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Eher zufällig fand ich im Hildener Jahrbuch 1956/59 die "Jugenderinnerungen eines Volksschullehrers", verfasst von Johann Christian Walber (1798-1859). Dabei interessierte mich die Person des Autors zunächst mehr als sein Beruf, da es sich bei diesem Herrn Walber von der Güg (Jüch) in Hilden um den Bruder einer Vorfahrin handelt. Aber da er nun einmal Lehrer war, wenn auch nicht in Haan, soll dies - ungeachtet eigener schulischer Erinnerungen - als Alibi herhalten, das Thema "Schulen in Haan" an dieser Stelle doch noch mit aufzunehmen.
Dass noch im 17. und zu Beginn des 18. Jh. in Haan - wie auch in den Nachbargemeinden - die Kenntnis des Lesens und des Schreibens noch längst nicht Allgemeingut war, geht aus zahlreichen Urkunden dieser Zeit hervor. Nicht selten heißt es: "Schreibens unerfahren, so hat statt der Unterschrift mit beistehenden Creutz unterzeichnet", oder eine andere Person hat vertretungsweise unterschrieben.
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Ab 16. Jh: Die reformierte PfarrschuleDie ersten kirchlichen Lehrer
"Die ersten Nachrichten über die Schulverhältnisse in Haan stammen aus der Zeit der Reformation. Es ist möglich, daß auch schon früher eine Schule bestanden hat; aber urkundliche Belege dafür liegen nicht vor." Die erste bekannte Einrichtung war eine Pfarrschule unter dem Protektorat der reformierten Kirche, und die Kirche stellte auch die Lehrkräfte: "Mit der Erteilung des Unterrichts wurden in der ersten Zeit die Vikare betraut. Es waren dies Männer mit theologischer Vorbildung, die den Ortspfarrern als Pfarrgehülfen zur Seite gestellt wurden." [Lomberg S. 69]
Ab 1633: Lehrkräfte "aus dem Laienstande"
Die nicht-kirchliche Lehrkräfte, die ab 1633 an der Pfarrschule unterrichteten, wurden von den Eltern der Schüler bezahlt. Wie ihre Vorgänger verfügten sie über keinerlei pädagogische Ausbildung.
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2002 Das Haus "Zum Dom", Walder Straße 1 |
"Es hat den Anschein, als ob das Schulhaus Eigentum der Schuldiener [= Lehrer] gewesen wäre; denn als der jüngere Schmachtenberg aus dem Amte schied und ein Fremder an seine Stelle trat, mußte auch die Schule verlegt werden. Die Halle am Eingang zum Friedhof wurde für passend erachtet und zur Schule hergerichtet. Aus diesem Anfang ist dann die Schule von Mittelhaan hervorgegangen." [Lomberg S. 69 f]
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Die Schullehrer waren in Haan auch für die Kirchenmusik zuständig und bis 1843 außerdem für den Küsterdienst. |
Ab 1742: Heck- oder Winkelschulen und andere PrivatinitiativenHeckschulen
In den Pfarrschulen wurde in jeder Beziehung improvisiert, nicht nur hinsichtlich der Räumlichkeiten, und die Lernergebnisse können nicht überzeugend gewesen sein. Um den Missständen abzuhelfen, entstanden aufgrund regionaler Elterninitiativen private sog. Heck- oder Winkelschulen, die den Kindern ein Schulwissen auf etwas höherem Niveau vermitteln sollten.
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1981 Haus "in der Meyse", Kölner Straße Foto: Harro Vollmar |
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Haus Hülsberg. Bild-Quelle: Ev. Kirchengemeinde Haan |
1785 entstand eine Nebenschule auch in Oberhaan an der Windfoche. Sie wurde dann nach Ölbers und schließlich nach Meiseicken verlegt (= Meis, Meishus, seit 1929 Wuppertal-Vohwinkel). Aus ihr entstand die evangelische Schule Oberhaan.
Erwachsenenbildung
Aber es gab nun einmal Bürger, die wenig Geld hatten und trotzdem lernen wollten, und es gab andere, die ihnen etwas beibringen wollten. So entstand um 1823 eine Abendschule für Erwachsene in den Büchen (= in den Böcken = Ecke Stöcken / Jägerstraße). 10 bis 12 erwachsene Schüler ließen sich hier von Peter Kröner unterrichten. Auch dies missfiel den offiziellen Lehrern Holthausen und Worring, und sie zeigten Kröner an:
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Ab 1771: Die evangelischen Schulen in Haan
Die von der ev. Pfarrschule bisher benutzte Friedhofshalle war mit der Zeit baufällig geworden, und so sah man sich zu einem Neubau gezwungen. "Die neue Schule bezog im Jahre 1771 Johann Wilhelm Wülfing, der als Nebengeschäft ebenfalls die Feldmesserei betrieb. Da er darüber sein Amt vernachlässigte, so wurde er im Jahre 1790 gezwungen, zu seiner Vertretung einen Gehülfen zu halten. Im Jahre 1806 erlag er einem Schlaganfall." [Lomberg S. 70]
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Schule am Alten Kirchplatz, später Stadtbibliothek. Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan |
"Daß sich die beiden zuletzt genannten Lehrer mit Nebenerwerb befaßten, das hatte vor allem seinen Grund in der völlig unzureichenden Dotierung der Pfarrschule. Die Lehrer waren im wesentlichen auf das geringe Schuldgeld angewiesen, das die Schulkinder zu zahlen hatten. Gemeinde und Staat kümmerten sich um das Schulwesen nicht." [Lomberg S. 70]
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1807: Pflichten und Rechte des Lehrers Dorp am Schlagbaum
Wohlstand war anno 1807 für einen Haaner Lehrer wirklich nicht zu erlangen. Aufschlussreich sind die Bestimmung in der von den Scholarchen Peter Backhaus und Wilhelm Kemper unterschriebenen Berufungsurkunde für den Lehrer Dorp vom 30.01.1807, der am Schlagbaum seinen Dienst antreten sollte.
»Freie Wohnung im Schulhaus auf einem eigenen Zimmer, worauf sich Bettstätte samt Bett und Laken befindet. Das Bereiten und Reinigen nebst Waschen wird ihm von den im Hause Einwohnenden geleistet und von der Honnschaft vergütet, nebst dem Kaffee des Morgens, welchen Ihr nach Belieben entweder bei den Eingesessenen genießen oder Euch dafür einen gewissen Ersatz unterschreiben lassen könnet.
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Ab 1815: Die preußische Volksschule in Haan
1815 war das Bergische Land Bestandteil der preußischen Monarchie geworden. Zum General-Gouverneur des vorläufig gebildeten "General-Gouvernement Berg" hatte Freiherr vom Stein den einflussreichen Staatsrat Justus Gruner ernannt, der als Begründer der preußischen Herrschaft im Bergischen Land gilt.
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Die evangelische Schule in Mittelhaan
Um 1864 entstand nach dem Abbruch der alten Haaner Kirche (1863) am Alten Kirchplatz unmittelbar neben deren Fundamenten ein neues, massives Schulgebäude, zunächst für drei Klassen, später für fünf. Das alte Fachwerk-Schulhaus am Alten Kirchplatz 31, das dem neuen Gebäude gegenüber lag, diente von nun an als Lehrerwohnung.
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Schule am Alten Kirchplatz. Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan |
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Das Lehrerhaus, dahinter die Schule am alten Kirchplatz |
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Ein Klassenfoto, vermutlich aus der Schule am Alten Kirchplatz: "Erinnerung an das Schuljahr 1875". Der Photograph war Wilhelm Kratz aus Barmen. Hier ein größeres Bild Bild-Quelle: Paul Zimmermann |
Die evangelische Schule in Unterhaan
Die ev. Schule in Unterhaan ist aus der Heckschule hervorgegangen, die zuletzt am Schlagbaum untergebracht war. In den 1820er Jahren besuchten 96 Kinder diese Schule, davon waren 86 evangelisch und 10 katholisch. Unter den Eltern waren 40 Weber, 4 Messerschmiede und 9 Ackerer, Tagelöhner und Müller.
»... Mein Schulzimmer enthält 24 Fuß Länge [1 preuß. Fuß = 31 cm], 12 Fuß Breite und 8 Fuß Höhe. In diesem engen Raum müssen jeden Tag über 100 Kinder unterrichtet werden. [...] Wie es aber möglich ist, in diesem engen, dunstigen, überall vollgepfropften Schulzimmer, das nur höchstens 60 Kinder aufnimmt, und wo die in Masse sich häufenden Ausdünstungen jede freie Geistestätigkeit hemmen, planmäßig zu unterrichten, das wird der am besten zu bestimmen wissen, der mit den jetzigen Anforderungen der Elementarschulen bekannt ist, und es weiß, daß gehöriger Raum und reine gesunde Luft dazu unerlässliche Bedingungen sind.
1833 erhielt die Schule endlich ein neues Gebäude. Es stand noch bis 1968 am Schlagbaum. Wegen stetig zunehmender Schülerzahlen wurde es wiederholt durch Anbauten erweitert. Lehrer Worring profitierte aber nur noch kurze Zeit davon; er starb 1835.
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1968 Schlagbaumer Schule kurz vor dem Abbruch Foto: Harro Vollmar |
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Die evangelische Schule in OberhaanAuch die Schule in Oberhaan hatte an der Windfoche und zu Ölbers schon längere Zeit als Nebenschule bestanden. Sie wurde 1833 mit der Schule am Holz in der Gemeinde Wald vereinigt und nach Wibbelrath verlegt. 1878 wurde diese Verbindung wieder gelöst und das Schulhaus an der Elberfelder Straße erbaut. Die leitenden Lehrer waren:
Die 2-klassige Schule wurde Silvester 1944 durch Bomben zerstört. |
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Die Volksschule in Oberhaan, Elberfelder Straße Bild-Quelle: Ev. Kirchengemeinde Haan |
Ab 1856: Weitere Schulgründungen und Umstrukturierungen |
Vor 1990 Haus zum Dorn, Bahnhofstr. 73. Bild-Quelle: Stadtarchiv Haan |
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1856/58 entstand die erste provisorische, einklassige katholische Schule im Haus "zum Dorn" (Bahnhofstraße 73). Die ca. 50 katholischen Schüler hatten bisher die evangelischen Schulen besucht. |
Bahnhofstraße 43 |
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1862 erhielt die katholische Schule das Gebäude Bahnhofstr. 43, zunächst einklassig, später sechsklassig.
Das Gebäude wurde später als Berufsschule und noch später (1970er Jahre bis ?) als Arbeitsamt genutzt. Heute (2007) sind dort das DRK und die Geschäftsstelle der Haaner CDU zu finden. |
2005 Flurstraße 172 / Ecke Heidfeld Katholische Schule Alleestraße Bildquelle: Ansichtskartenmuseum Haan 1910 Das neue "Schulhaus" hinter der Diekerschule Bild-Quelle: Festschrift |
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1886 wurde die evangelische Schule im Heidfeld mit einer Klasse eröffnet, später auf zwei Klassen erweitert. Dieses massive zweigeschossige Backsteingebäude wird heute als Wohnhaus genutzt. Es steht unter Denkmalschutz.
1894 wurde die zweiklassige evangelische Schule zum Diek eröffnet. 1895 folgte das zweite katholische "Schulsystem"an der Alleestraße, zunächst ein-, später dreiklassig. [Lomberg] 1910 wurde die Rektoratschule gegründet. "Den lebhaft geäußerten Wünschen nachgebend, wurde sie auch dem weiblichen Geschlechte zugänglich gemacht." [Lomberg S. 240] Der Unterricht fand zunächst in einer kleinen, beweglichen Holzbaracke hinter der Diekerschule statt. "Sie umfaßte einen Klassenraum von etwa 60 qm Bodenfläche, einen Flur und ein kleines Lehrerzimmer." [Schulchronik] Im Verzeichnis der Ehemaligen steht unter "Aufnahme 1910" übrigens "Barth, Emil" an allererster Stelle. 29 Jahre später erinnert sich der Haaner Schriftsteller (1900-1958) in seiner Erzählung "Wandelstern" an das naturnahe Fertighäuschen: |
"Die neue Schule lag wie eine Isolierbaracke in der äußersten Ecke eines weitläufigen fremden Schulplatzes, wo bisher auf einer Wiese von hartem Gras nur Ziegen geweidet hatten. Freie Luft umwehte den leichten Bau. Schon während ich als Zaungast dem Zusammensetzen der Patentwände zusah, empfand ich diese Offenheit der Landschaftsferne voll bewußter Hoffnung. - - -
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2002 Schillerstraße 14 |
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1922 wurde die Umwandlung in eine zunächst sechsklassige Realschule beschlossen. Die zahlreichen Umzüge von einem Provisorium ins nächste sind kaum nachzuvollziehen.
1950-1952 befand sich die Schule in der Schillerstraße 14 (zuvor HJ-Heim, später Polizeiwache). |
2010 Alleestraße 8 |
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Anschließend bezog die Emil-Barth-Realschule das Gebäude Alleestraße 8 (jetzt Verwaltungsnebenstelle der Stadt).
1978 wechselte sie gleichzeitig mit der Hauptschule "Zum Diek" in das gemeinsame Schulzentrum an der Walder Straße. 1913 entstand ein drittes katholisches Schulsystem in Unterhaan. 1914/15 wurde an der Hochdahlerstraße ein neues dreiklassiges Schulgebäude errichtet (mit Zentralheizung und Brausebad!). 1921 wurde eine "Hilfsschule für schwachbegabte Kinder" eröffnet, 1928 vorübergehend aufgelöst. |
2010 Ehem. "Rote Schule" Zum Diek, Dieker Straße 49 |
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1924 sind wegen abnehmender Schülerzahlen die beiden evangelischen Schulen zu Mittelhaan und zum Diek zu einem achtklassigen System vereinigt und in dem erweiterten Schulgebäude an der Dieker Straße 49 untergebracht worden.
1978 zog die Hauptschule "Zum Diek" um ins Schulzentrum Walder Straße 15. 1926 wurden die beiden evangelischen Schulen am Schlagbaum und zu Heidfeld zu einem fünfklassigen System zusammengelegt und in dem erweiterten Schulgebäude an der Hochdahler Straße untergebracht. 1926 wurde auf Elternwunsch für ca. 80 Kinder zu Heidfeld eine "rein weltliche Schule" eingerichtet, die aber schon im Folgejahr wieder aufgelöst wurde. |
2010 Gemeinschaftsschule Mittelhaan, Dieker Straße 69 |
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Die beiden katholischen Schulen zu Mittel- und Oberhaan wurden zu einem sechsklassigen System vereinigt. Anfang 1928 bezogen sie den Schulneubau an der Dieker Straße 69, das (ab 1926) nach Plänen des damaligen Stadtbaumeisters Pabst errichtet worden war.
1961 hieß diese Volksschule Gemeinschaftsschule Mittelhaan (auch die VHS war hier untergebracht), heute Gemeinschaftsgrundschule Mittelhaan (Offene Ganztagsschule). Ende April 2010 wurde das Schulgebäude abgebrochen. Fotos: Ein letzter Rundgang am 11. April 2010 durch die alte Gemeinschaftsschule Mittelhaan |
1968 Bau des Gymnasiums Adlerstraße 3 |
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1967 wurde das Städtische neusprachliche und math.-naturwiss. Gymnasium gegründet. Der Bau der Schule an der Adlerstraße vollzog sich in mehreren Stufen bis 1977.
Diese Schule berührt das "alte Haan" natürlich nicht mehr. |
Quellen:
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