denn Kalkeimer gedonn. Der Döiwel eß em Spell. De Üllen hant dös Neit sunnen Specktakel gemackt.

Ut der Schmetten wor dat kumen. Der Schmetterlierjong hat sech en Stöck Höhlänkter uutgehöllt on bließ demm Pie die dunkelbloo Höhlänkterkierschen op die fresch gewidde Feiler, dat se bloo getuppt woren. Der Pie hät en dämm Jor nie mie nöi gewitt, he hätt se su gelooten, die bloo gestibbde Feiler op de Schmette an."

[Litsch, zit. bei Vollmar]


Nachdem die Großmutter geendet hatte, sagte sie "Gott nu schlopen, Kenger!" und Jakob antwortete: "geneit Bestemuder!"

Es kam also auch in der "guten alten Zeit" hin und wieder vor, dass frisch gestrichene Wände gegen den Willen ihrer Eigentümer von gelangweilten jugendlichen Zeitgenossen farblich umgestaltet wurden.

Meine Übersetzung:

Dann erzählt sie vom Schmied aus der Schmiede an der alten Kölner Straße. Die alte Straße wurde in meiner Jugend noch befahren. Die Straße war schlecht, am Steinfeld musste Vorspann geholt werden. Es ging viel kaputt (an den Wagen), dadurch hatte der Schmied unter dem Viethuus, fast an der Untersten Heide, viel zu tun hatte. Er hielt einen Gesellen und auch einen Lehrjungen.

Als im Spätsommer nicht ganz so viel los war bei der Arbeit, wurde etwas ausgeheckt. Gegenüber der Schmiede war damals ein Mann, der Peter, dabei, sein Fachwerkhäuschen zu weißen. Die Felder zwischen den Pfosten wurden so schön weiß. Auf einmal kommen, wie aus der Wand gewachsen, überall dunkelblaue Flecken, die blau herunterliefen. Es gab Streifen, aber nur auf der Wand, die auf die Schmiede zu lag. Am Nachmittag hat der Peter noch einmal darüber geweißt. Das Blau mit den Streifen war fort, aber eine Stunde danach (?) war wieder alles bunt getupft. Der Peter schmiss den Weißquast in den Kalkeimer, fing an zu fluchen und rief, da hat mir einer was in den Kalkeimer getan. Da ist der Teufel im Spiel. Die Eulen hätten diese Nacht so ein Spektakel gemacht.

Aus der Schmiede war das gekommen. Der Schmiedelehrjunge hat sich ein Stück Holunder ausgehöhlt und blies dem Peter die dunkelblauen Holunderkirschen auf die frisch geweißten Flächen, dass sie blau getupft waren. Der Peter hat in diesem Jahr nicht mehr neu geweißt, er hat sie so gelassen, die blau gepunkteten Flächen gegenüber der Schmiede.



Quelle:
  • Vollmar, Häuser und Höfe

Übersicht      nach oben     

www.zeitspurensuche.de
Copyright © 2010, 2012 Marina Alice Mutz. Alle Rechte vorbehalten.